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Auf einen Happen zu Essen

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09.06.2007
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Auf einen Happen zu Essen

Kanalarbeiter fanden bei Wartungsarbeiteneine die Leiche einer Frau. Laut Polizei ...
Sandy wechselte den Kanal. Sie schaltete solange durch, bis sie einen Sender fand, auf dem Roger Daltrey mit seinem Hammerorgan The Real Me schmetterte.
„Das ist aber nicht meine Musik“, nörgelte Frau Rumpold auf dem Rücksitz.
„Kein Problem“, erwiderte Sandy genervt, “dann schalte ich eben was anderes ein.“
Sie drückte auf irgendeine Taste, was mit Fools Garden und Lemon Tree quittiert wurde.
Frau Rumpold lächelte zufrieden und tätschelte ihren Chihuahua, welchen sie zwischen ihren massigen Schenkeln eingeklemmt hatte.
„Geht es dir gut, mein kleiner Skippie, geht es dir gut? Ist es dir auch nicht zu heiß?“
Dann, zu Sandy:
„Wissen Sie, warum man seinen Namen mit ie, und nicht mit y schreibt?“
Dreißig Grad im Schatten, verstopfte Straßen, das schlechteste Lied aller Zeiten im Radio und einen Fahrgast aus der Hölle: Aufdringlich, wichtigtuerisch, nach Schweiß stinkend - und dann war sie auch noch scheiß hungrig. Was für ein Tag, verehrte Damen und Herren!
„Nein, keine Ahnung. Warum?“
„Weil ich diese Amerikanizismen hasse. Alles muss ja heutzutage amerikanisch sein!“
Das Wort amerikanisch sprach sie betont vulgär aus.
„Amerikanizismen, natürlich,“ sagte Sandy beiläufig, während sie sich in die linke Spur einordnete.
Ja, die gute Frau Rumpold war offenbar ziemlich dämlich. Elementar, lieber Watson.
Zum Glück waren sie bald da. An einer roten Ampel fuhr Sandy mit ihren Fingern über den Umriss der Münze in ihrer Hosentasche. Das machte sie in letzter Zeit öfters. Ein Ritual, das ihr Kraft gab.
Die würde sie brauchen, denn Frau Rumpold setzte zu einer neuen Konversation an:
„Da war doch letztens wieder was mit diesen Islamisten. Also ich denke ja, dass …“
„Wir sind da!“ rief Sandy hörbar erleichtert.
Sie waren zwar erst in die Straße eingebogen, und bis zum Ziel waren es bestimmt noch zweihundert Meter, aber sie musste der alten Schachtel unbedingt den Ton abstellen.
Diese nervtötende Stimme. Dieser fette Körper. Dieser ranzige Geruch. Sandy konnte sich nur schwer beherrschen.
Die Rumpold schnaubte verächtlich und sah beleidigt zum Fenster heraus, während sie ihrem jämmerlich kleinen Hund, den sie in ein albernes rosafarbenes Minishirt gezwängt hatte, hinter den Ohren kraulte.
Als Sandy schließlich den Wagen stoppte, stoß sie einen lautlosen Seufzer der Erleichterung aus, setzte ihr freundlichstes Lächeln auf und drehte sich um.
„Das macht dann genau fünfunddreißig Euro, Frau Rumpold.“
„Na, dafür müssen Sie mir aber tragen helfen,“ erwiderte diese mit ihrer besten Das-versteht-sich-doch-wohl-von-selbst-Stimme.
„Ja, klar,“ brummte Sandy und stieg aus. Sie hatte gehofft, schnell verschwinden zu können. Ihr Hunger wurde immer größer.
Die Rumpold sah ihr mitleidig ins Gesicht, dann sagte sie:
„Ach, Mädchen! Heutzutage muss keiner mehr mit so einer Hasenscharte herumlaufen. Das kann man doch operieren lassen!“
Dann ging sie, mit Skippie auf dem Arm, zur Tür.
„Skippie und ich gehen schonmal vor und machen Ihnen die Türen auf.“
Sandy fuhr sich mit dem Finger über die Scharte unter ihrer Nase und murmelte ein „Blöde Kuh“, bevor sie sich die zwei Koffer schnappte und ihrer Kundin folgte.
Nach drei Stockwerken war sie ziemlich erledigt.
„Frau Rumpold, dürfte ich ein Glas Wasser haben?“
„Ja, natürlich. Aber merken Sie sich etwas für die Zukunft: Sie müssen höflicher zu Ihren Kunden sein!“
Sandy knirschte mit den Zähnen. Sie wollte, aber sie durfte nicht.
Sie berührte wieder die Münze in ihrer Tasche, worauf sie sich etwas beruhigte.
„Hier, Ihr Wasser.“
Sie hielt ihr ein Glas hin, welches Sandy in einem Zug leerte.
„Wissen Sie, so übel sind Sie gar nicht. Wenn Sie sich ein wenig vorteilhafter kleiden würden ...“
Die Rumpold stellte ihren selbstgefälligsten Gesichtsausdruck zur Schau.
Das brachte das Fass zum überlaufen. Sandy waren ihre guten Vorsätze auf einmal scheiß egal. Sie hatte Hunger, und diese dumme fette Frau forderte es ja geradezu heraus.
„Was ist denn mit Ihnen ...“
Weiter kam Evelyn Rumpold nicht mehr. Die Worte waren ihr im Hals stecken geblieben, und dort würden sie auch für alle Ewigkeit bleiben. Das letzte, was sie in ihrem Leben sehen sollte war, wie die Hasenscharte über Sandies Mund immer größer wurde, wuchs und wuchs und das Gesicht in der Mitte zerteilte, bis die beiden hälften mit einem schleimigen Geräusch auseinander schnellten und der Kopf aussah wie eine organische, mit Rasierklingen bewehrte Bärenfalle, und wie dieses Etwas nach ihrem eigenen Kopf schnappte. Das alles geschah innerhalb weniger Sekunden, und als Sandies gespaltene Zunge mit jeweils einer Hälfte in je ein Auge eindrang, zuckte Frau Rumpold so stark, dass ihr Sandy beim festhalten beide Arme und einige Rippen brach. Als ihre Zungenspitzen schließlich in die zarte Hirnmasse eintauchten, gab sich Sandy mit Haut und Haar dem Genuss hin. Sie liebte dieses Gefühl, welches sie als eine wohlig warme Daunendecke aus Fleisch und Schmerz beschreiben würde.
Nachdem sie gegessen und sich gewaschen hatte, schaute sie sich noch einmal die Reste an.
Sie würde später wiederkommen und aufräumen müssen. Jetzt, wo sie gesättigt war, kehrte die Vernunft zurück ... und plötzlich ekelte sie sich: Vor dem Haufen Fleisch vor ihr, aber auch vor sich selbst.
Es war sehr gut gewesen, oh ja, aber so konnte es nicht weitergehen. Sie hatte die Beherrschung verloren. Wenn sie hungrig war, dann war sie eben leicht reizbar. Sie zog die Münze aus ihrer Tasche und schaute sie reumütig an: Seit einem Monat clean. Einen ganzen Monat, mehr hatte sie nicht geschafft.
„Diesmal halte ich durch,“ sagte sie zu sich selbst und steckte die Münze wieder ein.
Sie hatte die Hand schon auf der Türklinke, als ihr etwas einfiel:
Es war zwar nichts so gut wie das Hirn einer neureichen Schicki – Micki – Tussie, aber sie konnte nicht ständig Leute umbringen. Sie wollte wirklich aufhören. Vielleicht könnte diese kleine Sache den nächsten großen Hunger wenigstens hinauszögern. Nannte man das nicht Suchtverlagerung oder so ähnlich?
Sie ging zur Couch, kniete sich auf eines der Sitzkissen und schaute über die Lehne.
„Hallo, mein Kleiner!“
Skippie (mit ie, nicht mit y) drückte sich zitternd an die Wand hinter dem Sofa und starrte Sandy mit ängstlichen Knopfaugen an.
Mit einer schnellen Bewegung griff sie sich den Hund und drehte ihm den Hals um. Dann packte sie ihn in eine Plastiktüte.
Für Unterwegs.

 

Ist bloß ein Quickie, der mir gestern Abend eingefallen ist.
Hoffe, alle Fehler gefunden zu haben ... aber das hat man ja nie.

 

Handwerklich sind mir ein paar Sachen aufgefallen:

1.) Personen mit Hasenscharten haben (laut Wikipedia) meistens Atem- und Sprechprobleme. Dies kommt in der Geschichte nicht zum Ausdruck.

2.)
Aus welcher Perspektive ist die Geschichte erzählt?
Der Satz
„Wir sind da!“ rief Sandy hörbar erleichtert.
ist aus der Perspektive eines unbeteiligten Beobachters geschrieben, wohingegen der Satz
Ja, die gute Frau Rumpold war offenbar ziemlich dämlich. Elementar, lieber Watson.
direkt im Kopf von Sandy stattfindet.
Solche Perspektivwechsel gibt es noch öfters.

3)
stoß sie einen lautlosen Schrei der Erleichterung aus
stiess!
Und ausserdem: "lautloser Schrei der Erleichterung"?
Heisst das, sie atmet einfach nur aus? Wenn ja, dann sollte man das auch so schreiben.

Und jetzt zum Lob:
Ansonsten gefällt mir die Geschichte.
Der Konflikt zwischen Sandy und Frau Rumpold sorgt für den nötigen Fluss in der Geschichte, und der Mord ist sehr kreativ dargestellt.
Für die Kürze der Geschichte sind die Charaktere gut herausgearbeitet.
Ausserdem mag ich Horrorgeschichten, die ohne Nebel, alte Häuser und Vampire auskommen. ;)

 

Na, du schlimmes Kaninchen,

Es gibt Neuigkeiten bezüglich der unheimlichen Mordserie, welche unsere Stadt erschüttert.
Kanalarbeiter fanden bei Wartungsarbeiten eine weitere Leiche, ebenfalls grausam verstümmelt.

Mach mal die Nachrichten an. Jetzt stell dir vor, dass der oder die Sprecherin das da oben sagt. Fällt dir was auf?

„Das ist aber nicht meine Musik,“ nörgelte Frau Rumpold

„Das ist aber nicht meine Musik“, - andersrum ist englisch.

genervt,“dann

Leerzeichen

Frau Rumpold

Der Name ist echt daneben. Und Sandy klingt, als würde die Geschichte in Chemnitz spielen.

„Wir sind da!“ rief Sandy hörbar erleichtert.

„Wir sind da!“, rief Sandy hörbar erleichtert.

Sandies

Im Englischen wird das "y" am Ende eines Hauptwortes zu "ie", wenn das Wort im Plural steht. Im Deutschen machen wir den Quatsch nicht mit: eine Party, die Partys. Mal abgesehen davon, dass es sich bei "Sandies" um den (falsch geschriebenen) Genitiv handelt: Sandys.

beim festhalten

bei dem Festhalten

Vor dem haufen Fleisch

Haufen

Die Story ist ein bisschen arg sinnfrei, aber durchaus unterhaltsam. Wenn du schon diesen Weg gehst - Tante ist Monster und Punkt - könntest du dir auch diesen einleitenden Nachrichtenausschnitt sparen. Das würde Sandys Verwandlung einen größeren Knalleffekt verleihen, weil man sonst 1. mit etwas in der Art rechnet und 2. irgendwie auch mehr erwartet, zum Beispiel eine Auflösung, einen Konflikt, oder schlicht und ergreifend eine längere Geschichte.

Grüße
JC

 
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Pharmakon:

1.) Personen mit Hasenscharten haben (laut Wikipedia) meistens Atem- und Sprechprobleme. Dies kommt in der Geschichte nicht zum Ausdruck.

Es ja keine echte Hasenscharte, sondern nur die "Naht", welche Frau Rumpold für eine Hasenscharte hält.

2.)
Aus welcher Perspektive ist die Geschichte erzählt?
Der Satz
„Wir sind da!“ rief Sandy hörbar erleichtert.
ist aus der Perspektive eines unbeteiligten Beobachters geschrieben, wohingegen der Satz
Ja, die gute Frau Rumpold war offenbar ziemlich dämlich. Elementar, lieber Watson.
direkt im Kopf von Sandy stattfindet.
Solche Perspektivwechsel gibt es noch öfters.

Ja, stimmt.

3)
stoß sie einen lautlosen Schrei der Erleichterung aus
stiess!
Und ausserdem: "lautloser Schrei der Erleichterung"?
Heisst das, sie atmet einfach nur aus? Wenn ja, dann sollte man das auch so schreiben.

Das ist, finde ich, Wortklauberei. Es sollte eben etwas dramatischer klingen als nur "atmete aus". Das ist durchaus streitbar, aber da sich die ganze Geschichte eh in die Trashecke einordnen lässt ...


Proof:

Sinnfrei sollte es auf jeden fall sein. Sinnfrei, fies, kurz, unterhaltsam.
Mehr nicht. Bin gespannt was du zu meinem anderen Text gesagt hättest ... nuja, was solls. Danke für die Fehlersuche, da mach ich mich nacher dran.
Das mit dem y und dem ie wusste ich garnicht. Ich dachte, das macht man bei uns auch so ... tja, man lernt nie aus.

MfG
Tim

 

Hallo bad rabbit,

ja, netter kleiner Happen für zwischendurch :D
In deiner Antwort gehst du leider nicht auf proofs Vorschlag ein, den Anfang wegzulassen. Dafür würde ich nämlich auch plädieren. Aus den genannten Gründen. Zudem schreckt eine solche Einleitung häufig ab, weil wahrlich ausgelutscht und meistens Geschichten nach dem Schema f folgen.
Innovativ ist dein Happen auch nicht, aber dafür kurzweilig.

grüßlichst
weltenläufer

 
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Danke, Weltenläufer.
Du siehst die Geschichte genau im richtigen Licht.

An dich (und Proof):
Sorry, ja bin nicht drauf eingegangen, aber ich denke ernsthaft drüber nach.
Ach was solls, ich machs einfach, denn ich muss echt zugeben, dass ihr recht habt.

Ach, und nochwas, an Proof:

Der Name ist echt daneben. Und Sandy klingt, als würde die Geschichte in Chemnitz spielen.

Hhihihihi, das mit dem typischen Ossi-Namen ist absicht. Ich bin nämlich aus Chemnitz (ohne Scheiß), und hier heisst jede zweite unter dreißig "Sandy" oder "Cindy" oder "Mandy", das hat mich schon immer genervt.

 

Hi BR.

Puh, da hatte ich ja noch Glück, den alten Anfang zu lesen :), denn den neuen find ich echt ... naja ... doof.

Hätte dir Folgendes vorgeschlagen:

"Es gibt Neuigkeiten bezüglich der unheimlichen Mordserie, welche unsere Stadt erschüttert. Kanalarbeiter fanden bei Wartungsarbeiten ...Sandy wechselte den Kanal."

Aber du bist der Chef :D

mit einem widerwärtig schleimigen Geräusch auseinander schnellten und der Kopf aussah wie eine organische, mit Rasierklingen bewehrte Bärenfalle,
seeeehr gut!!! Wobei ich das "widerwärtig" noch weglassen würde. Denke, das Geräusch erklärt sich von selbst.

Und die geteilte Zunge übertrifft das Ganze noch. Kompliment.

Insgesamt: Hat einfach nur Spaß gemacht. Es sollte zwischendurch öfter mal so was Kurzes geben.
Das Ende war übrigens auch genial!

Gruß! Salem

 
Zuletzt bearbeitet:

Salem:

Danke. Ich vergaß zu erwähnen, dass mich ein Lob von dir besonders freut.
Ich wusste einfach nicht, was ich tun soll, und dachte, ich probier mal einen Liedtext.
Wirklich so doof?
Denn: Ich weiß immer noch nicht, wie der Text am besten beginnt. Mir fällt da nichts sinnvolles ein, und weil mir diese Geschichte längst nicht so wichtig wie der Kubus ist, bin ich da auch sehr offen für größere Änderungsvorschläge.
Hm, dein Vorschlag ist ein aber guter Kompromiss.
Vielleicht ändere ich es nochmal ... aber nur noch einmal ... :-)

EDIT: Ich habe es getan.

 

Pharmakon:
Es ja keine echte Hasenscharte, sondern nur die "Naht", welche Frau Rumpold für eine Hasenscharte hält.
Ach so. Jetzt hab ich's kapiert.


Das ist, finde ich, Wortklauberei. Es sollte eben etwas dramatischer klingen als nur "atmete aus". Das ist durchaus streitbar, aber da sich die ganze Geschichte eh in die Trashecke einordnen lässt ...
Richtig, das ist streitbar. Aber gut, wenn es eh nur Trash ist... ;)

 

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