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Andy

Seniors
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02.01.2011
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Andy

Vorübergehend wegen Einsendung nicht verfügbar.

 

Später im Gericht sah ich ihn das erste Mal aus nächster Nähe.

Moin Zigga,

das hier wäre mein erster Satz. Da steckt irgendwie alles drin, das impliziert schon eine Verbindung, eine Relation zwischen den einzelnen Akteueren. Da steckt ja auch die Vorgeschichte schon irgendwie drin.

Sie sah verdammt verloren aus.
Das würde ich streichen. Das sollte der Leser sich selbst erschließen, oder? Tut er ja.
Susann und Marco wohnten gleich die Straße runter
Sehr viele Namen auf kurzer Distanz. Sind die Namen hier so wichtig? Es verwirrte mich etwas. Vielleicht bin aber auch nur ich das.
Ein Hilfeschrei?
Würde ich streichen. Der Satz da vor ist viel stärker, weil da eine vage Ahnung drinne hängt.
Lass mich, ey!
Auch ein Streichkandidat.
Du bist mein einziger Freund, sagt er. Der einzige, der mir geblieben ist.
Der Vater ist auch Freund. Ich weiß nicht, ist sehr eng, auch, wie er das verbalisiert. Vielleicht einfach: Du bist der einzige, der mir geblieben ist. Das wirkt sonst schnell so wie aus dem Familienpsychologiebilderbuch (nicht, dass es das hier täte, aber es KÖNNTE!)
Der eine hat eine Schwester hier auf Station gepackt und vergewaltigt. Sie hat sich umgebracht.
Würde ich vielleicht gar nicht so explizit erwähnen. Das davor, dass er sagt, hier sind nur Vergewaltiger, das ist so eine latente Bedrohung, da finde ich musst du es nicht so ausbuchstabieren. Das wirkt so auch, denke ich, viel krasser.
Andy sagt, alles sei wie hinter einer dicken Glaswand.
Ich weiß, das ist, wie es im Gerichtssaal wahrscheinlich tatsächlich bezeichnet werden würde. Ich fände es aber besser, hier im Sprech und Flow der Figuren zu bleiben. Es wird auch so klar, was mit ihm geschehen ist.
Die Stimmen seien mal nett, mal fies. Manchmal sogar zynisch und witzig. Es hätte nicht nur seine schlechten Seiten. Nicht allein zu sein. Er halte es nicht aus, allein zu sein.
Ich würde das gar nicht beschreiben. Alles wirke wie hinter einer dicken Glaswand, und das hat nicht nur schlechte Seiten. Er hält es nicht aus, alleine zu sein. Da fragt sich, bei dieser Assoziation, der Leser sofort, Moment?, was geht da ab? Du beantwortest das mit den Stimmen schon sehr explizit, und ich glaube, es wäre besser, wenn du es flexibler machst, so dass der Leser sich das selbst erarbeitet.
Pit hätte ihn festgehalten, und Husky hätte einen Dildo in seinen After eingeführt.
Vielleicht anstatt Dildo: etwas? Hätten ihm etwas in seinen After eingeführt. Dildo klingt so technisch und konkret, weißt du, was ich meine?
Was taten Sie, als Sie merkten, dass ein Kind dort schläft?
Super. Eigentlich hast du uns die ganze Zeit einen red herring hingeworfen, um dann am Ende den Hammer rauszuholen. Das ist krass gut gemacht. Man weiß nicht genau, was passiert ist, aber eigentlich möchte man das auch nicht so genau, man spürt die unguten Vibes allerings sehr gut. Die Hakenkreuzfahne würde ich eventuell noch rausnehmen, weil ich das schon auch bißchen Klischee finde. Nimmt dem Text nichts an Wucht, wenn die da nicht drin ist.

Ja, super. Hat mir sehr gefallen. Komprimiert, krass, guter Fluss. Hat mich manchmal an David Peace erinnert, der so in Bruchstücken und Versätzen auch große Zeitsprünge erzählt, alles wie unter einem riesigen Brennglas, Gottes Petrischale.

Gruss, Jimmy

 

Krass, jetzt hat @jimmysalaryman meinen Kommentar vorweggenommen. Merkwürdige Sache, wenn man mitkriegt, dass man so ähnlich denkt wie eine ganz andere Person.
Damit ich nicht so ganz unnütz hier rumhänge, unterstreiche ich noch mal, was ich auch beim Lesen gedacht habe.
Der bisherige Beginn hat, fand ich, so einen merkwürdigen berichtartigen Beigeschmack. Wenn du dagegen mit dem Satz anfängst, den jimmy dir genannt hat, bist du mit voller Wucht in der Konstellation drin. Man weiß, da ist was schlimm geendet, man weiß nur nicht, was es ist.

Andy hatte zwei Kumpels, mit denen er meistens rumhing. Einer von ihnen war ein Mann Ende zwanzig, der sie mit Zigaretten, Bier und Marihuana versorgte. Andy kam mit Brandwunden am Hals nach Hause und behauptete, sich beim Skateboardfahren verletzt zu haben. Ich sagte Andy immer wieder, dass ich diese Jungs nicht mochte. Aber er hielt an ihnen fest, egal, wie schlecht sie ihn behandelten.
Der ältere Mann hieß Husky.
Das andere (also all die Infos, die davor stehen) würde ich nicht unbedingt streichen, nur irgendwie anders und stimmiger einarbeiten.

Andy ruft auf meinem Arbeitshandy an und weint.
Du bist mein einziger Freund, sagt er. Der einzige, der mir geblieben ist.
Du wirst immer mein Sohn sein.
Auch mich hat das irritiert und aus dem Text geworfen. Ich hab mich gefragt, ob Andy so über seinen Vater reden würde: einziger Freund. Der einzige, der ihm bleibt oder versteht, ja, aber Freund, hmm, weiß nicht, hat mich wie gesagt, irritiert.

Pit war vierzehn wie Andy. Er ist der Sohn einer Freundin meiner Frau. Als Pit geboren wurde, haben wir ihn im Kindbett besucht. Susann und Marco wohnten gleich die Straße runter. Susann sagte, wir sollen nicht erschrecken. Hasenscharten könne man nähen.
Auch mir waren das hier zu viele Namen auf einen Schlag, ich hab einen Moment gebraucht, mitzuḱriegen, dass Susan und Marco die Eltern von Pit sein müssen. Mir hätte es auch genügt, wenn sie namenlos geblieben wären, das würde die Verbindung in meinen Augen klarer machen.
Ich hab übrigens bei diesem Abschnitt sowieso einen Moment gebraucht, bis ich wieder raffte, dass es ja um drei Personen ging, der Pit also der dritte sein muss. Kannst ja mal schauen, ob das noch jemandem so ging. Sonst lags dann halt an meiner Unaufmerksamkeit.

Das Ende? Puhh. Klar, man hat mit etwas Bösem gerechnet, aber das? Sehr sehr gut gemacht und darauf hingearbeitet. Was ich auch noch unbedingt erwähnen wollte, es gibt Stellen, in denen dein Schreiben fast zerfasert wirkt. Das meine ich jetzt gar nicht kritisierend, sondern anerkennend, so was hier:

Ich habe Andy in seinem Zimmer weinen sehen. Vielleicht ließ er absichtlich die Tür ein Stück offen.
Ein Hilfeschrei?
Wir wissen, dass er in seinem Zimmer raucht.
Uns gefiel das nicht.
Aber wir nahmen es auch nicht so streng.
Wir rauchen alle.
Was ist?
Ach, nichts.
Wieso weinst du?
Ich wein doch gar nicht.
Stimmt was nicht?
Lass mich, ey!
Das zeichnet in meinen Augen sehr gut die Verwirrung des Erzählers nach, seine Auseinandersetzung mit dem Geschehenen. Gut, dass hier die Anführungszeichen fehlen, auch das zeichnet die Erzählhaltung nach, gibt einen sehr unmittelbaren Eindruck von den Gesprächen zwischen Vater und Sohn. Von der Hilflosigkeit, vielleicht sogar manchmal Bequemlichkeit, aber eben auch einer sehr nachvollziehbaren Haltung zu seinem Sohn.

Also gefiel mir alles sehr gut, was du geschrieben hast. Ich würde trotzdem noch mal auf die Satzanfänge schauen, du magst es ja sehr, wenn viele Sätze gleich gebaut sind, also Subjekt, Prädikat ...
Das fiel mir gerade am Anfang sehr auf. Im ersten Abschnitt. Danach verlor sich das.

So viel mal fürs erste.
Machs gut und bis die Tage
Novak

 

Servus @jimmysalaryman,

vielen Dank für die schnelle Reaktion! :D

Später im Gericht sah ich ihn das erste Mal aus nächster Nähe.

Moin Zigga,

das hier wäre mein erster Satz. Da steckt irgendwie alles drin, das impliziert schon eine Verbindung, eine Relation zwischen den einzelnen Akteueren. Da steckt ja auch die Vorgeschichte schon irgendwie drin.

Ist ein sehr geiler Punkt! Der Anfang ist gerade noch ein wenig mein Darling. Ich hab es schon mal testweise gekickt, und bis auf Huskys Alter (dass er gravierend älter ist) würde tatsächlich nichts fehlen. Aber ich warte noch mal ab, was andere sagen. Vielleicht braucht man den "klaren" Einstieg, um reinzukommen, um die Konstellation einmal ganz konkret benannt bekommen zu haben, ich bin mir unsicher. Dein Vorschlag liest sich allerdings sehr geschmeidig, ich schlafe mal drüber.

Sie sah verdammt verloren aus.
Das würde ich streichen. Das sollte der Leser sich selbst erschließen, oder? Tut er ja.
gekauft

Susann und Marco wohnten gleich die Straße runter
Sehr viele Namen auf kurzer Distanz. Sind die Namen hier so wichtig? Es verwirrte mich etwas. Vielleicht bin aber auch nur ich das.
Ja, stimmt. Ich denke mal drüber nach, ob die beiden Namen zu konkret sind. Merci für den Hinweis.

Ein Hilfeschrei?
Würde ich streichen. Der Satz da vor ist viel stärker, weil da eine vage Ahnung drinne hängt.
gekickt, du hast Recht

Lass mich, ey!
Auch ein Streichkandidat.
ebenso

Du bist mein einziger Freund, sagt er. Der einzige, der mir geblieben ist.
Der Vater ist auch Freund. Ich weiß nicht, ist sehr eng, auch, wie er das verbalisiert. Vielleicht einfach: Du bist der einzige, der mir geblieben ist. Das wirkt sonst schnell so wie aus dem Familienpsychologiebilderbuch (nicht, dass es das hier täte, aber es KÖNNTE!)
ebenso gekauft. Guter Punkt

Der eine hat eine Schwester hier auf Station gepackt und vergewaltigt. Sie hat sich umgebracht.
Würde ich vielleicht gar nicht so explizit erwähnen. Das davor, dass er sagt, hier sind nur Vergewaltiger, das ist so eine latente Bedrohung, da finde ich musst du es nicht so ausbuchstabieren. Das wirkt so auch, denke ich, viel krasser.
Ja, hab ich auch übernommen. So ein wenig den Text streichen und von überflüssigem Ballast befreien tut ihm glaube ich sehr gut

Andy sagt, alles sei wie hinter einer dicken Glaswand.
Ich weiß, das ist, wie es im Gerichtssaal wahrscheinlich tatsächlich bezeichnet werden würde. Ich fände es aber besser, hier im Sprech und Flow der Figuren zu bleiben. Es wird auch so klar, was mit ihm geschehen ist.
Ja, hier ist es offen, wo es gesagt wird - es könnte auch privat oder am Telefon dem Vater gesagt sein. Aber ist natürlich sehr stark offen.

Die Stimmen seien mal nett, mal fies. Manchmal sogar zynisch und witzig. Es hätte nicht nur seine schlechten Seiten. Nicht allein zu sein. Er halte es nicht aus, allein zu sein.
Ich würde das gar nicht beschreiben. Alles wirke wie hinter einer dicken Glaswand, und das hat nicht nur schlechte Seiten. Er hält es nicht aus, alleine zu sein. Da fragt sich, bei dieser Assoziation, der Leser sofort, Moment?, was geht da ab? Du beantwortest das mit den Stimmen schon sehr explizit, und ich glaube, es wäre besser, wenn du es flexibler machst, so dass der Leser sich das selbst erarbeitet.
Ist übernommen. Die Kürzungen tun dem Text echt gut. Ich bin nur etwas besorgt, dass man diese Stelle, an der es um die Schizophrenie geht, jetzt nicht mehr eindeutig rauslesen kann im Text bzw. das jetzt etwas verwurstelt rüberkommt. Ich lass es aber mal so stehen. Evtl. fixe ich daran noch ein wenig etwas. Aber dieses ganz Eindeutige rausgenommen zu haben ist denke ich sehr gut

Pit hätte ihn festgehalten, und Husky hätte einen Dildo in seinen After eingeführt.
Vielleicht anstatt Dildo: etwas? Hätten ihm etwas in seinen After eingeführt. Dildo klingt so technisch und konkret, weißt du, was ich meine?
auch gekauft

Was taten Sie, als Sie merkten, dass ein Kind dort schläft?
Super. Eigentlich hast du uns die ganze Zeit einen red herring hingeworfen, um dann am Ende den Hammer rauszuholen. Das ist krass gut gemacht. Man weiß nicht genau, was passiert ist, aber eigentlich möchte man das auch nicht so genau, man spürt die unguten Vibes allerings sehr gut. Die Hakenkreuzfahne würde ich eventuell noch rausnehmen, weil ich das schon auch bißchen Klischee finde. Nimmt dem Text nichts an Wucht, wenn die da nicht drin ist.
Danke! War gespannt, wie das ankommt, ob das nicht auch zu stark nach Effekt stinkt.
Hakenkreuzfahne: Guter Punkt. Ich kann mich gerade noch nicht davon trennen :D Aber lass mich mal drüber schlafen. Es ist schon ein wenig abgedroschen vielleicht, ja. Ich schlafe mal drüber.

Ja, super. Hat mir sehr gefallen. Komprimiert, krass, guter Fluss. Hat mich manchmal an David Peace erinnert, der so in Bruchstücken und Versätzen auch große Zeitsprünge erzählt, alles wie unter einem riesigen Brennglas, Gottes Petrischale.
Danke und geil, dass es dir gefällt! Freut mich natürlich sehr. David Peace checke ich gleich mal aus. Danke nochmal für die schnelle Reaktion, hat dem Text denke ich wirklich sehr gut getan!

Guten Morgen, @Novak!

Schön, dich wieder mal zu lesen! Und danke natürlich fürs Lesen und Kommentieren, auch so schnell. Ich bin ja kaum aus den Federn! :D

Krass, jetzt hat @jimmysalaryman meinen Kommentar vorweggenommen. Merkwürdige Sache, wenn man mitkriegt, dass man so ähnlich denkt wie eine ganz andere Person.
Damit ich nicht so ganz unnütz hier rumhänge, unterstreiche ich noch mal, was ich auch beim Lesen gedacht habe.
Super! Ich hab das Teil schon mal gekürzt aktualisiert, allerdings den "alten" Anfang noch drin. Ich werd den aber vielleicht wirklich umhauen, ihr habt da Recht.

Der bisherige Beginn hat, fand ich, so einen merkwürdigen berichtartigen Beigeschmack. Wenn du dagegen mit dem Satz anfängst, den jimmy dir genannt hat, bist du mit voller Wucht in der Konstellation drin. Man weiß, da ist was schlimm geendet, man weiß nur nicht, was es ist.
Ja, das mache ich

Andy hatte zwei Kumpels, mit denen er meistens rumhing. Einer von ihnen war ein Mann Ende zwanzig, der sie mit Zigaretten, Bier und Marihuana versorgte. Andy kam mit Brandwunden am Hals nach Hause und behauptete, sich beim Skateboardfahren verletzt zu haben. Ich sagte Andy immer wieder, dass ich diese Jungs nicht mochte. Aber er hielt an ihnen fest, egal, wie schlecht sie ihn behandelten.
Der ältere Mann hieß Husky.
Das andere (also all die Infos, die davor stehen) würde ich nicht unbedingt streichen, nur irgendwie anders und stimmiger einarbeiten.
Das ist eine Aufgabe! :D Ich setze mich mal dran. Bis darauf, dass Husky Ende zwanzig ist, weiß ich nicht, ob man die Infos tatsächlich so konkret braucht. Es ist auch ein wenig schwierig, du kennst das bestimmt, wenn man einen Text in einem gewissen Flow geschrieben und abgeschlossen hat, und dann eine gewisse Anzahl an Infos noch mal irgendwo im Text auftauchen lassen will. Das wirkt oft wie ein Fremdkörper. Aber ich versuche es auf jeden Fall. Jimmys Anfang finde ich auch geiler, man ist direkt drin.

Andy ruft auf meinem Arbeitshandy an und weint.
Du bist mein einziger Freund, sagt er. Der einzige, der mir geblieben ist.
Du wirst immer mein Sohn sein.
Auch mich hat das irritiert und aus dem Text geworfen. Ich hab mich gefragt, ob Andy so über seinen Vater reden würde: einziger Freund. Der einzige, der ihm bleibt oder versteht, ja, aber Freund, hmm, weiß nicht, hat mich wie gesagt, irritiert.
Ist geändert!

Pit war vierzehn wie Andy. Er ist der Sohn einer Freundin meiner Frau. Als Pit geboren wurde, haben wir ihn im Kindbett besucht. Susann und Marco wohnten gleich die Straße runter. Susann sagte, wir sollen nicht erschrecken. Hasenscharten könne man nähen.
Auch mir waren das hier zu viele Namen auf einen Schlag, ich hab einen Moment gebraucht, mitzuḱriegen, dass Susan und Marco die Eltern von Pit sein müssen. Mir hätte es auch genügt, wenn sie namenlos geblieben wären, das würde die Verbindung in meinen Augen klarer machen.
Ich hab übrigens bei diesem Abschnitt sowieso einen Moment gebraucht, bis ich wieder raffte, dass es ja um drei Personen ging, der Pit also der dritte sein muss. Kannst ja mal schauen, ob das noch jemandem so ging. Sonst lags dann halt an meiner Unaufmerksamkeit.
Ja, Shit, ich arbeite noch mal drüber. Stimmt schon, dass sind eine Menge Namen. Ich werde mal schauen, wie ich das reduzieren kann.

Das Ende? Puhh. Klar, man hat mit etwas Bösem gerechnet, aber das? Sehr sehr gut gemacht und darauf hingearbeitet.
Danke dir! Das freut mich

Was ich auch noch unbedingt erwähnen wollte, es gibt Stellen, in denen dein Schreiben fast zerfasert wirkt. Das meine ich jetzt gar nicht kritisierend, sondern anerkennend, so was hier:

Ich habe Andy in seinem Zimmer weinen sehen. Vielleicht ließ er absichtlich die Tür ein Stück offen.
Ein Hilfeschrei?
Wir wissen, dass er in seinem Zimmer raucht.
Uns gefiel das nicht.
Aber wir nahmen es auch nicht so streng.
Wir rauchen alle.
Was ist?
Ach, nichts.
Wieso weinst du?
Ich wein doch gar nicht.
Stimmt was nicht?
Lass mich, ey!

Erweitern ...
Das zeichnet in meinen Augen sehr gut die Verwirrung des Erzählers nach, seine Auseinandersetzung mit dem Geschehenen. Gut, dass hier die Anführungszeichen fehlen, auch das zeichnet die Erzählhaltung nach, gibt einen sehr unmittelbaren Eindruck von den Gesprächen zwischen Vater und Sohn. Von der Hilflosigkeit, vielleicht sogar manchmal Bequemlichkeit, aber eben auch einer sehr nachvollziehbaren Haltung zu seinem Sohn.
Sehr interessant! Das hatte ich gar nicht auf dem Schirm, die Zerfasertheit bzw. Verwirrtheit. Aber ja, das ist absolut legitim, das so zu lesen, wahrscheinlich war das auch meine Intention beim Schreiben, ohne dass ich das so konkret benennen konnte

Ich würde trotzdem noch mal auf die Satzanfänge schauen, du magst es ja sehr, wenn viele Sätze gleich gebaut sind, also Subjekt, Prädikat ...
Das fiel mir gerade am Anfang sehr auf. Im ersten Abschnitt. Danach verlor sich das.
Ja, danke für dir Rückmeldung! Ihr haut mir da regelmäßig auf die Finger, aber es ist auch gut und wichtig. Den Anfang werde ich noch mal überarbeiten bzw. streichen, ich bin dran

Danke dir, Novak!


Viele Grüße
zigga

 

Jo @zigga ,

stahlharter Text. Hat mir sehr gut gefallen, wie du das gemacht hast. Ich hab immer ein bisschen Mishima Yukio im Ohr bei vielen deiner Texte, weißt du ja. Aber steter Tropfen beweist auf lange Zeit gut, dass sich Dinge wiederholen. Besonders, wenn der Hinweis dröge wird. Bei mir kommt das emotional an. Auch wenn ichs wissen müsste, meine ich, solche Leute wie Andy zu kennen (hoffentlich nur aus Fiktion) – aber dieser Typus, des Spätreifen, der den Draht zu weit jüngeren, minderjährigen auf Basis der Überlegenheit in Erfahrung ausnutzt – dieses Muster kennt man. Stark, wie du hier alles zusammenführst. Viel Kritik hab ich nicht, dafür dieses Lob. Gerne mehr davon.

dass ich diese Jungs nicht mochte

vielleicht ein anderes Wort, eine andere Beschreibung, weil es auf Andy nicht passt.

Du stellst ziemlich viele Figuren zu Anfang vor, sodass die Orientierung schwer fällt. Weil ich dem Text bzw. Autor aber vertraue, gehe ich weiter. Das ist fragmentarisch geschrieben und ich weiß bei so einem Text, dass er gut gemacht ist und nicht der Text unverständlich, sondern geschickt gedrechselt ist. Wenn ich ihn nicht verstehen kann, muss ich nochmal lesen oder einfach mal bisschen aufmerksamer. Es liegt nicht am Text.
Hier ist aber etwas, dass mir das schwer macht. Bei Jungs gleich am Anfang denke ich an Kids und ich komme dann ziemlich durcheinander mit Andy und Pit

Einer von ihnen war ein Mann Ende zwanzig, der sie mit Zigaretten, Bier und Marihuana versorgte.

Du gehst dann direkt zu Andys Brandwunden über. Das macht keinen Sinn. Du wolltest sicher vermeiden, zu früh auch Pit mit ins Spiel zu bringen, weil: Goldene Regel "nicht zu viele Figuren gleich zu Anfang".
Aber wenn du sagst einer von ihnen war ein Mann Ende zwanzig ... und dann nächster Satz: Andy kam mit Brandwunden.
Dann unterschlägst du, was du mit der Satzkonstruktion "Einer von ihnen ..." versprichst. Das jetzt auch der andere vorgestellt wird. Es wäre deshalb vielleicht wirklich schlau, dass wie Jimmy vorschlägt weiter unten beginnen zu lassen und die Infos nachzuverfüttern.

Pits Akte. Die Richterin zieht die Augenbrauen hoch.
Mit zwölf im Wald. Anwohner haben angerufen. Pit läuft durch Vorgärten, springt über Zäune. Er trägt in einer Plastiktüte zwei tote Katzen mit sich herum.
Sie seien erstickt.
Pit sagt, er hätte sie am Straßenrand gefunden.
Im Blut finden sie 0,8-Promille Alkohol.
Keine Drogen.
Er ist minderjährig.
Der Polizei sagt Pit, er hätte sich immer eine Katze gewünscht.

Saustark!

Sehr schöner Text, Zigga.
Lieben Gruß
Carlo

 

Hallo @Carlo Zwei!

Vielen Dank dir fürs schnelle Kommentieren! Hat mich sehr gefreut.

stahlharter Text. Hat mir sehr gut gefallen, wie du das gemacht hast.
Danke dir! Das freut mich natürlich

Ich hab immer ein bisschen Mishima Yukio im Ohr bei vielen deiner Texte, weißt du ja.
:D Ja, ich bin jetzt nicht DER Hardcorefan, muss ich an der Stelle mal sagen, der alles von ihm gelesen hat, ich finde ihn sehr gut, aber da hab ich noch größere Lieblingsautoren, Willy Vlautin, Larry Brown, aber wenn es dich an Mishima erinnert, gekauft, das ist ja eine große Referenz

Bei mir kommt das emotional an. Auch wenn ichs wissen müsste, meine ich, solche Leute wie Andy zu kennen (hoffentlich nur aus Fiktion) – aber dieser Typus, des Spätreifen, der den Draht zu weit jüngeren, minderjährigen auf Basis der Überlegenheit in Erfahrung ausnutzt – dieses Muster kennt man. Stark, wie du hier alles zusammenführst. Viel Kritik hab ich nicht, dafür dieses Lob. Gerne mehr davon.
Super, ich freue mich, danke!

dass ich diese Jungs nicht mochte

vielleicht ein anderes Wort, eine andere Beschreibung, weil es auf Andy nicht passt.
Hier ist aber etwas, dass mir das schwer macht. Bei Jungs gleich am Anfang denke ich an Kids und ich komme dann ziemlich durcheinander mit Andy und Pit
Ja, du denkst da eher an wirkliche Kinder im Grundschulalter, ich verstehe ... bei uns, kein Plan, ob das regional ist, sagt man lange zu Typen Jungs, bestimmt bis man 30 und selbst ein alter Knochen ist, haha

Du stellst ziemlich viele Figuren zu Anfang vor, sodass die Orientierung schwer fällt. Weil ich dem Text bzw. Autor aber vertraue, gehe ich weiter. Das ist fragmentarisch geschrieben und ich weiß bei so einem Text, dass er gut gemacht ist und nicht der Text unverständlich, sondern geschickt gedrechselt ist. Wenn ich ihn nicht verstehen kann, muss ich nochmal lesen oder einfach mal bisschen aufmerksamer. Es liegt nicht am Text.
Ja, vielleicht ein paar Figuren zu viel. Ich denke da mal nach, was ich tun kann. Susann, Marco und Jojo sind absolute Randfiguren und natürlich Streichkandidaten.

Einer von ihnen war ein Mann Ende zwanzig, der sie mit Zigaretten, Bier und Marihuana versorgte.

Du gehst dann direkt zu Andys Brandwunden über. Das macht keinen Sinn. Du wolltest sicher vermeiden, zu früh auch Pit mit ins Spiel zu bringen, weil: Goldene Regel "nicht zu viele Figuren gleich zu Anfang".
Aber wenn du sagst einer von ihnen war ein Mann Ende zwanzig ... und dann nächster Satz: Andy kam mit Brandwunden.
Dann unterschlägst du, was du mit der Satzkonstruktion "Einer von ihnen ..." versprichst. Das jetzt auch der andere vorgestellt wird. Es wäre deshalb vielleicht wirklich schlau, dass wie Jimmy vorschlägt weiter unten beginnen zu lassen und die Infos nachzuverfüttern.
Ja, du hast Recht. Wenn man den Text und die Konstellation zum ersten Mal so kennenlernt, kann das verwirrend kommen. Ich muss den Anfang glaube ich ändern.

Sehr schöner Text, Zigga.
Danke!


Schön, von dir gehört zu haben - alles Beste! :D

zigga

 

Lieber @zigga,

ich kann @jimmysalaryman da nur voll zustimmen, ich würde ebenfalls hiermit

Später im Gericht sah ich ihn das erste Mal aus nächster Nähe.

anfangen. Und dann weitermachen mit

Er hatte zwei unterschiedliche Augenfarben. Das eine war blau, das andere braun.

und dann dort zum ersten Mal erwähnen, dass alle ihn Husky nennen. Hier kannst du dann auch anknüpfen, dass der Typ deutlich älter ist als Andy, zu den Jungs gehörte, mit denen Andy abhing, sie mit Alk usw versorgte und dann das mit den Brandflecken erwähnen, bevor du dann damit

Er stand vor dem Verhandlungsraum mit einem Mädchen, das vielleicht vierzehn war.

weitermachst. Ich finde, dann wäre der Anfang viel unmittelbarer, nicht so erklärend, noch einen Tick echter. Aber du weißt ja, machste wie du willst, ne?!

Im Säuglingsbett sahen meine Frau und ich, dass Pit am linken Fuß nur vier Zehen hatte.
Meine Frau war total fertig wegen diesem Anblick.
Sie war hochschwanger.
Eine Woche später kam Andy zur Welt.
Starke Szene!!

Hier verstehe ich den Wechsel der Zeiten nicht:

Ich habe Andy in seinem Zimmer weinen sehen. Vielleicht ließ er absichtlich die Tür ein Stück offen.
Wir wissen, dass er in seinem Zimmer raucht.
Uns gefiel das nicht.
Aber wir nahmen es auch nicht so streng.
Wir rauchen alle.
Warum lässt du das nicht alles im Präsens? Mich irritiert das Präteritum hier irgendwie. Also:
Ich habe Andy in seinem Zimmer weinen sehen. Vielleicht lässt er absichtlich die Tür offen.
Wir wissen, dass er in seinem Zimmer raucht.
Uns gefällt das nicht.
Aber wir nehmen es auch nicht so streng.
Wir rauchen alle.

Wir befinden uns ja hier in seiner Gedankenwelt, die hier durchaus im Präsens sein kann, finde ich. Wie so eine Art Flashback, eine Art Rechtfertigungsversuch und gleichzeitig ja die mitschwingende Frage nach der eigenen Schuld, nach "hätten wir nicht vielleicht doch strenger/aufmerksamer sein sollen?".

Hier würde ich ein bisschen umstellen:

Andy ruft auf meinem Arbeitshandy an und weint.
Du bist der einzige, der mir geblieben ist.
Du wirst immer mein Sohn sein. Ich werde immer für dich da sein. Wir holen dich da raus.
Hier sind nur Asoziale, Papa. Vergewaltiger.
Der Dialog, wenn er auch nur kurz ist, klingt in meinen Ohren und für den sehr klaren und direkten Stil deiner Story irgendwie zu pathetisch. Daher würde ich das so aufbauen:
Andy ruft auf meinem Arbeitshandy [by the way: Ist das wichtig? ARBEITShandy? Warum nicht nur Handy?] an und weint.
Schon gut. Ich bin da. Wir holen dich da raus.
Hier sind nur Asoziale, Papa. Vergewaltiger.

Macht das Ganze noch kürzer, sagt aber alles, was es sagen muss.

Das hier

Husky hätte in seiner Wohnung Vogelspinnen und ein Gecko in einem Paludarium.
Eine große Hakenkreuzfahne in der Küche.
Der Staatsanwalt bestätigt es.
würde ich komplett streichen. Die Story kommt so gut ohne Klischees aus, da hab ich an dieser Stelle tatsächlich die Stirn gerunzelt :D

Es war Nacht.
Wussten Sie, dass ein Kind dort schläft?
Nein.
Was taten Sie, als Sie merkten, dass ein Kind dort schläft?
Sehr gut! Das haut noch mal richtig schön rein. Will ich wissen, was die gemacht haben? Nein. Denn irgendwie reicht schon die Ahnung. Echt gut gemacht, Zigga.

Ich schreibe gerade an zwei Geschichten und in einer geht es um sexuelle Belästigung. Du gehst ja einen Schritt weiter, denn Andy wurde ja ganz klar sexuell missbraucht. Und ich habe gemerkt, dass ich einen ähnlichen Ansatz wie du habe, während ich an der Story schreibe - nüchtern erzählen, raushauen, auch ein bisschen fragmentarisch schreiben, einfach weil sowas finde ich viel deutlicher wird in seiner Wucht, wenn es nicht unbedingt stringent und nach den Mustern der klassischen Kurzgeschichte erzählt wird.
Du erzählst auch nicht aus, was das mit ihm macht, sondern deutest es nur an, durch die kurzen Dialoge mit dem Dad, durch die Info über die Unterbringung in der Psychiatrie und natürlich auch durch das Finale, wo alles zuvor Geschehene sich entlädt.
Für mich ist das gut so, das muss weh tun, das muss sitzen, keine großen Erklärungen, nein, denn wenn einem so etwas passiert ist, weiß man ja selbst nicht wirklich, was eigentlich gerade los ist. Andy ist traumatisiert und da fehlt es oft an Worten, an der Fähigkeit, überhaupt ausdrücken zu können, wie es einem geht. Und ich finde, diese Sprachlosigkeit transportiert dein Text.

So viel mal von mir.
Liebe Grüße
RinaWu

 

Hallo @zigga =)

Starker Text! Sicherlich empfehlungswürdig. Vor allem der Schlusssatz, der das Grauen aus dem Unkonkreten erahnen lässt. Die unmögliche Bewältigung dieser Mische aus moralischer und juristischer Schuld, psychologischem Druck, Angst, Scham und Verantwortungsgefühlen. Hier ist alles zerstört und die Geschichte ist der Blick über ein menschliches Ruinenfeld. Die Sprache, reduziert auf Wahrnehmungsstücke. Aber irgendwo ist ja Andy auch ein Opfer, und dann ist da noch ein Vater, der helfen will und der weiß, dass sein Sohn Hilfe braucht, aber wie, weiß und wusste er nicht, ein Vater, der vor seiner eigenen Handlungslosigkeit kapituliert.

Sie hatten was von Burger King dabei und aßen es halb auf dem Boden sitzend, im Gang des Gerichts. Husky trug einen schwarzen Ledermantel.
Vor Gericht sagte Husky, dass er in Andy einen Freund gesehen hätte. Dass er Andy zugehört hätte. Andy hätte verdammten Liebeskummer gehabt. Ein Mädchen namens Jojo, aus seinem Jahrgang. Das hätte seine mentale Verfassung noch mehr destabilisiert.
Dein Text entzieht sich der engen Bindung, die das Verhältnis zwischen Ich-Erzähler und Sohn suggeriert. Sehr raffiniert gemacht.
Die Wiedergabe von Huskys Aussage klingt wie eine große, vorbereitete Aussage. Husky und Pit verfolgen eine Strategie, dem "Opfertäter" Andy soll mit maximaler Schuld belastet werden. Besonders der letzte Satz, er wirkt vorbereitet für eine Befragung vor Gericht.
Das "halb" könntest du streichen.
Im Säuglingsbett sahen meine Frau und ich, dass Pit am linken Fuß nur vier Zehen hatte.
Meine Frau war total fertig wegen diesem Anblick.
Sie war hochschwanger.
Hier bin ich mir unsicher, total fertig klingt sehr nach Augenblicksbeschreibung, aber hier erzählt der Vater eine sortierte Erinnerung. Vielleicht völlig fertig? Total, das klingt für mich immer etwas jugendlicher, 1990er, 2000er...
Als Pit geboren wurde, haben wir ihn im Kindbett besucht. Susann und Marco wohnten gleich die Straße runter. Susann sagte, wir sollen nicht erschrecken. Hasenscharten könne man nähen.
Im Säuglingsbett sahen meine Frau und ich, dass Pit am linken Fuß nur vier Zehen hatte.
Kurz Satz zurück: Kindbett (vlt eher "am" Kindbett) im ersten Satz, Säuglingsbett im fünften.
Ich habe Andy in seinem Zimmer weinen sehen. Vielleicht ließ er absichtlich die Tür ein Stück offen.
Für mich liegt die Stärke deines Textes nicht im letzten Satz oder in der unterschwelligen Ahnung, dass etwas sehr grauenvolles geschehen ist. Das ist ein Text über die Machtlosigkeit eines Vaters. Der Text beschreibt Schuld, ohne sie zu benennen. Helfen will der Vater, Unterstützen, aber ihm fehlen die Mittel und die Sprache, den Absturz Andys - und eines weiteren Menschen - zu verhindern. Besonders deutlich wird das, finde ich, im Gerichtsprozess. Als Beobachter des eigenen Sohnes kann der Vater nichts tun, gar nichts, der Sohn ist der juristischen Bewertung ausgeliefert. Ein größeres Scheitern kann es für einen Vater nicht geben.
Wir wissen, dass er in seinem Zimmer raucht.
Uns gefiel das nicht.
Aber wir nahmen es auch nicht so streng.
Wir rauchen alle.

Was ist?
Ach, nichts.
Wieso weinst du?
Ich wein doch gar nicht.
Stimmt was nicht?
Das könntest du streichen. Hier wird ja begründet, warum Andy im Zimmer Rauchen darf. Ein lockerer Erziehungsstil erlaubt das eben. Ich - klar, subjektiv - fände es stärker, wenn dieses Nichtdurchdringen, diese Sprachlosigkeit, diese Unmöglichkeit, auf Andy Einfluss zu nehmen, betont wird.

Das Wir. Klar, da ist ja noch die Ehefrau. Aber dein Text ist sehr kurz, vielleicht klingt es konsequenter, beim "Ich" zu bleiben.

Pit hat die vorderen Schneidezähne verloren. Die Implantate kriegt er in zwei Wochen. Vor Gericht stottert er. Seine Hände am Stuhl.
Da bin ich mir unsicher, ob es dieses Detail braucht. Im Vorsatz beschreibst du, wie Pit mit 0,8 Promille und zwei toten Katzen durch Vorgärten stapft. Hier ein weiteres Bild, dass das erstere nur verstärken soll, Pit als jemand von jenem Ganz Unten, nicht nur Gesetze nicht gelten, sondern auch der Respekt vor der menschlichen Unversehrtheit.
Woher weiß der Vater, dass Pit die Implantate in zwei Wochen bekommt?
Husky hätte in seiner Wohnung Vogelspinnen und ein Gecko in einem Paludarium.
Eine große Reichskriegsflagge in der Küche.
Der Staatsanwalt bestätigt es.
Das ist eine politische Komponente in einem unpolitischen Text. Dein Text ist ja frappierend psychologisch, es geht um die Zerstörung von menschlichem Leben und Zukunft, da passt meiner Ansicht nach eine politische Stoßrichtung einfach nicht.

Toll geschrieben =)

Das war's!

Lg aus Markkleeberg bei Leipzig,
kiroly

 

Moin @zigga,

starker Text, habe ich zweimal gelesen. Beim ersten Mal hat es mich so gepackt, dass ich meine Lektorbrille nicht gefunden habe. Finde ich ein gutes Zeichen. Mir hat vor allem die Erzählstimme gefallen. Das passt so gut zu diesem harten Thema, ist sprachlich in meinen Augen richtig gut gemacht. Hatte auch den Eindruck, dass der Text sehr sauber durchkomponiert ist und da kein Wort zu viel oder zu wenig wäre. Mochte gerade am Anfang auch, dass sofort das Thema des Texte eingeführt wird. Zudem ist mir aufgefallen, dass du mit den Absätzen und der Position der Sätze einen verstärkten Effekt bei mir erzeugt hast. Die letzten Worte der Absätze hauen dann noch einmal so richtig rein. Ich gehe auf diesen Eindruck im Detail ein:

Andy kam mit Brandwunden am Hals nach Hause und behauptete, sich beim Skateboardfahren verletzt zu haben.
Das ist für mich das Thema des Textes: Andy erfährt Gewalt, aber wehrt sich nicht, ist in gewisser Weise von Husky und Pit abhängig.

Der ältere Mann hieß Husky. Später im Gericht sah ich ihn das erste Mal aus nächster Nähe. Er hatte zwei unterschiedliche Augenfarben.
Bemerkenswert wie durch das Detail der zwei unterschiedlichen Augenfarben sofort ein Bild in meinem Kopf entsteht. Daran sehe ich gerade, dass manchmal schon eine aussagekräftige Einzelheit ausreichend ist.

Sie hatten was von Burger King dabei und aßen es halb auf dem Boden sitzend, im Gang des Gerichts. Husky trug einen schwarzen Ledermantel.
Die Infos zu Burger King fand ich hilfreich, um mir weiter ein Bild zu zeichnen und hat für mich den Effekt, dass ich ihn nicht als vollkommen böse einordne. Das macht den Charakter vielseitig. Allerdings war mir das mit dem schwarzen Ledermantel ein bisschen zu viel, hätte es für mich gar nicht gebraucht.

Vor Gericht sagte Husky, dass er in Andy einen Freund gesehen hätte. Dass er Andy zugehört hätte. Andy hätte verdammten Liebeskummer gehabt. Ein Mädchen namens Jojo, aus seinem Jahrgang. Das hätte seine mentale Verfassung noch mehr destabilisiert.
Die ersten drei "hätte" bauen eine Dramatik und Intensität auf, die mir gut gefallen hat und die ich auch gut nehmen konnte. Das vierte "hätte" wirkte für mich dann aber etwas deplatziert und hat den schönen Effekt den ich davor hatte etwas abgeschwächt. Mir hätte hier der Dreiklang besser gefallen.

Susann sagte, wir sollen nicht erschrecken. Hasenscharten könne man nähen.
Sehr, sehr stark. In wenigen Worten entstehen Bilder, entsteht eine Handlung und ich arbeite als Leser mit. Hat mir Spaß gemacht.

Was ist?
Ach, nichts.
Wieso weinst du?
Ich wein doch gar nicht.
Stimmt was nicht?
Finde es stimmig, dass es keine Anführungszeichen gibt. Erhöht die Härte des Textes und hat für mich gut funktioniert. Musste ein bisschen an "Die Straße" von McCarthy denken.

Pits Akte. Die Richterin zieht die Augenbrauen hoch.
Mit zwölf im Wald. Anwohner haben angerufen. Pit läuft durch Vorgärten, springt über Zäune. Er trägt in einer Plastiktüte zwei tote Katzen mit sich herum.
Sie seien erstickt.
Pit sagt, er hätte sie am Straßenrand gefunden.
Im Blut finden sie 0,8-Promille Alkohol.
Keine Drogen.
Er ist minderjährig.
Der Polizei sagt Pit, er hätte sich immer eine Katze gewünscht.
Tolles Beispiel für eine Charakterzeichnung. Dicht und auf den Punkt. Finde ich einen der stärksten Texte, die ich in der letzten Zeit gelesen habe.

In Huskys Wohnung hätte er Husky davor schon ein paar Mal den Schwanz gelutscht.
Weil Husky ihn geohrfeigt hätte.
Er hatte Angst gehabt.
Arme und Beine. Füße. Bauch.
Der Arzt bestätigt es.
Pit hätte ihn festgehalten, und Husky hätte etwas in seinen After eingeführt.
Es hätte verdammt weh getan.
Ihm sei schlecht geworden.
Das Thema vom Anfang baut sich auf, verstärkt sich immer weiter und eskaliert. Ist schon harter Tobak und die Steigerung der Gewalt gelingt dir in wenigen, eindringlichen Worten, die mich als Leser mitnehmen.

Insgesamt habe ich das gerne gelesen und kann mir davon einiges abschauen. Richtig cooles Teil.

Beste Grüße
MRG

 
Zuletzt bearbeitet:

Grüß Gott, @RinaWu!

Und merci fürs Lesen und Kommentieren! Hat mich wie immer sehr gefreut :)

ich kann @jimmysalaryman da nur voll zustimmen, ich würde ebenfalls hiermit
Später im Gericht sah ich ihn das erste Mal aus nächster Nähe.
anfangen. Und dann weitermachen mit
Er hatte zwei unterschiedliche Augenfarben. Das eine war blau, das andere braun.
und dann dort zum ersten Mal erwähnen, dass alle ihn Husky nennen. Hier kannst du dann auch anknüpfen, dass der Typ deutlich älter ist als Andy, zu den Jungs gehörte, mit denen Andy abhing, sie mit Alk usw versorgte und dann das mit den Brandflecken erwähnen, bevor du dann damit
Er stand vor dem Verhandlungsraum mit einem Mädchen, das vielleicht vierzehn war.
weitermachst. Ich finde, dann wäre der Anfang viel unmittelbarer, nicht so erklärend, noch einen Tick echter. Aber du weißt ja, machste wie du willst, ne?!
Ja, ich bin voll auf deiner Seite. Ich sehe das genauso - das wäre ein sehr unmittelbarer, guter Anfang. Ich hab gestern mal dran rumgebastelt, es aber nicht befriedigend hinbekommen, den Anfang so aufzuziehen. Ich brauch da etwas Zeit und glaub ich Abstand! :aua:
Auf einer gewissen Weise finde ich den "alten" Einstieg auch schön, irgendwo klassisch erzählt, die Konstellation wird ganz klar benannt, meine ich damit. Aber wenn das so viele kritisieren, hab ich Tomaten auf den Augen, das war schon öfters so, haha. Deswegen großes Merci für die Detailkritik, ich schaue mir das in ein paar Wochen noch mal an, oft sehe ich die Sache dann genauso
Das Problem jetzt bei der Überarbeitung war, dass ich das Gefühl hatte, die Details, die im alten Anfang stecken, nicht flüssig in den neuen Anfang reinzukriegen, und womöglich ist die Konstellation dann auch nicht so ganz klar, wie sie der jetzige Anfang deutlich macht - aber ich setze mich noch mal dran

Im Säuglingsbett sahen meine Frau und ich, dass Pit am linken Fuß nur vier Zehen hatte.
Meine Frau war total fertig wegen diesem Anblick.
Sie war hochschwanger.
Eine Woche später kam Andy zur Welt.
Starke Szene!!
Yeah! Freut mich

Hier verstehe ich den Wechsel der Zeiten nicht:

Ich habe Andy in seinem Zimmer weinen sehen. Vielleicht ließ er absichtlich die Tür ein Stück offen.
Wir wissen, dass er in seinem Zimmer raucht.
Uns gefiel das nicht.
Aber wir nahmen es auch nicht so streng.
Wir rauchen alle.
Warum lässt du das nicht alles im Präsens? Mich irritiert das Präteritum hier irgendwie. Also:
Ich habe Andy in seinem Zimmer weinen sehen. Vielleicht lässt er absichtlich die Tür offen.
Wir wissen, dass er in seinem Zimmer raucht.
Uns gefällt das nicht.
Aber wir nehmen es auch nicht so streng.
Wir rauchen alle.
Wir befinden uns ja hier in seiner Gedankenwelt, die hier durchaus im Präsens sein kann, finde ich. Wie so eine Art Flashback, eine Art Rechtfertigungsversuch und gleichzeitig ja die mitschwingende Frage nach der eigenen Schuld, nach "hätten wir nicht vielleicht doch strenger/aufmerksamer sein sollen?".
Ja, guter Punkt. Ich hab das schon mal übernommen. Ich denke, das gibt der Sache ein wenig etwas Unmittelbareres. Auch: Da scheint dann noch ein wenig mehr durch, dass der Vater noch nicht akzeptiert hat, dass Andy womöglich für immer oder sehr sehr lange Zeit weg ist, wenn er im Präsens spricht "Er raucht in seinem Zimmer, uns gefällt das nicht."
Bei der Türe offen lassen: Ich finde, das ist eine Szene, die in der Vergangenheit sich abgespielt hat, an die sich der Vater erinnert. So war das zumindest gemeint, deswegen lasse ich sie im Präteritum

Hier würde ich ein bisschen umstellen:

Andy ruft auf meinem Arbeitshandy an und weint.
Du bist der einzige, der mir geblieben ist.
Du wirst immer mein Sohn sein. Ich werde immer für dich da sein. Wir holen dich da raus.
Hier sind nur Asoziale, Papa. Vergewaltiger.
Der Dialog, wenn er auch nur kurz ist, klingt in meinen Ohren und für den sehr klaren und direkten Stil deiner Story irgendwie zu pathetisch. Daher würde ich das so aufbauen:
Andy ruft auf meinem Arbeitshandy [by the way: Ist das wichtig? ARBEITShandy? Warum nicht nur Handy?] an und weint.
Schon gut. Ich bin da. Wir holen dich da raus.
Hier sind nur Asoziale, Papa. Vergewaltiger.
Macht das Ganze noch kürzer, sagt aber alles, was es sagen muss.
Ja, du hast Recht, haha, das ist schon ein wenig filmisch oder pathetisch. Ich schaue da noch mal drüber, ob mir was Besseres einfällt
Dein Vorschlag ist aber auch gut! Ich schlaf mal drüber

Arbeitshandy: Ich dachte, so kriegt man ein wenig die Info unter, dass der Vater womöglich viel arbeitet oder in der Wirtschaft tätig ist. Weil: Wer hat schon ein Arbeitshandy? Eher Businessleute oder "wichtigere" Leute in Geschäften ... so war das gemeint

Das hier

Husky hätte in seiner Wohnung Vogelspinnen und ein Gecko in einem Paludarium.
Eine große Hakenkreuzfahne in der Küche.
Der Staatsanwalt bestätigt es.
würde ich komplett streichen. Die Story kommt so gut ohne Klischees aus, da hab ich an dieser Stelle tatsächlich die Stirn gerunzelt :D
Haha, die Szene hasst jeder. Ja, immer wieder total interessant für mich, wo Kitsch und Klischee beginnen und wo nicht. Das ist immer eine Gratwanderung. Ich finde das echt spannend. Ich hab das Gefühl, jetzt, nach schon ein paar Jahren auf dem Buckel, kann ich das bei vielen Dingen einschätzen, aber manchmal schreib ich Szenen wie diese, die mir dann JEDER um die Ohren hat (wahrscheinlich zurecht :D), wo ich ein wenig verwundert bin, ach so, ja krass, DAS ist ein Klischee! :D
Ich hänge gerade ein wenig an einer bösen Flagge in der Szene, wahrscheinlich ist auch das Paludarium ein Klischee :D
ich gucke in ein paar Wochen noch mal drauf und wahrscheinlich werde ich es kicken!

edit: Noch was zu dieser Szene! Also ich habe versucht in der Story, so ein Hin und Her zu etablieren. Also man fragt sich: Sagt Andy oder Husky&Pit die Wahrheit? Mal gibt es ein Indiz für die eine Partei, mal für die andere. Die Magic Mushrooms verzerren das natürlich noch mehr. Hier wollte ich einen Punkt für Andy schaffen. Er kennt Huskys Wohnung, kann Details beschreiben. Bei der Flagge bekommt man als Leser zusätzlich ein ungutes Gefühl, und wird wieder in die Richtung gerückt, Andy zu glauben. So war das mitunter gedacht. Ob das so rüberkommt oder funktioniert, ist eine andere Frage. Auch, ob es die Szene - auch unter diesem Aspekt - benötigt.

Es war Nacht.
Wussten Sie, dass ein Kind dort schläft?
Nein.
Was taten Sie, als Sie merkten, dass ein Kind dort schläft?
Sehr gut! Das haut noch mal richtig schön rein. Will ich wissen, was die gemacht haben? Nein. Denn irgendwie reicht schon die Ahnung. Echt gut gemacht, Zigga.
Yeah, freut mich!

Du erzählst auch nicht aus, was das mit ihm macht, sondern deutest es nur an, durch die kurzen Dialoge mit dem Dad, durch die Info über die Unterbringung in der Psychiatrie und natürlich auch durch das Finale, wo alles zuvor Geschehene sich entlädt.
Für mich ist das gut so, das muss weh tun, das muss sitzen, keine großen Erklärungen, nein, denn wenn einem so etwas passiert ist, weiß man ja selbst nicht wirklich, was eigentlich gerade los ist. Andy ist traumatisiert und da fehlt es oft an Worten, an der Fähigkeit, überhaupt ausdrücken zu können, wie es einem geht. Und ich finde, diese Sprachlosigkeit transportiert dein Text.
Super, freut mich, dass die Story so für dich geklappt hat!

Rina, danke für dein wertvolles Feedback, hat den Text denke ich gut weitergebracht.

Ich schreibe gerade an zwei Geschichten und in einer geht es um sexuelle Belästigung.
Und ich habe gemerkt, dass ich einen ähnlichen Ansatz wie du habe, während ich an der Story schreibe - nüchtern erzählen, raushauen, auch ein bisschen fragmentarisch schreiben, einfach weil sowas finde ich viel deutlicher wird in seiner Wucht, wenn es nicht unbedingt stringent und nach den Mustern der klassischen Kurzgeschichte erzählt wird.
Ich bin sehr gespannt! Klingt sehr interessant.

Griasle in den Süden!

Wird fortgesetzt ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @kiroly!

Vielen Dank dir fürs Lesen und Kommentieren! Das Lob freut mich natürlich, aber nicht weniger dein scharfes Auge als Kritiker.

Starker Text! Sicherlich empfehlungswürdig. Vor allem der Schlusssatz, der das Grauen aus dem Unkonkreten erahnen lässt.
Danke!

Die unmögliche Bewältigung dieser Mische aus moralischer und juristischer Schuld, psychologischem Druck, Angst, Scham und Verantwortungsgefühlen.
Hier ist alles zerstört und die Geschichte ist der Blick über ein menschliches Ruinenfeld. Die Sprache, reduziert auf Wahrnehmungsstücke
Aber irgendwo ist ja Andy auch ein Opfer, und dann ist da noch ein Vater, der helfen will und der weiß, dass sein Sohn Hilfe braucht, aber wie, weiß und wusste er nicht, ein Vater, der vor seiner eigenen Handlungslosigkeit kapituliert.
Schön zusammengefasst! Freut mich, dass du das so liest

Sie hatten was von Burger King dabei und aßen es halb auf dem Boden sitzend, im Gang des Gerichts. Husky trug einen schwarzen Ledermantel.
Vor Gericht sagte Husky, dass er in Andy einen Freund gesehen hätte. Dass er Andy zugehört hätte. Andy hätte verdammten Liebeskummer gehabt. Ein Mädchen namens Jojo, aus seinem Jahrgang. Das hätte seine mentale Verfassung noch mehr destabilisiert.
Dein Text entzieht sich der engen Bindung, die das Verhältnis zwischen Ich-Erzähler und Sohn suggeriert. Sehr raffiniert gemacht.
Die Wiedergabe von Huskys Aussage klingt wie eine große, vorbereitete Aussage.
Husky und Pit verfolgen eine Strategie, dem "Opfertäter" Andy soll mit maximaler Schuld belastet werden. Besonders der letzte Satz, er wirkt vorbereitet für eine Befragung vor Gericht.
Das "halb" könntest du streichen.
Ja, das lese ich auch so - das halb jaa, du hast eigentlich recht ;)

Im Säuglingsbett sahen meine Frau und ich, dass Pit am linken Fuß nur vier Zehen hatte.
Meine Frau war total fertig wegen diesem Anblick.
Sie war hochschwanger.
Hier bin ich mir unsicher, total fertig klingt sehr nach Augenblicksbeschreibung, aber hier erzählt der Vater eine sortierte Erinnerung. Vielleicht völlig fertig? Total, das klingt für mich immer etwas jugendlicher, 1990er, 2000er...
gekauft

Als Pit geboren wurde, haben wir ihn im Kindbett besucht. Susann und Marco wohnten gleich die Straße runter. Susann sagte, wir sollen nicht erschrecken. Hasenscharten könne man nähen.
Im Säuglingsbett sahen meine Frau und ich, dass Pit am linken Fuß nur vier Zehen hatte.
Kurz Satz zurück: Kindbett (vlt eher "am" Kindbett) im ersten Satz, Säuglingsbett im fünften.
ebenso

Ich habe Andy in seinem Zimmer weinen sehen. Vielleicht ließ er absichtlich die Tür ein Stück offen.
Für mich liegt die Stärke deines Textes nicht im letzten Satz oder in der unterschwelligen Ahnung, dass etwas sehr grauenvolles geschehen ist. Das ist ein Text über die Machtlosigkeit eines Vaters. Der Text beschreibt Schuld, ohne sie zu benennen. Helfen will der Vater, Unterstützen, aber ihm fehlen die Mittel und die Sprache, den Absturz Andys - und eines weiteren Menschen - zu verhindern. Besonders deutlich wird das, finde ich, im Gerichtsprozess. Als Beobachter des eigenen Sohnes kann der Vater nichts tun, gar nichts, der Sohn ist der juristischen Bewertung ausgeliefert. Ein größeres Scheitern kann es für einen Vater nicht geben.
Gut gesagt, kiroly. Bzw. gut beobachtet. Ich sehe das genauso. Beim Schreiben hatte ich das gar nicht so auf dem Radar. Aber du hast auf jeden Fall Recht - das liegt im Subtext.
Ist jetzt ein Kompliment an dich, ohne in einen circle jerk abzudriften, ernstgemeint, ich mag an deinen Kommentaren oft, dass ich den eigenen oder fremden Text nachdem du deinen Eindruck geschildert hast, noch mal mit einem anderen Blickwinkel, einem anderen Schwerpunkt oder einer anderen zwischenmenschlicher Analyse lesen kann.

Wir wissen, dass er in seinem Zimmer raucht.
Uns gefiel das nicht.
Aber wir nahmen es auch nicht so streng.
Wir rauchen alle.
Was ist?
Ach, nichts.
Wieso weinst du?
Ich wein doch gar nicht.
Stimmt was nicht?
Das könntest du streichen. Hier wird ja begründet, warum Andy im Zimmer Rauchen darf. Ein lockerer Erziehungsstil erlaubt das eben. Ich - klar, subjektiv - fände es stärker, wenn dieses Nichtdurchdringen, diese Sprachlosigkeit, diese Unmöglichkeit, auf Andy Einfluss zu nehmen, betont wird.
Daraus schlussfolgernd ist das ein intelligenter Vorschlag. Ich muss gerade mal gucken. Ich schlafe paar mal drüber, aber ja, im Grunde hast du recht, Ich habe nur manchmal etwas Schiss, zu viel zu entkernen bei einem Text, der schon Rohbau ist, mehr oder weniger

Das Wir. Klar, da ist ja noch die Ehefrau. Aber dein Text ist sehr kurz, vielleicht klingt es konsequenter, beim "Ich" zu bleiben.
Auch das: sehr guter Punkt. Gib mir etwas Zeit, das zu verdauen

Pit hat die vorderen Schneidezähne verloren. Die Implantate kriegt er in zwei Wochen. Vor Gericht stottert er. Seine Hände am Stuhl.
Da bin ich mir unsicher, ob es dieses Detail braucht. Im Vorsatz beschreibst du, wie Pit mit 0,8 Promille und zwei toten Katzen durch Vorgärten stapft. Hier ein weiteres Bild, dass das erstere nur verstärken soll, Pit als jemand von jenem Ganz Unten, nicht nur Gesetze nicht gelten, sondern auch der Respekt vor der menschlichen Unversehrtheit.
Ja, da hast du grundsätzlich auch Recht. Ich dachte mir: Die fehlenden Schneidezähne geben noch mal ein Indiz, was passiert sein kann, ob es Gewalt gab an diesem Abend; ich will das jetzt nicht totdeuten oder da eine größere Sache draus spinnen, als sie eigentlich ist, aber ich dachte mir beim Schreiben, fehlende Zähne sind so ein schönes Bild, sie sind oft eine richtig schöne Metapher für eine Lebenssituation, in der sich ein Mensch befindet; ich meine das gar nicht klischeemäßig sozial schwacher Mensch fehlen Zähne, sondern Leuten brechen in den passendsten Situationen Zähen aus dem Mund, finde ich, daran dachte ja schon Freud, ob das nun stimmt oder nicht sei dahin gestellt, die fehlenden Zähne im Traum als unerfüllte Libido, war so ein Gedanke beim Schreiben

Woher weiß der Vater, dass Pit die Implantate in zwei Wochen bekommt?
Ja, wird nicht explizit erwähnt! Vielleicht eine Schwäche, diese Stelle. Ich dachte mir: Wenn da ein Junge mit fehlenden Schneidezähnen sitzt, es vielleicht sogar durch den Angeklagten passiert ist, wird die Richterin mit Sicherheit nach den Zähnen fragen, auch, wann sie wieder reinkommen, und der Vater würde das im Gericht hören. Aber es ist schwammig, du hast recht, vielleicht muss man sich das als Leser auch zu krass konstruieren.

Husky hätte in seiner Wohnung Vogelspinnen und ein Gecko in einem Paludarium.
Eine große Reichskriegsflagge in der Küche.
Der Staatsanwalt bestätigt es.
Das ist eine politische Komponente in einem unpolitischen Text. Dein Text ist ja frappierend psychologisch, es geht um die Zerstörung von menschlichem Leben und Zukunft, da passt meiner Ansicht nach eine politische Stoßrichtung einfach nicht.
Ihr habt Recht! Gerade bin ich noch störrisch und dumm, und kann mich irgendwie nicht davon trennen. Aber ist fett hinter die Ohren notiert. Ich muss das Teil in ein paar Wochen noch mal durchgehen, und dann werde ich das sicherlich auch so empfinden wie ihr (nicht ironisch gemeint)

Toll geschrieben =)
Darüber freue ich mich

Grüße in den Osten!


Hallo @MRG,

auch über deinen Kommentar habe ich mich sehr gefreut. Vielen Dank fürs Lesen und Zeitnehmen!

starker Text, habe ich zweimal gelesen. Beim ersten Mal hat es mich so gepackt, dass ich meine Lektorbrille nicht gefunden habe. Finde ich ein gutes Zeichen.
Ach, geil. Danke dir. Das freut mich!

Mir hat vor allem die Erzählstimme gefallen. Das passt so gut zu diesem harten Thema, ist sprachlich in meinen Augen richtig gut gemacht.
Hatte auch den Eindruck, dass der Text sehr sauber durchkomponiert ist und da kein Wort zu viel oder zu wenig wäre.
Super

Mochte gerade am Anfang auch, dass sofort das Thema des Texte eingeführt wird.
Super, interessant - der Anfang stand bei sonst fast allen stark unter Beschuss!

Zudem ist mir aufgefallen, dass du mit den Absätzen und der Position der Sätze einen verstärkten Effekt bei mir erzeugt hast.
Super, das ist ein Stil, den ich gerade etwas austeste

Der ältere Mann hieß Husky. Später im Gericht sah ich ihn das erste Mal aus nächster Nähe. Er hatte zwei unterschiedliche Augenfarben.
Bemerkenswert wie durch das Detail der zwei unterschiedlichen Augenfarben sofort ein Bild in meinem Kopf entsteht. Daran sehe ich gerade, dass manchmal schon eine aussagekräftige Einzelheit ausreichend ist.
Super!

Sie hatten was von Burger King dabei und aßen es halb auf dem Boden sitzend, im Gang des Gerichts. Husky trug einen schwarzen Ledermantel.
Die Infos zu Burger King fand ich hilfreich, um mir weiter ein Bild zu zeichnen und hat für mich den Effekt, dass ich ihn nicht als vollkommen böse einordne. Das macht den Charakter vielseitig. Allerdings war mir das mit dem schwarzen Ledermantel ein bisschen zu viel, hätte es für mich gar nicht gebraucht.
Gute Beobachtung. Dass ich Husky etwas sympathischer mache ist mir gar nicht bewusst aufgefallen, aber du hast Recht

Vor Gericht sagte Husky, dass er in Andy einen Freund gesehen hätte. Dass er Andy zugehört hätte. Andy hätte verdammten Liebeskummer gehabt. Ein Mädchen namens Jojo, aus seinem Jahrgang. Das hätte seine mentale Verfassung noch mehr destabilisiert.
Die ersten drei "hätte" bauen eine Dramatik und Intensität auf, die mir gut gefallen hat und die ich auch gut nehmen konnte. Das vierte "hätte" wirkte für mich dann aber etwas deplatziert und hat den schönen Effekt den ich davor hatte etwas abgeschwächt. Mir hätte hier der Dreiklang besser gefallen.
Das ist ein guter Punkt. Ich schaue mal, wie ich das umbastle.

Susann sagte, wir sollen nicht erschrecken. Hasenscharten könne man nähen.
Sehr, sehr stark. In wenigen Worten entstehen Bilder, entsteht eine Handlung und ich arbeite als Leser mit. Hat mir Spaß gemacht.
Freut mich!

Was ist?
Ach, nichts.
Wieso weinst du?
Ich wein doch gar nicht.
Stimmt was nicht?
Finde es stimmig, dass es keine Anführungszeichen gibt. Erhöht die Härte des Textes und hat für mich gut funktioniert. Musste ein bisschen an "Die Straße" von McCarthy denken.
Ja, McCarthy ist natürlich der Daddy all des anführungszeichenlosen Dialogs, für mich zumindest, das kann einfach einen geilen Effekt haben, ich sehe das auch so, und stehle es natürlich schamlos, hehe

Pits Akte. Die Richterin zieht die Augenbrauen hoch.
Mit zwölf im Wald. Anwohner haben angerufen. Pit läuft durch Vorgärten, springt über Zäune. Er trägt in einer Plastiktüte zwei tote Katzen mit sich herum.
Sie seien erstickt.
Pit sagt, er hätte sie am Straßenrand gefunden.
Im Blut finden sie 0,8-Promille Alkohol.
Keine Drogen.
Er ist minderjährig.
Der Polizei sagt Pit, er hätte sich immer eine Katze gewünscht.

Erweitern ...
Tolles Beispiel für eine Charakterzeichnung. Dicht und auf den Punkt. Finde ich einen der stärksten Texte, die ich in der letzten Zeit gelesen habe.
Danke für das Lob, das freut mich natürlich sehr

Das Thema vom Anfang baut sich auf, verstärkt sich immer weiter und eskaliert. Ist schon harter Tobak und die Steigerung der Gewalt gelingt dir in wenigen, eindringlichen Worten, die mich als Leser mitnehmen.
Insgesamt habe ich das gerne gelesen und kann mir davon einiges abschauen. Richtig cooles Teil.
Super!

Wir lesen uns!


Viele Grüße
zigga

 

Moin @zigga ,

Alter. Was ein Text.

Ich hab Anfang des Jahres erfahren, dass eine Freundin von mir vergewaltigt wurde. Ich gebe zu, dass das Thema bis dahin nicht wirklich präsent in meinem Leben war. Ich gucke keine Serien wie Thirteen reasons why, Teil meiner Familiengeschichte ist es auch nicht. Aber seitdem habe ich mich ein wenig damit auseinandergesetzt. Ich finde, das Raster der Begleiterscheinungen lässt sich durchaus auch in deinem Text finden. Panikattacken, Flashbacks usw, das machst du schon gut. Auch kurzfristige Bewältigunsstrategien in Form von Drogen.

Am besten finde ich das Bild mit der Glaswand, darüber hatte ich letztens noch in einem Literaturseminar gesprochen. Eine halbe Grenze, schottet ab, aber kaum sichtbar,. niemand nimmt es wahr. Gleichzeitig kann man noch immer hindurchsehen.

Ich finde, deine Texte liefern, was sie versprechen. Das soll ein Kompliment sein :D wenn ich ihn aufrufe, weiß ich, dass es mal wieder um menschliche Abgründe geht.

Ich weiß nicht, was ich sonst darüber hinaus groß anmerken soll. Inhaltlich traue ich mich ehrlich gesagt nicht, groß etwas zu sagen oder Änderungen vorzuschlagen. Das Thema braucht Samthandschuhe und ein gewisses Augenmaß. Beides liefert der Text für mich. Außerdem habe ich von dem Thema literarische keine Ahnung.


Der einzige Flusen, über den ich gestolpert bin:

Die Magic Mushrooms wirken acht Stunden.

Würde Die streichen. Dann geht es weniger um das spezielle Ereignis und mehr um die Dauer, wie sie immer wirkt. Falls das verständlich ist.

Gern gelesen. Liebe Grüße
Meuvind

 

Lieber @zigga,

dir gelingt es perfekt, düstere Stimmungen zu erzeugen. Ich glaube, ich würde aus dem Staunen nicht mehr rauskommen, wenn von dir hier mal irgendwann ein aufgeräumt fröhlicher Text stünde.
Für mich bist du der Meister der Düsternis. Immer, wenn ich deine Texte lese, habe ich keinen Farbfilm vor Augen, sondern schwarz-weiß oder alles in grau.

Was dir hier gut gelungen ist, ist die Geschwindigkeit oder auch Kürze, in der du diese Stimmung erzeugst. Keine Umschweife, keine Erklärungen, es ist als würdest du die Kamera einfach nur draufhalten auf deine Figuren und man erkennt das Elend, das Entgleiste, das Wegrutschen in einen Abgrund.

Mental gefällt mir deine Geschichte so rein gar nicht. Weil mir grad nach mehr Positivem zumute ist. Aber das ändert nichts daran, dass ich noch zu unterscheiden weiß, wo mein Geschmack anfängt und dann meine Kritik davon eingefärbt wäre.

Wenn ich meine Wellness-Wünsche also beiseite schiebe, dann ist dies eine ziemlich gute Geschichte. Respekt. Manch einer bräuchte Romanlänge, um das auszusagen, was du in dieser Knappheit, ohne das etwas fehlen würde, rüberbringst.

An manchen Stellen würde ich etwas anders formulieren. Aber dabei ist wie immer auch sehr viel Geschmackssache dabei. Da war eigentlich keine Stelle im Text, bei der ich so gestolpert bin, dass ich sie für dringend überarbeitungsbedürftig hielte. Also somit nachfolgend meine Vorschläge:

Andy hatte zwei Kumpels, mit denen er meistens rumhing...
Meistens hing Andy mit zwei Kumpels rum. Einer von ihnen, Husky, Ende zwanzig, versorgte sie mit Zigaretten, Bier und Marihuana.
Andy kam mit Brandwunden am Hals nach Hause und behauptete, sich beim Skateboardfahren verletzt zu haben. Ich sagte Andy immer wieder, dass ich diese Jungs nicht mochte. Aber er hielt an ihnen fest, egal, wie schlecht sie ihn behandelten.
Andy kam mit (verschorften, rotlöchrigen, nikotinbraunen, hellblutigen ein Centstück großen)Wunden am Hals nach Hause. Ist beim Skateboardfahren passiert.
Ich mag diese Jungs nicht.
Aber er hielt an ihnen fest, egal, wie schlecht sie ihn behandelten.

++++
Mir ging es auch darum, dass du diese Brandwunden vielleicht noch etwas zeigst, daher die Ansammlung an Vokabeln, die mir so dazu einfielen.


es halb auf dem Boden sitzend,
Das halb auf dem Boden kann ich mir nicht vorstellen.

Sie trug bauchfrei und Hotpants und hatte eine schlimme Akne im Gesicht. Sie hatten was von Burger King dabei und aßen es halb auf dem Boden sitzend, im Gang des Gerichts. Husky trug einen schwarzen Ledermantel.
Er trug einen schwarzen Ledermantel, der ihm bis wohin reichte?, sie trug bauchfrei und Hotpants, hatte eine schlimme Akne im Gesicht. Sie hatten was von Burger King dabei, saßen im Gerichtsgang wie? halb auf dem Boden?und schlangen es herunter.
Meine Frau war völlig fertig wegen diesem Anblick.
Sie war hochschwanger.
Meine hochschwangere Frau....

Irgendwo hier, habe jetzt blöderweise kein Zitat rausgesucht, wechselst du quasi vom Ich- in den Wir-Modus. Das störte mich, weil ich dachte, entweder der Vater ist von vorneherein allein in seinem Sorgenkorsett, dann kann er zwar "von seiner Frau" sprechen, aber er bleibt in der Ichform oder aber, beide Eltern machen sich von Anbeginn an Sorgen, so dass er gleich auch am Anfang von "wir" reden könnte. Dieser Wechsel ist mir zu rauh.

Er hatte Angst gehabt.
Alles vorher und nachher steht im Konjunktiv. Ich würde das hier auch tun. Aber ich bin mir sicher, dass du es extra so geschrieben hast. Erklärst du es mir?
Husky hätte in seiner Wohnung Vogelspinnen und ein Gecko in einem Paludarium.
Hier stört mich nicht die Vogelspinnen-Gecko-Info, aber passt zu diesem Vater so ein Fachwort? Es reicht doch, dass er die einfach bei sich in der Wohnung hat, egal, ob korrekt und tiergerecht (naja, tiergerecht wäre für mich die Freiheit in natürlicher Umgebung) in einem Paludarium oder die freiflottierend durch die Wohnung marodieren. Es soll ja nur ein wenig die Figur charakterisieren. Klar, könntest du jetzt mitteilend, dass du es genau so wolltest, da hat jemand Wildtiere bei sich, aber behandelt sie artgerecht, so eine Art Widerspruch, weil man denkt, dass Husky auf ganzer Front ein Arsch ist. Hast du es deswegen Paludarium geschrieben?

Braucht es für diese Geschichte die Reichsfahne? Die sagt natürlich immens was aus, gar keine Frage.

Husky und Pit hätten ihn, Andy, dazu gezwungen, in das Fenster zu steigen.
Husky und Pit schütteln den Kopf, die Arme verschränkt.
Es war Nacht.
Wussten Sie, dass ein Kind dort schläft?
Nein.
Was taten Sie, als Sie merkten, dass ein Kind dort schläft?
Tolles Ende und gerade, weil man nicht erfährt, was passiert ist, wirkt es besonders bedrohlich. Und ich möchte auch keine Sekunde wissen, was da los gewesen ist.
Allerdings gestehe ich, dass mein erster Impuls beim ersten Lesen genau umgekehrt war. Da fand ich es an dieser Stelle einfach zu abgebrochen. Ist beim zweiten Lesen dann verschwunden.


Zum Thema Magic Mushrooms muss ich an den Roman von Martin Suter "Die dunkle Seite des Mondes" denken, in welchem er sehr präzise die Einnahme dieses Rauschmittels behandelt. Wie ich finde, ein Romane von ihm, der sich seiner sonst gefälligen, smarten Art zu schreiben, vollkommen entzieht, fast schon ein Anti-Suter.

Lieben Gruß


lakita

 

Hey @Meuvind!

Freut mich sehr, von dir zu lesen! Vielen Dank dir fürs Lesen und Kommentieren.

Ich finde, das Raster der Begleiterscheinungen lässt sich durchaus auch in deinem Text finden. Panikattacken, Flashbacks usw, das machst du schon gut. Auch kurzfristige Bewältigunsstrategien in Form von Drogen.
Ja, ist ein hartes Thema, ich weiß.

Am besten finde ich das Bild mit der Glaswand, darüber hatte ich letztens noch in einem Literaturseminar gesprochen. Eine halbe Grenze, schottet ab, aber kaum sichtbar,. niemand nimmt es wahr. Gleichzeitig kann man noch immer hindurchsehen.
In welchen Literaturseminaren bist du denn unterwegs? (ernstgemeint) ;)

Ich finde, deine Texte liefern, was sie versprechen. Das soll ein Kompliment sein :D wenn ich ihn aufrufe, weiß ich, dass es mal wieder um menschliche Abgründe geht.
Danke! :D Ich versteh schon, wie du das meinst. Ich hab zur Zeit, auch wenn das in dem Text vielleicht nicht ganz umgesetzt ist, Bock ein wenig von diesem super harten Abgrund wegzukommen in Storys, und etwas ruhiger, unabgründiger zu erzählen

Ich weiß nicht, was ich sonst darüber hinaus groß anmerken soll. Inhaltlich traue ich mich ehrlich gesagt nicht, groß etwas zu sagen oder Änderungen vorzuschlagen. Das Thema braucht Samthandschuhe und ein gewisses Augenmaß. Beides liefert der Text für mich. Außerdem habe ich von dem Thema literarische keine Ahnung.
freut mich natürlich, wenn der Text für dich passt, wie er ist!

Der einzige Flusen, über den ich gestolpert bin:


Die Magic Mushrooms wirken acht Stunden.

Würde Die streichen. Dann geht es weniger um das spezielle Ereignis und mehr um die Dauer, wie sie immer wirkt. Falls das verständlich ist.
Wie meinst du das? Ich hab das reingepackt, weil ich dachte, das ist vielleicht wichtig zu wissen, dass die Pilze ne ganz schöne Ecke reinknallen, auch, um als Leser das Verständnis für den Abend ein wenig mehr auf die Reihe zu bekommen

Gern gelesen. Liebe Grüße
Meuvind
Danke dir für deine Rückmeldung! Hoffe, bald kommt wieder neues Material von dir?


Liebe @lakita,

herzlichen Dank fürs Lesen und Kommentieren. Hat mich wie immer sehr gefreut! Gerade, wenn der Kommentar natürlich so positiv ist, ich mache da gar keinen Hehl draus, freut das einen natürlich. :D

dir gelingt es perfekt, düstere Stimmungen zu erzeugen.
:baddevil:

Ich glaube, ich würde aus dem Staunen nicht mehr rauskommen, wenn von dir hier mal irgendwann ein aufgeräumt fröhlicher Text stünde.
Haha, da musste ich echt lachen. Also so halb. Ich versuche gerade ein wenig von diesem super hardcore negativen Shit wegzukommen. Also versteh mich nicht falsch, ich weiß selbst nicht, was da der psychologische innere Prozess bei mir ist, aber mir macht das unwahrscheinlich Bock, sowas darkes zu schreiben. Es ist fast richtig erlösend. Ich kann verstehen, dass einen das runterzieht, wenn man es liest, aber wenn ich so ein Teil fertig geschrieben hab, ist das fast etwas kathartisch und ich fühle mich blendend. Ähnlich, wenn ich Donald Pollock oder wen auch immer lese. Ich finde es super schwierig und für mich unmöglich, z.B. witzig zu schreiben. Oder ohne etwas Dunkelheit. Vielleicht ist das Typsache. Aber ja. Hab etwas für meine Verhältnisse sehr positives in der Schmiede. Ich hoffe, das wird was.

Für mich bist du der Meister der Düsternis. Immer, wenn ich deine Texte lese, habe ich keinen Farbfilm vor Augen, sondern schwarz-weiß oder alles in grau.
Was dir hier gut gelungen ist, ist die Geschwindigkeit oder auch Kürze, in der du diese Stimmung erzeugst. Keine Umschweife, keine Erklärungen, es ist als würdest du die Kamera einfach nur draufhalten auf deine Figuren und man erkennt das Elend, das Entgleiste, das Wegrutschen in einen Abgrund.
Danke dir!

Mental gefällt mir deine Geschichte so rein gar nicht. Weil mir grad nach mehr Positivem zumute ist. Aber das ändert nichts daran, dass ich noch zu unterscheiden weiß, wo mein Geschmack anfängt und dann meine Kritik davon eingefärbt wäre.
Verstehe ich!

Wenn ich meine Wellness-Wünsche also beiseite schiebe, dann ist dies eine ziemlich gute Geschichte. Respekt. Manch einer bräuchte Romanlänge, um das auszusagen, was du in dieser Knappheit, ohne das etwas fehlen würde, rüberbringst.
Danke, das freut mich natürlich, wenn du die Story so siehst

An manchen Stellen würde ich etwas anders formulieren. Aber dabei ist wie immer auch sehr viel Geschmackssache dabei. Da war eigentlich keine Stelle im Text, bei der ich so gestolpert bin, dass ich sie für dringend überarbeitungsbedürftig hielte. Also somit nachfolgend meine Vorschläge:
Immer her damit!

Andy hatte zwei Kumpels, mit denen er meistens rumhing...
Meistens hing Andy mit zwei Kumpels rum. Einer von ihnen, Husky, Ende zwanzig, versorgte sie mit Zigaretten, Bier und Marihuana.,
Ja, der Anfang. Da haben sich sehr viele dran gerieben. Ich muss das Teil noch ein wenig sacken lassen und dann arbeite ich eure Empfehlungen ab! Ich muss sagen, mir gefällt der Anfang im Augenblick noch. Aber ich hab wahrscheinlich Ketchup auf den Augen.

Andy kam mit Brandwunden am Hals nach Hause und behauptete, sich beim Skateboardfahren verletzt zu haben. Ich sagte Andy immer wieder, dass ich diese Jungs nicht mochte. Aber er hielt an ihnen fest, egal, wie schlecht sie ihn behandelten.
Andy kam mit (verschorften, rotlöchrigen, nikotinbraunen, hellblutigen ein Centstück großen)Wunden am Hals nach Hause. Ist beim Skateboardfahren passiert.
Ich mag diese Jungs nicht.
Aber er hielt an ihnen fest, egal, wie schlecht sie ihn behandelten.
Mir ging es auch darum, dass du diese Brandwunden vielleicht noch etwas zeigst, daher die Ansammlung an Vokabeln, die mir so dazu einfielen.
Ja, auch mehr in den SoC, weniger abgeklärt, ich verstehe die Richtung, die du meinst!

es halb auf dem Boden sitzend,
Das halb auf dem Boden kann ich mir nicht vorstellen.
wird gekickt

Meine Frau war völlig fertig wegen diesem Anblick.
Sie war hochschwanger.
Meine hochschwangere Frau....
gekauft

Irgendwo hier, habe jetzt blöderweise kein Zitat rausgesucht, wechselst du quasi vom Ich- in den Wir-Modus. Das störte mich, weil ich dachte, entweder der Vater ist von vorneherein allein in seinem Sorgenkorsett, dann kann er zwar "von seiner Frau" sprechen, aber er bleibt in der Ichform oder aber, beide Eltern machen sich von Anbeginn an Sorgen, so dass er gleich auch am Anfang von "wir" reden könnte. Dieser Wechsel ist mir zu rauh.
Ja, ihr habt Recht. Hatte noch jemand angemerkt, ich glaube, es war @kiroly.

Er hatte Angst gehabt.
Alles vorher und nachher steht im Konjunktiv. Ich würde das hier auch tun. Aber ich bin mir sicher, dass du es extra so geschrieben hast. Erklärst du es mir?
Ja, ich hab es tatsächlich extra so geschrieben, weil ich ein wenig durchscheinen lassen wollte, wie parteiisch der Vater ist; vieles ist ja in dem Prozess unklar, was ist wirklich passiert, wer ist hier der Täter, der Sadist, wer das Opfer? Oder sind alle Opfer und Sadisten? Der Vater gibt die Behauptungen der einzelnen Figuren wieder, aber er hält natürlich zu seinem Sohn, sein Sohn ist in seinen Augen das Opfer, und für ihn steht außer Frage, dass er hier Angst gehabt hat, dass er hier auf der Seite seines Sohnes ist - soweit die Theorie

Husky hätte in seiner Wohnung Vogelspinnen und ein Gecko in einem Paludarium.
Hier stört mich nicht die Vogelspinnen-Gecko-Info, aber passt zu diesem Vater so ein Fachwort?
Ich dachte: Vor Gericht ist dieses Wort gefallen, und der Vater rezipiert es

Braucht es für diese Geschichte die Reichsfahne? Die sagt natürlich immens was aus, gar keine Frage.
Reichsfahne hassen alle! :D Ich kann mich gerade noch nicht davon trennen, haha, ich weiß, es klingt dumm, aber ich brauch etwas, um das endgültig zu kicken und kein schlechtes Bauchgefühl dabei zu haben

Tolles Ende und gerade, weil man nicht erfährt, was passiert ist, wirkt es besonders bedrohlich. Und ich möchte auch keine Sekunde wissen, was da los gewesen ist.
Gut!
Allerdings gestehe ich, dass mein erster Impuls beim ersten Lesen genau umgekehrt war. Da fand ich es an dieser Stelle einfach zu abgebrochen. Ist beim zweiten Lesen dann verschwunden.
Interessant!

Zum Thema Magic Mushrooms muss ich an den Roman von Martin Suter "Die dunkle Seite des Mondes" denken, in welchem er sehr präzise die Einnahme dieses Rauschmittels behandelt. Wie ich finde, ein Romane von ihm, der sich seiner sonst gefälligen, smarten Art zu schreiben, vollkommen entzieht, fast schon ein Anti-Suter.
Ha, ja, der Suter. Ich finde aber, Shrooms im Wald fressen ist so ein hartes Klischee. Ich glaube, das war es schon damals. Ich weiß nicht, irgendwie hat mir der Roman überhaupt nicht gefallen, es kann aber auch an meiner persönlichen Abneigung gegenüber Shrooms liegen.

Grüße nach Hamburg!
zigga

 

Hey @zigga ,

In welchen Literaturseminaren bist du denn unterwegs? (ernstgemeint) ;)

Ich studiere Literaturwissenschaft, Anglistik und Geographie :D wilde Kombination, ich weiß. Hab dieses Semester u.A. ein Seminar zum Thema Kurzgeschichten. Letztes Semester war ich in einem Seminar über Bücher, die von psychischen erkrankten Frauen handelten. Bell Jar von Sylvia Plath z.B oder The Yellow Wallpaper. Da kam diese Metapher öfter vor, daher erinnere ich mich daran.

Ich hab zur Zeit, auch wenn das in dem Text vielleicht nicht ganz umgesetzt ist, Bock ein wenig von diesem super harten Abgrund wegzukommen in Storys, und etwas ruhiger, unabgründiger zu erzählen

Oh, das würde ich gerne lesen. Finde es immer interessant, wenn jemand seinen bekannten Hafen verlässt und versucht, eine neue Richtung einzuschlagen.

Wie meinst du das? Ich hab das reingepackt, weil ich dachte, das ist vielleicht wichtig zu wissen, dass die Pilze ne ganz schöne Ecke reinknallen, auch, um als Leser das Verständnis für den Abend ein wenig mehr auf die Reihe zu bekommen

Meinte gar nicht die Stelle an sich, die finde ich gut. Du hattest geschrieben "Die Magic Mushrooms wirken 8 Stunden", würde es kürzen zu "Magic Mushrooms wirken 8 Stunden". Einfach der Kürze halber, finde es ohne den Artikel schlanker.

Danke dir für deine Rückmeldung! Hoffe, bald kommt wieder neues Material von dir?

Ich arbeite daran, hehe. Hab vor ein paar Tagen was fertig geschrieben. Ich muss mich erstmal um das Semester kümmern, aber der Wille ist da.

Liebe Grüße und einen guten Start in die Woche
Meuvind

 

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