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Auf das Schaf gekommen!

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25.01.2002
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Auf das Schaf gekommen!

Es war an einem nebligen Samstag im März, als auf einmal ein Schaf vor unserer Haustüre stand. Die Sonne ging gerade auf, der Tau lag funkelnd auf der Wiese, und mitten auf der Veranda, da stand es. Ein echtes Schaf. Weiß, mit zotteligem Haar, breitem Nasenbein, einer flachen, eingesenkten Stirn, und mit schneckenförmig gedrehten Hörnern. Mit seinem ziemlich langen Maul machte es Määh!
»Du meine Güte!«, rief meine Mutter, als sie an der Kaffeemaschine hantierte und es durch das Küchenfenster entdeckte, und mein Vater traute seinen Augen nicht, während er die Haustüre öffnete.
Meine kleine Schwester Ida war hellauf begeistert und wollte es sofort hereinlassen, aber Vater protestierte. »Das wäre ja noch schöner!«, rief er und hielt sie davon ab. »Sieht unser Haus etwa aus wie ein Tierheim?«
Stattdessen versuchte er, das Schaf loszuwerden, doch vergeblich. Es war störrisch wie ein Esel und rührte sich keinen Meter von der Stelle.
Irgendwann gab Vater sich geschlagen. »Dann warten wir eben, bis es von alleine weggeht!«, entschied er und zog sich trotzig in sein Arbeitszimmer zurück.
Aber das Schaf ging nicht von alleine weg. Gegen Mittag lief es Stück für Stück unseren Garten ab, betrachtete die Bäume, Sträucher und Gemüsebeete, und am späten Nachmittag fraß es Gräser, Äste und Kräuter. Es schien ihm bei uns zu gefallen.
Schließlich wurde es Vater zu bunt. Er unterbrach seine Arbeit, schnappte sich das Telefonbuch und rief die beiden ortsansässigen Schäfer an. Irgendjemandem musste das Schaf ja schließlich gehören! Doch keiner vermisste es.
Als sich am Abend die Dunkelheit über die Häuser legte, überredeten wir Vater, den ohnehin fast leerstehenden Geräteschuppen im Garten als Stall zu nehmen. So hatte das Tier die Möglichkeit, sich in der Nacht zurückzuziehen. Von einem Nachbarn besorgten wir Heu und Stroh, die Werkbank wurde zum Futtertisch.
Auch am Sonntag blieb das Schaf das Gesprächsthema Nummer eins in unserer Familie. »Warum behalten wir es nicht einfach?«, schlug ich am Mittagstisch vor, während ich den Braten in mich hinein schaufelte.
»Oh ja!«, rief Ida begeistert. Sie war sofort Feuer und Flamme. »Behalten wir Timmy!«
Vater blieb in dem Moment das Stück Fleisch im Hals stecken, das er sich gerade in den Mund geschoben hatte.
»Timmy?« Er schluckte und starrte Ida an. Mehr brachte er nicht heraus. Ein Schaf konnte man wieder loswerden. Aber einen Timmy?
»Nein!«, wehrte er sich verärgert. »Wir behalten das Tier auf gar keinen Fall! Außerdem sind Schafe Herdentiere! Die wollen gar nicht alleine leben!«
Damit war das Gespräch für ihn beendet. Er ließ sich auf keine weitere Diskussion ein.
Am Sonntagnachmittag lieh Vater sich von einem Bauern einen landwirtschaftlich genutzten Pferdeanhänger mit Plane und Spriegel, und nachdem es ihm mit großer Mühe und mit der Hilfe von Mutter gelungen war, das schwere Tier dort aufzuladen, fuhr er es zu einem Weideplatz. Denn der dort ansässige Schäfer, mit dem er am Samstag telefoniert hatte, hatte ihm angeboten, das Tier bei ihm abzugeben, wenn er es unbedingt loswerden wollte.
Gesagt, getan. Traurig verabschiedeten wir uns von Timmy und sahen ihm hinterher. Unsere Herzen hatte das weiße Schaf längst erobert!
Doch am nächsten Morgen stand Timmy wieder vor unserer Haustüre. Treuherzig schaute er durch das Küchenfenster und machte wieder Määh! Beinahe sah er so aus, als ob er uns anlächeln würde.
Vater gab daraufhin eine Zeitungsanzeige mit dem Titel Schaf zugelaufen! auf, in der Hoffnung, der Eigentümer des Tieres würde sich melden.
Die Leute vermissten viele verschiedene Haustiere, wie ich dem Tiermarkt entnehmen konnte: Hunde, Katzen, Kanarienvögel, Wellensittiche, Hamster, Meerschweinchen. Ja, sogar ein Frettchen! Nur ein Schaf, das suchte niemand. Vierzehn Tage später hatte Vater noch immer keine Antwort auf die Anzeige erhalten. Ida und ich versuchten daher erneut, ihn umzustimmen.
»Bitte, Papa!«, bettelte meine Schwester mit honigsüßer Stimme und mit großen, runden Kulleraugen. »Timmy ist doch soo süüß!«
»Wie stellst du dir das denn vor, Kleine?«, wandte Vater ein. »Ihr müsstet euch regelmäßig um das Schaf kümmern! Es braucht Auslauf, frisches Heu und Wasser, und im Frühjahr muss es geschoren werden!«
»Für die Schafschur und Klauenpflege findet sich bestimmt ein geübter Scherer«, meinte Mutter zuversichtlich.
Meiner Mutter und mir fielen noch weitere Argumente ein. So viele, bis Vater sich nach einem letzten Zögern schließlich erweichen ließ.
»Na schön. Meinetwegen. Behalten wir das Schaf. Aber nur, wenn sich niemand mehr meldet!«
Ida und ich strahlten wie Honigkuchenpferde und umarmten Vater herzlich.
Inzwischen haben wir uns richtig an Timmy gewöhnt. Er liefert uns Wolle, Ida und ich gehen täglich mit ihm Gassi, und unserem Vater bleibt das Mähen des Rasens erspart. Und wenn uns einmal nach Fleisch gelüstet ... Nein! Nur gefressen wird Timmy nicht!

Copright by Michael Elflein 2010

 

Hallo Michael,

das ist zwar eine nette Schafsgeschichte, aber so wirklich begeistern konnte sie mich nicht. Schon der erste Satz hat mir nicht gut gefallen, auf keinen Fall würde ich mit einer "dass-Konstruktion" eine Geschichte beginnen, aber das nur am Rande.

»Da wird doch der Hund in der Pfanne verrückt! Weiß der Geier, woher das Schaf kommt!«

Auch das war mir zuviel, zumal vorher der Schwan noch vorkam. Erst im Laufe der Geschichte ist mir aufgegangen, dass Du die ganzen Tiere wohl bewußt eingesetzt hast. Vielleicht gefällt das Kindern, für die die Geschichte ja geschrieben ist, mich hat es irgendwann gestört.

Am meisten hat mich aber gestört, dass die Geschichte so unheimlich glatt verläuft. Auch Kindergeschichten dürfen Konflikte haben, trotz Happy End. Zwar wird das Schaf kurz zum Schäfer abgeschoben, kommt aber sofort wieder zurück und die quengelnden Kinder setzen ohne nennenswerte Gegenwehr des Vaters ihren Kopf durch und das Schaf wird Teil der Familie.
Da habe ich mich gefragt: Ja, äh, und? War's das schon?
Da ist mir zu wenig Abwechslung im Text, zu wenig Spannung, genau das lieben aber die jungen Leser und Zuhörer an Geschichten.

Da könntest Du noch nachlegen, lass' Dir noch eine dramatische Wendung einfallen, die der Geschichte Würze und Spannung gibt. So wie sie jetzt ist, ist sie mir zu langweilig.

Liebe Grüße und schönen Sonntag noch
Giraffe :)

 

Hallo Michael!

Das ist eine Kindergeschichte, eine Bilderbuchgeschichte, mit einem Bilderbuchvater, Bilderbuchkindern und einem Bilderbuchschaf. Und das ist auch genau das Problem, das ich mit der Geschichte habe. Abgesehen davon, dass "Timmy" eher zu nem Widder passen würde, den man dann aber nicht melken müsste. :)

Mir ist die Geschichte zu flach, und ich denke zwar, dass kleine Kinder sich schon fragen, ob die Familie das Schaf jetzt behalten darf oder nicht, aber es wird keinen Eindruck auf sie hinterlassen. Sie werden die Geschichte hören und vergessen.

Es ist eher eine Geschichte, die sich Kinder selbst erzählen würden als eine von Erwachsenen für Kinder geschriebene, weil Kinder Konflikte immer nur als etwas Vordergründiges betrachten. Bekomme ich den Lutscher? Oder bekommt ihn meine Schwester? Dürfen wir das Schaf behalten?

Aber sie wissen, dass Konflikte tiefer sind, sie bekommen das ja im Alltag mit. Nur können sie das zwar aufnehmen, aber nicht wiedergeben. Man kann ihnen aber durchaus Konflikte zumuten, die erleben sie ja täglich.

Diese Tierbeispiele in Redewendungen fand ich auch eher störend und ich weiß nicht, welchen Sinn sie in der Geschichte haben.

Ein Schaf konnte man wieder loswerden. Aber einen Timmy?

Das ist eine schöne Stelle. Es ist auch die einzige Stelle, an der der Vater mal etwas Fleisch zeigt anstatt nur Bilderbuchvater zu sein. :)

Bis bald!

yours

 

Hi, Michael,
Deine Geschichte liest sich flüssig. Und es wird sicher eine schöne Kindergeschichte. Die Ida hat mich an den Michel aus Lönneberga erinnert.
Mir fehlte ein wenig der Einsatz der Kinder, um ihr Tier behalten zu können. Den Timmy nur mit Bettelei und sonst gar keinem Einsatz behalten dürfen?
Langweilig. Vielleicht locken sie das Vieh nächtens mit 'ner Möhre aus der Schafherde, in die es umgesiedelt wurde? Sonst könnte ich mir nicht vorstellen, wie es wieder auf die Veranda zurückkommt.
Lass die Kinder aktiv werden! Zeig, dass es mehr als Bitten und Augenaufschlag braucht, um zu bekommen, was man gerne hätte.
Im Folgenden ein paar Mäkeleien, die du aber gerne auch in den Skat drücken kannst.
Vielleicht ist ja aber auch ab und an was inspirierend für dich:

der Tau lag funkelnd auf den Wiesen und Feldern, und mitten auf der Veranda, da stand es.
Mir würde der Tau auf der Wiese (nicht Wiesen und Feldern) besser gefallen, weil der Junge (Erzähler) wohl eher nur das Nächstliegende, die Wiese vorm Haus, flüchtig wahrnimmt und seine Aufmerksamkeit dann Timmy widmet.
Meine kleine Schwester Ida, die hellauf begeistert war, wollte es sofort hereinlassen,
... Ida war hellauf begeistert und wollte ... (einfacher ist besser)
Stattdessen versuchte er, das Schaf mit beiden Händen zu verscheuchen, doch vergeblich. Das Tier war störrisch wie ein Esel, schwer wie ein Walross, und mindestens ebenso anhänglich wie ein Schäferhund.
Das Fette kann raus, es sei denn, Papa legt richtig Hand an und versucht es von der Veranda zu schubsen. Dann wäre "Verscheuchen" irgendwie zu schwach.
zog sich trotzig in sein Arbeitszimmer zurück., um am Computer zu arbeiten.
Arbeitszimmer -- arbeiten. Deshalb würd ich das Fette weglassen.
Es schien Gefallen an unserem Garten gefunden zu haben!
Es schien ihm bei uns zu gefallen.
nahm mit zwei hiesigen Schafhirten Kontakt auf.
rief die beiden ortsansässigen Schäfer an
und nicht mehr davon auszugehen war, dass das Schaf uns an dem Tag noch verlassen würde,
das klingt ja nach Trauermarsch ;-))
Kann doch ohne Lücken zu reißen raus, oder?
überredeten wir Vater, den ohnehin fast leerstehenden Geräteschuppen im Garten zum Stall umzubauen.
Umgebaut wird nix mehr, wenns dunkel wird. Da werden die Gören entkeimt, gespeist und ins Bett gesteckt. Vorschlag: "als Stall zu nehmen"?
die Werkbank wurde zur provisorischen Futterraufe.
Futtertisch? Werkbänke sind eben.
Er schluckte und starrte Ida belämmert an.
belämmert, nö.
Ein Schaf konnte man wieder loswerden. Aber einen Timmy?
Das ist perfekt!
versuchte sie, ihren Ehemann zu beschwichtigen.
Das fällt aus der kindlichen Erzählperspektive.
"ihren Ehemann" raus.
Am Sonntagnachmittag lieh Vater sich von seinem Bruder den Auto-Anhänger, und nachdem es ihm mit großer Mühe und mit der Hilfe von Mutter gelungen war, das schwere Tier dort aufzuladen, fuhr er es zu einem Weideplatz.
Wie sie das Viech so transportieren, das hätt' ich gerne gesehen. Ist doch keine Holzfuhre, die mit Gurtbändern gesichert werden kann.
es muss gemolken,
Muss es generell nicht. Schon überhaupt nicht, wenn's so Hörner hat. Dann stinkts nur gewaltig.:Pfeif:
Also, ich fand deine Geschichte recht hübsch, würde sie aber wunderbar finden, wenn die Kinder aus ihrer Bettelsituation mehr zum Handeln kämen, Einsatz zeigen würden.

LG Ingrid

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo zusammen,

zunächst vielen Dank für eure ehrlichen, konstruktiven und hilfreichen Kritiken! :) Es ist meine erste Kinder-Kurzgeschichte seit Jahren, die ich geschrieben habe.

Im Großen und Ganzen scheint die Erzählung also (noch) zu geradlinig und langweilig zu verlaufen. Diese Erkenntnis hilft mir schon mal weiter. Spontan fällt mir keine überraschende Wendung oder ein Konflikt ein, den ich noch einbauen könnte, aber ich mach mir demnächst noch einmal gründlicher darüber Gedanken. Sprachlich hab ich den Text soeben unter Berücksichtigung eurer Detailanmerkungen modifiziert.

Die verschiedenen in der Erzählung aufgeführten Tiere, die mir eigentlich recht gut gefielen und die mir unterhaltsam erschienen, sind nun gestrichen, nachdem ihr sie mehrheitlich als störend empfandet. Schade. :)
Ebenso die Textpassage mit dem Melken des Widders. *grins* ;)

@ Giraffe:

Gefällt dir der erste Satz nun besser? Gerade der Einstieg ist bei einer Kurzgeschichte oft schwierig, aber wichtig, wenn man den Leser zum Weiterlesen bewegen möchte.

Es war an einem nebligen Samstag im März, als auf einmal ein Schaf vor unserer Haustüre stand.

@ yours truly:

Freut mich, dass dir wenigstens der Satz mit der Namensgebung des Schafs gefällt. :)

@ butterblume01:

Vielen Dank fürs gründliche Lesen und für die wertvollen Detailanmerkungen! :) Die Idee, die Kinder aktiv werden zu lassen, gefällt mir gut. Ich denk mal drüber nach.

Am Sonntagnachmittag lieh Vater sich von seinem Bruder den Auto-Anhänger, und nachdem es ihm mit großer Mühe und mit der Hilfe von Mutter gelungen war, das schwere Tier dort aufzuladen, fuhr er es zu einem Weideplatz.
Wie sie das Viech so transportieren, das hätt' ich gerne gesehen. Ist doch keine Holzfuhre, die mit Gurtbändern gesichert werden kann.
Hab das nun geändert. :D Hoffe, es liest sich nun besser?
Am Sonntagnachmittag lieh Vater sich von einem Bauern einen landwirtschaftlich genutzten Pferdeanhänger mit Plane und Spriegel, und nachdem es ihm mit großer Mühe und mit der Hilfe von Mutter gelungen war, das schwere Tier dort aufzuladen, fuhr er es zu einem Weideplatz.
Viele Grüße
Michael :)

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Hi Michael,

also, mir gefällt der erste Satz nun besser, im Vergleich mit seinem Vorgänger sogar sehr.

Ich bin gespannt, was Du aus dem Text noch machen wirst und wünsche Dir viel Glück und gute Ideen.

Schönen Abend
Giraffe.

 

Hi, ich noch mal

lieh Vater sich von einem Bauern einen landwirtschaftlich genutzten Pferdeanhänger mit Plane und Spriegel,
Das ist etwas sperrig, glaub ich.
Pferdetransporter könnte gehen, vielleicht ein Viehkarren. Wichtig ist dabei wohl nur, dass nicht zu viel dazu erklärt werden, man beim bloßen Namen des Gefährts ein Bild haben muss.
Zur Aktivität der Kinder: Vielleicht will der Schäfer selber seinen Neuzugang abholen? Ist ja was wert, so'n Schaf. Und die Gören haben es versteckt, als er anreist? Alter Schuppen, Höhle, weiß der Geier wo?
Fröhliches Grübeln.
LG Ingrid

 

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