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Auf dem Weg

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21.06.2014
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Auf dem Weg

Ich stand am Bahnhof und wartete auf meinen Bus. Der Wind blies und wollte einfach nicht aufhören. Ich war schlecht gelaunt, was zum Teil wohl auch daran lag, dass ich nicht so oft mit Stadtbussen fuhr und genau dies jetzt tun musste. Ich kannte die Linie nicht. Die Frage ob ich meine Haltestelle erreichen und dort auch aussteigen würde, machte mich äußerst nervös.
Nach einer beinahe nicht enden wollenden Zeit des Wartens, fuhr der Bus endlich vor. Ich stieg ein. Meine Fahrkarte musste ich, wie bei diesen Wunderwerken menschlicher Kreativität üblich, nicht vorzeigen. Ich wusste den Namen der Haltestelle, doch der Technik sei Dank, half mir das nur bedingt weiter. Eine schriftliche Anzeige der jeweiligen Haltestelle schien in diesem hochmodernen Gefährt nicht nötig, und so war es die Stimme eines Computers, die mich auf meinen derzeitigen Standort hinwies. Leider tat sie dies, für die vorherrschende Lautstärke im Bus, ein wenig zu leise, sodass ich bereits nach einer Minute keinen Dunst mehr hatte in welchem Stadtteil ich mich überhaupt befand.
Die zwei Kinder rechts neben mir, ich schätze sie waren gerade erst in der Grundschule, machten mir die Orientierung nicht einfacher. Ihr Deutsch war zwar stark gefärbt, aber wohl ihre Muttersprache. Zumindest unterhielten sie sich auf der Selben mit einander. Die gesamte Fahrt über spielten sie ein Spiel, dessen Sinn sich mir einfach nicht erschließen wollte. Sie stellten sich wohl vor sie hätten irgendwelche Sammelkarten und bekämpften sich damit.
Eine Haltestelle wurde angesagt. Ich verstand nichts. Das Spiel der beiden Quälgeister war zu laut. Der etwas füllige Junge trug einen klischeehaften schwarzen Trainingsanzug mit roten Streifen und das Mädchen ein billiges Kleidchen mit zerstoßenen Ballerinas, in welchen sie natürlich rosa Socken trug.
Die nächste Haltestelle wurde angekündigt und erneut verstand ich lediglich S-Laute. Das Lachen und Spielen dieser beiden Bälger ging mir langsam aber sicher auf die Nerven. Auf dem Oberteil des Dicken, thronte ein dicker Senffleck, was ihn allerdings nicht sonderlich zu interessieren schien. Das Mädchen saß da, mit ihren fettgetränkten Haaren, rief und lachte und dachte nicht daran mal für eine Sekunde den Mund zu halten um mich auch nur eine einzige Durchsage hören zu lassen.
Und da ertönte die Meldung zur dritten Haltestelle. Und wieder verstand ich nicht ein einzelnes verdammtes Wort. Die Sozialhilfefälle kreischten. Ihr Deutsch war eine Beleidigung. Ich habe nichts gegen Ausländer oder Deutsche, mit ausländischer Abstammung, aber ich habe etwas gegen Asoziale! Wenn ich sah wie abstoßend fett die eine der beiden Ratten in diesem Alter schon war, oder sie sich dieses Sammelkartenspiel vorstellten, also bereits in diesen jungen Jahren Sklaven der Industrie waren, wuchs in mir der Zorn. Das Weibchen saß da, mit breiten Beinen, damit ihr auch jeder Perverse unter den Rock schauen konnte. Keine Kultur und keine Erziehung, und welche Eltern lassen ihre Kinder in diesem Alter derart weit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Die Beiden wollten einfach nicht ruhig sein. In mir stieg die Galle auf. Durchsage für Durchsage wurde von diesen Kröten übertönt und ich wünschte mir so sehr dass sie... aussteigen mussten bevor meine Haltestelle angekündigt würde.

Der Bus hielt erneut. Ich schaute mich durch die Scheibe um. Alte Backsteinhäuser, Müll auf der Straße, heruntergekommene Fassaden. Der Himmel lag grau hinter den blechernen Schornsteinen und der leichte Regen fiel melancholisch auf die Straße, ohne Chance vor dem Boden vielleicht von einer der fehlenden Regenrinnen abgefangen, und irgendwie genutzt zu werden. Ein Ort an dem ich nicht wohnen wollte und für dessen Bewohner ich Mitleid empfand. Es machte mich traurig hier zu sein.
Nun standen die beiden Kinder, die sich einen Platz geteilt hatten, auf. Sie hüpften lachend, und miteinander spielend von ihrer Bank und stürmten strahlend aus dem Bus. Der Anblick war beinahe Surreal. Die beiden spielenden Kinder mit ihren strahlenden kleinen Gesichtern, fröhlichst umhertollend, in diesem kaputten feindlichen Stadtbild. Ich wusste dass sie nie einen guten Schulabschluss bekommen konnten und trotzdem lachten sie und tollten umher. Nie würden sie eine gute Ausbildung genießen dürfen, denn sie würden Ausländer genannt obwohl sie hier in Deutschland geboren wurden und nie eine andere Sprache als Deutsch gelernt hatten.
Der Bus schloss die Türen, fuhr los, und langsam entfernte ich mich wieder von den Kindern, ihrer Familie und ihrem Schicksal.

Der Bus war nun leer. Die Durchsagen der wohl defekten Lautsprecher verstand ich immer noch nicht.

 

So. Das ist nun meine erste, privat verfasste, Kurzgeschichte. Und zumindest kurz ist sie. Ich hätte gerne einige ehrliche Meinungen dazu eingeholt, weswegen ich die Anonymität des Internets gewählt habe. Über jede Form der Kritik wäre ich dankbar.

MfG
Tim

 

Hallo Iterational,

ich muss dir leider schreiben, dass mich dein Text überhaupt nicht angesprochen hat.
Zuerst die umständliche Art, wie du von dem Problem erzählt hast, die Zielhaltestelle zu finden.
Dann werden in banaler Form Vorurteile gegenüber Personen aufgeführt, die einem das Messer im Sack aufgehen lassen. Ich hoffe doch, dass dieser Text komplett satirisch gemeint war - aber falls das so ist, ist er auch nicht einfach stehen zu lassen.

Ich wusste dass sie nie einen guten Schulabschluss bekommen konnten und trotzdem lachten sie und tollten umher. Nie würden sie eine gute Ausbildung genießen dürfen, denn sie würden Ausländer genannt obwohl sie hier in Deutschland geboren wurden und nie eine andere Sprache als Deutsch gelernt hatten.
Genau, denn eines ist doch klar: Wer aus ärmlichen Verhältnissen kommt, wird nie etwas.


Der Ton und die Ausführung deines Textes sind leider nicht so ausgewogen, dass ich als Leser spüre, was der Autor auf die Schippe nehmen wollte und was nicht.

Liebe Grüße
Isabel

 

Hallo Iterational,

ich glaube, Dein Text soll nicht mal satirisch sein, sondern ein Bild widerspiegeln, wie wir es in deutschen Großstädten, immer häufiger finden. Deshalb halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass hier nicht der Protagonist oder die Protagonistin ihren Gefühlen freien Lauf lässt, sondern Du selber. Die gesellschaftliche Schicht, die Du hier ansprichst, ist, glaube ich, nicht in jedem Fall - und Kinder schon gar nicht - selber Schuld an ihrer Situation. Und da ist es schon scharfer Tobak, wenn Du, ohne die Kinder zu kennen, von Asozialen sprichst. Asozial wären sie, wenn sie nicht zur Schule gehen würden.
Ich bin nicht dagegen, über solche Probleme zu schreiben, im Gegenteil. Dann muss aber die Geschichte ein Ziel verfolgen, und das tut sie in diesem Fall nicht. Was Dir, glaube ich, gelungen ist, ist die aufsteigende Wut zu beschreiben, die in Deinem Prot aufsteigt, weil er durch den Lärm die Durchsagen nicht versteht. Aber das alleine macht die Geschichte noch nicht aus.
Als einen Bruch finde ich auch, dass Dir die Kinder plötzlich leid taten, als Du ihr Umfeld gesehen hast, in dem sie lebten, weil sie auf einmal fröhliche Gesichter hatten und lachten. Ich denke, Dein Prot hatte etwas gegen Asoziale? Und dass nie etwas aus Einem wird, der aus ärmlichen Verhältnissen kommt - es gibt genügend Beispiele dafür, wie Menschen über sich hinauswachsen und vom Tellerwäscher zum Millionär, oder wenigstens zu einem/r gestanden Mann/-Frau wurden und werden.

Stilistisch habe ich da ein paar Sachen gefunden:

...aber wohl ihre Muttersprache. Zumindest unterhielten sie sich auf der Selben mit einander.

unterhielten sich in derselben miteinander

...und das Mädchen ein billiges Kleidchen mit zerstoßenen Ballerinas, in welchen sie natürlich rosa Socken trug.

hier wäre es besser, du schreibst ein billiges Kleidchen, dazu zerstoßene Ballerinas...

Und noch diverse Kommafehler.

Gruß
khnebel

 

Falls die Geschichte die Einstellung des Protagonisten gegenüber den beiden Kindern kritisieren oder ad Absurdum führen soll (falls das also Deine Absicht war), wäre es in der dritten Person besser gelungen. Der letzte Satz lässt mich hoffen, dass Du als Autor Dich nicht allzu sehr mit dem Protagonisten identifizierst.

 

Hallo,

Ich mag eigentlich Antihelden, gerne grässlich, kleinlich, hässlich. Der Typ, den du beschrieben hast, schlägt jedem Fass den Boden aus. Seine Unfähigkeit, sich im öffentlichen Raum fortzubewegen und zu benehmen, seine Passivität und dann die Aggressionen, die daraus erwachsen und von Haltestelle zu Haltestelle größer werden, ihn fast innerlich auffressen, all das hast du ganz glaubwürdig geschildert. Die Mittel, die du benutzt, um die Gedankenwelt dieses Misanthropen darzustellen, finde ich aber gelinde gesagt, grenzwertig.

Herzlichst
G.F.

 

Hallo Iterational

Meine Fahrkarte musste ich, wie bei diesen Wunderwerken menschlicher Kreativität üblich, nicht vorzeigen.

Ist doch eigentlich nur ein Bus, ein stinknormaler Bus, oder? Oder ist unser Erzähler so steinalt, dass er noch einen Schaffner in einer Uniform mit polierten Messingknöpfen erwartet, der betagten Damen beim Einsteigen hilft und Fahrkarten mit der Lochzange entwertet?

Leider tat sie dies, für die vorherrschende Lautstärke im Bus, ein wenig zu leise, sodass ich bereits nach einer Minute keinen Dunst mehr hatte in welchem Stadtteil ich mich überhaupt befand.

Eine Minute Fahrzeit reicht aus, um ihn desorientiert werden zu lassen. Das ist schnell, zu schnell.

Die Sozialhilfefälle kreischten. Ihr Deutsch war eine Beleidigung. Ich habe nichts gegen Ausländer oder Deutsche, mit ausländischer Abstammung, aber ich habe etwas gegen Asoziale! Wenn ich sah wie abstoßend fett die eine der beiden Ratten in diesem Alter schon war, oder sie sich dieses Sammelkartenspiel vorstellten, also bereits in diesen jungen Jahren Sklaven der Industrie waren, wuchs in mir der Zorn. Das Weibchen saß da, mit breiten Beinen, damit ihr auch jeder Perverse unter den Rock schauen konnte. Keine Kultur und keine Erziehung, und welche Eltern lassen ihre Kinder in diesem Alter derart weit mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren. Die Beiden wollten einfach nicht ruhig sein. In mir stieg die Galle auf. Durchsage für Durchsage wurde von diesen Kröten übertönt und ich wünschte mir so sehr dass sie... aussteigen mussten bevor meine Haltestelle angekündigt würde.

Da haut der feine Herr ;) aber heftig drein. Dieser Wutausbruch wirkt derart überzogen, dass ich eher ihn, den Erzähler, für einen Asozialen halte.

Der Himmel lag grau hinter den blechernen Schornsteinen und der leichte Regen fiel melancholisch auf die Straße, ohne Chance vor dem Boden vielleicht von einer der fehlenden Regenrinnen abgefangen, und irgendwie genutzt zu werden.

Seltsamer Gedankengang: Da wird erzählt, als ob es traurig wäre, wenn Regen nicht aufgefangen und genutzt wird. – Ich kann die Gedanken des Erzählers nicht nachvollziehen.

Nun standen die beiden Kinder, die sich einen Platz geteilt hatten, auf. Sie hüpften lachend, und miteinander spielend von ihrer Bank und stürmten strahlend aus dem Bus. Der Anblick war beinahe Surreal. Die beiden spielenden Kinder mit ihren strahlenden kleinen Gesichtern, fröhlichst umhertollend, in diesem kaputten feindlichen Stadtbild. Ich wusste dass sie nie einen guten Schulabschluss bekommen konnten und trotzdem lachten sie und tollten umher. Nie würden sie eine gute Ausbildung genießen dürfen, denn sie würden Ausländer genannt obwohl sie hier in Deutschland geboren wurden und nie eine andere Sprache als Deutsch gelernt hatten.

Aber es sind doch Kröten!? Jetzt hat er also plötzlich Mitleid mit ihnen. Das geht mir zu schnell.

Wahrscheinlich wird mit dem Gefühlsumschwung am Schluss der Geschichte etwas ausgedrückt oder angedeutet, das ich leider nicht verstehe. Mich lässt die Geschichte ratlos zurück.

Gruss teoma

 

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