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Angst und Abscheu in deiner Nachbarschaft...

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31.03.2007
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Angst und Abscheu in deiner Nachbarschaft...

Sie war sehr dünn. Wirkte zerbrechlich, mit dem schmalen blassen Gesicht und den wasserstoffblond gefärbten Haaren, während sie eine Zigarette nach der anderen rauchte.
Der Raum war voller Leute an niedrigen Tischen, die grauenhaft süße Cocktails in allen möglichen und unmöglichen Farben tranken. Wahrscheinlich so eine Art Happy Hour Ding. Sie trank Cola mit Rotwein. Sie sagte sie trinke immer das und nur das und sie versuchte so oft wie möglich zu lachen, um ihre Unsicherheit und Nervosität zu vergessen.
Bei Gott, die Sache hatte von Anfang an Potential für Skurrilität und man kann es schon durchs Telefon riechen, wenn er anruft und versucht einen auf ein lockeres Bier in der Stadt zu überreden. Wir sehen uns nicht oft, aber er ist einer meiner besten Freunde. Wir kennen uns schon seit wir Kinder sind. Er ist absolut loyal. Einer der Jungs, bei denen du dich aus tausend Gründen wochenlang nicht meldest, oder sie zurückrufst, sie es dir aber kein bisschen übel nehmen und niemals einen deiner Geburtstage vergessen. Wenn man sich aber mit ihm trifft, muss man darauf vorbereitet sein in sehr seltsame Situationen verwickelt zu werden. Diese Situationen liegen nicht unbedingt weit außerhalb der verbreitet wahrgenommenen Normalität, sie sind vielleicht eher mehr wie verzerrte Spiegelbilder dieser. Das Verwirrende und oft auch Verstörende daran, wenn man plötzlich auf der anderen Seite des Spiegels steht, ist aber, dass die Normalität und damit auch die eigene gewohnte Realität zum Zerrbild werden. Ein bisschen wie ein Trip auf irgendeiner abgefahrenen Droge mit ihm als Hexenmeister, der die Richtung vorgibt.
Er holte mich mit seinem Wagen ab, auf der Fahrt telefonierte er wie immer permanent und versuchte den Abend so zu organisieren, wie er ihn im Kopf hatte. In neunzig Prozent der Fälle waren es Telefonate mit irgendwelchen Mädels, die er versuchte zu Gott weiß was zu überreden, oder irgendwelchen Typen, denen er dann auf irgendeiner Toillete gefälschte Viagrapillen zu horänden Preisen andrehte.
Wir machten noch einen kleinen Abstecher, weil er einige seiner laufenden Sportwetten prüfen und neue platzieren wollte. Ein schmuddeliges verstecktes Wettbüro im Schatten des alten Doms.
Es war Dezember und das gemeine Volk bereitete sich wie jedes Jahr auf den Geburtstag von Jesus vor. Es passierte nicht viel im Allgemeinen, zumindest beschäftigten sich die Medien von morgens bis abends eigentlich nur mit zwei Themen.
Das war nicht weiter schlimm, denn die meisten Leute strömten nach ihrem Tagwerk eh auf die Weihnachtsmärkte, um sich mit Glühwein zu betäuben, wodurch sie verständlicherweise unfähig oder ungewillt waren, sich mit den Problemen der Welt auseinanderzusetzen. Die restlichen frönten wie Junkies dem Konsum, war doch jetzt die einzige Zeit im Jahr, in der sie eine heilige Rechtfertigung von ganz oben für ihre Sucht hatten.
Wie auch immer, zwei Themen! Eine Geschichte über das Comeback eines falschen Doktors, der einmal Verteidigungsminister gewesen war und sich dann selbst zum Kriegsminister gekrönt hatte. Nicht etwa, weil er besonders scharf darauf gewesen wäre Patenonkel zu werden und dem Kind einen Namen zu geben, sondern eher, weil er seinen Ahnen, die verstaubt und an plumpe goldene Barockrahmen gefesselt schon streng und lieblos auf ihn herabstarrten, seit er ein kleiner Junge war, beweisen wollte, dass er in seiner Uniform mindestens genauso schneidig aussah, wie sie selbst.
Jetzt zeigen sie ihm die kalte Schulter und bestrafen ihn für das was sie aus ihm gemacht haben, während er einsam in dem Schloss sitzt, in dem vor langer langer Zeit einmal Aschenputtel und der Prinz glücklich bis an ihr Ende gelebt hatten, und weint.
Manchmal träume ich, ich wäre ein Hofnarr, stehe vor seiner Tür, spiele ihm Lieder vor und mache Witze. Ich rufe:

"Hör auf zu jammern und finde deinen eigenen Stolz!"

Aber er antwortet nicht und die Zugbrücke bleibt oben, weil er nie auf meine Art von Humor konditioniert wurde und ich muss weiterziehen, in der Hoffnung anderswo das Geld für die Miete zu verdienen...
Die zweite Story handelte von einem Präsident, der die Pflicht hatte ein Übermensch zu sein, aber wie sich herausstellte, nur ein weiterer Lügner war. Sein Fall ist wirklich tragisch und er kann einem in der Seele Leid tun, denn er hat sich schon solange selbst belogen, dass er mittlerweile so ziemlich der Einzige ist, der sich noch glaubt. Er ist der Mann der tausend Chancen und auch er ist vor kurzem in ein nettes kleines Schlösschen gezogen. Es gehörte früher einmal Dornröschen und er hatte Glück, dass es frei war, weil wenigstens Dornröschen irgendwann aufwachte und sich davonmachte…

Jetzt saßen wir also hier mit der Kleinen, die anfangs nur insofern mit den nahenden Geschehnissen zu tun hatte, dass sie eine Freundin von ihm wäre, die er nur selten sehe und mit der er, so wie mit mir, bei dieser Gelegenheit mal wieder was trinken und ein bisschen quatschen wolle. Ja, das hätte sie sein können, im Nachhinein war sie jedoch mehr als alles andere, sein, oder der Plan B.
Wir redeten über ihre Brüste, die sie sich in Russland hatte machen lassen. Sie selbst war Bulgarin, seit zwei Jahren hier, sprach fließend deutsch, mit einem sexy Akzent.
Gute Arbeit, nicht in dem Sinne, dass sie besonders natürlich aussahen, eher wie in einem Mangakomic, zu groß, überzeichnet, aber in diesem Kontext durchaus gelungen. Dieser Eindruck war vielleicht das Ergebnis davon, dass sie seit einiger Zeit mit Problemen kämpfte normal zu essen und deshalb sehr abgenommen hatte. Die Konsistenz passte ins selbige Bild. Wir mussten uns aus Höflichkeit, trotz der vielen Blicke, die wir auf uns zogen, von der haptischen Qualität ihrer Investition überzeugen.
Sie wettete, dass sie jeden Mann innerhalb von drei Minuten zum Orgasmus bringen könne, er hielt dagegen und behauptete, seinem Selbstbild entsprechend, dass er bestimmt drei Stunden mit ihr verkehren könne, bevor er zum Abschluss käme. Sie hatte die Theorie, dass bei Ausländern, er war türkischstämmig, aber in Deutschland geboren, es schon reiche nur die Ohrläppchen zu stimulieren, während man bei einem Deutschen gezwungen wäre auf die klassischen erogenen Zonen zurückzugreifen. Alles in Allem war sie eine angenehme symphatische Person, mit einer interessanten Art von Humor.
Irgendwann klingelte sein Handy wieder. Es war die Stripperin, mit der er schon den ganzen Abend verhandelte. Sie sagte ihm nun endgültig ab. Es gab da irgendwo eine Weihnachtsfeier von einem Haufen Schaustellern, mit denen er von Zeit zu Zeit geschäftlich zu tun hatte. Er war im Gas- Wasser Heizungsgeschäft, hatte kürzlich seine eigene Firma gegründet, und er hatte außerdem über die Jahre Beziehungen zu allen möglichen Randgruppen… Hells Angels, Bandidos, Zigeunern, und zu den Untiefen der Gastronomie- und zur, naja, nennen wir es mal Entertainmentbranche aufgebaut.
Sie hatten ihn nach einem Mädchen gefragt, und er versuchte ihnen den Gefallen zu tun. Er verdiente daran nichts. Sein einziger Vorteil, wenn es klappte, war, dass es sich vielleicht positiv auf zukünftige Geschäfte auswirkte.
Das Gespräch war zu ende und ohne große Überleitung, fragte er sie:

„Hast du nicht Lust dir leicht ein bisschen Geld zu verdienen? Zweihundert Euro für eine halbe Stunde tanzen und du musst dich nicht mal ganz ausziehen, falls du nicht willst.“

Sie war nicht sonderlich begeistert und hatte sofort etliche Ausreden. Ihr Körper gefalle ihr zurzeit nicht und sie hatte Angst, dass irgendjemand unter den Gästen war, der sie kennt.
Er beruhigte sie und machte ihr Komplimente.

„Du siehst doch total super aus! Ich kenne die alle und von denen kennt dich keiner. Ganz harmlos. Eine große Familie. Die sind alle verwandt. Bruder, Onkel, Vater und Cousins…“

Ich unterstützte ihn noch, glaubte aber ihren anfänglichen Reaktionen zufolge nicht, dass sie wirklich einwilligen würde. Mir schien das ein guter Deal zu sein. Wenn ich mir vorstellte, ich wäre eine Frau, und könnte zweihundert Euro in einer halben Stunde nur mit Tanzen und Stimmung machen verdienen, hörte sich das doch gar nicht schlecht an und wenn irgendwer frech würde, wären wir ja noch da, um aufzupassen.
Dann waren wir auf dem Parkplatz und stiegen in den Wagen, um kurz dort aufzukreuzen und die Nummer hinter uns zu bringen. Ich wollte erst gar nicht mit, weil ich am nächsten Tag früh raus musste, aber er meinte, nach höchstens einer Stunde und vielleicht zwei Bier wären wir fertig und außerdem hätte er morgen früh um neun auch einen Termin auf einer Baustelle und wolle deshalb spätestens um eins im Bett sein.
Sie nahm auf dem Vordersitz platz, und ich, nachdem ich den Kindersitz gelöst und im Kofferraum verstaut hatte, auf der Rückbank. Seine Tochter war wirklich süß und er liebte sie abgöttisch.
Er war durch und durch Geschäftsmann und hatte dieses Talent und den Charme, den man von Arabern kennt, die nie eine Schule von innen gesehen haben, aber absolut professionell Wüstentouren für Touristen organisieren und plötzlich jede Sprache sprechen, wenn es ihrem Profit dienlich ist. Er bewegte sich wie ein Handlungsreisender in der lokalen Unterwelt und hatte dabei immer der Versuchung widerstanden einer der diversen Randgruppenvereinigungen dort die Treue zu schwören, der so viele schwache Individuen aus Enttäuschung und Einsamkeit erliegen. Die einzige Ausnahme bildete unser lockerer kleiner Club der verlorenen Jungs. Die handvoll liebenswerter Spinner, meine Wenigkeit eingeschlossen, die alle so grundverschieden waren und doch so viel gemeinsam hatten.
Damals in der Schule, war er zweifellos jemand, den die Kids heutzutage als Opfer bezeichnen würden. Ein kleiner verwahrloster Türkenjunge in den Achtzigern. Sie machten sich über ihn lustig, quälten ihn und die meisten Lehrer hatten ihn schon aufgegeben, bevor er das erste Wort über die Lippen brachte. Ein einziges Mal in den vielen Jahren, die wir uns jetzt kennen, erzählte er von seinem Vater. Er sagte, als er groß und kräftig genug war, hätte er diesen Bastard vor die Tür gesetzt und ihm gedroht ihn umzubringen, wenn er jemals wieder käme.
Er passte in keines der Bücher, die die Psychologie und Soziologiestudenten während der Zugfahrt aufschlugen. Er war ein Freak! Ein Verlierer! Aber einer, der nie liegen geblieben ist und immer gekämpft hat. Jetzt steht er auf seinen eigenen Beinen und hat seine eigene Moral, weil für ihn nie eine andere existierte. Ein weiterer Punkt, mit dem er sich meinen Respekt verdient hat.
Im Prinzip ist es ganz einfach. Seine Familie ist sein wunderbarer Gedanke, sein großer Traum, den er sich verwirklicht hat, das Ziel, dass er immer erreichen wollte, aber die Abgründe, in die es ihn immer noch zieht sind seine Heimat. Hier wurde er geboren und diese Nabelschnur kann man nicht trennen. Das kann keiner von uns.
Was ist mit seiner Frau? Eine Deutsche, bodenständig, Anwaltsgehilfin,… nett, lustig, sie sind schon seit zwölf Jahren zusammen und sie hat definitiv die Hosen an. Warum toleriert sie seine Eskapaden? Sie muss es doch mitkriegen, oder nicht?
Meine Meinung dazu und ja, zweifellos die Meinung eines desillusionierten Romantikers. Sie kennt ihn ganz genau und akzeptiert ihn genau so, wie er ist. Eine Form von wahrer Liebe und soweit ich es bezeugen kann, hat er sie nie betrogen, weder körperlich, noch im Kopf, und schon gar nicht mit dem Herzen.

Er hatte seine Firma, er hatte seine Familie und war außerdem noch ehrenamtlich im Vorstand eines Karnevalsvereins tätig.
Hey, diese Seite von ihm, könnte bestimmt einige Politiker, egal welcher Couleur dazu hinreißen ihn als Eckpfeiler unserer Gesellschaft zu bezeichnen und mit ihm, als gelungenes Integrationsbeispiel auf der Flagge, in den Wahlkampf zu ziehen. Doch man muss wissen, dass die meisten Leute, mit „unserer“ Gesellschaft eigentlich ihre Gesellschaft meinen und mit Integration eine Ausgrenzung und Unterdrückung aller, die sich nicht daran anpassen wollen.
Für diese Arroganz müsste man ihnen eigentlich die Fresse polieren, das Frustrierende ist aber, das sie in erster Linie nicht Arrogant, sondern dumm und ignorant sind. Sie wissen es nicht besser. Na ja, sie sind irgendwie blind, hängen geblieben, und einen Krüppel zu schlagen, wäre nun wirklich politisch inkorrekt.
Sehen sie, ich glaube nicht an die Theorie, die besagt, der Kommunismus ist an sich eine gute Idee, aber wenn es auch nur einen wirklich Bösen gibt, wird er zur Parteiendiktatur und in sein Gegenteil verdreht. Diese Sache mit dem schwächsten Glied der Kette und so weiter…
Nein, es ist immer die Trägheit und Ignoranz der großen Masse, die eine gute Bewegung ins stocken bringt und die Welle schließlich wieder zurückrollen läst. Wahrscheinlich war es das Gleiche im dritten Reich, aber all das sind nur Grabsteine und Mahnmahle auf dem Schlachtfeld der Geschichte, womit wir wieder im Hier und Jetzt wären, in unserer schönen Demokratie.
Es ist doch so, wenn der Wein sauer ist und schon gehrt und fault, ist es egal, welches Etikett er trägt, und wenn sie die Pisse trotzdem trinken, nur weil Chateau Rothschild draufsteht und danach mit Kennermiene verkünden, er wäre vorzüglich gewesen, dann sind sie ein dekadenter Ignorant und sollen verdammt sein und zur Hölle fahren, weil sie verantwortlich dafür sind, dass keine Notwendigkeit mehr besteht einen wahrhaft guten Tropfen zu keltern.

Wir waren am Ziel. Eine Kegelbahn, mit einem Flair, als hätten die heimatlosen Greise des benachbarten Altenheims mit ihren Rotariern die Bühne gerade erst verlassen… All diese Realitäten jenseits des Spiegels, die jetzt so weit entfernt waren.
Er redete mit dem Chef der Gruppe und klärte die Bedingungen. Es ging ums Geld, um die Beleuchtung und so weiter und so fort…
Sie wirkte sehr ängstlich und schüchtern und ihre größte Sorge war das Licht. Sie wollte es dunkler, doch die die grellen Neonröhren waren dafür nicht konstruiert. Die Kerle gefielen mir von Anfang an nicht. Eine Bande von Zigeunern, die mich mit Eidechsenaugen und zur Seite gedrehten Köpfen misstrauisch musterten, also beschloss ich keine Bekanntschaften zu schließen und das Ganze etwas entfernt, von der Bar aus zu beobachten.

Alles ist gut, die Sache läuft, die Hunter Technik funktioniert. Whiskey und Tabak arbeiten für mich! Der Geist des großen Gonzomeisters schwebt über mir und leitet meine Gedanken. Aber man braucht eine Menge und man muss wissen, dass man einen Pakt mit dem Belzebub schließt. Das Paranoidditätspegel steigt, die Angst sickert langsam aus dem Teppich und die dunklen Schatten kriechen heimtückisch aus den Wänden, um sich über kurz oder lang auf mich zu stürzen. Ich denke die Geschichte hat jetzt genug niveauvolle Passsagen, und es wird Zeit, die Feder ganz tief in den Scheißhaufen der untersten Schublade zu tauchen und den warmen Fleischerhaken, von dem noch das Blut tropft, zur Hand zu nehmen. Wer darauf keine Lust hat kann gehen. Ich mache das nicht aus Spaß, sondern nur aus Achtung vor der nackten Wahrheit, die, koste es was es wolle nicht verwässert werden darf.

Der Striptease war zu ende, bevor er angefangen hatte. Die Kerle stürzten sich auf sie, wie sabbernde ausgehungerte Monster und sie verwandelte sich zeitgleich in eine zuckende, willenlose Puppe. Schokoriegel und Nikoläuse verschwanden in ihrer Vagina und in ihrem Hintern, schmolzen wie Eiswürfel in der Sonne und liefen als braunes Sekret über ihre Haut und den Tisch. Sogar die silberne Spitze des Weihnachtsbaumes musste herhalten. Fingernägel krallten sich in ihre dünnen weißen Beinchen. Sie packten ihr Haar wie einen Mopp und befriedigten ihre ungewaschenen Schwänze mit ihrem Mund. Sie wurde von allen Seiten und in alle Öffnungen gefickt und das stundenlang, bis sie von oben bis unten mit Sperma verklebt war, das sich in ihrem Gesicht mit der Schminke vermischte.
Ein Fetter Typ bekam keinen hoch und wurde von den anderen verhöhnt und ausgelacht. Wutschnaubend rubbelte er mit kläglichem Erfolg sein schlaffes Ding, bis er sie brutal am Hals packte, sich rammelnd und keuchend über sie hermachte und mit heiserer Krächzstimme immer wieder schrie:

„Seht ihr es alle! Seht ihr, wie ich meinen Mann stehe!“

Die Frage war warum? Heilige Mutter Gottes, warum ließ sie das freiwillig mit sich machen? Ich hatte mittlerweile einiges erlebt und in harten Lektionen gelernt, dass Frauen keine Engel sind und nur die wenigsten echte Elfen. Aber Spaß, Lust, Geilheit… Nein, dass war in diesem Fall ausgeschlossen. Geld? Zweihundert Euro, für diese abgefuckte Scheiße? Die hätte sie auch für einen stilvollen Strip bekommen.
Ich weiß nicht, war es menschlich, oder animalisch? Ich habe mal in Marokko morgens einen großen Affen vor einem Wasserfall beobachtet, wie er es zwischen allen anderen Artgenossen einer Äffin besorgte und bald von einem seiner Kumpels abgelöst wurde. Ich denke, dass war die Manifestation dessen, was die Hippies ursprünglich im Sinn hatten, wenn sie von freier Liebe sprachen. Also nein, animalisch ist das falsche Wort.
Dann viel es mir wie Schuppen von den Augen. Das Mädchen, das ich vor ein paar Stunden kennen gelernt hatte lag die ganze Zeit über im Sterben. Ihre Seele löste sich immer mehr von ihrem Körper und jetzt, in diesem Augenblick, war sie völlig verschwunden. Was von ihr übrig war agierte nur noch wie ein Huhn, dem der Metzger gerade mit dem Beil den Kopf abgeschlagen hatte. Ihr Körper war Abfall, eine leere Hülle in der Gosse, die von den Ratten in Stücke gerissen wurde.
Ich hätte es früher erkennen müssen. Eigentlich hatte ich die richtigen Augen für die Düsternis. Ich spürte die kalte Klinge in meiner linken Brust, aber ein Drachenherz kann man nicht töten. Nicht bevor das letzte Kinderlachen verhallt und die letzte Elfe für immer verschwindet! Der Preis dafür ist, dass es jeden Schmerz tausendfach spürt. Aber kommt jene Zeit, wird der Schmerz so groß und unerträglich sein, dass all meine Brüder und Schwestern aus ihren wilden Träumen erwachen und kein Käfig und kein Körper sie mehr halten können und die Welt wird in den Feuern zugrunde gehen, in denen sie einst geboren wurde…
Ich bin müde, kann nicht mehr schreiben… Kann nicht mehr weiter… Ein paar emotionale Ausbrüche auf der Heimfahrt im Auto…
Dann lächelte sie mich an und sagte, es hätte sie gefreut meine Bekanntschaft zu machen. Ich erwiderte ihr Lächeln und sagte, dass es mir genauso ginge. Der Moment war ehrlich und kam von Herzen. Die Tür schlug zu, die Drehzahl des Motors ging nach oben, ein leises Quietschen, dann bogen die roten Hecklichter um die nächste Kurve und waren verschwunden.
Die Szene war im Kasten und sie ging wieder ihre eigenen verworrenen Wege, genau wie ich die Meinen. Manchmal glaube ich mich erinnern zu können, dass sie außerdem noch sagte, oder zumindest intensiv dachte:

„Bitte fang meinen Atem und halt ihn ganz fest, bevor er in der Kälte gefriert und im Schmutz zertreten wird!“

Aber das war zu neunzig Prozent nur die Stimme der sentimentalen Seite meiner Persönlichkeit, mit der umzugehen, ganz allein mein eigenes Problem ist.
Ich trottete unsere Straße entlang, direkt auf die Reihe hoher Pappeln zu, die den großen Fluss säumten. Sie sahen aus wie eine riesige solide, aber lebendige Mauer über der der fette gelbe Vollmond hell strahlte. Ich atmete tief durch, hob ab, flog auf den dicken Gevatter Mond zu, am zweiten Stern rechts und dann immer geradeaus Richtung Morgendämmerung…

 

Hallo Amaguk,

ich hab die ersten Absätze gelesen, aber dann abgebrochen. Mir fehlt ein roten Faden, oder ich sehe ihn nicht.

Sprachlich ist das sicher okay. Aber die Sprache ist (für mich) hier nur Selbstzweck, weil ich die Geschichte dahinter nicht finde.

Zum Beispiel am Anfang: Der erste Absatz ist gut. Du stellst eine Figur vor und charakterisierst sie gleich. Außerdem habe ich den Eindruck, der Erzähler ist männlich, damit weiß ich auch gleich viel über die Stimme, die mir den Text nahe bringen will.

Aber dannn machst du in den nächsten zwei Absätzen zwei neue Plätze auf und schweifst herum, erzählst und erzählst, und die Spannung, die du am Anfang aufgebaut hast, verfliegt schnell wieder.

Mir mangelt es an Reizen, aber vielleicht bin ich auch nur zu unempfindlich, und das hier ist ein sehr feiner Text. Kann auch sein.

Bis bald!
yours

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Yours Truly,

danke für deine Kritik. Die war sehr aufschlussreich! Genau über diese Abschweifung, über die du sprichst habe ich mir lange Gedanken gemacht und ein Freund empfahl mir schon sie komplett zu streichen, oder zumindest in zwei Sätze zu packen.
Natürlich handelt es sich nicht um sprachlichen Selbstzweck und ich finde die Passsage ist für die Nachhaltigkeit der Story entscheidend.
Falls du irgendwann Lust und Zeit hast weiterzulesen, kann ich versprechen, dass der rote Faden ganz schnell wieder auftaucht und auch was die Spannung angeht solltest du eigentlich kein weiteres Mal enttäuscht werden.
Würde mich natürlich brennend interessieren, was du dann darüber denkst. ;-)

Beste Grüße

Amaguk

 

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