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Annabelle

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23.02.2010
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Annabelle

Wie ein Prisma spiegelt das Glas der Glocke die unzähligen Facetten des Sonnenlichtes wieder und zaubert bunte Diamantensplitter auf Tisch und Wand. Der laue Sommerwind, der durch das geöffnete Fenster Einlass findet, verneigt sich höflich vor den glitzernden Kristallen. Ein leichter Knicks, ein schüchternes Lächeln und als bald tanzen sie wie frisch Verliebte umher. Sie lachen und scherzen in ihrem vollkommenem Glück. Wie herrlich doch dieses Lichtspiel ist. Ich halte inne und lache still. Nein, nein, sage ich mir, nicht so schön wie meine Annabelle.
Ich lasse meinen Körper auf den Tisch sinken während meine Hand über die Glasglocke vor mir streicht. Ganz sanft und bedacht darauf keinerlei Schaden zu verursachen. Mein Herz wird dabei leicht und pumpt behände mein Blut durch meinen Körper. Auf aber Millionen winzig kleiner Zellen trägt es nun die Endorphine bis in meine Zehenspitzen. Dort angelangt, verraten sie sich durch ein heißes pochendes Kribbeln, das mein Inneres in eine wohlige Aufregung versetzt.
Ach Annabelle, rufe ich dich in meinen Gedanken an. Sie alle gehören dir, denn sie alle kreisen nur um dich. Sie alle kreisen um die schöne Annabelle, um meine Annabelle. Ach, so möge doch die ganze Welt davon wissen.
Jede Nervenfaser pocht. Ich bin von Kopf bis Fuß überzogen mit dem Gefühl von verzehrender Sehnsucht und innigem Verlangen. Mein Körper wird wärmer mit jedem Bild, das ich vor meinem geistigen Auge von dir zeichne. Nicht einmal die tausend wilden Flügelschläge der Schmetterlinge in meinem Bauch versprechen eine Kühlung des hitzigen Gemüts. Ich bin in Aufruhr.
Oh Annabelle, seufze ich fast unhörbar als meine Hand wieder über das Glas der Glocke streicht. Das Lichtspiel, das zusammen mit dem Sommerwind um mich und meine Gedanken tanzt, erreicht seinen Höhepunkt in ausschweifenden Drehungen, in heißblütigen flinken Schritten eines zärtlichen Beisammenseins.
Im Hintergrund spielt der letzten Takt der Sinfonie und die Saiten der Geigen verstummen in der milden Dämmerung des hereinbrechenden Abends. Der Sommerwind flaut ab, verneigt sich zum Abschied, empfiehlt sich und stiehlt sich hinfort, in die weiten Gräser des Landes hinaus. Auf dem Boden zerspringt zum Ausklang eine kleine Träne, die hinab gefallen ist, um dort zusammen mit ihren Geschwistern im Grund zu versickern.
Die Liebenden haben sich getrennt. Tisch und Wand sind nunmehr bedeckt vom schwachen Abendrot, dass den Tag mit einem sanften Kuss in die Nacht verabschiedet. Und dort, wo vor wenigen Augenblicken noch die Sinfonie eine Geschichte von unzertrennlichen Banden erzählte, thront herrschaftlich die Stille über dem Reich der Melancholie.
Zögernd ziehe ich meine Hand zurück, lege sie auf die Stelle meiner Brust, wo ich das Pochen meines Herzens fühlen kann. Sie ruht dort, gerade so als sei sie die Versicherung, dass ich wirklich noch am Leben bin, dass ich noch atmen kann und dass ich weiter atmen werde.
Meine Augen sind geschlossen. In der Dunkelheit flackert das Gesicht Annabelles mit jedem Flügelschlag auf. Die sanften Züge um ihren Mund zaubern ein Lächeln. Ich fühle das ruhige regelmäßige Klopfen unter meiner Hand. Padamm, padamm, padamm.
Meine Lider heben sich, mein Blick fixiert das gewölbte Glas vor mir und mein Herz bleibt stehen, zerspringt, nein, zerbricht in tausend Stücke. Oh, meine Annabelle.
Die lichtblauen Flügel des kleinen Falters schlagen nicht. Sie halten inne. Versteinert ruht er dort unter dem Glas, das ihn beschützt vor der Welt außerhalb dieser durchsichtigen Grenze. Ich streiche über die Glocke, doch noch immer harrt er still aus. Das Blau seiner Flügel ist das Blau deiner Augen. Schaue ich auf sie, schaue ich auf das blasse Blau deiner Iris. Deine starren geöffneten Lider gleichen seinen bewegungslosen Schwingen.
Ich frage mich ob dieser Schmetterling einer der tausend aus meinem Bauch ist, die auf ungestümen Bahnen um mein Herz flattern. Es würde das Gefühl der Leere beschreiben mit dem ich jeden Tag erwache. Das Gefühl, das mich jede Nacht in den Schlaf wiegt. Das Gefühl, dass etwas fehlt.
Meine regungslose Hand sinkt mit einem dumpfen Schlag von dem Glas der Glocke auf die Tischplatte hinab. In meinen Gedanken zeigen deine sanften Züge noch immer dein unverkennbares Lächeln. Ich flüstere deinen Namen in die Stille, die nicht dagegen anzukommen vermag.
„Geh“, flüstere ich dir zu und nehme die Glasglocke vom Tisch.
Schüchtern hebt der blaue Schmetterling seine Schwingen, um mit dem Sommerwind in die Lüfte empor zu steigen. Mein Brustkorb zieht sich zusammen und mein Herz pumpt das Blut weiter durch meinen Körper. Ich lebe noch und schaue deiner in der Ferne verschwimmenden Gestalt nach.
„Leb wohl, Annabelle.“

 

Mein erster Beitrag und dann gleich in Form einer Geschichte. Nun, denn...
Ich schreibe gern für mich selbst und das schon seit einiger Zeit, doch ist dies hier mein erster Schritt an Leser heranzutreten, die ich nicht persönlich kenne. Ich hoffe auf Anregungen und Kritik, um weiter an mir und meinem Schreiben arbeiten zu können.

 

Hallo isostehneia!

Herzlich willkommen!

Ich finde es wichtig und gut, seine Texte ´der "Öffentlichkeit" zu stellen und so zu versuchen, an seinem Geschreibe zu arbeiten und aus den Anmerkungen anderer zu lernen.

Der Text ist sehr gefühlvoll geschrieben und einige schöne Bilder hast du gefunden. Das Vermenschlichen von Gegenständen gefällt mir persönlich sehr gut.

Allerdings etwa ab der Mitte wirds mir persönlich zuviel Gefühl und zuwenig Handlung. So wirklich passiert in dem Text nicht viel und dann fangen meine Augen an zu laufen und zu springen. Also kurz, mir fehlt es an Spannung oder einem Konflikt, den dein Prot hat außer der Sehnsucht nach Annabelle.

Einige Anmerkungen:

Sie lachen und scherzen in ihrem vollkommenem Glück.
Das Adjektiv ist entbehrlich.

Wie herrlich doch dieses Lichtspiel ist, denke ich mir

MIR entbehrlich, wem sollte der Ich Protagonist sonst etwas denken?


Ich lasse meinen Körper auf den Tisch sinken während meine Hand über die Glasglocke vor mir streicht.
Hier sehe ich einen Zauberergeist, der aus seiner körperlichen Hülle entflohen ist und diese nun auf dem Tisch ablegt.


Ach Annabelle, rufe ich dich in meinen Gedanken an. Sie alle gehören dir, denn sie alle kreisen nur um dich. Sie alle kreisen um die schöne Annabelle, um meine Annabelle. Ach, so möge doch die ganze Welt davon wissen.
Für mich ein Ticken zu schmalzig – aber ich bin ja auch ein Mann.

„Geh.“, flüstere ich dir zu und nehme die Glasglocke vom Tisch.
Der Punkt hinter GEH muss weg, wenn der Satz nach der wörtlichen Rede weitergeführt wird.


Nochmal viel Spaß hier und ist nur meine Meinung und muss nicht allgemeingültig sein.

Gruß

Adem

 

Hallo isostheneia

In liebenswürdiger Poesie eröffneten sich mir als Leser die dahinfliessenden Worte. Ist es ein Liebesbrief in Gedanken, einer, den Annabelle vielleicht nie erreichen wird, waren zwischendurch kurz meine Gedanken. Ein Schmetterling, ich sehe ihn bildlich vor mir, ein silbrig glitzerndes Blau, dem die Freiheit entgegen der einvernehmenden Liebe geschenkt wird.

Der zauberhafte Gehalt der Geschichte ist symbolträchtig, lässt verschiedene Deutungen zu – und doch bleibt etwas verschlossen, erzeugt eine bleibende Leere. Es ist das Bescheidene an Handlung. Doch das Sinnliche war es mir Wert, hier einzutauchen.

Gruss

Anakreon

 

Hallo isostehneia,

es ist schon ein großes Weilchen her, dass du deine Geschichte veröffentlicht hast. Trotzdem habe ich sie gelesen und will natürlich jetzt meine Meinung loswerden (:

Ich dachte während der ganzen Geschichte, es handle sich bei Annabelle um ein Mädchen oder eine Frau. Am Ende jedoch stellt sich heraus, dass es sich um einen Falter handelt - eine schöne Idee.

Ich finde die Beschreibungen sehr schön, der Text lässt sich fließend lesen. Eine Handlung gibt es nicht wirklich, und es wundert mich eigentlich, dass mich das kaum stört. Ich denke, hier war eine Handlung einfach nicht nötig, die Beschreibung der Gefühle und der Details haben genügt, um ein sehr gelungenes Werk entstehen zu lassen und den Leser regelrecht zu verzaubern.
Schöne Geschichte!

Liebe Grüße
MoonShine

 

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