Hey Max,
gelungene Fingerübung, sag' ich mal: Eine kleine Szene, in der die Lebens-Atmosphäre des armen Poeten eingefangen ist, eines sympathischen Schleichers und Tagediebs, der könnte, wenn er wollte. Schreiben, Genie sein, Licht haben. der eine oder andere Gedanke kommt mir bekannt vor, so was denke ich von mir auch manchmal, deswegen gönne ich dem Text das ein oder andere Komma und Leerzeichen an der richtigen Stelle von Herzen und bezeuge meine Worte durch Textarbeit weiter unten im Kommentar. Amen.
man hat den Text ja ins Korrektur-Center verschoben, damit an den Äußerlichkeiten was gemacht wird. die sind ja normalerweise nichts, was den ehrenamtlichen Schriftsteller leidenschaftlich bewegt, bisher habe ich allerdings leider keinen Weg drumherum gefunden. Man muss leider Gottes durch das dunkle Tal der Zeichensetzung, bevor sich die Leser scharenweise zum Lobpreisen niederwerfen.
oder, wenn man sich die Texte als Kinder des kreativen Geistes vorstellt, dann lassen sich Rechtschreibung und Grammatik als ordentliche Anziehsachen und ansprechendes Pausenbrot verstehen, mit denen man seine Kids ausstattet, damit sie in der Schule nicht verprügelt werden oder isoliert allein rumstehen müssen, damit die anderen überhaupt Lust bekommen, sich auf die innere Flegelhaftigkeit des Gegenübers einzulassen.
Ich mache dir im Folgenden ein paar Vorschläge, wie die Sätze anders aussehen könnten, mit Schwerpunkt eben auf den leidigen must-haves.
Inhaltlicher Schwerpunkt in der nächsten Runde, oder wenn sich da wirklich was aufdrängt.
Meine Texte sahen auf jeden Fall schlimmer aus, als ich hier angefangen habe.
Der Strom wurde wieder abgestellt,so dass ich und mit mir wahrscheinlich noch andere säumige Parteien im Haus im Dunkeln saßen,lagen oder standen,aber daran gewöhnt man sich.
Der Strom wurde wieder abgestellt, sodass ich, und mit mir wahrscheinlich noch andere säumige Parteien, im Haus im Dunkeln saßen, lagen oder standen, aber daran gewöhnt man sich.
Ein Problem ist hier der wechselnde Bezug: zuerst haben wir ein Ich, das den anderen säumigen Parteien angeschlossen wird. Weil die säumigen Parteien korrekterweise Mehrzahl verlangen steht da saßen, lagen oder standen. Problem ist nur, dass jetzt auch das Ich saßen, lagen oder standen. Ich denke es geht schon, aber es ginge eleganter.
Die die Arbeit haben erkennt man an den erleuchteten Fenstern,doch auch wenn bei mir nur eine große Kerze brennt,die ich aus einer Kirche von Gott,ich will mal sagen,geliehen habe,bin ich berufstätig.
Die, die Arbeit haben, erkennt man an den erleuchteten Fenstern, doch auch wenn bei mir nur eine große Kerze brennt, dich ich aus einer Kirche von Gott, ich will mal sagen, geliehen habe, bin ich berufstätig.
Um die unschöne Wortdopplung zu vermeiden könntest du bspw einfach schreiben "Die mit Job / Arbeit ..." ansonsten schöner Satz, inhaltlich. die Kirche hat ja schon immer auch gute Sachen getan, frühere Genies unterstützt zB, die ganzen Maler mit den Turtles-Namen in Italien, Michelangelo und Raffael und so ... das heißt bei denen Mildtätigkeit und bringt sie dem Paradies näher.
.Ehrenamtlich zur Zeit,denn ich bin Schriftsteller.W
Ich mach' das mal exemplarisch. Du überträgst das dann auf andere Sätze.
". Ehrenamtlich zur Zeit, denn ich bin Schriftsteller. " Also hinter gleichwelchen Zeichen einfach immer einmal die Leertaste bedienen.
Wer ehrenamtlich tätig ist,den kann man selbst wenn er logischer Weise kein Geld verdient nicht wirklich erfolglos nennen, denn gelesen werden meine Sachen schon,meine Kurzgeschichten und Gedichte
Wer ehrenamtlich tätig ist, den kann man selbst(,) wenn er logischer Weise kein Geld verdient, nicht wirklich erfolglos nennen, denn gelesen werden meine Sachen schon, meine Kurzgeschichten und Gedichte.
Und wenn man sie den Leuten in den Briefkasten wirft! Ich hatte in meinen besten Zeiten fünf oder sechs Leser, heutzutage ist es etwas ruhiger geworden, aber einen finde ich eigentlich immer, der meine Prosa liest. ich frage dann immer noch nach Einzelheiten, um zu prüfen, ob das auch wirklich gelesen wurde. Mir war das ehrlich gesagt auch zuviel mit dem Rummel. Nicht jeder ist für den Ruhm geschaffen.
Hier ist wieder das Ding, dass du wechselst. Zuerst schreibst du allgemein von "man" und änderst das dann später einfach wieder zum "Ich". das sind die Feinheiten, die am Ende eine wirklich gute Geschichte ausmachen.
Wenn man die beherzigt und den Leser nicht stolpern lässt, dann kann er wirklich in die Geschichte eintauchen. Die hier ist vom Tonfall des Erzählers und Erzählfluss und Perspektive auf die Welt schon interessant und lesenswert, das ist ja das eigentliche Kapital und das Wichtigste des Schreibers. Der Rest ist Fleißarbeit.
Zwar überwiegend von den Berufstätigen,sowie der dicken Frau zwei Türen weiter die mich immer so mütterlich anschaut wenn ich bei ihr klingel um mir mal wieder Milch oder Dosenravioli zu leihen.
Zwar überwiegend von den Berufstätigen, sowie der dicken Frau zwei Türen weiter, die mich immer so mütterlich anschaut, wenn ich bei ihr klingel, um mir mal wieder Milch oder Dosenravioli zu leihen.
Groß sind die Herzen von Gott und dicken Frauen. "klingele" oder "klingel'" müssten die empfohlenen Varianten des Schriftdeutsch lauten. ich persönlich würde wegen klingel oder anderen verschluckten Lauten und Endungen kein Fass aufmachen, vor allem nicht wenn sich der Text um einen wilden Poeten dreht, dessen Ohr dem Sound der Straße nicht verschlossen ist. Das ist was anderes als Kommaschwund oder klemmender Leertaste. habe auch den Eindruck, das wird hier allgemein so gehandhabt.
Zurück bekommt sie den Kram zwar nie,aber dafür habe ich ihr ja auch schon mal ein Gedicht in den Briefkasten geworfen und es funktioniert.
hier würde ich das "und" durch ein Komma ersetzen. das verbindende "und" wird ja bspw in der Aufzählung verwendet, hier irritiert es etwas.
Zurück verlangt hat sie auf jeden Fall noch nichts und in den knapp 6 Monaten die ich hier schon wohne habe ich mir bestimmt schon 30 mal etwas geborgt.
Zurück verlangt hat sie auf jeden Fall noch nichts, und in den knapp 6 Monaten, die ich hier schon wohne, habe ich mir bestimmt schon 30 mal etwas geborgt.
sechs Monate -> Zahlen bis zwölf ausschreiben sagt man. ich würde dreißig auch noch ausschreiben. dreißig Mal. kleines "mal", wenn das die Verkürzung von "einmal" ist - kann ja mal passiern zB.
das Komma vor "und" ist so eine Sache, im Deutschunterricht hat man uns das damals verboten, vor "und" ein Komma zu setzen. ich mach das genau deswegen und es fühlt sich gut an. Nein, also es ist so, dass ich da beim Lesen bspw 'ne Pause machen würde, deswegen auch das Komma, das ist ja immer eine Zäsur, eine Pause eben, wie das Versende im Gedicht.
Als brotlose Kunst kann man mein schaffen folglich nicht bezeichnen.
hahaha!
aber: mein Schaffen. Groß- / kleinschreibung / Getrennt- und Zusammenschreibung, das ist einfach sauschwer, auch wegen den schweinevielen Ausnahmen, die einen auf Trab halten, wenn all die Regeln einigermaßen verinnerlicht sind. Man kann wahrscheinlich sein Leben lang schreiben und lernt da immer was Neues. Ist doch toll, oder?
Meine Eltern aber haben sich erst nach vielen symbolischen Tränen mit meinem Künstlerdasein abgefunden,haben mein Genie irgendwie nicht richtig erkannt,was daran liegen mag,dass ich ihnen nie etwas von meinen Werken gezeigt habe,denn viel schreibe ich eigentlich auch nicht,aber ich schreibe.
Meine Eltern aber haben sich erst nach vielen symbolischen Tränen mit meinem Künstlerdasein abgefunden, haben mein Genie irgendwie nicht richtig erkannt, was daran liegen mag, dass ich ihnen nie etwas von meinen Werken gezeigt habe, denn viel schreibe ich eigentlich auch nicht, aber ich schreibe.
Scheint von den Kommas her alles zu stimmen. Du kannst es also doch! Vielleicht werde ich meine Arbeitszeit in Rechnung stellen.
Wieso "symbolische" Tränen? So was schafft Abstand, auf diese Tränen könnte man mit einer ritualisierten Entschuldigungsgeste antworten - empfehlen würde ich so was eher nicht. Ausnahme ist da der imaginäre Text, der kommt ohne so'n Zeug natürlich nicht aus.
Ich weiß zum Beispiel wann die anderen Künstler hier im Haus ihr Geld bekommen wie die depressiven Daphne
Ich weiß zum Beispiel, wann die anderen Künstler hier im Haus ihr Geld bekommen, wie die depressiven Daphne
die depressive Daphne, ein feiner Stabreim, klingt total nach Pornotitel: Die depressive Daphne liebt dicke Dildos. Oder Depressive Dildos machen die dicke Daphne glücklich, wenn's mit Anspruch also was zum Nachdenken sein soll. Hm. Oder doch nicht. Sorry, will Daphne auch nicht zu nahe treten.
Das merkt man an dem Klirren der Weinflaschen die sie in Plastiktüten auf unsicheren Beinen die Treppen zu ihrer Wohnung herauf trägt.
Das merkt man an dem Klirren der Weinflaschen, die sie in Plastiktüten auf unsicheren Beinen die Treppen zu ihrer Wohnung herauf trägt.
Regeln sagen würde Sinn machen, denke ich. Problem ist nur, dass ich nicht gut bin in Regeln. Faustregeln kann ich, die können aber totaler Blödsinn sein, also fürs Erste: Wenn da in einem Satz sechs oder sieben Wörter schon waren und dann kommt ein "wenn" oder "die" oder "das", dann kommt vor dieses Wörtchen häufig ein Komma. Ich glaube, das ist ein Relativsatz, falls dich das interessiert. (und falls es stimmt.)
was mir noch aufgefallen ist: Du bastelst scheinbar gerne mal 'nen Schachtelsatz zusammen. Völlig okay, kein Problem. will dazu nur was anmerken: allgemein wird häufig empfohlen, lieber kurze knackige Sätze rauszuhauen, als den Leser mit so langen Gebilden herauszufordern und mglw zu verlieren. da ist was dran, denke ich. das wechselt zwar auch je nach Genre, aber daran kann man sich schon orientieren, wenn man für und nicht gegen seine Leser schreiben will.
mir gefällt es richtig gut, wenn sich das im Text abwechselt. es gibt Schreiber, die haben Schachtelsätze und knackige Sätze richtig drauf, und können je nach Bedürfnis des Textes ihre Gedanken in die entsprechende Form gießen. Texte, in denen ausschließlich kürzere Sätze verwendet werden, wirken auch immer bisschen mager in meinen Augen.
generell ist die geile Schachtelsatzkonstruktion schon übenswert, da können innerhalb eines langen Satzes eine komplette Handlung beschrieben, eine Welt umrissen oder ein Leben skizziert werden, und wenn da alles an der richtigen Stelle steht, dann bekommt so ein Satz auch Power und Zugkraft. oder bereitet einen finalen fünf-Wort-Satz vor.
aber da kommt dann eben alles zusammen: Stil, Inhalt, Struktur - Rechtschreibung und Grammatik sollten den Leser dann nicht mehr ablenken.
Ich muss jetzt mal langsam los. Der Anfang ist gemacht, noch ein bisschen Arbeit und man kann mal anfragen, ob der Text aus dem gemütlichen Korrektur-Center zur echten Bühne hier zugelassen wird. Wenn du noch Fragen hast, frage. Mach was draus. Ich denke, der Text ist es wert.
Viele Grüße
Kubus