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Auf der Suche
Skrapps stieg aus seinem Wagen, knöpfte sich den Mantel zu, und hielt Ausschau nach einer ruhigen Stelle.
In einem schäbigen Hauseingang blieb er stehen, hustete, zündete sich eine Zigarette an.
Dann hastete er den Bürgersteig entlang. Kalter Wind peitschte ihm den Regen ins Gesicht. Gelegentlich zog er an seiner Camel.
Als er das Gebäude erreichte, wirkte alles normal. Die Absperrungen hatte man inzwischen abgebaut. In der vierten Etage waren die Vorhänge zugezogen.
Moldenhauer wartete bereits und reichte ihm zur Begrüßung die Hand.
"Scheißwetter", sagte Skrapps.
Moldenhauer grinste, ohne etwas zu erwidern.
Im Treppenhaus war es düster. Das Licht funktionierte ebensowenig wie der Fahrstuhl.
Sie liefen die morsche Treppe hoch, hörten aus irgendeiner Wohnung einen brüllenden Mann.
Oben holte Moldenhauer den Schlüssel aus seiner Tasche und reichte ihn Skrapps. Dieser zog die Stirn in Falten.
"Und sie haben nichts gefunden", fragte er.
Moldenhauer schüttelte den Kopf.
"Gar nichts. Es ist jetzt an Ihnen. Den Schlüssel habe ich Ihnen nie gegeben, und wir haben uns auch nicht getroffen."
Skrapps nickte.
"Selbstverständlich."
Dann schloss er auf.
In der Wohnung roch es nach Lavendel. Die Teppichböden waren so sauber wie bieder. Eine grüne Jacke hing an einem altmodischen Holzkleiderständer.
Skrapps ging zuerst in die Küche.
Penibel gereinigte Herdplatten, auf denen glänzende Töpfe standen. Ein großes Gewürzregal; jedes Glas bis oben hin gefüllt.
Die Tassen auf dem Regal blickten alle in die gleiche Richtung, ihre Henkel zum greifen bereit. Die Arbeitsflächen wirkten wie neu.
"Hmmm ...", machte Skrapps.
"Was ist los?"
"Das wird nicht leicht sein. Kaputte Familie?"
Moldenhauer hielt ihm eine Mappe hin.
"Die Mutter hat sich vor drei Jahren erhängt. Der Vater ist von der Suchtstation aus gleich in die Geschlossene verschoben worden. Daraufhin ist die Schwester dann den selben Weg wie die Mutter gegangen."
"Interessant", murmelte Skrapps und schob die angebotene Mappe von sich weg. - "Ihre Leute haben sicher was übersehen."
"Nun, dafür sind Sie hier."
Die beiden Männer betraten das Wohnzimmer.
Ein schwerfälliger Tisch aus deutscher Eiche beherrschte den Raum. Darauf ein grauer Porzellankrug mit Emblem und eine Fernbedienung.
Das Sofa bestand mehr aus geschnitzter Holzverzierung, als aus Sitzfläche, und selbst die war mit Schonbezügen überdeckt. Nie zuvor hatte Skrapps eine solche Abwesenheit von Staub und Unordnung zu Gesicht bekommen.
Neben dem alten Fernseher waren giftgrüne VHS Kasettenhüllen in einer Glasvitrine untergebracht.
"Was ist darauf", wollte Skrapps wissen und deutete in die Richtung der Vitrine.
"Größtenteils Heimatfilme. Gelegentlich auch ein Krimi aus dem Fernsehen."
"Krimis, sagen Sie?"
"Ja, wieso?"
"Es interessiert mich einfach."
Skrapps´ Blick blieb an der Angel hängen, die neben dem Sofa stand.
"Ist die benutzt worden?"
"Ja, regelmäßig."
Wieder machte Skrapps: "Hmmm ..."
Dann ging er zum Wohnzimmerschrank und öffnete die massiven Doppeltüren.
Er stieß auf saubere Gläser, einige Spirituosen und unzählige Papiere, akribisch in Aktenordnern aufbewahrt und nach Datum sortiert.
Dann fand Skrapps etwas, das seine Aufmerksamkeit erregte.
"Was ist das für ein Plastikding da?"
Moldenhauer kam näher.
"Ach das. Eine Erinnerung an seine Schwester, vermuten wir. Ein altes GameBoy Spiel."
Skrapps griff nach dem kleinen Modul, begutachtete es, drehte es zwischen seinen Fingern.
"Gut", stellte er schließlich fest und zog einen Notizblock aus seiner Tasche, auf dem er etwas notierte.
"Was machen Sie da?"
"Ich schreibe die morgige Schlagzeile. Möchten Sie sehen?"
Moldenhauer nickte und Skrapps gab ihm den Block.
Der Amokläufer von Köln. Tote Fische reichten nicht mehr aus. Killerspiele und Gewaltvideos gaben ihm den Kick für ein noch tödlicheres Hobby!