Was ist neu

Apfelkuchen mit Streusel

Mitglied
Beitritt
02.02.2018
Beiträge
54

Apfelkuchen mit Streusel

„Apfel oder Streusel?”, fragte mich meine Oma.
„Apfel mit Streusel!”, antwortete ich. Ich habe nie verstehen können, warum Oma entweder einen Apfelkuchen oder einen Streuselkuchen backte, wenn man doch beides zusammen haben konnte. Ich saß in ihrer Küche, im hintersten Winkel der Eckbank und machte Hausaufgaben.
„Trudi, hol du doch die Äpfel und nimm gerade den Müll mit!”
Meine Tante Trudi kam immer Mittwochs Mittags um Oma bei den schweren Arbeiten, wie dem Fenster putzen oder die Einfahrt kehren, zu helfen. Die Äpfel waren, wie die Karotten und Kartoffeln, im Keller gelagert. Alles Sachen aus Omas Garten.
“Kaffee, Chris?“, fragte meine Oma. Chris, meine andere Tante, kam viel seltener und wurde als Besucher behandelt. Das bedeutete, sie bekam Kaffee gekocht und musste nicht im Haushalt helfen. Was ich sehr widersinnig fand. Aber versteh einer die Erwachsenen.
„Die Äpfel sind faul!” Tante Trude brachte die Hiobsbotschaft zusammen mit den restlichen Äpfeln aus den Keller. Sie platzierte den großen Korb mit den verfaulten Früchten mitten auf dem Küchentisch.
“Du hast wieder mal vergessen, die Faulen auszusortieren.”, warf sie Oma vor.
„Unfug!”, protestierte Oma und betrachtete traurig den verschimmelnden Rest der letztjährigen Apfelernte. Sie würde wohl Streuselkuchen backen.
„Wie das stinkt!” Mir wurde übel von dem mostigen, modrigen Geruch.
„Der Duft der großen weiten Welt!”, flachste Tante Chris. „Sollte dir eigentlich beim Hausaufgaben machen helfen.”
„Wie kann ein solcher Gestank einem helfen? Mir wird kotzübel!” protestierte ich.
“Wie weiland Herrn Goethe im Hause von Herrn Schiller.”, stellte Tante Chris fest.
Sie sagte häufig so merkwürdige Sachen, klang ganz schön gestelzt. Aber sie war die Studierte, die Intellektuelle im Hause und genoss eine gewisse Narrenfreiheiten.
„Quatsch!”, kicherte ich. “Was hat denn Schiller mit faulen Äpfeln zu tun?”
„Es heißt, dass Schiller überall im Haus, auf seinem Schreibtisch, in Schubladen, wirklich überall faule Äpfel gesammelt hat. Der Geruch soll ihn inspiriert haben.”
Das war ja mal eine spannende Geschichte. Vielleicht konnte ich die irgendwie nutzbringend im Unterricht verwenden. Schiller würde sicher noch einmal drankommen.
„Und wie kommt Goethe da ins Spiel?”, fragte ich. Mehr Details machen so eine Geschichte erst richtig glaubwürdiger.
„Einmal soll Goethe bei einem Besuch im Hause Schiller sogar richtig schlecht geworden sein und er hat sich bei Schillers Frau Charlotte darüber beschwert.”
Also “Die Räuber” oder der “Tell” geschrieben im Dunst faulender Äpfel. Ja, da konnte man was daraus machen. Während ich vor mich hin feixte, hatte Trudi den Korb mit den faulen Äpfeln gepackt und ihn hinaus getragen.

Verärgert kam sie zurück.
„Mutti, ich habe dir doch schon tausend Mal gesagt, du musst die Äpfel und Kartoffeln regelmäßig durchsehen. Ein Fauler verdirbt den ganzen Rest. Die Faulen stecken die Gesunden an!” Trudi konnte es nicht lassen und musste noch einmal nach haken. Vielleicht war sie frustriert, weil sie die Äpfel hat zum Müll bringen und den Korb im Hof hat auswaschen müssen.
„Das ist wie bei unserem Herrgott, der warnt auch vor dem einen faulen Apfel, der die Herde vergiftet.”, legte sie nach. Was sie gerne tat, wenn sie wirklich sehr verärgert war. Was sie gesagt hatte, war natürlich ziemlich schräg, das fiel sogar mir auf. Aber niemand widersprach. Tante Trude war die Kirchgängerin der Familie und mit allen Weihwassern gewaschen. Am besten war, man überhörte einfach ihre obskuren Bibelkenntnisse.
„Warum kann EIN gesunder Apfel eigentlich nicht einen ganzen Korb kranker Äpfel gesund machen?”, steuerte ich ziemlich altklug bei. Eigentlich wollte ich nur die Stimmung etwas entspannen. Mir tat Oma leid. Aber diese rührte mittlerweile den Kuchenteig mit dem Mixer und bekam nicht wirklich viel mit von der Diskussion.
„Wenn EIN fauler Apfel alle gesunden Äpfel im Korb krank machen kann, warum kann denn EIN gesunder Apfel nicht einen Korb voll fauler Äpfel gesund machen?” ich legte nach. Natürlich war das eine ziemlich kindliche Logik. Das war selbst mir klar. Aber wer will denn immer gleich so pingelig sein.
„Die Frage ist nicht ganz uninteressant.”, sprang Tante Chris mir bei, vollkommen unerwartet. „Es gibt in den Mythen der Völker zahlreiche Beispiele, in denen Äpfel gesund machen. Und nicht nur das. Die goldenen Äpfel der Hesperiden, zum Beispiel, brachten den griechischen Göttern ewige Jugend, Unsterblichkeit, Schönheit und Klugheit. Mich würde interessieren, was passiert wäre, wenn man einen solchen goldenen Apfel in einen Korb voll verrotteter Äpfel gesteckt hätte!” sinierte sie über ihrem Kaffee.
„An apple a day keeps the doctor away!”, steuert Oma überraschender Weise bei. Ihr Englisch war zwar eingerostet, aber ansonsten ganz passabel. Sie war in ihrer Jugend Austauschschülerin in England gewesen. Niemand reagierte auf diese Erkenntnis.
„Auch Iduna, die nordische Göttin der Jugend, hat einen Apfelbaum dessen Früchte den Göttern ewige Jugend und Gesundheit schenken. Wotan und seinem Clan, mein ich.” Chris schien sich für das Thema zu erwärmen.
„Also ich kenn nur die Iduna Lebensversicherung.” Bei Oma fiel ein Groschen, man konnte es richtig hören. “Ach, deswegen heißen die so!” Den Teig hatte sie mittlerweile auf dem Blech verteilt. Sie mischte Butter, Zucker, Mehl und Zimt in einer Schüssel für die Streusel. Freihändig. Sie musste nie etwas wiegen, selbst beim Kuchenteig nicht.

„Wenn ihr mich fragt, ich hätte gerne einen solchen Apfel. Einen, der mich gesund macht, wenn ich krank bin und der mir ewige Jugend schenkt!” Natürlich meinte ich mit ewiger Jugend nicht 14 Jahre. So alt war ich nämlich gerade und das war kein besonders prickelndes Alter.
„Da musst du ins Paradies gehen, da steht nämlich auch so ein Apfelbaum des ewigen Lebens.”, informierte mich Tante Chris, die immer noch Kaffee trank und Oma beim Kuchenbacken zusah.
„Versündige dich nicht, Chris!” Trude sah entgeistert vom Spülbecken hoch. “Von dem Baum im Paradies darf man keine Äpfel essen! Das hat Gott verboten. Denk doch nur an Eva und den Teufel!”
„Keine Angst, Trudchen. Das ist doch der anderer Apfelbaum. Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse. Gott hat Adam und Eva verboten, vom Baum der Erkenntnis zu essen, nicht vom Baum der ewigen Jugend!”, versuchte Chris Tante Trude zu beruhigen.
„Echt jetzt? Ist ja krass! Es gibt zwei Apfelbäume im Paradies?” Manchmal konnte ich schnell schalten. Ich überlegte, ob ich diese Information, die ich meiner Tante Chris so ohne weiteres einfach abnahm, irgendwie Sinn besser Unsinn stiftend in Religion einsetzen konnte.
„Die Frage ist doch, ob -analog zum Apfel - ein kranker Mensch alle anderen um sich herum krank macht oder - umgekehrt - ob ein Gesunder kranke Menschen um sich herum gesund machen kann?”, riss Chris die Diskussion wieder an sich.
„Sag ich doch, der Faule und die Herde. Oder umgekehrt wie bei Jesus, bei dem wurden Kranke gesund und sogar Tode wieder lebendig.” Manchmal konnte Trude mit ihrem Bibelkram ganz schön nerven.
„Also bei der Fortbildung haben wir darüber gesprochen, dass schon ein einziger Intrigant, Dauernörgler oder Trittbrettfahrer ein ganzes Team vergiften kann. Das ist doch eigentlich ein gutes Beispiel.” Chris ließ sich durch die theologischen Überlegungen von Trude nicht aus dem Gleis bringen.
„Das müsste doch im Umkehrschluss heißen, dass ein guter Mitarbeiter das ganze Team vorwärts bringt und Intriganten, Nörgler und Trittbrettfahrer zu guten Mitarbeitern macht.”
„Ist doch auch so, oder?” Oma hatte den Kuchen in den Ofen geschoben und beteiligte sich wieder aufmerksam am Gespräch. “Nennt man Vorbildfunktion! Also wirklich, ich weiß ja nicht warum ihr hier so rumphilosofiert, wegen der paar Äpfel”. Klar, sie musste abwiegeln, sie hatte es ja auch versäumt, die Schlechten auszusortieren.
“Aber so einfach ist das nicht, Oma. Was passiert denn, wenn ein Team einen Guten und einen Schlechten hat? Das ist doch nicht wie in der Demokratie, so von wegen: die Mehrheit bestimmt.” Ich fand mich ganz schön clever. “Irgendwann waren doch alle Äpfel gesund. Wie konnte dann überhaupt einer faul werden?”
„Das Kind (damit war ich gemeint) hat völlig recht!” Ich verzieh Tante Chris das “Kind”. Sie gab mir recht, was selten vorkam. „Die goldenen Äpfel waren etwas ganz Besonderes, sehr selten und sehr begehrt.”
“So wie Jesus!” unterbrach Trude. Klar, dass sie noch einmal nachlegen musste.
“So selten, dass Viele versucht haben, sie zu stehlen. Herakles, die Iren, Loki, alle haben versucht, an die Äpfel ran zu kommen.” Chris kannte sich wirklich gut aus.
“Aber was ist denn eigentlich das besondere an den Äpfeln? Dass sie aus Gold sind?”, fragte ich.
“Kind, Gold ist als Metapher zu verstehen. So wie man sagt, ein Mensch habe ein goldenes Herz. Gold symbolisiert zum Beispiel die Sonne. Und für manche gilt die Farbe Gold als Kraft der Heilung oder der Erleuchtung.” Also manchmal überraschte mich meine Oma sehr.
“Wo hast du denn den Esokram her?”, fragte ich Oma. Sie hatte sich zu uns an den Tisch gesetzt und schenkte sich einen Kaffee ein.
“Äpfel an und für sich sind ja schon sehr gesund, aber die sogenannten goldenen Äpfel sind dann wohl so etwas wie Superfood. Der Alptraum der Pharmaindustrie!” Klar, das kam von Tante Chris.
“Also ich fass jetzt mal zusammen: ein kranker Apfel verdirbt gesunde Äpfel, ein gesunder Apfel macht verfaulte Äpfel nicht gesund und ein goldener Apfel schenkt ewige - natürlich gesunde - Jugend.” Ich war das Thema leid und dachte, ich könnte es mit einer Zusammenfassung beenden.
“Hm, das stimmt. Außer natürlich, wenn das, was wir für einen gesunden Apfel halten, gar kein Gesunder ist. Dann könnte es doch Sinn machen!” Seit Oma mitdiskutierte, wurde immer unklarer, worüber wir überhaupt sprachen.
“Aber Oma, bei der Ernte sortieren wir doch die makellosen Äpfel aus zum Lagern. Die Anderen, die mit den Dellen oder Würmern werden doch direkt versaftet. Also sind doch nur gesunde Äpfel im Korb!“
“Aber es könnte doch passen, was Mutti sagt.” meinte Trude. “Dann wäre Jesus ein wirklich Gesunder gewesen und alle anderen Menschen um ihn herum wären eigentlich krank.“
“Oje!” stöhnte ich. “Was soll das denn schon wieder heißen? Alle Äpfel sind krank! Also wirklich!”
Wir diskutierten noch ein bisschen, alberten etwas herum. Und irgendwie und wie immer beruhigten sich die Gemüter wieder, und es wurde noch ein ziemlich netter Nachmittag.
Zwei Dinge nahm ich an jenem Nachmittag bei Oma mit: einen halben Streuselkuchen und den Wunsch, einen Apfel zu finden, der kranke Äpfel heilt. Oder, einen wahrhaft gesunden Menschen.

 

Hallo Heike,

Du stellst in den drei Wochen, wo du hier bist, jetzt die fünfte Geschichte online, wo du bei dreien noch offene, unbeantwortete Komentare hast. Wie wäre es, wenn du dich erst um deine anderen Geschichten, bzw. um die Beantwortung der Kommentare kümmerst, bevor du neu postest? Zumindest ein Dankeschön für die Mühe der Kommentatoren fände ich angebracht.

Viele Grüße,
GoMusic

 

Hallo Heike,

zunächst erlaube mir die Aussage meines Vorkommentators, GoMusic, zu bestätigen. Ordnung muss sein. Von den drei offenen Kommentaren, die GoMusic erwähnt, gehört eins mir. Doch anstatt mein Kommentar zu beantworten, wofür ich wirklich Mühe und Zeit aufgewendet habe, hast du dich lieber entschlossen die Aussage daraus zu nehmen und gleich eine neue Geschichte zu schreiben. Und dafür danke ich dir.

Beim Lesen deiner GEschichte konnte ich mich mehrmals nicht enthalten 'Genau so!' auszurufen. Du hast das wunderbar verstanden umzusetzen und ich denke du bist auf den richtigen Weg. Ich habe Deine Geschichte gerne gelesen, zwischen den Zeilen sprang mir immer wieder die Menschlichkeit entgegen. Ich möchte als Leser mehr über deine einfältige Tante Trude erfahren, auch das Schicksal deiner geildeten Tante ist interessant und was deine Oma angeht, sowieso :) Das sind die richtigen Themen, weil sie aus deinem Herzen entspringen, weil sie menschlich sind und einen hohen Wiedererkennungswert haben.

So gesehen ist das aber ein Erstlingswert und manch einer wird wird dir vorwerfen, dass das vielleicht eine banale GEschichte ist. Es stimmt auch - und das solltest du in aller BEscheidenheit aufnehmen - es ist etwas hölzern und noch funktionert es nicht wie es sein soll. Banale Charaktere sehen herab auf den winzigen Samen und vielleicht belächeln sie auch dessen Winzigkeit. Ich dagegen weiss, dass der Samen in fruchtbarer Erde gefallen ist und sehe vor mir die Früchte, die der Samen einmal hervorbringen wird.

Habe also GEduld, versuche bescheiden zu zein und vertraue darauf, dass du auf den richtigen Weg bist. Und eine SAche noch, die ich bewusst in meinem Kommentar über die Liebe nicht erwähnt habe: ist das, was du beim Herausarbeiten dieser GEschichte empfunden hast, nicht heilsam für deine Nöte? Denn indem du Schöpfer spielst und so ein GEfülhl herausarbeitest, wie kannst du anders als dich wie nebenher selbst zu heilen, denn deine Nöte verschwinden mit der Liebe, die du beim Schreiben heraufbeschwörst. Also ist das Schreiben letzten Endes doch Verarbeitungsprozess, nur dass du jetzt dein Augenmerk auf das Einzige in der Welt gerichtet hast, was wirklich heilen kann. Es ist einfach eine Freude zu lernen, wie man das Gute in der Welt sieht und dann das Gute weiterzugeben.

Viel Erfolg weiterhin und, natürlich, 'Weiter so!'

Tanghai

 

Hallo und guten Morgen GoMusic,
ich bin total erschrocken. Ich und nicht antworten! Auf eure tollen Kommentare und Hilfestellungen. Das kann doch nicht sein! Doch deine Kritik trifft zurecht. Einen frühen Kommentar habe ich zwar beantwortet, aber das System hat es nicht gespeichert. Das kommt öfter vor und ich habe gelernt, meine Antworten und Kommentare zunächst zu kopieren bevor ich sie losschicke. Dass man seine eigenen Arbeiten gut verfolgen kann im eigenen Profil habe ich mittlerweile auch entdeckt. Der zweite scheinbar offene Kommentar ist nicht offen geblieben. Dieser nette Wortkrieger hatte direkt zwei Geschichten kommentiert und ich habe für beide in einem Post geantwortet. Das werde ich natürlich nicht wieder machen, nachdem ich merke, wie ihr hier arbeitet. Und der dritte, von dir angerügte fehlende Kommentar ist tatsächlich unbeantwortet. Er ist Teil einer längeren und sehr intensiven Diskussion mit dem entsprechenden Wortkrieger und ich muss über eine Antwort erst nachsinnen bzw. meditieren. Bei manchen, extrem persönlichen Kommentaren sollte es gestattet sein, erst innere Einschau zu halten. Ich werde aber gerne zukünftig direkt antworten und ggf. auf eine spätere, reflektierte Antwort verweisen. Ich hoffe, das ist okay so.
Und was die Menge betrifft halte ich mich gerne an die Regeln. Nur konnte ich bisher keine entdecken. Vielleicht gibt es irgendwo so etwas wie FAQs. Das wäre wirklich hilfreich. Habe ich die übersehen?
Wenn ich mir ein Beispiel an dir nehme, wäre dann ein Text pro Monat im Mittel okay?
Ich versuche selbstverständlich auch meinen Beitrag zu bringen. Wenn ich Eines hier gelernt habe, dann, dass kritische Kommentare zu verfassen oft sehr viel hilfreicher für die eigene Textarbeit ist, als ununterbrochen eigene Geschichten zu schreiben. Eine extrem spannende und hilfreiche Erfahrung, für die ich gar nicht genug Danken kann. Aber auch das will gelernt sein.
Und noch eine persönliche Anmerkung. Ich power vielleicht - nein sicher - zu sehr. Aber ich bin seit
Jahren extremst behindert kann mein Zimmer fast nicht mehr verlassen. Seit Anfang Februar schreibe ich jetzt. Und irgendwie bringt es Lebensfreude und Sinn in mein Dasein zurück. Ich bin ziemlich aufgeregt, ob dieser neuen Energie in meinem Leben, mit der ich gar nicht mehr gerechnet habe. Liebe / lieber GoMusic, ich werde versuchen, mich noch viel besser an die hiesige Gemeinschaft und ihre Regeln anzupassen. Danke für die Zurechtweisung.
Heike

 

Liebe Heike,

alles okay. Ich wollte dich nicht vom Schreiben abhalten, mir sind nur die unbeantworteten Kommentare aufgefallen und das ist halt nun mal mit eine Aufgabe der Moderatoren, da ein Auge drauf zu werfen. Wäre ja schade, wenn bisherige Kommentatoren sich mit deinen zukünftigen Texten nicht mehr beschäftigen, weil sie keine Reaktion bekommen.

Regeln wegen Anzahl Geschichten pro Zeitraum X haben wir nicht. (Wir hatten schon Fälle von 5 in 2 Tagen, wo wir eingreifen mussten, um den Autor vor der Flut von Kommentaren zu bewahren ;)).
Eine pro Monat finde ich persönlich okay, wenn es die Zeit zulässt. Man sollte eine Geschichte auch in Ruhe reifen lassen, sie mehrmals überarbeiten. Aber jeder schreibt anders, hat andere Zeitfenster zur Verfügung usw.

Wünsche dir noch viel Spaß hier.

Liebe Grüße,
GoMusic

 

Hallo Tanghai,
ist nicht alles Schreiben therapeutisch? So wie jede Form der Kunst bzw. Kreativität? Und so gesehen, ist nicht das Leben an und für sich eine einzige Reise zu sich selbst. Alles, was wir tun, sei es essen, trinken, schlafen, lernen, arbeiten, lieben, lachen, hassen, Krieg führen, foltern, schlagen, kurz: alles dient der Erfüllung bzw. Beseitigung von "Nöten". Gibt es ein Leben ohne Not? Natürlich erzählen uns die Weisen, dass es ein solches Leben gibt. Genau jetzt und hier, ohne Vergangenheit und ohne Zukunft, ohne Wünsche und Begierden. In den winzigen Augenblicken kompletter und radikaler Gegenwärtigkeit kann man ein Leben ohne Nöte spüren. Und ich gebe dir mehr als gerne recht, genau dahin versuche ich zu steuern.
Danke für deinen wie immer sehr inspirierenden und ermunternden Beitrag. Ich habe nach so langer Zeit der Schmerzen und Immobilität eine kreative Ausdrucksform gefunden. Das bringt sehr viel Licht und Freude in mein Leben. Ich bin sehr gespannt, wie die Reise weitergeht.
Sonnige Grüße
Heike

 

Hallo Heike,

ich freue mich unsere Diskussion weiter zu führen. Ich glaube sie ist wichtig und nicht nur wir können davon profitieren, sie ist grundsätzlich und geht jeden etwas an, der sich mit Schreiben beschäftigt.

Zunächst deine Frage, da sie einen wichtigen Umstand anspricht:

ist nicht alles Schreiben therapeutisch?

Ja und Nein. Das Problem liegt an den Verhältnissen. Was man oft übersieht wenn man schreibt ist, dass wenn Du Dir die Mühe machst Geschichten zu erfinden oder Beobachtungen schriftlich festzuhalten und Du damit vor einem Publikum trittst, dass du dabei nicht vergisst, dass Du für Deine Leser und nicht für Dich schreibst. Viel Frust und unnötige Energieverschwunden bleiben Dir durch das Beachten dieser Sache erspart.

Du sollst aber natürlich nicht zu 100% für den Leser schreiben, vielmehr ist das so, dass Du für das Schreiben als Kunst (oder auch für das Ausführen einer jeder Kunst) den Input deiner Persönlichkeit brauchst. Dann ergeben sich Verhältnisse wie 90% fürs Publikum und 10% für Dich, aber das ist auch keine Faustregel. Ich glaube Du vermutest schon worauf ich hinauswill, denn jeder fängt an genau umgekehrt zu schreiben, nämlich zunächst nur für sich. Dass man nicht an das Publikum denkt, kommt nur daher, weil man der Masse misstraut und dass man natürlich das eigene Ich für einen untrüglichen Kenner hält. Jede Kritik trifft dann das Ego und das ist nicht einfach zu verarbeiten. Man kriegt es aber besser hin, wenn man die Verhältnisse berücksichtigt.

Wenn Du also gut schreiben möchtest, dann solltest du versuchen dieses anfängliche Verhältnis umzukehren, dass heißt immer mehr daran zu denken, dass Du jemand beglücken möchtest, immer mehr versuchen deine 90% „ich“ zu reduzieren. Du kannst das als Dienst an den Leser im religiösen Sinne sehen (Meister/Schüler Verhältnis hattest du mal in einem Kommentar angesprochen, warum sie sich gut dazu eignen Ideen zu transportieren. Auch in dieser Beziehung von Meister und Schüler gibt es die 90 -10 Relation, auf beiden Seiten ) oder – und das finde ich persönlich am Schönsten – Du entwickelst eine diebische Freude daran herauszufinden, was Dein Gegenüber für eine Geschichte hören will. Denn dass wir alle gute Geschichten hören wollen ist unbestreitbar. Manche Schreiber gehen sogar soweit und behaupten, dass die „Story“ das Allerwichtigste überhaupt ist. Alles was du weißt oder man Dir beigebracht hat, hat die Form einer Geschichte. Das ist wirklich tief und nur darüber zu sprechen würde den Rahmen dieser Diskussion ins Unendliche erweitern.
Ich selbst beginne eine Vorliebe für Betrüger zu entwickeln, ich zolle immer mehr Respekt dieser Zunft und muss anerkennend zugeben, dass viel Intelligenz dazu gehört um eine derartige Tätigkeit auszuüben. Darin scheinen sich auch die Wissenschaftler einig zu sein, denn Untersuchungen zufolge haben Menschen, die oft und gerne lügen, wesentlich mehr Verbindungen im Gehirn vorzuweisen als die Ehrlichen. Lügner besitzen durchschnittlich bis zu 30% mehr Gehirnmasse. Erscheint sinnvoll, oder? Lügen ist anstrengender, da muss man sein Gehirn trainieren. Darüber informiert uns sehr früh auch Platon in seinem Hippias minor. Was das über unsere hochgepriesene Intelligenz aussagt und wie die edlen Erklärungen, die ihr Entstehen eher mystifizieren, zu nehmen sind, das bleibt jedem selbst überlassen.

Ich glaube Du verstehst, was ich damit meine und gehst nicht davon aus, dass ich Dich ermutigen will, andere zu betrügen. Eigentlich doch, aber Du sollst dabei ganz anderes Ansinnen haben. Ein Dieb und Betrüger würde die Menschen aus einer Wohnung locken, um dann die Wohnung leer zu räumen. Du als Autorin lockst die Menschen aus ihrer Wohnung, um ihnen ein Geschenk zu hinterlassen.

Ich hoffe Du kannst etwas mit so ein Input anfangen und ich freue mich sehr, dass Du das Schreiben gefunden hast.

Tanghai

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola Heike Hatzmann,

Du bist sehr produktiv, und selbst wenn nicht alles neu geschrieben ist, so müssen doch auch ältere Texte noch einmal durch den Röntgenapparat, damit sie aus heutiger Sicht jeder Kritik standhalten – im Idealfall:shy:. Unter welchen tags eine Geschichte rangiert, ist unerheblich. Nur Qualität zählt.

Wenn immer ein Titel mit Fresserei zu tun hat, muss ich ihn lesen.
Erst einmal Korinthen:

Mittwochs Mittags
mittags
wie dem Fenster putzen
das Fensterputzen
sinierte sie
sinnierte

Mir wurde übel von dem mostigen, modrigen Geruch.
‚Mostiger Geruch’ hab ich noch nie gehört, trifft es aber genau – dieses Gärende!
„Der Duft der großen weiten Welt!”, flachste Tante Chris.
Das allerdings trifft es gar nicht, aber sie ist eh nicht die Hellste. Allerdings müsste der Autor wissen, dass eine x-beliebige Assoziation der Geschichte eher schaden als diese voranbringen kann, auch wenn es sich „nur“ um wörtliche Rede handelt. Irgendeine Zigi-Marke und Äpfel? Das finde ich ... daneben.
Mehr Details machen so eine Geschichte erst richtig glaubwürdiger.
... ’glaubwürdig’ genügt mMn.
... hatte Trudi den Korb mit den faulen Äpfeln gepackt und ihn hinaus getragen.
‚ihn’ ist überflüssig
hinausgetragen
... weil sie die Äpfel hat zum Müll bringen und den Korb im Hof hat auswaschen müssen.
Klingt nicht so, wie man es bestenfalls formulieren könnte. Ich finde, dass bei sorgfältiger Prüfung eines Textes wieder und wieder Unzulänglichkeiten auffallen – und der Autor sollte bestrebt sein, die beste Variante herauszufinden. In diesem Text habe ich nicht den Eindruck, dass akribisch alle Möglichkeiten für eine originelle ‚Schreibe’ gesucht wurden.

Der ‚Jugend’-tag heißt keinesfalls, dass sich der Autor einen schönen Tag machen kann, weil er hier nicht gefordert wird. Ganz im Gegenteil – wenn die Story (Schiller und die Äpfel:sleep:) banal ist, dann muss der Autor ganz besonders mit seinem Schreibvermögen Gas geben und die Sache aufbrezeln!

„Warum kann EIN gesunder Apfel eigentlich nicht einen ganzen Korb kranker Äpfel gesund machen?”, ... ... ...
„Wenn EIN fauler Apfel alle gesunden Äpfel im Korb krank machen kann, warum kann denn EIN gesunder Apfel nicht einen Korb voll fauler Äpfel gesund machen?”
Das kommt mir zu wiederholt. Lesespaß kommt so nicht auf – eher nervt es.
... Ein Fauler verdirbt den ganzen Rest. Die Faulen stecken die Gesunden an!”
Jaaaaaa! Wir haben verstanden. Das nervt wirklich.
„Warum kann EIN gesunder Apfel eigentlich nicht einen ganzen Korb kranker Äpfel gesund machen?”, steuerte ich ...
Es hört nicht auf:baddevil:.
„Wenn EIN fauler Apfel alle gesunden Äpfel im Korb krank machen kann, warum kann denn EIN gesunder Apfel nicht einen Korb voll fauler Äpfel gesund machen?” ich legte nach.
Liebe Heike Hatzmann, hier hört für mich das Lesevergnügen wirklich auf. Das ist die x-te Wiederholung, in steter Folge hält das kein Mensch aus.

„Die Frage ist nicht ganz uninteressant.”, sprang Tante Chris mir bei, ...
Ach? Und dann referiert dieses schwache Licht über die goldenen Äpfel der Hesperiden!? Auch der gelangweilste Leser sieht hier den Autor googeln:cool:.
„An apple a day keeps the doctor away!”, steuert Oma überraschender Weise bei.
O mio Rückenschmerzo! Aber Google weiß noch viel, viel mehr!
überraschenderweise
Ihr Englisch war zwar eingerostet, aber ansonsten ganz passabel. Sie war in ihrer Jugend Austauschschülerin in England gewesen. Niemand reagierte auf diese Erkenntnis.
No, ich auch nicht. Reim dich oder ich fress dich:D.
Warum begeistert mich Dein Text nicht? Weil Du es Dir so einfach machst, Dinge (Weisheit ‚An Apple a Day’), die Du textlich verkaufen willst, aus Omas Mund purzeln lässt und dann „ihre“ Englischkenntnisse so billig erklärst. Wie schon gesagt: Was nicht passt, wird passend gemacht. Nicht lustig.
Ich schreibe Dir diesen Komm, weil ich ärgerlich bin, wie Du einen Text runterhaust und einstellst. Der Große Genius küsst nur die wenigsten von uns, wir anderen müssen ackern.

„Auch Iduna, die nordische Göttin der Jugend, hat einen Apfelbaum K dessen Früchte den Göttern ewige Jugend und Gesundheit schenken. Wotan und seinem Clan, mein ich.”
Das ist ganz furchtbar und ich glaube nicht, dass ich sagen muss warum.
„Da musst du ins Paradies gehen, da steht nämlich auch so ein Apfelbaum des ewigen Lebens.”, ...
I werd no ganz narrisch, wenn das mit der Googelei so weitergeht. So kann und sollte man keine Geschichten / Texte schreiben. Ich spüre nicht die Inspiration des Autors, seine Bewegtheit, die ihn ja auch glaubwürdig und authentisch macht / machen würde.

Zwischendurch:

... sogar Tode wieder lebendig.”
Es gibt nur einen Tod. (Tote)
rumphilosofiert,
Entweder f oder ph.
... Herakles, die Iren, Loki, alle haben versucht, an die Äpfel ran zu kommen.” Chris kannte sich wirklich gut aus.
Das ist ziemlich instinktlos – erwartest Du tatsächlich, dass dieses Sammelsurium von allem erreichbaren Wissen über Äpfel eine passable Kurzgeschichte ergeben kann? Mir ist das zu naiv, zumal wir im Forum Tag für Tag bestrebt sind, eines Tages so zu schreiben, dass uns die Leser aus der Hand fressen. Aber verschrecken wollen wir sie gewiss nicht.
Hier breche ich ab. Den Rest habe ich überflogen.

Ich habe Deine erste Geschichte kommentiert:

Hola Heike Hatzmann,
gut geschrieben – auf jeden Fall! Dein Text liest sich gut und flüssig, und fehlerfrei ist er obendrein.
Ja, das waren noch Zeiten.
Ich kenne kein anderes Beispiel, bei dem ein Neumitglied sich nicht verbesserte ( wenn es nicht, wie meist der Fall, absprang), aber Du verlierst Schreibniveau, weil Du mMn zu viel schreibst, wohl um möglich viel Feedback zu bekommen – aber das funktioniert nicht.
Mach mal Pause, mit oder ohne Nespresso.
Ich verlasse Deine KG mit dem Ausruf der Kleinen, leider Namenlosen:
“Oje!” stöhnte ich.

Und dann ist es um eine solche Passage schade, denn ich als Leser habe schon abgeschaltet:

„Also bei der Fortbildung haben wir darüber gesprochen, dass schon ein einziger Intrigant, Dauernörgler oder Trittbrettfahrer ein ganzes Team vergiften kann.
Hehe, da hätte der Autor etwas draus machen können – aber der war ja bei Google unterwegs.

PS:
Ich weiß nicht, ob Ihr’s schon wisst: Der Schiller hat jeden einzelnen Apfel getestet, ob er das Zeug hat, die Hauptfigur bei ‚Wilhelm Tell’ zu sein – und jene, die den Test nicht bestanden, hat er halt in die Schubladen gesteckt. Zur Strafe:).

José

PS:
Im Nachhinein entnehme ich Deiner Korrespondenz mit Tanghai, dass Du - mir Gott sei Dank unbekannte - Einschränkungen ertragen musst. Dafür hast Du mein aufrichtiges Mitgefühl – ich bin mir jeden Tag bewusst, dass ich bislang auf der Sonnenseite sein durfte.
Allerdings bekomme ich keinen Bonus auf meinen Altersschwachsinn und Du keinen wegen Deiner bedauernswerten Immobilität. Hier geht es um den Text und sonst um gar nichts.
Ich las auch, dass von Therapie die Rede ist – gerade da würde ich meinen, könnte der Autor noch konzentrierter arbeiten, als dass er sich die halbe Geschichte von Google schreiben lässt.
Es ist auch deshalb schade, weil Du schon bewiesen hast, dass Du wesentlich mehr drauf hast.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Heike Hatzmann,

du fragst:

ist nicht alles Schreiben therapeutisch?
Nein, beim allerbesten Willen nicht. Selbsttherapie als Beweggrund für's Schreiben ist das genaue Gegenteil von literarischem Schreiben.

Texte zur Selbsttherapie (oder –erkenntnis) sind meist Tagebücher oder Blogs; Kurzgeschichten nur dann, wenn sie im Rahmen eines Psychodramas geschrieben werden. Dann dienen die Texte mit (semi-)fiktionalen Charakteren und Handlungen ausschließlich dazu, die Probleme und das Erlebte der Therapierten zu besprechen. Redet man aber über Literatur (damit meine ich weit gefasst auch die von unpublizierten Hobbyschreibern), muss der Verfasser in der Lage - oder zumindest bereit - sein, von seinen eigenen Problemen und seiner Historie zu abstrahieren.

Literatur kann nur entstehen, wenn der Schreiber über eine gewisse Selbstanalyse genug Distanz zum behandelten Thema entwickelt hat, dass es losgelöst von der eigenen Betroffenheit oder auch Ideologie entwickelt werden kann. Was die Texte dann individuell und besonders macht, ist: Wortwahl & Stil und Erzählerperspektve = der Versuch, für den Inhalt eine optimale / adäquate Form zu finden. Erst dann kann Literatur als eine Textform diskutiert werden.

Es gibt selbstverständlich Literatur, die autobiographisch ist, und dennoch über Selbsttherapie hinausgeht – aber wieder ist Voraussetzung, dass die Schreibenden genug Distanz entwickelt haben und handwerklich genügend geübt sind, um die Frage selbsterlebt oder nicht irrelevant werden zu lassen (Bsp. wären: Leonora Carrington Unten, Susanna Kaysen The Camera My Mother Gave Me, Girl Interrupted, Nicolai Lilin A Siberian Education, Emilie Autumn The Asylum for Wayward Victorian Girls, und zwei, die persönlich nicht so mein Geschmack sind: Sylvia Plath The Bell Jar und Djuna Barnes Nightwood.) In allen Fällen - die Liste ließe sich selbstverständlich fortsetzen - spielt es für die Rezeption allerdings keine Rolle, ob das Erzählte tatsächlich selbst erlebt war, oder rein fiktiv ist.

Bevor das off topic ist, sage ich noch etwas zu deiner Geschichte: Kritik ist am Text, nicht deiner Historie.

„Apfel oder Streusel?”, fragte mich meine Oma.
„Apfel mit Streusel!”, antwortete ich. Ich habe nie verstehen können, warum Oma entweder einen Apfelkuchen oder einen Streuselkuchen backte, wenn man doch beides zusammen haben konnte.
Echt? Ein Streuselkuchen schmeckt doch ganz anders, z.B. viel süßer, als wenn noch Apfel mit bei ist. Das ist für mein Kuchenempfinden so dusselig, wie zu sagen Marmorkuchen ist ein Sandkuchen mit Schoko drin, warum backt überhaupt noch jemand Sandkuchen? :D Okay, ich gehöre außerdem nicht zu den Leuten, die alle Fragen aus Kindermund automatisch niedlich finden.
Völlig unabhängig von deiner Intention assoziiere ich folgendes:
- Das Kind ist oberflächlich und / oder hat noch nie guten Streuselkuchen gekriegt (Oma ist also eine schlechte Köchin). Mir ist das Mädel sofort mal unsympathisch.
- Ich vermute, das Kind soll als individuell / außerhalb von Rastern denkend dargestellt werden, und die Oma als die pragmatische, tendenziell geizige und wenig lebenslustige Spießerin. Auch das ist mir unsympathisch. (Nochmal: Meine Assoziation, keine Unterstellung an dich!)

Ich saß in ihrer Küche, im hintersten Winkel der Eckbank und machte Hausaufgaben.
Da die zwei Prots schon in Interaktion getreten sind, ist das setting jetzt wie nachgeschoben. Das Detail – Küche, Hausaufgaben – ist inzwischen eigetnlich irrelevant, denn das Kind hat ja die Aufgaben bereits unterbrochen, um mit der Oma zu reden. Und das mit der Küche ist logisch.
„Trudi, hol du doch die Äpfel und nimm gerade den Müll mit!”
Meine Tante Trudi kam immer Mittwochs Mittags um Oma bei den schweren Arbeiten, wie dem Fenster putzen oder die Einfahrt kehren, zu helfen. Die Äpfel waren, wie die Karotten und Kartoffeln, im Keller gelagert. Alles Sachen aus Omas Garten.
Spielt das in den 70ern? Auch hier ist das Setting (wer Trudi ist und wo das alles zu finden ist) hinter die wörtliche Rede gestellt, für mich keine 100%ig sinnvolle Reihenfolge.
“Kaffee, Chris?“, fragte meine Oma. Chris, meine andere Tante, kam viel seltener und wurde als Besucher behandelt. Das bedeutete, sie bekam Kaffee gekocht und musste nicht im Haushalt helfen. Was ich sehr widersinnig fand. Aber versteh einer die Erwachsenen.
Gleiches hier. Immer wird erst was gesagt, und dann nachgeschoben, wer da beteiligt ist und wo das stattfindet. Grad fällt mir auf, dass das auch für die ersten Sätze gilt. Das wirkt enorm holprig, als hätte die Autorin erst geschrieben, was ihr selbst wichtig war, dann ist ihr eingefallen, dass sie das Personal noch nicht eingeführt hat, und schwupps, kommt fix ein Satz hintendran.
„Die Äpfel sind faul!” Tante Trude brachte die Hiobsbotschaft zusammen mit den restlichen Äpfeln aus den Keller. Sie platzierte den großen Korb mit den verfaulten Früchten mitten auf dem Küchentisch.
“Du hast wieder mal vergessen, die Faulen auszusortieren.”, warf sie Oma vor.
„Unfug!”, protestierte Oma und betrachtete traurig den verschimmelnden Rest der letztjährigen Apfelernte. Sie würde wohl Streuselkuchen backen.
„Wie das stinkt!” Mir wurde übel von dem mostigen, modrigen Geruch.
„Der Duft der großen weiten Welt!”, flachste Tante Chris. „Sollte dir eigentlich beim Hausaufgaben machen helfen.”
Oma redet nur in Fragen und Ausrufezeichen. Überhaupt krieg ich langsam den Eindruck, die schreien sich alle an. Das Kind kommt mir langsam vor, wie ein ständig nölendes Blag, und momentan lässt sich auch außer einer Art Protokoll eines banalen Küchengesprächs weder durchgehendes Thema noch ein Konflikt ausmachen, und ich werde langsam ungeduldig.
„Quatsch!”, kicherte ich. “Was hat denn Schiller mit faulen Äpfeln zu tun?”
„Es heißt, dass Schiller überall im Haus, auf seinem Schreibtisch, in Schubladen, wirklich überall faule Äpfel gesammelt hat. Der Geruch soll ihn inspiriert haben.”
Das war ja mal eine spannende Geschichte. Vielleicht konnte ich die irgendwie nutzbringend im Unterricht verwenden. Schiller würde sicher noch einmal drankommen.
Echt? Reden die so, oder ist das eine Literaturanekdote, die die Autorin unterbringen wollte? (Ganz gleich, ob es das Gespräch so gab oder nicht, es wirkt total aufgesetzt - und das wird immer schlimmer, je weiter ich komme.)
Den Teig hatte sie mittlerweile auf dem Blech verteilt. Sie mischte Butter, Zucker, Mehl und Zimt in einer Schüssel für die Streusel. Freihändig.
Kann Oma Telekinese? :D

Ein Fauler verdirbt den ganzen Rest. Die Faulen stecken die Gesunden an!”
Jau, und auch das kann man auf Menschen übertragen (wie sonst auch im Text): Die werden aussortiert isoliert und werden dann im Garten verbrannt ... auf dem Scheiterhaufen sozusagen. Hups ... Verdammich! Das war ja die Rechtfertigung der Kirchen zur Ketzerverfolgung. Darüber liest das Mädchen dann, wenn sie in die Pubertät kommt, und wird diess Küchengespräch nochmal in ganz anderem Licht sehen. ;)

Also, ehrlich gesagt hab ich den Rest nur noch quergelesen. Echte Interaktion ist da eigentlich nicht, sondern den Personen werden verschiedene Haltungen und fragwürdige „Lebensweisheiten / Einsichten“ in den Mund gelegt, als ob der Text nur geschrieben worden sei, um die mal rüberzubringen. Also als eine Parabel für wasweissich. Der letzte Satz unterstützt die Vermutung:

Zwei Dinge nahm ich an jenem Nachmittag bei Oma mit: einen halben Streuselkuchen und den Wunsch, einen Apfel zu finden, der kranke Äpfel heilt. Oder, einen wahrhaft gesunden Menschen.
HILFE! Dafür gibt es eine Bezeichnung: Erbauliche Texte. Die sind zum Glück in den 60ern aus der Mode gekommen. Und die befinden sich immer in unguter Nähe zu irgendwelchen Ideologien, sei es Religion oder Politik. Schlussfolgerungen, die offensichtlich schon nicht mehr die des Prots (schon gar nicht die eines so jungen Kindes!), sondern die des Autors sind, gehören nicht in literarische Texte. Leser wollen nicht bevormundet werden, nicht lesen, was sie zu denken und fühlen haben und nicht, welche Schlüsse sie aus der Geschichte zu ziehen haben. Wenn du als Autorin erreichen möchtest, dass deine Leser bereitwillig über etwas nachdenken, solltest du Denkvorgaben unterlassen, vor allem, weil du nicht weißt, ob deine Leser das klug oder banal finden.
Überhaupt finde ich, Moral hat in Literatur nichts zu suchen. Die muss im Kopf des Lesers stattfinden. Dazu musst du dem genug Leine lassen, seine Schlüsse zu ziehen, und musst aushalten / einkalkulieren, dass er zu anderen Reaktionen und Schlüssen kommt, als von dir beabsichtigt.
Denn im Grunde ist das jetzt bei mir passiert: Mir sind alle Prots unsympathisch, ich hab den Eindruck, mir wird penetrant Autorenmeinung aufgedrängt anstatt dass ich in einen Text eintauchen und mir eigene Gedanken machen kann, und obwohl ich hunderte Küchengespräche mit meiner Oma hatte, kann ich mich Null mit dem Personal und der Situation identifizieren.

Wenn du außerhalb von privaten Selbsterkenntnistexten schreiben willst, ist es unumgänglich, dich mit Konzeption und Aufbau von fiktionalen Texten / Literatur zu befassen.

Ich hoffe, du kannst mit meinen Anmerkungen was anfangen, ich wünsche dir weiterhin viel Spaß und Erfolg!

Viele Grüße, Katla

 

Liebe Wortkrieger,
ich habe die Botschaft verstanden und verabschiede mich hiermit. Danke für eure Unterstützung. Und tut mir leid, dass ich einigen wohl ganz erheblich aufs Füßchen gestiegen bin. Das habe ich nicht gewollt. Ich wünsche euch alles, alles Gute.
Heike

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Heike Hatzmann,
jetzt werf mal die Flinte nicht gleich ins Korn.

Der Rat, sich besser an Literatur als an unreflektiert autobiographischen (oder eben selbsttherapeutischen) Geschichten zu üben, kommt auch daher, dass sich Autoren fast zwangsläufig persönlich angegriffen fühlen, wenn Textarbeit geleistet wird. Daher soll die Aufforderung, mit Texten anzufangen, die einem nicht so extrem persönlich nahe gehen, auch den Autoren schützen.

Textarbeit kann hart sein. Aber mit nur ein ganz bissl Abstand lernt man, Texte mit fremden Augen zu sehen, und eben das ist ein ganz grundlegender Schritt beim Schreiben.
Also: Du hast doch ein tolles Hobby gefunden, und eine Seite, auf der du dich austauschen und wachsen kannst. Mach was draus! :gelb:

Viele Grüße, Katla

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom