Auf Ewig
Das feuchte, weiche Moos auf dem ich lief verschluckte das Geräusch meiner Schritte. Ich konnte nur das geheimnisvolle Knistern des Waldes hören.
Ich zuckte zusammen als das Heulen eines Wolfes die Stille durchbrach. Panisch sah ich mich um. Ich konnte nirgendwo einen Wolf erkennen. Doch als ich zurück sah, sah ich ihn.
Es war nur ein grober Schatten bis jetzt, der aber mit rasender Geschwindigkeit immer weiter auf mich zu kam.
Dann hörte ich sie. Seine Stimme. Sie klang wie Musik in meinen Ohren.
Ich hatte das dringende Bedürfnis mich ihm einfach hin zu geben. Einfach stehen zu bleiben und auf ihn zu warten.
Doch dann meldete sich mein Verstand wieder zu Wort. Ich durfte nicht stehen bleiben. Ich musste weiter rennen. Er durfte mich nicht bekommen.
Also begann ich wieder zu rennen. Immer weiter in den finsteren Wald hinein. Die Dunkelheit begrüßte mich wie einen alten Freund. Mit ihren kalten Händen umschloß sie meinen Körper und hieß mich Willkommen.
Als ich ein Knacken hörte, fuhr ich herum. In diesem unvorsichtigen Moment lief ich direkt in einen Baum hinein. Ich sackte auf die Knie und legte mich auf den feuchten Waldboden.
Mit letzter Kraft robbte ich hinter ein Gebüsch und kauerte mich dort zusammen, in der Hoffnung, dass er mich nicht finden würde.
„Wo bist du denn, meine Schöne?“
Ich zuckte zusammen. Dann hörte ich seine Schritte. Sie kamen immer näher. Gleich würde er mich finden. Ich wusste es. Es war aus.
Doch Gott hatte wohl etwas anderes mit mir vor, denn er lief ganz knapp an mir vorbei.
Erleichtert entspannte sich mein ganzer Körper, wohl wissend, dass die Gefahr noch nicht vorüber war. Er konnte noch zurück kommen. Er konnte mich noch bekommen. Ich musste weiterhin vorsichtig sein.
Erst nach einer Ewigkeit traute ich mich, mich aufzurichten. Er musste jetzt weit weg sein, mich wo anders suchen. Nie würde er mich finden. Niemals.
Ich begann meinen Weg zurück und auch wenn er wo anders war, musste ich weiterhin vorsichtig sein. Angespannt begann ich wieder zu laufen.
Irgendwann sah ich einen Lichtschein. Erleichtert rannte ich schneller, den Lichtschein als mein Ziel.
Nur unfreiwillig lies die Dunkelheit mich gehen. Mit ihren kalten Klauen versuchte sie mich zurück zu halten, doch ich lies mich nicht beirren. Ich musste raus aus dem Wald. Weg von hier und nie wieder zurück kommen.
Dann begann das Licht zu flackern. Panisch rannte ich schneller. Ich musste es erreichen. Dann ging alles schnell. Fast schon zu schnell.
Das Licht hörte auf zu flackern und dann war es aus. Mein Fuß blieb an etwas hängen. Ich verlor das Gleichgewicht. Ich bereitete mich auf den Aufprall vor und streckte meine Hände aus. Doch zwei Hände schlossen sich um meine Taille.
„Warum läufst du denn vor mir davon? Ich dachte du wolltest auf Ewig bei mir bleiben.“
Ich hob meinen Kopf und sah ihm in die Augen. Ich folgte seinem Blick der an meinen Arm hing. Ich erschrak als ich den Blutdurchtränkten Ärmel meiner Jacke sah.
Jetzt war es vorbei. In meinen Gedanken nahm ich Abschied von der Welt und stellte mich auf die Schmerzen ein, die ich gleich ertragen musste.
Jetzt würde ich auf Ewig bei ihm bleiben.