Angst in der Kammer
Hannah hatte Angst. Ihre Augen waren geweitet, ihr Puls hoch. Der Schweiß tropfte ihr bereits ins Gesicht und von den Händen herunter. Auf dem Boden war schon eine Pfütze sichtbar. Doch Hannah hatte keinen Gedanken dafür frei. Das einzige, das in ihrem Kopf präsent war, war die nackte, pure, schwarze Angst. Die Angst zu ersticken, die Angst erdrückt zu werden, die Angst nie wieder frei zu kommen, die Angst hier zu sterben. Ihre Umgebung ist für jeden anderen etwas alltägliches, der kleine Raum, der uns das Treppensteigen abnimmt. Doch ist dieser für Hannah außergewöhnlich. Sie steigt niemals in einen Fahrstuhl, da es ihre Klaustrophobie für sie unerträglich macht. Vor allem in diesem Moment bereute sie es ungemein sich von ihren Freunden überzeugen lassen zu haben, sich ihrer Angst zu stellen. Als sie den Fahrstuhl betreten hatte, wurde sie bereits unruhig, war aber überzeugt die zehn Sekunden vom Erdgeschoß in den 5. Stock unbeschadet zu überstehen. Doch war sie nun bereits 15 Minuten in dieser Kammer eingesperrt, denn der Fahrstuhl war kurz vor dem erwarteten Ziel stehen geblieben. Hannah hatte den Notfallknopf bereits gedrückt, und das immer und immer wieder, ihr Handy hatte kein Netz und sie war zu keinem weiteren klaren Gedanken mehr fähig. Hannah hatte geschrien, sie hatte geweint, sie hatte mit ihren Fäusten gegen die Wand eingeschlagen und schließlich saß sie in der Mitte des Raumes zusammengekauert und zitterte und hoffte. Die Zeit verging nicht. Für Hannah waren es schon Stunden, die sie in dem Fahrstuhl verbracht hatte, obwohl es sich nur um 20 Minuten handelte. Es folgten die nächsten 10 Minuten, sie wurde langsam ruhiger, ihr Atem normalisierte sich, ihr Herz schlug wieder langsamer und sie hörte auf zu schwitzen. Erneute 10 Minuten später war der Fahrstuhl kein Problem mehr für Hannah, ihre Angst war vollends verschwunden, doch setzte deshalb allmählich die Langeweile ein. Dann plötzlich passierte das Wunder, der Lift fuhr, die Tür öffnete sich und Hannah war frei. Sie war glücklich, aber nicht nur, weil sie gerettet war, sondern vorrangig, weil sie sich ihrer Angst gestellt hatte, und das mit Erfolg.