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Auch nur eine Erinnerung

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21.03.2003
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Auch nur eine Erinnerung

Wir waren zwei Jahre zusammen. Sie war Heidelbergerin und lebte bei ihren Eltern. Wir hatten dieselbe Studienrichtung und waren in dieselbe O-Phasengruppe eingeteilt, wir verbrachten alle Zeit an der Uni immer gemeinsam, dieselben Vorlesungen und Übungen, Mensa, Uni-Kino, gemeinsames Lernen. Sie war eine unauffällige liebe Person.
Und anhänglich. Dabei war ich nur einmal nett. In der ersten Stunde, am ersten Tag des neuen Lebensabschnitts, der bei allen von Unsicherheit begleitet war, half ich ihr sich im großen Ganzen der Studienregeln und des Vorlesungskommentars zu orientieren. Ich erklärte ihr, was ich selber kaum verstand und sie übernahm letztlich meinen Stundenplan. Sie war nicht dumm, nur unsicher und ängstlich etwas falsch zu machen, einen schlechten Start zu erwischen und gleich das erste Semester zu verlieren.
Ich war damals ehrgeizig, erkannte dass das Vordiplom ohne Überforderung auch in drei Semestern zu schaffen sei. Ich wollte nicht leben, ich wollte lernen, schaffen, Leistung bringen. Leben würde man, wenn man mit 30 jemand geworden wäre, gutes Geld verdiente und die Ernte für das Studium einfahre.

Setzte ich mich mal allein in die Vorlesung und nicht zu unserer ehemaligen Gruppe, setzte sie sich zu mir. Wir sprachen nicht, alberten auch nicht, ich folgte der Vorlesung. Ich zeigte mich ( direkt sagen, konnte ich es ihr nicht ) hier und da auch von ihr genervt, wenn sie mich ansprach. Aber das störte sie nicht! Es störte sie aber und zeigte es mir auch, wenn sie erfuhr, dass ich mal was unternommen habe, wovon ich ihr vorher nichts erzählt hatte. Dabei waren wir nicht mal zusammen. Einmal sprach sie es sogar aus. Sie sagte, " ja zum Lernen und Büffeln und Unterlagen-Besorgen bin ich dir gut genug, aber sonst willst du nichts mit mir zu tun haben". Dabei bin ich einfach nur mal mit anderen essen gegangen und nicht wie schon zur Routine geworden nach der Makro-Vorlesung mit ihr. Sie hatte Makro zu der Zeit schon geschmissen, war ein Fach zu viel, kam aber wie ehedem immer zur selben Zeit, um mit mir Mittag zu essen und um danach gemeinsam Mathe zu pauken.
Sie hatte Mathe-Leistung gehabt und war beachtlich gut. Ich hingegen verstand nichts. Ich war eben ein Hauptschüler, der Real und Gymi nachmachte - und dann die lange Zeit bei der Bank, wo ich ganz raus war.
Was die hier verlangten, war für mich wie von einem anderen Stern. Für sie war es Wiederholung, nur unglaublich schnell vorgetragen und kompliziert erklärt. Wir lernten nach ihren alten Schulbüchern. Ich nutzte sie aus, tyrannisierte sie, rief noch spät abends bei ihren Eltern an, wenn ich was nicht verstand. Später einmal sagte sie, sie sei sehr überrascht gewesen, dass ich so wenig Ahnung gehabt hätte, sie habe mich für schlauer gehalten. Hätte sie das am Anfang schon gewusst und hierbei lachte sie, denn wir waren schon zusammen als sie das sagte, dann hätte sie sich jemand anderen an den Hals geschmissen.
Ich war vier Jahre älter als sie: Es war im Januar, vor den ersten Prüfungen: Die Angst durchzufallen, sich zu viel vorgenommen zu haben, das Unwissen darüber, was die Prüfer verlangten und wo ich leistungsmäßig stand, ob ich einer Prüfungssituation überhaupt gewachsen war, prägte das Lebensgefühl. Das ist so die Phase, wo Zeit immer knapp ist, man immer noch mehr tun muss, man diesen enormen Druck verspürt; und die Angst am Ende doch durchzufallen lässt in einem das Verlangen wachsen, wenigstens auch gelebt zu haben, damit man dann später zumindest Erinnerungen, wenn auch keine Scheine hat. Oder anders: Der Druck lässt einen auch geil werden. Sonst hatten wir immer an der Uni gelernt oder bei ihr Zuhause. Jetzt bat ich sie, zum Lernen zu mir zu kommen. Sie musste wissen, was das bedeutete. Immer drängte sie mich, mich mal zu besuchen. Ich wehrte aber kontinuierlich ab, schämte mich auch meiner spärlichen Einrichtung wegen. Ich wollte diese Nähe nicht, hielt sie nicht für gut genug, obwohl sie hübsch, ordentlich, sauber war. Es brannte halt nicht, man war sich vertraut, man stritt sich bereits wie ein altes Paar ohne jemals eins gewesen zu sein. Sicher, da war hin und wieder was, ich lenkte ein paar Mal das Gespräch auf obszöne Themen, worüber sie immer leicht erschrak oder ließ die Hand auf ihrem Stuhl liegen, wo sie sich gerade hinsetzte, einmal gar grabschte ich wie irrsinnig von hinten an ihren Busen oder drückte mal mein Glied durch die Hosen an ihren Po. Nur für die Situation, ich wollte gar nicht mit ihr ins Bett. Sie wehrte jedes Mal barsch ab, "ey was soll das" oder Ähnliches, aber es hatte keine Folgen, weder in die eine noch in die andere Richtung, fünf Minuten später war wieder alles so wie immer. Auf einen ähnlichen Annäherungsversuch ( Qualität Hauptschule, ich kann es heute noch nicht anders ) antwortete sie, " aber nicht so ", was ich verstand als, ja du kannst mich haben, irgendwann, aber gib dir Mühe. Über Tage und Wochen war daraufhin sexuelle Funkstille.
In meinem Zimmer dann stellte ich fest, sie wusste was käme und wollte es auch. Ich hatte mir vorher schon ausgemalt, wie ich sie entkleiden und lecken würde, wie ich mich praktisch bediente. Aber es kam nicht dazu. Es ging gleich in Missionarsstellung und war dann auch schon passiert. Es war schlecht. Für sie bitterschlecht. Ich schämte mich und wusste mir nicht anders zu helfen als sie loszuwerden. Sie fragte mich, ob das mein Ernst sei, dass ich jetzt lernen wolle. Ich konnte nichts sagen. Wir verbrachten den Abend fernsehguckend im Bett, in der Nacht übernahm dann sie die Regie und auch ich wurde locker und es ging besser. Ich bin mir sicher, der Satz, den sie mal mit Bezug auf mein mathematisches Unvermögen äußerte, galt ohne Abstriche auch für meine Qualitäten als Liebhaber; nur, dass sie es nie aussprach.
Die Prüfungen liefen für mich gut, selbst in Mathe war ich besser als sie, was sie mir nicht übelnahm, obwohl ich ja praktisch auf ihre Kosten gut wurde, während ich ihr gar nichts geben konnte. Nein, sie bewunderte es, stärkte ihr Zutrauen in mich und ich Idiot ertappte mich tatsächlich mal bei dem Gedanken, "ja, nun ist deine Autorität wieder hergestellt".

Ich behandelte sie nicht gut, einfach weil ich sie immer sicher hatte. Auch sexuell ging ich weit und sie machte manches nur widerwillig mit. Step by step. Ob sie glücklich war, ich glaube kaum. Ich machte nichts als Pauken und bereits nach dem zweiten Semester war ich ihr scheinmäßig um ein Semester voraus. Sie besorgte die Unterlagen, kopierte alte Klausuren, schrieb mit in den Vorlesungen, wenn ich es nicht für nötig hielt, hinzugehen, sie kaufte die Bücher, die ich mir auslieh. Man kann es nicht anders sagen: sie ordnete sich mir völlig unter, alles wurde meinem Willen, meinen Bedürfnissen untergeordnet. Und ich bemerkte es nicht mal oder wenn ich es bemerkte, hielt ich es für normal, weil es halt so war, so immer sein würde; ungefähr so wie man sich zu Hause immer an den gedeckten Tisch setzte. Kurzum: Ich wusste es nicht zu würdigen oder zu schätzen oder ihr einfach zu danken. Aber ich gab ihr Zukunft. Erzählte ihr große Geschichten, was wir alles gemeinsam machen würden und was für grandiose Zeiten auf uns warteten. Bestimmte Dinge wollte sie immer wieder hören. Nach dem Lernen, mit dem Gefühl etwas geschafft zu haben, war ich wie entfesselt und es machte mir Freude, sie zum Lachen zu bringen. Aber es war für mich immer nur Spielerei, ohne Belang, vergessen sobald der Abend vorüber war. Irgend etwas musste man ja machen, zum Entspannen gerade richtig. In ihrem Brief schrieb sie, für diese Stunden am späten Abend habe sie gelebt. Auch gab ich ihr Selbstbewusstsein, leider auf eine falsche Art und Weise, eins, das ich ausnutzte, vor allem sexuell. Wenn ich jetzt so zurückblicke,ist es schwer zu verstehen: sie war ein Mädchen ohne Makel; nur einer war da, ein unsichtbarer in ihrem Kopf, der über die Ausstrahlung auch negativ auf ihre Attraktivität wirkte. Hätte sie ein anderes Bewusstsein, sie hätte alles sein können, vor allem äußerlich, sie hatte alle Anlagen. Und manchmal in Ekstase, ob im Bett oder auf einer Party, da glänzte es auf und es hatte seine Wirkung und ich konnte es dann manches Mal gar nicht glauben, dass das meine Freundin war, ich war stolz und riss sie an mich und wollte aller Welt zeigen wie hübsch sie war und sie genoss diese Momente, wo ich eifersüchtig wurde und nicht von ihr abrückte und in diesen Momenten, wir sprachen mal darüber, in diesen Momenten wussten wir, dass wir einander liebten, ich, der sie nicht hergeben wollte und sie, die immer wieder brav an meine Seite kam. Ja, sie konnte was aus sich machen. Manchmal so sehr, zum Beispiel zu festlichen Anlässen ihrer Familie oder formlosen Uni-Bällen, dass ich es nicht ertragen konnte, nervös wurde und blieb, solange ich nüchtern war, denn sie war ein Hingucker und ich konnte damit nicht umgehen, fühlte mich ungeschickt und unbeholfen und spürte, wie es mir andere anmerkten. Das "Divahafte" an ihr bemerkte ich erst, als wir längst zusammen waren und sie dachte wohl, ich könne das auch aus mir herausholen, immerhin war ich mal Banker. Ich konnte es nicht. Wohl auch hier gilt, hätte sie es vorher gewusst, sie hätte ...
Am Montagmorgen in der Uni war sie dann wieder die Alte, in ihren Pullis und Jeans, ängstlich, eine, die man sicher hat und die auch nicht auffällt. Aber die Typen, die sie jetzt anders kannten, behandelten sie nun auch in der Uni anders. Ich jedoch musste sie heruntermachen, sie schlecht behandeln wie ehedem, nur ungerechter, um mir meiner wieder sicher zu sein; sie verstand das, verlor nie ein Wort darüber.

Studientechnisch war sie irgendwann abgeschlagen, kraxelte beim Vordiplom herum, in der Uni sahen wir uns kaum noch, ich war im Hauptstudium, lernte immer noch viel, aber ohne sie und die Zeit die wir füreinander hatten, versuchte ich mit aller Gewalt nach meinem Willen zu gestalten, nahm mir nicht mal die Zeit, ihr Fragen in Fächern zu erklären, die ich längst bravourös bestanden hatte. Heute weiß ich, dass sie in jener Zeit durchmachte, was sie immer befürchtete: nicht mehr Schritt halten zu können, hilflos hinterher zu irren. Sie bekam Prüfungsangst, die auch ich ihr nicht nehmen konnte, sie war bereits zwei Mal durchgefallen in einem Fach und musste in die Mündliche, wenn sie die nicht schaffte, käme es einer Exmatrikulation gleich, die Folge: sie lernte ein Semester nur für diese Prüfung, um am Ende doch die Prüfung zu verschieben und damit das nächste Semester auch noch zu gefährden: wie Frauen so sind, sie machte erst mal die anderen Fächer fertig und hoffte im entscheidenden Fach auf Milde, wenn sie die anderen vorweisen könne. Sie brauchte mich, emotional. Es ging dabei nicht um das Studium, das war für sie nachrangig, vielmehr trat nun eine weitere Seite an ihr hervor, die mit Hilfe des Studiums bis dahin verdrängen konnte. Ich hätte ihr vielleicht helfen können, ihr auf jeden Fall mehr geben können, aber ich war einfach zu faul. Ich habe nie hinterfragt, nie versucht, die Ursache ihres Unwohlbefindens zu erforschen. Ich hatte sie auch so, vögelte sie, ging mit ihr aus und hörte ihr zu. Das half ihr schon, ich war mir immer sicher, ich hätte mehr tun können, wäre ich in dieser Sache nicht so träge gewesen, aber vielleicht reichte ihr auch, was ich tat oder gerade, dass ich gar nichts tat außer Zuhören: "Ratschläge sind auch Schläge", hörte ich sie öfter zu ihren Eltern sagen. Vielleicht war das der Grund, weshalb ich nichts unternahm.

Am 01.01.99 in der Sylvesternacht, auf 'ner Unifete, grabbelte ich dann 'ne Andere an, im besoffenen Kopf, knutschte mit ihr rum als plötzlich meine Freundin vor mir stand, mit der ich ja schließlich gekommen war. "Was soll das denn?" fragte sie noch in gemäßigtem Ton. "Ist Schluss?" fügte sie an und ich sagte kurz und bündig, die andere noch im Arm, "ja". Ich weiß nicht, was mich trieb, sie hätte es mir bis dahin verziehen, keine Frage. Ich ging also mit meiner Freundin beiseite und sie fragte mich "warum" und ich antwortete ehrlich: "Es ist mir einfach zu langweilig mit uns und ich hatte noch nicht so viele Freundinnen, ich möchte mal eine andere". Sie bekam Tränen in den Augen, drehte sich um und ging, ich wollte ihr hinterher, aber ich konnte nicht. Ich konnte nicht, weil ich wusste ich hätte sie noch an Ort und Stelle wieder rumgekriegt; und auch sie hätte mich rumgekriegt, wieder zur Besinnung gebracht, wenn sie es gewollt hätte. Aber wir wollten es beide nicht. Ich war spitz auf die Andere in dem Moment und sie merkte das und deswegen wollte sie mich auch nicht mehr, es widerte sie an. Ich spürte ihren Ekel. Es tat mir leid, so wie es passierte, war es hart, zu hart. Wir sprachen nie wieder darüber.
Sie trug es mit Fassung und ich blieb Single. Wir redeten, wenn wir uns sahen normal miteinander. Gegen Ende des Jahres kamen wir uns wieder näher, hatten eine Zeitlang fast täglich miteinander zu tun. Sie wollte endlich die Mündliche machen und das betreffende Fach hatte ich in meinem Hauptstudium zu meinen Schwerpunkten gewählt. Auch gingen wir wieder gemeinsam ins Kino oder mal was Trinken oder Erzählen. Aber wir schliefen nicht miteinander. Einmal grabschte ich, aber sie entzog sich mir und verfiel in Gelächter, sie sah mein verdutztes Gesicht und kriegte sich gar nicht wieder ein, schließlich lachte ich mit. Ich machte keine weiteren Anstalten. Sie hatte auch mehrere Typen in der Zeit nach mir gehabt. Im Februar 2000 bestand sie die Mündliche und sie lud mich zum Essen ein. Es war eines unserer letzten Treffen, wir fanden keinen Grund mehr zum Verabreden, trafen uns nur noch zufällig, mitunter in unglücklichen Situationen.


Im Januar 2001 erfuhr ich dann, dass sie tot sei. Sie habe sich am 01.01.01 mit einer Art Plastiksack im Schlaf erstickt. Wie das gehen soll, weiß ich nicht. Mochte aber auch nicht die Eltern, die sie fanden, danach fragen. Auf der Trauerfeier machte mir ein Onkel von ihr eine Morddrohung. Sie wurde verbrannt. Wo ihre Asche ist, wollte man mir nicht sagen. Ich weiß es immer noch nicht. Zwei Wochen später erfuhr ich von ihrer Cousine, dass ein an mich gerichteter Abschiedsbrief existiere, den die Eltern mir nicht geben wollten. Als ich das hörte, rührte sich alles in mir auf und ich brach zum ersten Mal in Tränen aus. Tagelang traute ich mich nicht zu den Eltern. Ich wollte den Brief haben, sie wollten ihn mir nicht geben. Was sollte ich tun? Was mochte sie geschrieben haben? Und mich plagte das Gewissen.
Kleinlaut, ängstlich und mit Tränen in den Augen klingelte ich an der Tür. Der Vater öffnete. Er war barsch und hart, fragte was ich denn wolle, ich solle Land gewinnen, man wolle mich nicht sehen. Ich schaute nach unten und konnte nichts sagen. Die Tür schlug zu. Ich klingelte wieder. Die Mutter kam, schlug auf mich ein. Nicht fest, ich rührte mich nicht. Endlich konnte ich was sagen: "Sie wollte, dass ich den Brief lese." < Pause > " Ich muss ihn lesen. "
Man stand an der Tür bis der Vater verschwand und mit einem Umschlag und einem Stuhl in den Händen wiederkehrte. Ich saß im Flur, öffnete den Umschlag und las den Brief. Die Eltern standen vor mir und musterten mich. Heute bin ich dankbar, dass ich weinen konnte in dem Moment. Die Eltern weinten mit. Ich las den Brief, eine einunddreiviertel Seite lang. Ich habe noch nie so tief empfunden und hätte nicht gedacht, dass Wörter eine solche Wirkung haben können. Ich heulte und konnte vor Tränen nicht lesen. Da standen keine Vorwürfe. Sie schrieb von Liebe, von einer glücklichen Zeit, die sie mir zu verdanken habe, dass sie nie so geliebt habe wie sie mich geliebt hatte. Ich heulte Rotz und Wasser, wischte es in die Ärmel, wollte den Brief nicht beschmutzen. Auch schrieb sie religiös Verklärtes ( es waren Bezüge drin zu meiner religiösen Laberei, die aber keiner außer mir verstehen kann ), dass man auf dieser Erde sei um zu lieben und um zu vertrauen, sie habe geliebt und vertraut, besser würde es nicht mehr werden, sie sei bereit für den Himmel, wo man sich wiedersähe . . . oder so ähnlich - kaum zu Ende gelesen, nahm die Mutter mir den Brief weg, ich fragte, ob ich eine Kopie haben könne, darauf die Mutter wörtlich: "wozu, um dich dran aufzugeilen, ein Mädchen in den Tod getrieben zu haben", ich war geschockt, der Vater griff mich am Kragen und beförderte mich vor die Tür. Man wolle mich nicht wieder sehen und meine das auch so, er wisse nicht, ob er sich das nächste Mal, wenn er mich sehe, noch beherrschen könne.

Ich sah niemanden von der Familie je wieder. Sie war Einzelkind.


 

Hi Schriftbild!

Sag mal, ist den anderen Deine Geschichte zu lang, oder warum hat bisher keiner geantwortet.
Also ich sag nur: Schluck!
Ich fand sie auch nicht zu lang, weil man beim Lesen irgendwie das Gefühl der Abhängigkeit voneinander erkennen konnte.
Allerdings kam das Ende für mich eher unerwartet. Ist ein bißchen überzogen, aber der Schreibstil gefällt mir.
Auf jeden Fall hast Du keine Scheu, auch mal "böse" Wörter (wie f***** und vö****) zu benutzen. Da merkt man, dass der Prot. ein Mann ist (es soll aber auch Frauen geben, die so reden... hab ich irgendwo mal gelesen.. :D)
Nun ja.
Ich hab sie gelesen.
Ich fand sie gut.

Love
Baphometha

 

Oh... hab noch was vergessen!

Den letzten Satz kannst Du weg lassen! Der passt nicht (meiner bescheidenen Meinung nach)

Love
Baphometha

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Baphometha,

erst mal schönen Dank dafür, dass du es gelesen hast und vor allem dafür, dass du es mich hast wissen lassen. Selbst kurze Statements sind mir sehr recht.

Das sie dir gefallen hat, freut mich. Dein Kritikpunkt hingegen lässt mir keine Ruhe. Du fragst dich: "Der letzte Satz, was soll der aussagen? Dass es die Familie besonders hart trifft?" Ich selbst bin noch zu keinem Schluss gekommen. Ich hielt ihn für wichtig, um das Ende abzurunden. Ohne den Satz würde das Ende fehlen?!? Sehe ich das falsch?
Hätte gern hierzu noch Überlegungen.


Love Schriftbild

 

Hallo Schriftbild

Meiner Meinung nach, musst Du die Geschichte nicht abrunden, mit dem letzten Satz. Ohne den letzten Satz hat der Leser viel mehr die Gelegenheit, sich die Geschichte "selber" abzurunden.

Es spielt nicht wirklich eine Rolle, dass sie Einzelkind war, oder?
Außerdem kann man aus der Reaktion der Eltern schon sehen, dass diese Geschichte wohl nicht in Freundschaft endet.
Und wenn Du unbedingt darauf bestehen solltest, die letzte Zeile zu behalten, dann würde ich lieber einen Satz daraus machen, z.B.:

Ich sah niemanden von der Familie je wieder, denn sie war ein Einzelkind!

Ist aber nur mein persönlicher Geschmack... :D

Love
Baphometha

 

Tja, bin zufällig auf diese Geschichte gestoßen und konnte nicht mehr aufhören zu lesen.
Du schreibst in einem guten und flüssigen Stil - dieser ist wirklich sehr ansprechend.

Dass die Eltern der Selbstmörderin eine Schuldzuweisung aussprechen ist zwar sehr menschlich (man versetze sich mal in diese Situation!) aber ungerecht, schließlich trägt man eine gewisse Eigenverantwortung. Eigentlich ist es ziemlich egoistisch von dem Mädchen, den Prot. in eben diese furchtbare Lage zu bringen, da er sich wahrscheinlich automatisch sein Leben lang Vorwürfe machen wird, auch wenn er weiß, dass ihn eigentlich keine Schuld trifft. Er hätte zwar für sein Verhalten in der Beziehung nicht gerade einen Oskar verdient, aber ein solch tragisches Ende der Bekanntschaft auch nicht.

Lass die letzten beiden Sätze stehen, ich finde sie sehr passend – abgehackt und kurz kommen sie besonders gut rüber.

Gute Geschichte!

 

Hallo Bapho und Liz,

zu spät habe ich dich Liz gelesen, hatte mich kurz vorher dafür entschieden, die beiden Sätze herauszunehmen. Begründung: 1. Jetzt klingt die Geschichte nicht mehr ganz so, als wäre sie so geschehen. 2. Kurzgeschichten haben ja ein offenes Ende.

Besten Dank euch beiden

Liebe Grüße

Schriftbld

 
Zuletzt bearbeitet:

Aber Bapho,

natürlich hast du mich nicht beleidgt. Ich bin ein Netter, ich freue mich über jeden Beitrag.

Und ich grübelte weiter. Ergebnis: Ich habe der Geschichte doch wieder ein Ende gegeben.

Love Schriftbild

 

Hallo,

ich fand deinen Text sehr gut, vor allem wegen dem Mut zum ehrlichen Ausdruck!
Das ist nah dran, schön.

Weiter so!

Flic

 

Hi Schriftbild,

dann schreib doch bitte bitte wenigstens:

Sie war ein Einzelkind :)

Love
Baphometha

 
Zuletzt bearbeitet:

Liebe Bapho,


du machst mich wahnsinnig . fg* ... aber ich bin sehr froh darüber!

Love

S

 

Soso, Rumjammer, Heul, Zähneknirsch! Keiner beachtet mich, jaul...:D

Naja, dann will ich dir mal die Kritikerin machen, liebe(s)r Schriftbild:

deine Geschichte hat ihren eigenen Zauber entwickelt und zieht in den Bann. Man mag nicht aufhören, sie zu lesen und wird am Ende mit einer gutgeschriebenen Geschichte belohnt.
Was mir ganz besonders gefällt, ist, dass du ein Stückchen Zeitgeist eingefangen hast, nämlich die Entfremdung zwischen zwei Personen, die, obwohl sie nach außen hin zusammen sind und als ein Paar gelten, doch sich nicht zueinander öffnen können.
Ich finde, dir ist eindrucksvoll gelungen, diese Sprachlosigkeit zwischen beiden darzustellen.

Ich mußte an meinen Text "Gedanken über die Liebe " denken, indem ich beschreibe, dass Liebe auch eine Ausdrucksform des Mangels sein kann, deine Protagonistin, die sich anpaßt, kleinmacht, ja fast unterwirft, dein Protagonist, der es hinnimmt und nicht weiter hinterfragt, ja fast für selbstverständlich hält.
Beide zwei Zahnräder, die ineinandergreifen bis...ja bis ein Zacken abbricht. Das ist ja das Fatale an der Erfüllung der jeweiligen Bedürftigkeiten, dass diese Gebilde fragil und höchst anfällig für Störungen sind.
Genau diese Gedanken ruft deine Geschichte in mir hervor, sie regt zum Nachdenken über diese Beziehung der beiden Protagonisten an.
Zugleich und das ist dann die dritte Ebene, die deine Geschichte ausdrückt, versucht der Protagonist sich mit seiner Darstellung der Vergangenheit eine Erklärung für den Tod seiner Freundin zu geben, sich ein wenig mit seinen Erklärungen zu beruhigen.

Lieben Gruß
lakita

 

Tja,


rumjammer, heul usw. Lakita, du hast mich vollkommen befriedigt! Ich danke dir. Und ich kanns nicht lassen, nein lassen kann ich s nicht, ich muss, ich muss wirklich. Drei Ebenen, wow, dachte ich mir. Eigener Zauber. Fantastico.

Die Geschichte hat einen Nachteil. Sie hat ein großes Thema zum Inhalt. Mit leichten Themen im positivsten Sinne zu verzaubern, das wäre was: Gedanken über die Liebe.

Als ich das schrieb, stellte ich mir einen Manager vor, einer, der es geschafft hatte, einen Sortwagenfahrer, einer , der verschiedene weibliche Anlaufstellen hat. Und der dann, durch irgendwas, an dise Sache erinnert, sagt: Auch nur eine Ernnerung. Ein Arsch also.


Nun, wo ich es aber las, erneut las, sehe ich jemand ganz anderen, ein armes Schwein, einen Arbeitslosen, einer ohne Frauen. Und gerade weil er so zu sehen ist, ist er auch kein Arsch mehr. Ein Hänger eben. Einer, der für die Zukunft lebte, un nun, dort angekommen, feststellen mus, dass die guten Jahre im Grunde die waren, die er nur so auf seinem Weg zu einem tollen Leben durchhuschen wollte.

 

Hallo Schriftbild,

dein Text liest sich wie das Exposé zu einem Roman. Damit will ich sagen: Du zeigst das Geschehen nicht, du fasst es zusammen. Mit Ausnahme der zwei Textabschnitte am Schluss (Sylvesternacht und Begegnung mit den Eltern) sind das keine Szenen, sondern narrative Zusammenfassungen. Das merkt man schon daran, dass nur in diesen beiden Absätzen überhaupt Dialog vorkommt.

Noch was: Du schreibst die Geschichte aus Ich-Perspektive mit größerem zeitlichen Abstand. Davon würde ich abraten. Es klingt wie "meine schönste Beichte".

Sorry, das war hoffentlich nicht mehr als du vertragen kannst. Ich hab einfach mal so drauflos geprügelt... Das soll nicht heißen, dass ich die Weisheit mit Löffeln gefressen hab.

Grüße,
dein Stefan

 

also, man muss hart sein, und harte Worte sind immer gut, zumal unterhaltend. Dafür darf man auch übertreiben. Aber du .. also nein ...... wirklich .... d hst auc noch recht ..... was immer ich da schrieb, ene KG ist es nicht .... und ja s ist mehr, als ich vertragen konnt!


MfG

-SB-

 

Hallo Schriftbild!

Ich möchte mich Lakitas Worten anschließen. Die Sprache, die Du verwendest, passt ausgezeichnet zu dem Inhalt Deiner Geschichte. Zwei unterschiedliche Menschen mit gegensätzlichen Vorstellungen und Träumen treffen aufeinander, verbringen eine begrenzte Zeit zusammen und gehen dann, jeder für sich, ihren eigenen Weg. Und dann das Ende: Der Abschiedsbrief entlässt den von Selbstvorwürfen Gepeinigten aus seiner Schuld.

Trauriger Text, aber gut geschrieben.

Gefällt mir.


Ciao
Antonia

 

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