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Angela und Fred

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11.04.2005
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Angela und Fred

Es war an einem Samstag und Angela hatte mal wieder großen Hunger. Aber die kleine Maus musste noch ein wenig warten. Erst am nächsten Tag war die Kirche voll mit Menschen. Und dann fiel wieder so eine aus Mehl und Wasser gemachte weiße Scheibe für Angela ab. Ja, Kirchenmäuse sind wirklich arme Mäuse. So dachte auch der Pfarrer und jeden Sonntag schubste er heimlich eine Oblate für Angela hinter den Altar. Angela sah die Menschen nur einmal in der Woche etwas essen, nämlich am Sonntag. Und dann gab's auch nur diese dünnen Scheibchen, dazu tranken sie nur einen winzigen Schluck aus einem einzigen Krug. Angela hatte Mitleid mit den Kirchenmenschen.
Eines Tages änderte sich ihr Leben. Die kleine Kirchenmaus hatte sich gerade in einem Sonnenstrahl gleich neben dem Taufbecken gewärmt, als viele seltsame Männer herein kamen. Sie waren in weiß gekleidet, hatten weiße Hüte auf dem Kopf und überall Farbkleckse auf der Kleidung. Angela versteckte sich ängstlich hinter dem Taufbecken. Sie sah den Männern zu, wie sie hier und da braunen Matsch auf die Wände warfen, glatt strichen und dann weiße Farbe darüber verteilten. Als die Männer am Abend wieder gegangen waren, hüpfte Angela unter den Sitzbänken hindurch zurück zum Mauseloch. Doch oh weh! Es war mit diesem Matsch zugefüllt, er war jetzt ganz hart. Angela musste sich also eine neue Mäusewohnung suchen. Zum ersten Mal ging sie aus der Kirche hinaus ins Freie. Da sah sie noch viele andere Häuser. Das Haus gegenüber der Kirche gefiel ihr ganz gut. Über die Tür hatten die Menschen „Rathaus“ geschrieben. Ja, die kleine Kirchenmaus konnte ein wenig lesen. Oft hatte sie sich auf dem Altar versteckt und dem Pfarrer beim Sprechen zugesehen. Irgend wann hatte sie bemerkt, dass er diese Zeichen aus einem dicken Buch wiedergab und lernte, die Zeichen zu verstehen. Angela schlüpfte in das Haus, das Rathaus hieß. Sie tippelte gerade durch ein sehr großes Zimmer mit vielen Tischen und Stühlen, als es hinter ihr energisch fiepte.
„Hey du, wer bist du und was machst du hier?“
Angela hopste erschrocken herum. „Ich heiße Angela und wohne in der Kirche drüben. Aber jetzt ist meine Wohnung kaputt. Die haben mein Mauseloch zugemacht. Und wer bist du?“
„Meine Name ist Fred und ich wohne schon lange hier im Rathaus.“
Fred sah gut genährt aus, man konnte fast sagen, er war ziemlich dick.
„So wie du aussiehst, gibt's hier wohl viel zu essen? Ich habe dagegen fast immer Hunger“, sagte Angela.
„Hunger? Was ist das?“ Fred machte große Augen.
Da erzählte ihm Angela, dass die armen Menschen auch nur einmal in der Woche in die Kirche kommen, um etwas zu essen und zu trinken und für sie als Kirchenmaus nur wenig davon abfällt. Da musste Fred laut lachen.
„Hahaha...die Menschen essen wenig? Hier im Rathaus gibt es jeden Tag jede Mange zu futtern! Hier gibt es einen Raum, den die Menschen Kantine nennen. Die versammeln sich dort jeden Tag zum Essen. Du solltest mal sehen, was da an Resten im Abfall landet. Nudeln und Kartoffeln und Käse und Wurst und Gurken und Tomaten ... wirst schon sehen!“
Angela kannte all diese Worte gar nicht. Sie kannte ja keine Nudeln, keinen Käse und von den anderen Sachen hatte sie auch noch nichts gehört.
„Also bei uns in der Kirche essen sie jeden Sonntag einen Laib Christi. Das sagt jedenfalls der Herr Pfarrer immer dazu. Der Laib Christi besteht aus so kleinen flachen weißen Scheibchen“, sagte Angela.
„Das klingt ... äh ... interessant. Sonst nichts?“ fragte Fred etwas mitleidig.
„Nein, sonst nichts", sagte Angela.
„Du bleibst jetzt eine Woche bei mir im Rathaus, danach besuche ich dich für eine Woche in der Kirche und wir suchen dort gleich mal nach einem neuen Mauseloch für dich.“
Angela nahm Freds Angebot an. In der Woche, die Angela im Rathaus wohnte, konnte sie sich mal so richtig satt essen. Fast jeden Tag gab es all die Leckereien, von denen Fred so geschwärmt hatte. Nur am Wochenende war niemand da und die beiden Mäuse lebten von dem, was Fred zur Seite geschafft hatte.
Für Angela, die in dieser einen Woche ganz schön an Gewicht zugelegt hatte, wurde jetzt einiges klar. Die Menschen kommen gar nicht zum Essen in die Kirche. Nur am Sonntag gab's den Laib Christi. Und der war wohl gar nicht zum Sattwerden gedacht.
In der nächsten Woche wechselten die beiden Mäuse hinüber in die Kirche. In einem Nebenraum fanden sie ein Schlupfloch, das Angela und Fred zu einem Mauseloch ausbauten. Die Tage vergingen, Besucher kamen, doch es gab für die beiden Mäuse kaum Eßbares. Fred wollte schon nach drei Tagen wieder zurück ins Rathaus. Aber er blieb dann doch die ganze Woche mit Angela in der Kirche, er hatte es ihr versprochen. Am Sonntag gab es dann endlich die weißen Scheibchen aus Mehl. Der Pfarrer hatte wohl gemerkt, dass da nun zwei hungrige Mäuse lauerten und ließ zwei Oblaten hinter den Altar fallen. Fred war so ausgehungert, dass ihm dieses einfache Essen richtig gut schmeckte. Ein Gutes hatte der Besuch in der Kirche allemal: Fred hatte weniger gegessen und deutlich an Gewicht abgenommen. Er fühlte sich wieder richtig wohl in seinem Mäusefell.
Angela und Fred beschlossen, für immer zusammen zu bleiben. Sie wohnten immer eine Woche in der Kirche und dann eine Woche im Rathaus. Sie waren nicht zu dick und nicht zu dünn und fühlten sich am Ende an beiden Plätzen wohl. Sie wussten, dass die Menschen nicht zum Essen in die Kirche gingen. Aber warum sie es dennoch taten, war den beiden Mäusen letztlich egal.

 

Hallo nictita,

so richtig hat mich deine kg. nicht überzeugt. Ich weiß eigentlich nicht, was du damit aussagen willst, denn irgendetwas willst du den Kindern damit doch vermitteln?! Ich kann mir auch vorstellen, dass Kinder die Geschichte eher als langweilig empfinden.

Sprachlich ist sie in Ordnung; flüssig und auch kindgerecht geschrieben.

Nicht recht nachvollziehen konnte ich, dass für die Maus (bzw. die Mäuse) von den Oblaten beim Abendmahl "etwas abfällt". Ich bin zwar nicht in der Kirche, aber soweit ich weiß, bekommt man die Oblate doch direkt in den Mund gesteckt :confused: . Ein bißchen irritiert war ich auch, dass Angela, nachdem ihr Mauseloch verputzt worden war, draußen herumspazieren kann. Ich war nämlich automatisch davon ausgegangen, dass sie sich in ihrem Mauseloch verkrochen hat, als die Bauarbeiten anfingen, und dann eingesperrt war :crying: . Vielleicht kannst du das erklären (beispielsweise: dass sie, als die Arbeiter kamen, gerade am anderen Ende der Kirche war, und sich zitternd hinter dem Altar verstecken musste). Sorry, wenn ich hier etwas kritisch bin, aber Kinder als Leser oder Zuhörer sind es oft noch viel mehr...

Mich hat auch die Darstellung, dass im Rathaus fast jeden Abend ein Empfang stattfindet, etwas gestört. Ich denke, dass dies ein falsches Bild von der politischen und Verwaltungsarbeit vermittelt; vielleicht bin ich da aber auch etwas empfindlich.

Liebe Grüße

Wossibär

 
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Hallo Wossibär

und vielen Dank für die Kritik. Meine Tochter (6) fuhr voll auf diese beiden Mäuse ab. Da musste eine Zeitlang fast jeden Abend ein Geschichtchen her. Und die gelungenen Geschichten musste ich oft wiederholen und mit Geräuschen beleben, da hat sie sich schief gelacht...

Du fragst, was ich mit der Geschichte vermitteln will. Ich denke, ein bißchen könnte rüberkommen, dass Arme und Reiche manchmal unmittelbar nebeneinander leben, ohne von einander zu wissen und dass man als Reicher mit den Armen teilen kann (Fred lädt Angela ein) und dass es einen goldenen Mittelweg zwischen dünn und fett gibt (siehe Ende der Geschichte). Gemäß den Vorgaben zu dieser Rubrik wollte ich nicht den erzieherischen Holzhammer auspacken...

Sicherlich entspricht der "fast tägliche" Empfang im Rathaus nicht der Realität, aber dass Mäuse sprechen können ja auch nicht. Ansonsten finde ich, steckt so manch interessanter Anstoß in deiner Kritik. Demnächst werde ich die Geschichte etwas umbauen und zwar dergestalt,
- dass Angela auf überzeugende Weise an die Oblaten herankommt,
- dass nicht täglich, aber oft Empfänge im Rathaus stattfinden, wobei Fred für die Tage danach reichlich "bunkert".
- dass Angela auf überzeugende Weise aus der Kirche vertrieben wird.

Nochmals vielen Dank für die Kritik und die wirklich guten Anregungen.

Und viele Grüße
Henning
-

 

Hallo Henning udn herzlich willkommen! :)

Also: mir hat Deine kleine Mausgeschichte sehr gut gefallen: ;) Die Aussage mit arm und reich und dick und dünn habe ich schon herausgelesen und finde sie unaufdringlich gelungen. Ich wollte das selbe anmerken wie Wossibär - dass die arme Maus eigentlich eingemauert sein sollte und dass Oblaten normal eben nicht "abfallen". Ich bin auf eine Überarbeitung sehr gespannt. :)
Ansosnten kindgerecht und kurzweilig geschrieben, gerne gelesen.

liebe Grüße
Anne

 

Moin nicita!
Hat mir, bis auf die Stellen, die Maus und Wossibär schon ansprachen, gut gefallen! Leicht und locker geschrieben. Ein bisschen Unterhaltung, ein bisschen dick&dünn/reich&arm. Nette Mischung, verständliche Sprache, süße Idee.
Gern gelesen und ich warte auch auf die Überarbeitung ;)

Noch ein paar Bemerkungen:

Erst am nächsten Tag war die Kirche wieder voll mit Menschen. Und dann fiel wieder so eine aus Mehl und Wasser gemachte Oblate für Angela ab.
Zweimal "wieder". Vielleicht fällt dir da eine geschicktere Formulierung ein.

Und dann gab's auch nur diese flachen Oblaten und dann tranken die Menschen nur einen winzigen Schluck aus einem gemeinsamen Krug.
Zweimal "und dann", finde ich persönlich nicht so schön.

?Hier gibt's wohl viel zu essen?
....
Wart's nur ab. ... und da gibt's sicher wieder reichlich Häppchen.?
Du hast nicht das Apostroph benutzt. Das ist (zumindest bei mir ;)) zwischen Enter und "ä", zusammen mit # auf einer Taste ;)

Ich habe fast immer Hunger?, sagte Angela

?Häppchen??, fragte Angela.

Der Laib Christi besteht aus so kleinen flachen weißen Scheibchen?, sagte Angela.
Das Komma vor "sagte", "fragte" ect. hast du mehrmals vergessen. In dem Fall steht am Ende der wörtlichen Rede auch kein Punkt (Fragezeichen oder Ausrufezeichen natürlich schon).

?Nein, sonst nichts," sagte Angela.
Da hast du einen Dreher drin ;)

Angela nahm Freds Angebot an.
Argh, kein Apostroph beim Genitiv-s im Deutschen!!! Einfach Freds, Angelas, Sabines.
Ich reagier da leicht allergisch ;)

 

Argh...das mit dem Apostroph beim Genitiv sieht wirklich übel aus...bzw. sah übel aus, jetzt ist er Vergangenheit.

Vielen Dank allseits für die Anmerkungen. Ich habe die angeratenen Änderungen umgesetzt und nun außerdem dafür gesorgt, dass die beiden Mäude nicht mehr ihr Essen "klauen". Man muss ja soo aufpassen, was man den Kindern so alles versehentlich vermitteln kann.

Herzliche Grüße
Henning

 

:thumbsup: So ist es viel besser. Die Geschichte ist durch deine Überarbeitungen auch lebendiger geworden.

Liebe Grüße

Wossibär

 

Jaaaa, viel besser ! :)

Nur noch eine Sache:

?Nein, sonst nichts," sagte Angela.
Erst die Anführungszeichen und dann das Komma. Also genau anders herum, hast du ein paar Mal so gemacht ;)

 

Herzlichen Dank Euch allen,
die verdrehten " und , sind jetzt auch raus. Da hatte ich wohl in der Schulzeit vor ~30 Jahren irgendwas verpasst...
Viele Grüße
Henning

 

Hallo Henning,
nette Geschichte, die Perspektive der Kirchenmaus, die glaubt, die Menschen würden nur den Laib Christi essen, ist wirklich sehr witzig! Auch die Schlußfolgerung, dass das eigene Erleben die Perspektive einschränkt und Unwissenheit falsche Schlüsse zuläßt! Sehr nett.
Das, was mir aufgefallen ist, ist die Bezeichnung "Mörtel", den kann die Maus ja nicht wissen. Bei dem Wort Oblate ist ja die Perspektive eines Erwachsenen (Pfarrer) im Spiel, aber beim Mörtel wird nur die Perspektive der Maus eingenommen. Ich finde, eine Umschreibung der Masse und was diese macht (mit der Zeit hart werden) würde besser passen und die Erlebniswelt der Maus stärker hervorheben. Ich weiß aus eigener Erfahrung - es ist manchmal sehr schwierig, die Erwachsenenwelt von der sprechenden Tierwelt mit der passenden Perspektive zu unterscheiden. Viel Spaß beim weiteren Schreiben.
Pierra

 

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