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Atemlos verliebt

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01.09.2005
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Atemlos verliebt

Zum ersten Mal hatte Hans ihren herrlichen Körper in Ecuador gesehen. Sie hatte einen Ochsen gefressen und wurde von aufgebrachten Dorfbewohnern über den Marktplatz geschleift. Dreizehn Männer hatten sie gebraucht, um die Naturgewalt, die sie war, von der Stelle zu bewegen. Der Bauer, dem der Ochse gehört hatte, schwang eine Sense und schrie in einem Spanisch, das sich hohl klingend einen Weg durch faule Zähne an die Freiheit bahnte, man möge ihr den Gar aus machen, schon zu lange habe man sie toleriert, als nächstes würde sie womöglich die Kinder angreifen, die unten am Fluss spielten, egal, wie oft man es ihnen bereits verboten hatte.
Als derjenige der Männer, der ihren Kopf halten sollte, einen Moment unaufmerksam war, biss sie ihn mit der Kraft, die ihr geblieben war – die meiste würde sie noch mindestens einen Monat lang zum Verdauen des Ochsen brauchen – in den Oberschenkel. Hans wusste, dass ihre Art entgegen einer populären Vorstellung durchaus über Zähne verfügte, auch wenn sie nicht giftig waren. Es waren nicht die Primärwaffen, die sie und ihresgleichem nutzten, um sich ihre Mitgeschöpfe Untertan zu machen. Sie waren keine schmutzigen Schlächter wie Löwen, die keine Mahlzeit nehmen konnten, ohne die Erde in Blut zu tränken.
Hans verehrte ihre pure Körperlichkeit. Sie tötete Haut an Haut, schloss Venen und Arterien und löschte das Leben einfach aus, wie jemand, der ein Glas über eine Kerze stülpt. Sie war so wunderbar anders als der Mensch, der von frühesten Tagen an bemüht gewesen war, seine Freude am Töten zu verschleiern, das Ende des anderen auf Distanz zu bringen, mit einem Stein, einem Schwert, einer Lanze, bis hin zum Zeitalter der Vernunft, in dem ein Knopfdruck sowohl den Erwerb eines Schokoriegels als auch die Vernichtung ganzer Städte bewerkstelligen konnte.
Und doch hatten diese ungewaschenen Bauern sie dazu gebracht, sich auf ihr Niveau herabzulassen. Sie war ein Engel, dem hinterhältige Dämonen Pfeile durch die Flügel gebohrt hatten, um ihn zum Kampf auf unwürdiger Augenhöhe zu zwingen. Der Gebissene schrie und hielt sich das Bein, durch seine Finger sickerte Blut und vermischte sich mit dem bakterienverseuchten Schlamm und Wasser, in das seine Kleidung getränkt war. Hans wusste, dass das Bein in dieser Ecke der Welt höchstwahrscheinlich verloren war, selbst wenn sie es schafften, den Verletzten in ein Krankenhaus zu bringen, bevor sich Seuchen und Tierchen aller Art an der Wunde zu schaffen machten. Aufgebracht trat der Träger hinter dem Gebissenen nach ihrem Kopf, während sich ein offenbar angetrunkener Mann mit einer Machete näherte, um seinen Blutdurst feige im Schutz der Mehrheit an der geschwächten Gefangenen zu stillen. Hans musste eingreifen.
Zunächst reagierten sie kaum auf sein Geschrei in gebrochenem Spanisch. Vermutlich hielten sie ihn für einen der verrückten Umweltschützer aus den reichen Ländern, die die Natur bewahren wollten, indem sie ihr fundamentales Gesetz aufhoben: das Recht des Stärkeren. Als er aber mit Geldscheinen winkte, ließen sie von ihrem Opfer ab und traten auf ihn zu, ohne Zweifel überlegend, wo sie seine Leiche entsorgen sollten, nachdem sie ihn ausgeraubt hatten. Hans begriff, dass er nun nicht nur um ihr Leben feilschte, sondern auch um das seine.
Er überzeugte sie. Er hatte good, hard American dollar, er war ein hombre muy rico, und wenn sie ihm halfen, die serpiente außer Landes zu schmuggeln, dann würde er ihr Dorf ebenfalls rico machen, mit Impfstoffen für die Kinder und Schnaps für die Männer. Selbst der Mann mit der Sense, der so lautstark Wiedergutmachung für seinen Ochsen gefordert hatte, ließ von seinen Forderungen nach der Todesstrafe für Hans’ Liebchen ab, nachdem er einen Fünfziger gegen die Sonne gehalten und auf Reißfestigkeit geprüft hatte.
Um seine Göttin nach Hause zu bekommen, hatte Hans viele Leute in drei unterschiedlichen Währungen ein kleines bisschen rico machen müssen. Erwartungsgemäß wurden die Forderungen unverschämter, je näher die Fracht seinem wenig bescheidenen Anwesenden in der Lüneburger Heide kam. Er bedauerte es, sie nicht den ganzen Weg begleiten zu können. Fast zwei Monate lagerte er sie in einem Ort in der Nähe von Rotterdam zwischen, einem El Dorado für Tierfreunde mit außergewöhnlichen, meist illegalen Geschmäckern. Ein Ort, an dem außer seiner wunderschönen Königin Zähne und Stacheln hausten, die innerhalb von Sekunden lähmen und erblinden oder das Herz regelrecht explodieren lassen konnten.
Hans musste sie allein lassen. Er hatte die Arbeiten am Thronsaal zu beaufsichtigen, den er ihr im Keller errichten ließ. Ein viele hundert Liter fassendes Bassin wurde eingerichtet, dazu eine Vorrichtung zur Regelung der Temperatur, so dass eine Fauna wachsen konnte, die ihrer Heimat entsprach. Er wollte ihr den Trennungsschmerz über das verlorene Reich so leicht wie möglich machen. Mehr als einmal bemerkte er, wie die Arbeiter hinter seinem Rücken den Kopf schüttelten, flüsterten oder ihm einen Vogel zeigten. Sollten sie ihn ruhig für einen der unerträglich oberflächlichen Geldsäcke aus ihren Klatschspalten halten, der sein exzentrisches Wesen mit einem ungewöhnlichen Bau zur Schau stellen wollte. Hans wusste, dass seine Gefühle für sie alles andere als oberflächlich waren. Zum ersten Mal in seinem knapp dreißigjährigen Leben war er wirklich verliebt.

Die letzte Etappe des Transportes bewerkstelligte er mit einigen Gehilfen von der tätowierten Sorte, die bei ausreichend hoher Aufwandsentschädigung keine Fragen stellten. Im Idealfall. Einer jedoch konnte seine Neugier nicht zügeln, nachdem sie die Holzkiste in den Keller geschafft hatten.
„Was is'n eigentlich da drin?“ Er atmete schwer. „Mein verdammter Rücken brennt.“
Hans zuckte mit den Schultern. „Sie kriegen viel Salbe für den Betrag, den ich Ihnen zahle. Und zu Ihrer Frage … Hatten wir uns nicht auf keine Fragen geeinigt?“
Der neugierige Gehilfe sah Hans ungläubig an. „Und wenn ich dir einen Arm breche, um es rauszufinden?“
„Und wenn ich die Polizei rufe?“
„Und wenn ich dir sage, dass ich nicht blöd bin, und mir denken kann, dass du kein Interesse an der Polizei hast, wenn du Leute wie uns holst?“
Nur einer der anderen Träger widmete dem aufflammenden Streit seine Aufmerksamkeit. Die anderen waren zu sehr damit beschäftigt, den von Hans erschaffenen Garten Eden zu bewundern.
„Ich hab’ kein Bock auf so’n Scheiß, Olli“, wandte er sich an seinen streitlustigen Kompagnon. „Bin gerade erst raus. Das Geld stimmt, also lass es uns nehmen und einen trinken gehen.“
Olli schubste Hans, so dass der zurückstolperte und mit dem Fuß auf der Linie ausrutschte, wo das Wasser begann und abschüssig immer tiefer wurde wie in einem Schwimmbad. Er fiel auf die Knie und brachte damit Olli und seine Freunde zum Lachen. Einer von ihnen gab ihm einen Schlag auf den Hinterkopf, als sie durch die schwere Eisentür den Raum verließen. Hans war sicher, dass einige die Gelegenheit nutzen würden, oben noch ein paar Dinge einzustecken, die sie für wertvoll hielten.
Nichts war ihm in jenem Moment mehr egal als der Verlust materieller Güter. Die Vorfreude ließ seine Finger zittern und schien die Kraft aus seinen Armen zu saugen, so dass er die Brechstange zweimal fallen ließ, während er sie aus ihrem hölzernen Gefängnis befreite.
Sie war so wunderschön. Einen furchtbaren Augenblick lang glaubte er, die Strapazen der Reise wären zu viel für sie gewesen. Dann sah er eine feine Kontraktion ihren gewaltigen Körper durchzucken, diesen einzigen gigantischen Muskel, in den er sich so sehr verliebt hatte. Er wusste genau, was sie jetzt brauchte.

Der Hund aus dem Tierheim war den ganzen Heimweg über laut kläffend an ihm hochgesprungen und hatte sich jedes Mal schwanzwedelnd in Bereitschaft geduckt, um ad hoc loszurennen, wann immer Hans etwas zur Hand nahm, das so aussah, als könnte man es werfen. „Jimmy“ hatten sie das Tier im Heim genannt, wo es lethargisch durch einen Gitterzaun die Welt beobachtet hatte, um dann keine Sekunde mehr still halten zu können, als ihm offenbar klar wurde, dass tatsächlich jemand gekommen war, um ihn mit sich in die Freiheit zu nehmen.
Hans schloss die eiserne Tür hinter sich und spürte durchaus Bedauern, als er Jimmys Kratzen und Winseln dahinter vernahm. Aber er hatte eine Göttin zu besänftigen, und wie Jakob war er bereit, wirklich alles zu tun, um sich hoch in ihrer Gunst zu stellen.

Jimmy bellte jedes Mal, wenn Hans die Luke in der Tür zu seinem Kerker öffnete und ihn mit einem Stück Fleisch versorgte. Er kläffte erst fragend und schließlich enttäuscht, wenn die Öffnung sich wieder schloss, ohne dass er eine Antwort erhalten hatte. Am dritten Tag glaubte Hans zu hören, dass Jimmy panisch kläffte. Er drückte seine Schnauze durch die Luke, so als wolle er ihm etwas mitteilen. Offenbar hatte der Hund in all den Gerüchen der fremden Vegetation, die seine Nase abgelenkt hatten, schließlich eine Entdeckung gemacht. Hans schlug Jimmy mit der Faust auf die Schnauze, damit er die Luke wieder schließen konnte. Er spürte Erleichterung, als er Jimmys Winseln durch die fast schalldichte geschlossene Tür nur noch dumpf wahrnahm.
Am vierten Tag sah Hans hellbraunes Fell. Jimmy hatte sich liegend fest gegen die Tür gepresst, so wie auch Hunde es tun, die während eines Gewitters versuchen, Einlass ins Haus ihres Herrn zu erflehen. Hans tastete Jimmys Körper ab und spürte das Zittern. Er schlug die Luke zu und ging erst zwei Tage später wieder in den Keller. Diesmal war Jimmy verschwunden.
Hans fand sie unter einem Baum. Sie hatte gegessen. Etwa in der Mitte ihres Körpers konnte er einen Klumpen erkennen, der Jimmys Proportionen entsprach. Sein Verstand war zu sehr von gleißendem Verlangen geblendet, als dass er Mitleid beim Gedanken an die angsterfüllten letzten Stunden des Hundes empfunden hätte. Jetzt war es an ihnen, sich zu umarmen. Er wusste, dass ein ausgiebiges Mahl ihr Geschlecht über Wochen oder gar Monate gnädig und zufrieden stimmen konnte. Er entkleidete sich und legte sich neben sie, streichelte die Stelle, an der sie Jimmys Lebenskraft in sich aufnahm. Gesättigt, wie sie war, ignorierte sie ihn völlig. Höriger Sklave, der er war, war es ihm Ehre genug, toleriert zu werden.

Er schob das nächste Mahl so lange vor sich her, dass er sich nicht länger traute, Stunden der Zärtlichkeit mit ihr zu verbringen, aus Angst, sie könnte ihn für seine Nachlässigkeit strafen. Als Entschuldigung musste er ihr ein ganz besonderes Opfer bringen. Eine Seele, komplexer als alle anderen, die sie je verschlungen hatte, wollte er ihr bieten. Er besorgte sich ein Betäubungsmittel und begann, die Nähe von Spielplätzen zu suchen.

Die Entführung war erleichternd einfach gewesen. Späte Stunde, ein liebes Wort, ein bunter Ball und ein grundsätzliches Vertrauen in die Erwachsenenwelt, das noch nicht aberzogen worden war, halfen ihm dabei, schon bald mit der passenden Opfergabe die Tür zum Gemach seiner Geliebten öffnen zu können.
Hans entkleidete das ohnmächtige Mädchen, um der von ihm Begehrten das Verdauen zu erleichtern. Er legte sie in die Nähe des Wassers, schloss die Tür hinter sich und begab sich nach oben, wo er im Kamin ihre Kleidung verbrannte. Was danach geschah, unterschied sich zunächst nur unwesentlich vom Martyrium Jimmys. Doch beim Gedanken an ihren festen, muskulösen Körper, konnte er an keine Qual denken, die nicht zu rechtfertigen gewesen wäre, um diese zwei zusammenzuführen. Zusammenzuführen in einer Liebe, die eine Welt, in der die affenartige Masse bestimmte, welche Liebe gut ist und welche nicht, niemals begreifen können würde.
Der Unterschied zu Jimmys letzten Tagen und Stunden war, dass es unendlich viel länger dauerte. Und dass Hans sich Ohropax kaufen musste, da er die Inhalte des Winselns diesmal verstand und es auf jeden Fall zu vermeiden galt, dass die Schreie nach der Mutter oder dem Vater sein Herz erweichten. Die Strafe für diese Schwäche wäre ihre Missachtung gewesen, und wäre es so weit gekommen, hätte er gar kein Herz mehr gebraucht.
Einmal war er sogar bereits entkleidet in den Keller gegangen, in der vermeintlichen Gewissheit, dass sie nach all diesen Tagen einfach gespeist haben musste, und ihn zum Liebesspiel erwartete. Als er jedoch die Tür öffnete, kam das Opferlamm mit einem zur irren Grimasse verzerrten Gesicht kreischend auf ihn zugerannt. In seiner erschrockenen Überraschung trat er es mit seinem bloßen Hacken vor die Brust, so dass es von den Füßen gerissen wurde und mit dem Hinterkopf aufschlug. Zitternd verschloss er die Tür wieder hinter sich und presste die Handflächen gegen die Ohren, um das verheulte Kreischen auf der anderen Seite nicht mehr hören zu müssen.
Er hatte keine andere Wahl, als dieses furchtbare Kind, dass ihn vom Pfad der Liebe abbringen wollte, mit Nahrung am Leben zu erhalten. Hätte er seine Göttin aus selbstsüchtiger Bequemlichkeit heraus Aas fressen lassen, hätte er sich das niemals verziehen. Nach drei Wochen schließlich war er sicher, des Rätsels Lösung gefunden zu haben: Sie war sich ihrer eigenen Stärke noch nicht bewusst genug. Er musste die Mahlzeit dahin locken, wo die Empfängerin der Gabe ganz in ihrem Element war, wo sich ihre Kräfte vervielfachten, weil sie kämpfen konnte, ohne dass das eigene Gewicht ihr eine unwürdige Schwerfälligkeit verlieh. Hans öffnete die Futterluke.
„Wasch dich.“
„Was?“, antwortete von der anderen Seite der Tür eine raue Kinderstimme, die unüberhörbar viele Tage und Nächte durchgeweint hatte.
„Geh ins Wasser und wasch dich. Dann lasse ich dich nach Hause.“
„Das Wasser ist dunkel und ich kann den Boden nicht sehen. Ich kann nicht schwimmen.“ Die Stimme auf der anderen Seite klang, als würde sie ihm trauen. Die Hoffnung hatte offenbar den Intellekt außer Kraft gesetzt.
„Es ist nicht sofort tief. Geh so weit rein, dass nur noch dein Kopf aus dem Wasser guckt. Dann warte, bis du richtig sauber bist.“
„Wie lange dauert das?“
„Das sage ich dir dann.“
Schluchzen. „Und wenn ich das mache, lassen Sie mich nach Hause?“
„Nur, wenn du jetzt sofort ins Wasser gehst.“
Er kniete vor der Tür und beugte sich vornüber, um durch die Luke zu beobachten, was passierte. Zuerst sah er nur ihre nackten Füße, dann wurde sie in seinem Guckloch kleiner und er konnte mehr erkennen, als sie sich von der Tür entfernte und auf das Wasser zuging. Auf ihrem Rücken war getrocknetes Blut, das ihr aus den Haaren zu laufen schien.
Die Bereitwilligkeit, mit der sie sich durch den großen, an vielen Stellen unübersichtlich zugewucherten Raum bewegte, verriet Hans, dass sie noch nicht herausgefunden hatte, dass sie nicht allein war. Sie wurde langsamer, ihre Bewegungen waren kaum noch wahrnehmbar, als sie schließlich mit den Zehen das Wasser berührte. Hans wartete, bis es ihr zur Hüfte ging, dann öffnete er die Tür.
„Dreh dich zu mir um und geh rückwärts weiter, bis dir das Wasser ans Kinn reicht.“
Zögernd tat sie, was er ihr befohlen hatte. Keine Sekunde zu früh. Einige Meter hinter ihr, am anderen Ufer des künstlichen Tümpels, sah er, wie ein eleganter Körper anmutig und lautlos ins Wasser glitt.
„Dreh dich ja nicht um“, wiederholte er, als er bemerkte, dass der Atem des Lamms schneller wurde. Sie hatte etwas gespürt. Nur wenige Zentimeter hinter ihr ragte der wohlgeformte Kopf seiner Geliebten aus dem Wasser und beobachtete das Geschenk still.
„Bleib drin!“, schrie er, als sie plötzlich mit den Armen um sich schlug, um wieder aus dem Wasser zu kommen, das ihr nun bis zur Brust ging. Zum Glück war es bereits zu spät. Zähne gruben sich in ihre Schulter und sie schrie, als ein Körper, vielleicht viermal länger als der ihre, sich fest um sie legte. Sie verlor das Gleichgewicht und tauchte ins Wasser, wo sie sich zu drehen begann wie ein Karussell, was Hans erst zum Lächeln, dann zum Lachen brachte. Er tanzte und applaudierte, als ihr Schrei aufflammte und wieder erlosch, aufflammte und wieder erlosch, in Sekundenabständen, während ihr Kopf unter- und wieder auftauchte. Bald war ihr Gesicht dunkelrot und Hans konnte sehen, wie sie mit dem Mund versuchte nach Luft zu schnappen, wie Fische auf dem Teppichboden, auf dem ihr Aquarium zersplittert war. Ihre Augen wurden genauso rot wie ihr Gesicht und sie streckte ihre Zunge weit heraus, so als würde sie Hans ein schmutziges Angebot machen, was er mit einer empörten Geste quittierte, in der er die Luft zu ohrfeigen schien.
Er wartete einen Tag, bis er sich wieder zu ihr legte.

In seiner Euphorie war er der weiteren Nahrungssuche zu unvorsichtig nachgegangen. Zwar konnte sie von der Energie eines Menschenkindes Monate zehren, so dass er nach Kaufmannsart überschlug, dass er sich auf keinen Fall öfter als dreimal im Jahr der Gefahr aussetzen musste, ertappt zu werden. Aber liebestrunken, wie Hans war, erkannte er die Gefahr nicht, die darin lag, die Kinder von Spielplätzen und Schulwegen aus einem viel zu engen Radius um seine Stadt herum zu entführen. So schmachtete zehn Monate nach dem Fest des ersten Menschenopfers, das sie gemeinsam in fünf Tagen und Nächten voll zarter Berührungen und heißem Samen begangen hatten, das dritte Kind im Keller, harrte der Transformation seiner Lebensenergie in etwas Bedeutendes, als es an der Tür klingelte und Hans in Erwartung des Postboten stattdessen zwei Polizisten vor sich fand.
„Hans Nolte?“, fragte die Polizistin, unter deren Mütze hinten ein blonder Pferdeschwanz heraushing. Sie war jung, ihr Kollege wohl mindestens in den Vierzigern, das gängige Alter-Hase-/Jungspund-Duo, wie es sich meist auf Streife befindet.
„Ja?“
„Hätten Sie gerade Zeit, ein paar Minuten mit uns zu reden?“
„Ehrlich gesagt nicht, nein, ich hab' …“
„Es ist sehr, sehr dringend. Es geht um die drei Kinder, die innerhalb der letzten Monate in der Gegend verschwunden sind.“
Hans spürte seine Gesichtszüge entgleisen und sah die Polizisten aufmerksam werden.
Der Ältere sagte: „Lassen Sie uns bitte kurz rein, Herr Nolte. Wir sind dazu berechtigt, und zwar …“
„Ist ja gut, ist gut, bloß kein böses Blut.“ Hans lachte verkrampft, unsicher, unecht. „Im Ernst, das mit den Kindern ist so schrecklich, da hilft doch wohl jeder, wo er kann.“
„Ja.“ Der Polizist musterte beim Betreten des Hauses misstrauisch Hans’ Inneneinrichtung. Seine Augen blieben an einem schwarzweißen Foto hängen, auf dem Indianer eine Schlange hielten, was sie offenkundig einige Anstrengung kostete.
„Ist das eine Fälschung?“, fragte der Polizist. „Fotomontage? Ich meine, das Vieh müsste ja über zehn Meter lang sein.“
„Die grüne Anakonda wird nicht als Riesenschlange bezeichnet, weil die Namenszusätze ‚Brillen-’ und ‚Wasser-’ schon vergeben waren.“
Der Polizist grinste. „Wir sind die Beamten Kroner und Schmidt erstmal, hallo.“
„Tja, wie ich heiße, wissen sie ja schon.“ Wieder entfuhr Hans das offensichtlich falsche Lachen. Sein Kopf fühlte sich heiß an und auf seiner Stirn bildete sich Schweiß. „Wie kann ich Ihnen denn nun weiterhelfen?“
Kroner sprach. Schmidt, die Frau – eigentlich noch ein Mädchen – hatte sich plötzlich hinter Hans postiert. Während Kroner die Zeitungsberichte der vergangenen Monate zusammenfasste, entnahm Hans der Art, wie sie ihn beide ansahen, dass sie hier hergekommen waren in der Überzeugung, den Täter ausfindig gemacht zu haben. Kroner erzählte, dass sie von seinem Keller wussten. Olli – vermutlich saß er gerade im Knast und hatte einen guten Handel für sich herausgeschlagen. Hans versuchte zu denken wie ein Polizist. Er war um die dreißig, alleinstehend, exzentrisch, hatte einen Mikrodschungel in seinem Keller, den man durch eine schwere Eisentür erreichen konnte. Kinder verschwanden, zum mittlerweile dritten Mal in derselben Gegend. Er selbst hätte sich wohl auch verhört.
Was hieß, dass er handeln musste. Er sah immer wieder so unauffällig wie möglich vom ihm gegenüber sitzenden Kroner zu Schmidt, die von ihrer offensichtlichen Aufgabe, ihn im Auge zu behalten, ständig abgelenkt wurde durch die Artefakte, die er auf seinen Reisen gesammelt hatte. Als ihr Blick an einem hüfthohen peruanischen Schlangentotem haften blieb und Kroner bei seinen Ausführungen kurz zu Boden schaute, um sich zu sammeln, ließ Hans einen Brieföffner in seinem rechten Pulloverärmel verschwinden, mit einer Behändigkeit, um die Olli und seine Kumpane ihn wohl beneidet hätten.
„Könnten wir diesen Keller also wohl mal sehen? Es heißt ja nicht, dass wir glauben … Aber in solchen Fällen funktionieren die Ermittlungen nun mal so, dass man alle Möglichkeiten nacheinander hundertprozentig ausschließt, so dass man sich unweigerlich langsam der Wahrheit nähert.“
„Mein Keller ist eine Art Biotop, ein Experiment. Sehen Sie sich um. Ich interessiere mich für Tiere und Pflanzen.“
Schweigen. Hans stand auf und versuchte, so zu tun, als handele es sich bei seinem Besuch nur um eine geringfügig belästigende Unterbrechung des Tages. Er seufzte. „Mir nach also.“ Er sah, wie Kroner Schmidt einen warnenden Blick zuwarf.

Sie ließen ihn die Tür öffnen. Beide hatten ihre Hände an den Waffen in ihren Seitenhalftern. Mit links drehte Hans den Schlüssel, bereit, in der Sekunde der Überraschung, wenn sie den Jungen, den man zuletzt als vermisst gemeldet hatte, vor sich liegen sahen, mit dem Brieföffner zuzustechen. In den Hals. Als erstes der Mann.
Doch da lag nichts auf dem Boden direkt hinter der Tür, wo sich ihre Mahlzeiten für gewöhnlich am liebsten aufhielten – so nah an der Freiheit wie es ihnen erlaubt war. Vielleicht ergab sich hier und jetzt die Möglichkeit, die Ermittlungen von seiner Fährte abzulenken. Wahrscheinlich schlief das Balg irgendwo zwischen den Bäumen, den Büschen, nichts ahnend, dass es beobachtet wurde. Vielleicht war es bereits …
„Sie sehen, nichts Besonderes“, sagte Hans und wies mit der linken Hand gebieterisch über das Reich, das er in höherem Auftrag verwaltete.
„Naja“, sagte Kroner. „Nichts Besonderes mitnichten. Was haben sie sich dieses kleine Stück Regenwald kosten lassen? Sieht aus, als könnte ich mich da drin verlaufen. Was ist in dem Wasser. Piranhas?“
Wieder lachte Hans unsicher. „Alles legal, Herr Wachtmeister.“
Kroner sah ihn pikiert an. „Herr Kroner“, wiederholte Hans ernst.
„Also gut“, sagte er. „Sie sehen, nur die zugegebenermaßen teure Spielerei eines Naturfans. Wir können also …“
„Wir müssen uns noch umsehen“, unterbrach Schmidt.
Kroner nickte ihr mit einem Anflug von Stolz im Gesicht zu. „Stimmt“, sagte er. „Sonst wären wir ja schön blöd, wo wir schon mal hier sind.“ Er sah in Richtung der Bäume. „Schwingen da irgendwo Affen drin 'rum, die mir Kokosnüsse auf den Kopf werfen könnten?“
„Nein.“
„Dann mal los“, sagte Kroner und machte achtlos einen Schritt an Hans vorbei. Er hatte keine Gelegenheit mehr, diesen Fehler zu bereuen. Hans rammte ihm den Brieföffner zweimal in den Hals und wendete sich dann sofort Schmidt zu. Während sie noch versuchte, die Pistole aus dem Halfter zu ziehen, hatte Hans ihr bereits in die Schulter gestochen. Schmidt ließ die Waffe fallen.
„Kommen Sie hier 'rüber!“, rief eine Kinderstimme aus dem Grün. Schmidt folgte ihr mit einer raschen Bewegung. Ebenso schnell setzte Hans ihr nach, rutschte jedoch auf der Blutlache aus, die sich aus der Wunde in Kroners Hals auf die Fliesen ergossen hatte. Er krachte aus dem freien Fall auf den Steiß und schrie auf.
Zwischen dem bunten Gestrüpp saß schwitzend ein nackter Junge, den Schmidt sofort als den Jungen erkannte. Das Kind führte den Zeigefinger an die Lippen. Schmidt verstand und schwieg. Ihr minderjähriger Retter nahm sie bei der Hand und führte sie, während er durch die Blätter seinen Entführer beobachtete, der mit gequältem Gesicht, mit einer Hand seinen Rücken streichelnd, wieder auf die Beine fand. Er bückte sich und griff nach dem Brieföffner, sah Schmidts Pistole, ließ den Brieföffner fallen und beschloss, der Schusswaffe den Vorzug zu geben.
Hans entsicherte die Waffe und schoss zweimal in die Bäume, ohne zu zielen. Nachdem er den zweiten Schuss abgefeuert hatte, fuhr er zusammen. In seiner Wut auf die verständnislose Welt draußen, die seine Liebe für falsch erklärt und ihm deshalb diese beiden Häscher geschickt hatte, hatte er die Möglichkeit nicht bedacht, versehentlich sie zu treffen. Er behielt zwar die Pistole, nahm jetzt aber den Brieföffner in die Linke. Dann begab er sich auf den schmalen Pfad zwischen Flora und Wasser. Sein Wald war dicht, aber nicht so dicht, dass man sich auf ewig darin verstecken konnte. Aufmerksam wartete er auf die geringste Bewegung.
Schmidt und das Kind lagen auf dem Boden und beobachteten Hans’ Füße beim zaghaften Auf- und Abgehen. Das Kind presste seinen Mund so dicht an Schmidts Ohr, als wolle es sie küssen: „Er muss ins Wasser.“
Schmidt schüttelte den Kopf, weil sie nicht verstand.
„Ich glaube, sie ist sehr hungrig“, sagte der Junge. „Sie ist riesig, aber sie kann sich kaum bewegen. Nur im Wasser … ich habe sie schwimmen sehen.“
Hans kam jetzt direkt auf sie. Der Junge hatte zu laut gesprochen.
„Ich wickle mich um seine Beine“, sagte er. Sein Atem wurde schneller und er gab sich jetzt keine Mühe mehr, leise zu sprechen. „Sie stoßen ihn vor die Brust, dann fällt er ins Wasser.“
„Warte!“, rief Schmidt noch, als der Junge bereits losgestürmt war. Sie sah durch Blätter, wie der Lauf der Waffe in Richtung Boden zielte. Sie sprang auf und schrie, und wie beabsichtigt wurden sowohl Hans’ Augen als auch der Lauf der Pistole von ihrem Ziel abgelenkt. Beide waren jetzt auf sie gerichtet.
Ein Schuss übertönte eine Sekunde lang das Dröhnen aller Pumpen und Ventilatoren. Schmidt spürte etwas in ihrer Schulter explodieren. Sie schrie lauter, als könnte sie den Schmerz übertönen.
Hans blinzelte überrascht, als sich etwas um seine Beine wickelte. Er zielte auf den Kopf des Kindes. Das Gewicht der Polizistin, die ihn ansprang wie ein wütendes Raubtier, riss ihn von den Füßen. Gemeinsam stürzten sie ins Wasser. Das Kind hatte rechtzeitig losgelassen.
„Kommen Sie da raus!“, war das erste, was Schmidt hörte, als sie aus der tauben, nassen Dunkelheit aufgetaucht war. Sie stöhnte vor Anstrengung, als sie sich mit einem Arm aus dem Wasser zu ziehen versuchte, das ihr fast bis zum Hals ging. Der Kleine zog an ihr, war aber zu schwach, um eine große Hilfe zu sein.
Hans tauchte hinter Schmidt aus dem Wasser auf und legte ihr die Hände auf die Schultern. Er suchte nach dem frischen Loch in ihrem Fleisch und steckte seinen Finger hinein. Schmidt schrie. Sie versuchte, den Angreifer hinter ihr mit dem Ellbogen im Gesicht zu treffen, wie sie es in der Ausbildung gelernt hatte. Dann nutzte sie den Schwung des Ellenbogenhiebs, um sich umzudrehen, unter Schmerzenschreien den verletzten Arm zu heben und dem überraschten Hans, der mit einem solchen Angriff nicht gerechnet hatte, den Daumen ins Auge zu bohren.
Hans ließ von ihr ab und hielt sich beide Hände vor das Gesicht wie ein Kind, das die schlimmste Stelle in einem Horrorfilm selbst zensiert. Er schrie auch „Aua!“ wie ein ebensolches Kind und ließ mal mit der einen, dann mit der anderen Hand von seinem Gesicht ab, um nach Schmidt zu schlagen.
Dann war er verschwunden. Sein Kopf war so schnell unter die Wasseroberfläche geschossen, dass Schmidt schützend die Hände unter Wasser vor ihren Bauch hielt, in Erwartung eines Angriffs.
„Kommen Sie 'raus, schnell!“, rief der Junge Diesmal folgte Schmidt dem Ruf. Mit beiden Armen zog sie sich aus dem Wasser, wobei sie den Schmerz in ihrer Schulter stückchenweise in aggressiver Stoßatmung durch ihre Zähne entweichen ließ. Mit dem Kind in den Armen beobachte sie das Ende von Hans Nolte.

Sie hatte sich um seine Oberschenkel gewunden und sich dann schnell zärtlich zu seinem Brustkorb hochgearbeitet. Sie spielte das Liebesspiel hart, vermutlich, um sich bei Hans für die Entführung und die Gefangenschaft zu rächen. Es war ihm Recht. Ihr Wille sollte geschehen. Er versuchte, einen Arm frei zu bekommen, um sie zu streicheln. Aber für jede noch so geringe Bewegung jedes noch so kleinen Muskels seines Körpers umarmte sie ihn nur noch fester. Hans spürte kurz Panik, als er seinen Brustkorb nicht mehr ausdehnen konnte. Dann überwältigte ihn Freude beim Gedanken daran, dass er bald mit ihr verschmelzen würde, ein Teil von ihr sein würde. Sie drückte ihn fest wie eine liebende Mutter. Er würde in ihrem Schoß ruhen wie ein Sohn.

 

He Proof,

das ist ja ein starkes Teil. Hatte gar nicht vorgehabt die Geschihcte zu lesen, wollte nur mal kurz nach der Länge scrollen, bin dann aber hängen geblieben. Hat mich richtig in ihren Bann geschlagen. Schöner saftiger Happen. Schon länger nichts so flüssiges mehr gelesen hier auf kg.de, großes Kompliment also für deine Schreibe.
Stark, wie du den Wahn von Hans in Szene setzt. In meinen Augen genau richtig. Nicht zu theatralisch, nicht zu dick aufgetragen, sondern immer wieder eingestreut.
Auch eine gute Dosierung, was die Betitelung seiner Geliebten anbelangt. Überhaupt schön ausgewogen.
Zum Ende hin schwächselt der Text für mich in der Überschneidung der Perspektiven. Du schwenkst von Hans auf die Polizistin und das so unvermittelt, dass es mich irritiert hat. Vielleicht könntest du das noch eleganter lösen.
Und dann der letzte Absatz, klar musstest wieder zurückschwenken, aber wenn es Hans so gar ncihts ausmacht, verschlungen zu werden, die Veinigung sogar herbeisehnt, dann frag ich mich doch auch, weswegen er das nciht schon früher mal angedeutet hat. Da braucht es für mich nur irgendwo einen winzigen Satz.
Aber auch das ist nur I-Tüpfel-Kram. So oder so habe ich mich ausgesprochen gut unterhalten gefühlt. Starke Idee, elegant umgesetzt!

aberzogen
überzogen?
darin herumzurühren
das klingt zu gemütlich und wirkt eher unfreiwillig komisch

grüßlichst
weltenläufer

 

Hi Proof.

Mensch, war das spannend! Saugeil!
Zumindest bis zu dem Moment, wo die Polizisten auftauchten. Okay, das haste natürlich auch sauber hingekriegt, aber ab da driftet die anfangs düstere, ekelige und geheimnisvolle Storry ins Amiklischeeaktionkampfgutgegenböse ab. Schade.

Wollte eigentlich nur kurz gucken, wie lang das Ding ist, aber bereits mit dem Anfang hattest du mich. Ich konnte nicht aufhören; dachte tatsächlich anfangs, dass es sich um eine fette Frau handelt :D
Gut finde ich, dass du wirklich nie mit einem Wort erwähnst, um was es sich wirklich dreht. Okay, es kommt ja im Laufe der Story raus.
Dann kam die Szene mit dem Hund. Alter Schwede, ich bin zwar kein Hundefan, aber das war ja der Hammer. Hätte dich würgen können; ich meine Hans.
Das Ganze wurde dann mit dem kleinen Mädchen noch getopt. Da blieb mir sogar manchmal die Luft weg.

Ich hatte jetzt ein wenig erwartet, dass er sich ihr gegen Ende selbst hingibt; sozusagen als ultimative Steigerung. Doch als dann Harry und Toto (oder wie die auch hießen) an der Tür klingelten ... naja.

Insgesamt: Trotz des unbefriedigenden Endes gerne und mit viel Grausen gelesen.

Gruß! Salem

 

Hallo Proof,

ich hatte arge Schwierigkeiten mit dem Anfang. Eine sehr ethnozentrische Sichtweise des Protagonisten ist ja in Ordnung, aber dass die ganzen "ungewaschenen" ecuadorianischen "Bauern" auch noch voll auf die Hand voll Dollar abfahren und jeden Mist mitmachen hat mich wirklich geärgert. Da würde ich dir vorschlagen, es deutlicher Hans Perspektive werden zu lassen.
Ab dann konnte ich mich mit der Geschichte anfreunden und sie begeisterte mich.
Das Polizistenpaar fand ich gelungen, gewundert habe ich mich nur, dass die Polizei bei einem dringenden Tatverdacht in diesen Fällen nur mit zwei Streifenpolizisten reagiert. Ist das so?

Danke schön. Ich habe mich gut unterhalten gefühlt.

Lieber Gruß,
Vincent

 
Zuletzt bearbeitet:

Moikka Proof,

super Tempo, wunderbar erzählt, ich hab mich schier weggeschmissen. Es ist ein bißchen fies, ein bißchen realistisch (naja, ich war nur in Mexico), ein bißchen trashig und durchaus seeeeehr romantisch - das mag ich hier sogar, ausnahmsweise!

Für die Bullenszene sollte Dich aber noch jemand anderes schlagen, ich bin ja Pazifistin. :)

Ich finde es sehr schön, daß man nicht sofort - aber schnell genug - weiß, um wen/was es sich bei der Angebeteten handelt. Und auch wenn die Überführung vllt etwas zu glatt geht - warum nicht? Toll die ganzen kleinen Details, und sei es nur dieser Spießerort; wie auch "Hans" hübsch, aber nicht zu gewollt.

Sie tötete Haut an Haut, schloss Venen und Arterien und löschte das Leben einfach aus, wie jemand, der ein Glas über eine Kerze stülpt. Sie war so wunderbar anders als der Mensch, der von frühesten Tagen an bemüht gewesen war, seine Freude am Töten zu verschleiern, das Ende des anderen auf Distanz zu bringen, mit einem Stein, einem Schwert, einer Lanze, bis hin zum Zeitalter der Vernunft, in dem ein Knopfdruck sowohl den Erwerb eines Schokoriegels als auch die Vernichtung ganzer Städte bewerkstelligen konnte.
Der erste Teil ist schlichtweg genial, dann willst du zuviel: Denke, wenn das fett markierte raus wäre, käme die Idee viel besser. So ist es zu lang, daß man abdriftet und alles so zerfließt.

mit einigen Gehilfen von der tätowierten Sorte
Das ist doch jetzt nur so'n gemeines Vorurteil, also find ich echt nich gut, Du :D

Als er jedoch die Tür öffnete, kam das Opferlamm mit einem zur irren Grimasse verzerrten Gesicht kreischend auf ihn zugerannt. In seiner erschrockenen Überraschung trat er es mit seinem bloßen Hacken vor die Brust, so dass es von den Füßen gerissen wurde und mit dem Hinterkopf aufschlug. Zitternd verschloss er die Tür wieder hinter sich und presste die Handflächen gegen die Ohren, um das verheulte Kreischen auf der anderen Seite nicht mehr hören zu müssen.
Ahhhh, das ist so geil - das Beste, das ich seit langem gelesen habe, und das schließt Bücher mit ein! Ich kann ja nicht mehr! Perfekt, einfach ... japs keuch *geb auf*


Okay, jetzt die schlechte Nachricht: Die Bullen, hm. Also, schön erzählt, aber ich bin da innerlich beim Lesen offline gegangen, so daß ich fast den Einsatz wieder verpaßt hätte. Na, was kann mit Bullen sein - sie schnüffeln, ihnen kommt was komisch vor, sie sind überzeugt und gehen wieder oder müssen halt dran glauben, nicht soooo viel Spannung. Und nix Neues im Dialog.
Auch das Ende war abzusehen, aber das finde ich gut: Die Schlange tot ginge ja gar nicht. Diese erfüllte Romanze ist schon ok. Dazwischen: nur gut, schöner Wechsel - wäre ohne die konventionelle Handlung vorher wesentlich deutlicher rausgekommen.

Ein bissl Probleme hatte ich bei der Größe - obwohl ich es auch gut finde, daß die Schlange nicht zu detailliert, nur indirekt beschrieben wird - sie verschlingt ein Rind und kann sich dennoch einem Mann um die Beine wickeln ... hm. Dazu müßte sie fast zu groß sein? Hat mich irritiert.
Naja, ist schon Gekrittel auf arg hohem Niveau, aber wollt's mal angemerkt haben. Die Sprache ist super, beiläufig, fies, die Details sind einfach toll.

Wunderbare Unterhaltung, wunderbare Sprache, Danke für den Spaß!
With a rebel yell,
Katla

 

Manche Dinge ändern sich nicht, gut so. Der professionelle Stil eines Proof ist immer noch ein verlässliches Qualitätsmerkmal, auch wenn ich mich hier schon sein einiger Zeit nicht mehr habe blicken lassen.

Zur Geschichte selbst: Sehr stringent und schnörkellos erzählt, wobei das Ende natürlich abzusehen war. Bei Horrorgeschichten hat man ja immer den Eindruck, dass alles nur eine Einleitung für die meist recht fiese Auflösung ist. So auch hier, der "Sohn im Schoss seiner Mutter" ist ja auch ein ziemlich abstoßendes Bild vor dem geistigen Auge.

Im Endeffekt habe ich mich übrigens an "Resident Evil 4" und "House of the Dead: Overkill" erinnert gefühlt, wenn dir das was sagt.

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin Jungs (und ... Katla?),

da ihr es quasi alle angesprochen habt, widme ich mich mal kurz allgemein dem letzten Drittel der Geschichte.

Hossa: Diese Perspektivenspringerei ist tatsächlich der Grund, warum ich "Atemlos verliebt" ungefähr eineinhalb Jahre auf der Festplatte gelagert hatte, bevor ich mich schließlich getraut habe, damit die Öffentlichkeit zu belästigen. Immer wieder habe ich das Teil vorgeholt und folgenden Monolog geführt: Geht datt? Datt geht doch nicht! Doch, datt geht. Nä. Ach. Doch! Jetzt stell dich nicht so an!

Natürlich gehören unterschiedliche Sichtweisen eher in einen Roman als in eine Kurzgeschichte, meinetwegen sogar in 99,9 Prozent aller Stories, aber eben nicht in allen. Ich mag' keine Dogmen. Ich plädiere auch nicht dafür, grundsätzlich auf alles zu pfeifen, aber manchmal hat man das Gefühl: Dann telle ich halt mal statt zu showen, es passt hier einfach!

Ein etwas ärgerlicher Effekt, das haben einige von euch angesprochen, ist natürlich, dass die Geschichte dadurch zum Finale sehr ins Konventionelle, Konservative abdriftet. Die Guten machen den Bösen tot, die natürliche Ordnung im Universum wird wiederhergestellt. Kann ich auch nur zu sagen, dass es sich in meinem Kopf irgendwie so ergeben hat. Ich wusste relativ früh, dass ich Hans nicht davonkommen lassen wollte. Das mag an einer meiner Inspirationsquellen für "Atemlos verliebt" liegen: Thomas Harris. Ich wollte einen Killer, der absolut abstoßende Dinge tut, den man aber nicht wirklich hassen kann, weil er einfach offensichtlich total krank und damit quasi selbst auch ein Opfer seiner völlig durchgeballerten Geisteswelt ist. Bei dieser finalen Konfontation hatte ich so ein bisschen Buffalo Bill/Clarice Sterling am Ende von "Das Schweigen der Lämmer" im Kopf. Über den handwerklichen Aspekt Perspektivengehoppse kann man streiten, darüber, dass "der Andere" schließlich erfolgreich exorziert wird, kann man meckern und "Hollywood" schreien - das muss ich hinnehmen, weil ich es nicht ändern werde. Da hat sich einfach mal der dackelzüchtende CDU-Ortsvereinsvorsitzende in mir durchgesetzt, sorry.

weltenläufer:

Vielen Dank für die beiden Hinweise, werde das ändern.

Salem:

Alter Schwede, ich bin zwar kein Hundefan, aber das war ja der Hammer.

Ich bin ein Riesenhundefan und die Szene hat mir fast schon körperliche Schmerzen beim Schreiben bereitet. Perverserweise hatte ich deshalb so eine Ahnung, dass sie ganz gut sein könnte.

vincentvoss:

Eine sehr ethnozentrische Sichtweise des Protagonisten ist ja in Ordnung, aber dass die ganzen "ungewaschenen" ecuadorianischen "Bauern" auch noch voll auf die Hand voll Dollar abfahren und jeden Mist mitmachen hat mich wirklich geärgert.

Ja, die Stelle taugt vermutlich dazu, die gesamte Eine-Welt-Front gegen mich aufzubringen. Aber wie soll ich denn noch deutlicher machen, dass wir hier Zeugen von Hans' denke werden? "Ungewaschene Bauern", dachte Hans. Nicht schön. Da könnte ich ja gleich in Klammern dazuschreiben "The views and opinions expressed in the following are not necessarily those of the Proof". Nee, dann lieber provozieren.

Mit den beiden Cops sprichst du natürlich was an. Professionelle Kripo-Fritzen würden wahrscheinlich mehr Sinn machen. Aber mit dem "kleinen Mann" identifiziert man sich einfach leichter. Wärst du mein Lektor, könnten wir uns da wahrscheinlich ein paar Stunden drüber streiten: "Ja, aber ...". Völlig richtiger Einwand trotzdem.

Katla:

Habe gerade den aktuellen Lindqvist als Hörbuch im Auto, tolles Teil!

Denke, wenn das fett markierte raus wäre, käme die Idee viel besser. So ist es zu lang, daß man abdriftet und alles so zerfließt.

Zu lang, auf jeden Fall. Mnachmal findet man seine eigenen Ideen so toll, dass man das Ziel vergisst, nämlich das auch andere die Gedankengänge nachvollziehen können sollen.

Das ist doch jetzt nur so'n gemeines Vorurteil

Kumpels von mir sind tätowiert - also so richtig, an Stellen, an denen man's nicht verstecken kann - der Bruder meines Mitbewohners ist Tätowierer. Das ist Hans' Weltanschauung.

Dazwischen: nur gut, schöner Wechsel - wäre ohne die konventionelle Handlung vorher wesentlich deutlicher rausgekommen

Das habe ich nicht ganz verstanden ...

Ein bissl Probleme hatte ich bei der Größe

Überlasse ich dem Leser. Tatsächliche Anakondas erreichen bereits absolut furchteinflößende Maße, die in der Geschichte könnte normal monströs sein, oder noch ein bisschen darüber hinaus, was immer Ihrer Fantasie am besten passt. Die "Normalen" verschlingen übrigens durchaus mal Beutetiere, die sich posthum rächen: Die Schlange platzt dann. Wortwörtlich.

Marvin:

Schön sie wieder im Corps begrüßen zu können, Soldat!

Die exakten Spiele kenne ich nicht, habe aber den einen oder anderen ihrer Vorläufer gespielt. Was gibt's denn da für inhaltliche Überschneidungen?

Vielen Dank für Eure Kritiken und Verbesserungsvorschläge!

Grüße
JC (in der Schlange immer ganz hinten)

 
Zuletzt bearbeitet:

Moi Proof,

Das habe ich nicht ganz verstanden ...
Ich fand, das Kind wird ungewöhnlich einsichtig, fast als ob es sich an Hans Stelle versetzt hätte ("Er muß ins Wasser"), das bekommt für mich so einen ambivalenten, leicht sinistren Dreh.

Das ist Hans' Weltanschauung.
Ich wirke so spießig-blockwartig, hm? :hmm: Wollte Dich auf den Arm nehmen; hab schon verstanden, wie es gemeint war, und fand's super lustig.

Lindqvist - Let the right one in? Total geil, wie auch der Film; vergesse immer, wer das geschrieben hat - und empfehle Matti Rönkä Der Grenzgänger im Gegenzug: sehr skurril, allerdings ein Krimi ohne Horror.

Heippa hei,
Katla

 

Na, Überschneidungen würde ich das jetzt nicht unbedingt nennen. In Resi 4 gibt's zu Beginn halt auch gruselige, spanisch sprechende Dorfbewohner und bei HotD Overkill fand ich die finale Auflösung ansatzweise ähnlich. Da vereinigt sich der Bösewicht nämlich auch mit seiner toten Monstermutter, indem er quasi wieder in ihren Uterus zurück wandert ...

PS: Hab auch was neues *hüstel*, in "Gesellschaft".

 

Katla:

Ich fand, das Kind wird ungewöhnlich einsichtig, fast als ob es sich an Hans Stelle versetzt hätte ("Er muß ins Wasser"), das bekommt für mich so einen ambivalenten, leicht sinistren Dreh.

Interpretation. Gemeint war das eigentlich sehr viel plumper: Er muss ins Wasser = dann frisst ihn die Schlange und er kann uns nichts mehr tun.

Lindqvist, ja. Ich hau dir das natürlich nicht aus purer Langeweile um die Ohren, wir hatten uns doch mal über den Autor und den Film unterhalten, oder? Verwechsel ich dich jetzt?

Marvin:

Da vereinigt sich der Bösewicht nämlich auch mit seiner toten Monstermutter, indem er quasi wieder in ihren Uterus zurück wandert

Das ist so ein Sigmund-Freud-Ding. Junge zurück nach Mama, aber so richtig. Braindead und Nightmare on Elm Street 5 enden auch so.

Da ich Urlaub hab', werde ich mir deine Geschichte gleich mal ansehen. Nach dem herrlich subtilen Hinweis kann ich ja nun gar nicht anders.

 

Hallo Prppf,
1A Zuerst spinnt Hans etwas, aber naja, wenn er meint und dann opfert er der Schlange Kinder. Die Geschichte steigert sich vom Anfang bis zum Ende. Etwas komisch finde ich nur, dass er sich soviele Bäume in sienem Keller halten kann. Die brauchen nämlich Licht und mit dem Wasser und so, müssten da mehr Leute davon was mitgekriegt haben ...

Lg
Bernhard

 

Hallo Bernhard,

Etwas komisch finde ich nur, dass er sich soviele Bäume in sienem Keller halten kann.

Geht das nicht mit künstlichem Licht? Da gibt's doch so spezielle Strahler für, oder?

müssten da mehr Leute davon was mitgekriegt haben ...

Naja, den Bau haben ja auch diverse Leute mitbekommen. Danach wüsste ich eigentlich nicht, wo die Geheimhaltungsschwierigkeiten liegen sollten.

Danke für deinen Kommentar!

Grüße
JC

 

Hallo, Proof!

Ich stimme meinen Vorpostern zu, geile Geschichte. Hab sie unheimlich gerne gelesen ... Mehr kann man dazu nicht sagen.

Einige Sachen sind mir aufgefallen - Zitate:

... man möge ihr den Gar aus machen, ...
- Muss das nicht zusammen?

Ein Schuss übertönte eine Sekunde (...) Sie schrie lauter, als könnte sie den Schmerz übertönen.

Hans ließ von ihr ab und hielt sich beide Hände vor das Gesicht (...) und ließ mal mit der einen, dann mit der anderen Hand von seinem Gesicht ab, um nach Schmidt zu schlagen.

... rief der Junge Diesmal folgte Schmidt ...
- Fehlt ein Punkt oder Komma nach Junge.


mfg
Geert

 

Hallo proof,

ich fand die Geschichte im ersten Teil schön erzählt, mit dem muy rico und den Schwierigkeiten, dieses Biotop dann zu errichten. Ich hatte aber so ab dem Zeitpunkt, wenn der Hund stirbt und er danach das erste Kind entführt, das Gefühl, die Geschichte spult sich ein bisschen selbst ab. Also dass er von ihr gefressen wird, schien ja fast von Anfang an klar zu sein. Und den Action-Teil, mit Perspektivwechsel hin zur Polizistin, fand ich jetzt auch nicht so tolle. Der Höhepunkt der Geschichte ist für mich der Dialog, wenn er das Mädchen dazu überredet ins Wasser zu steigen. Das ist eine sehr unangenehme Stelle für mich als Leser. Zu mal das Mädchen an der Stelle, so wenig beschrieben wird, dass man als Leser gezwungen ist, selbst so einen Archetyp eines Mädchens hinzusetzen, das unschuldig wirkt. Also da ist der Gedanke hinter der Situation so stark und unangenehm (gerade mit dem sexuellen Beigeschmack der ganzen Handlung), dass es die Ausführung überdeckt.

Es kam mir auch sehr unlogisch vor, dass die beiden Polizisten sich da so leicht überrumpeln lassen, und überhaupt nur die zwei da aufkreuzen, wenn das doch so eine außergewöhnlich heiße Spur ist (beide Polizisten - wie auch der Junge am Ende - kamen mir als Leser auch überhaupt nie nahe oder wirkten vollständig und interessant gezeichnet; die Geschichte hat da vielleicht ein kleines Proportions-Problem; das letzte Drittel führt diese neuen Figuren ein, gibt ihnen aber wenig Raum, sich zu entfalten, und kommt dann schnell zum Ende).
Die Geschichte ist ja so ein urban Horror, ohne irgendwelche mystischen Elemente, und bemüht sich schon darum, realistisch erzählt zu werden ... dass die Schlange eben kein Supermonster ist, dass überall fressen kann, sondern sie ist schon beschränkt, und dann stören solche Sachen wie mit den Polizisten ein wenig. Was mir noch aufgefallen ist: Es gibt diese Stelle, wenn er da sehr unter Stress steht bei den Polizisten, und er bringt dann so einen Spruch nach einem alten Muster "Man nennt sie ja nicht Risenschlange, weil ... [bissige Bemerkung]", der Satz fällt für mich stark aus dem Rahmen.
Ich hab die Geschichte gern gelesen, auf ganzer Linie hat sie mich allerdings nicht überzeugt. Trotzdem ist sie in Horror-Rubrik hier sicher eine der besten Geschichten der letzten Zeit.

Gruß
Quinn

 

Hallo Proof,

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen.
Ich fand sie atmospährisch sehr dicht und hab mich schaudernd hineinziehen lassen.
Wenn der Hund und auch das erste Mädchen "organisiert" werden, dann fühlt man sich derart ohnmächtig, dass man weiterlesen muss um in einen anderen Zustand zu gelangen.

Inhaltlich finde ich alles rund, ja, die Polizisten sind etwas knapp geschildert und auch etwas doof in ihrem Tun und der Perspektivenwechsel stört ein bisschen, aber der Gesamteindruck bleibt wow!

Ich habe lange keinen Horror/Thriller Roman gelesen und Kurzgeschichten aus dem Genre zuletzt vor ganz vielen Jahre bei Herrn King. Zu durchsichtig, zu "unerwartet" vorhersehbar, dieses Metier.

ABER: wenn es so "verdichtet" daher kommt, das Grausen, dann lese ich gerne mehr davon!

Hans muss aber doch stinkereich sein, oder?
Wegen der Bäume und des Tümpels.
Und der Schlange und des Transports.

Ein anderes mögliches Ende wäre der Tod der Schlange durch die Polizistin gewesen und Hans, der daraufhin nicht mehr Leben kann und will, aber in Haft kommt und dort für seine Taten büißen muss.

nur als Idee...

so, schönen Tag noch und bestimmt lese ich bald mehr von Dir,

tierwater

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo,

Geert:

Vielen Dank für das Raussuchen der Wortwiederholungen, die waren mir echt nicht mehr aufgefallen.

Quinn:

Wenn ich deinen Namen lese, denke ich immer "Oha", du bist ja doch einer der schärferen Hunde in unserem kleinen literarischen Scheißhaus hier.

Umso schöner find ich's immer, einen derart kritischen Geist zumindest teilweise begeistern zu können.

Zu mal das Mädchen an der Stelle, so wenig beschrieben wird

Als Kind der Videogeneration habe ich in meinen ganz frühen Geschichten Figuren visuell "charakterisiert": Mona sitzt auf dem Stuhl, sie trägt eine blaue Hose, einen schwarzen Pulli, hat langes braunes Haar etc. Bis mir irgendwann aufgefallen ist, dass ich die Figuren der Meister nicht so klar vor Augen habe, weil sie sie so detailliert beschreiben. Im Gegenteil, je weniger da steht, desto besser. Wenn in einem Roman die Nasenform einer Figur erwähnt wird, habe ich das meistens zwei Seiten später wieder vergessen. Oft ignoriere ich auch absichtlich Beschreibungen und stelle mir Charaktere so vor, wie ich sie haben will. Das ist ja das Schöne an geschriebenen Geschichten im Gegensatz zu solchen, die per Film erzählt werden: Den letzten Schöpfungsakt besorgt der Leser. Im Grunde ist er Co-Autor seiner ganz eigenen, persönlichen Version der Geschichte.

Es gibt diese Stelle, wenn er da sehr unter Stress steht bei den Polizisten, und er bringt dann so einen Spruch

Ja, was er da sagt ist wirklich furchtbar, klingt wie aus einem Film, der um drei Uhr morgens bei RTL II läuft, wo das Bild so von Klingeltonwerbung eingerahmt wird. Der Satz stammt aus der allerersten Version der Geschichte, und wie das dann halt ist: Beim zigsten Mal Lesen fällt's einem nicht mehr auf.

tierwater:

Hans muss aber doch stinkereich sein, oder?

Ich habe versucht, das herauskommen zu lassen, ohne explizit zu schreiben: Hans ist sehr reich.

Ein anderes mögliches Ende wäre der Tod der Schlange durch die Polizistin gewesen und Hans, der daraufhin nicht mehr Leben kann und will, aber in Haft kommt und dort für seine Taten büißen muss.

Näää, "der Bösewicht wird verhaftet" ist ja noch trockener als "der Bösewicht muss sterben". Aber gut, Idee ist Idee.


Vielen Dank für Eure Mühen!

JC

 

Die Geschichte ist wirklich so spannend, dass man gar nicht aufhören kann zu lesen.

Stilistisch, sprachlich, professionell.

Am Anfang habe ich zwei Fehler gefunden, dann war die Geschichte für die Fehlersuche zu spannend:

Es waren nicht die Primärwaffen, die sie und ihresgleichem nutzten, um sich ihre Mitgeschöpfe Untertan zu machen

ihr fundamentales Gesetz aufhoben: das Recht des Stärkeren

Ihresgleichen – ich denke groß und mit anstatt
Nach Doppelpunkt immer groß weiter.

Etwas kritischer habe ich mich gefragt, ob die Geschichte gewaltverherrlichend oder pervers ist.

Ergebnis: Aus meiner Sicht an der Grenze.


A. Der Name „Hans“ für Sympathieträger verwendet wird,
und die Antipathie gegen Ihn erst zu spät geweckt wird.

B. Immerhin opfert er Kinder und die Geschichte weist pornografische Züge auf:
Nackt mit dem Monster.

C. Am Ende ist Hans in der Tat glücklich, da er eins mit dem Monster wird


Vielleicht kann meine Feststellung ja wiederlegt werden.

Bitte nicht Böse werden.
Eine gute Geschichte sollte dieser Kritik stand halten – Kann sie das?


Gruss Hanqw

 

Hallo Hangw,

vielen Dank für die aufgezeigten Fehler und deine Kritik!

Aber: Nach einem Doppelpunkt geht es nur groß weiter, wenn ein vollständiger Satz folgt, also mindestens aus Subjekt, Prädikat und Objekt bestehend.

Etwas kritischer habe ich mich gefragt, ob die Geschichte gewaltverherrlichend oder pervers ist.

Das will ich doch hoffen. Ich nehme das mal als Kompliment. Hans ist zwar über lange Zeit einziger Prot der Geschichte, aber besonders sympathisch finde ich ihn eigentlich von Anfang an nicht.

Deine Feststellung braucht nicht widerlegt zu werden. Für dich würde die dann weiterhin Bestand haben. Der eine hält's für ein Meisterwerk, der Nächste für ganz nette Unterhaltung, ein Anderer findet's langweilig, für den Übernächsten handelt es sich um eine sinnfreie Aneinanderreihung von Gewalttaten. So ist das halt, gerade in diesem Genre.

Grüße
JC

 

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