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Novelle Am Ufer

Seniors
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02.01.2011
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Am Ufer

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Hallo @zigga

Uff! Das ist echt harter Tobak. Hab Deine Geschichte während dem Frühstück gelesen :D Was für ein krasser Text. Du hast mit Deinen Worten so viele Emotionen bei mir geweckt. Da ging das Gedankenkarussell während des Lesens echt rund. Ich hasse Deinen Prota! Aber sowas von. Er widert mich an. Du bist so in die Tiefe gegangen, hast mich so nah bei ihm sein lassen. Uff! Heftig. Teilweise hab ich immer wieder überlegt, ob ich abbreche, aber da war ich so im Sog, ging einfach nicht. Eigentlich möchte man sich in so einen Menschen nicht hineinfühlen. Aber es ging gar nicht anders. Die Geschichte hat mich emotional durchgeschüttelt und tief bestürzt. Du gewährst tiefe Einblicke in einen kranken Geist. Das hast Du sehr gut gemacht!

Hier meine Leseeindrücke:

Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was den Jungen beunruhigte, als er den Schlüssel der Wohnungstür nach links drehte, die Tür einen Spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Flurs von einem Bein auf das andere treten sah.

Der Einstieg hat meine Neugierde geweckt. Ich hab mich gefragt, was es denn ist, was den kleinen Bruder beunruhigt, wenn nicht die geschwollene Lippe und der Riss unter dem Auge.

Es war seltsam, an den Hund zu denken.
Sein Bruder schloss die Kühlschranktür und riss mit den Zähnen die Plastikfolie von einer Scheibe Sandwich-Käse. Er hatte einen Bart bekommen; seltsam, seinen Bruder mit Bart zu sehen. Er hatte strohblondes Haar und einen rot-blonden, fleckigen Bartwuchs.

Die Doppelung ist mir aufgefallen, obwohl ich sie nicht schlimm/ unpassend finde. Kann mir vorstellen, dass der Kleine tatsächlich so denkt.

»Weiß ich doch«, sagte sein großer Bruder, kam grinsend rüber zu ihm und tätschelte ihn gegen die Wange. »Kleiner Papagei, wadde?«

Klingt strange. Vielleicht: ... tätschelte ihm die Wange?

Er könne Drogen auf fünfhundert Meter riechen und sei suspendiert worden, weil er einem Unschuldigen das Gesicht vom Schädel gezogen hätte.

Krasse Story. Hier fand ich Deinen Prota noch ein bisschen witzig. Grins schief.

Er sagte, ein Kerl würde nichts von der Welt verstehen, wenn er nicht auch etwas davon verstehen würde. Er sagte, es sei das Wichtigste und gleichzeitig das Unwichtigste, das es auf diesem verfickten Planeten gäbe, und wenn er tatsächlich mit ihm verwandt sei, würde er früher oder später verstehen, was er meine.

Gut beschrieben. Sehr authentisch.

»Gleich müsste sie kommen«, sagte sein kleiner Bruder und sah auf die Armbanduhr.

Hab mich immer wieder gefragt, warum der Kleine ständig erwähnt, dass die Mutter kommt. Am Ende wars natürlich klar. Aber damit hast Du irgendwie die Spannung gehalten.

Er hatte die Flasche Multivitaminsaft mit herübergenommen und nippte an ihr. Er hatte seine Kapuze abgenommen, den Pullover geöffnet.

Mir ist aufgefallen, dass viele Sätze gleich beginnen. Bin mir nicht sicher, ob Du das bewusst als Stilmittel so machst. Habs mal markiert.

Vorschlag: Er hatte die Flasche Multivitaminsaft mit herübergenommen und nippte an ihr. Die Kapuze hatte er abgenommen, den Pullover geöffnet.

Er sah zu seinem kleinen Bruder und nippte wieder am Flaschenhals, roch den schweren Geruch der Wohnung, sah das kleine Cupboard, auf dem gerahmte Fotografien und ein Kaffeeservice standen. Er war sich nie sicher gewesen, ob sie wirklich Brüder waren. Er war strohblond und hellhäutig, sein kleiner Bruder feuerrot, lockig und mit hunderten Sommersprossen von Kinn bis Stirn. Er konnte sich nicht daran erinnern, seine Mutter jemals schwanger gesehen zu haben. Er erinnerte sich, schon als Kind darüber nachgedacht zu haben. Shaun war plötzlich da gewesen.

Sehr viele Doppelungen.

Es war seltsam daran zu denken, wie es das erste Mal passiert war. Er nippte am Multivitaminsaft, lehnte sich zurück in die Polstergarnitur, sah auf den Fernseher und versuchte sich zu entspannen. Er sah rüber zu seinem Bruder, auf seine blaue, löchrige Jogginghose, die feuerroten Haare, die glubschigen, nervösen Kinderaugen.

Auch hier wieder viele Doppelungen.

Er hatte einfach seine Sachen gepackt. Er hatte einfach eine Plastiktasche voller Wäsche gepackt und war aus der Wohnung gegangen.

Könnte man verbinden.

Vorschlag: Er hatte einfach seine Sachen gepackt, eine Plastiktasche voller Wäsche, und war aus der Wohnung gegangen.

Er hielt es zwei Tage mit ihr aus.

Reife Leistung!

Er wusste nicht, weswegen er wütend war. Es war in ihm aufgestiegen, so als ob es schon lange zu ihm gehören würde. Sie lehnte sich an seine Schulter, und es war seltsam, aber als sie schließlich aufstanden, schlug er sie. Wenn er jetzt darüber nachdachte, schlug er sie nicht wirklich; er gab ihr mit der flachen Hand einen Klaps auf die Backe. Er wusste nicht, wieso er das tat. Er hatte nie gesehen, wie ein Mann eine Frau schlug, aber da war etwas in ihm, das es tat.

Mir ist aufgefallen, dass das Wort "seltsam" schon recht häufig vorgekommen ist.

Müsste es nicht heißen: ... Wenn er jetzt darüber nachdachte, hatte er sie nicht wirklich geschlagen ...?

Hier hab ich mir gedacht "Was für ein A ...!" Ich finde es gut, wie Du langsam aufbaust, die verschiedenen Entwicklungsstufen zeigst. Sehr authentisch.

Er saß auf der Couch, mit der Fernbedienung in der Hand, und drückte die TIME-Taste. Es war jetzt fast achtzehn Stunden her. Er schaute wieder rüber zu seinem kleinen Bruder. Es war seltsam, was er getan hatte, und noch seltsamer, wie er sich dabei fühlte. Er war vollkommen ruhig. Er war so ruhig, wie er lange nicht gewesen war. Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen wie vorhin? Er hätte sich nie vorstellen können, dass man sich fühlen konnte wie vorhin. Er schwitzte nicht besonders. Er war etwas schläfrig und er hatte etwas Hunger, aber ansonsten fühlte er nichts.

Sehr viele Doppelungen. Macht das ganze etwas abgehackt/ holprig.

Vorschlag: Er saß auf der Couch, die Fernbedienung in der Hand und drückte die TIME-Taste. Fast achtzehn Stunden waren vergangen. Sein Blick fiel auf seinen kleinen Bruder. Es war seltsam, was er getan hatte, noch seltsamer war, wie er sich dabei fühlte. Diese vollkommene Ruhe, die er so lange nicht mehr empfunden hatte. Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen? Er hätte sie nicht vorstellen können, sie so zu fühlen. Er schwitzte nicht besonders, war nur ein wenig schläfrig, hatte etwas Hunger, ansonsten fühlte er nichts.

Nana hatte ein glattrasiertes Gesicht und einen glattrasierten Schädel. Nana schüttelte erst seine Hand, dann Shauns.

Als die Pizza kam und alle mit lauten Ohs und Ahs ihre Kartons öffneten, stand Alex auf und ging in die Küche. Er war so wütend. Er hasste das alles so sehr. Er hasste Nana. Er hasste seinen Klumpfuß und seine glattrasierte Glatze. Er hasste seine Mutter und – auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte – auch seinen Bruder Shaun. Er hasste dieses ganze Leben. Er hasste diese Küche und er hasste diese Wohnung. Er ging zur Spüle, zog das Schubfach darunter hervor und nahm das Hackmesser mit dem großen Griff in die Hand. Er spürte, wie dieses Etwas in ihm aufstieg, als sei es schon immer er selbst gewesen. Er ging zurück in die Küche und stand einen langen Augenblick hinter Nana, starrte das kurze, wippende Bein und die glattrasierte Glatze an.

Die vielen Doppelungen braucht es gar nicht. Das ist wie eine Überbetonung. Wird dem Leser auch so klar.
"Als sei es schon immer er selbst gewesen" - Das hattest Du bereits erwähnt, ist nicht noch einmal nötig.

Vorschlag: Er war so wütend, voller Hass. Auf Nana, seinen Klumpfuß, die glattrasierte Glatze. Auf seine Mutter und - auch wenn er es sich nicht eingestehen wollte - auf seinen kleinen Bruder Shaun. Er hasste dieses ganze Leben, diese Küche, diese Wohnung. Eine Sekunde verharrte er vor der Spüle, zog das Schubfach darunter hervor und nahm das Hackmesser mit dem großen Griff in die Hand. Er spürte, wie dieses Etwas wieder in ihm aufstieg, die Kontrolle übernahm. Dann ging er zurück in die Küche, stand einen langen Augenblick hinter Nana, starrte auf das kurze, wippende Bein und die glattrasierte Glatze.

Echt krass der Typ hab ich da gedacht. Hatte Mitleid mit den anderen.

Manchmal, wenn sie sich küssten und danach in die Augen sahen, oder wenn sie besonders laut lachte oder ihm die falsche Limonade aus dem Automaten mitbrachte, stieg dieses Beben in ihm auf, sie zu ohrfeigen, sie zu beschimpfen, ihr an den Haaren zu ziehen. Was war das?

Ja, hier fragt er sich noch, was das ist. Da hat man als Leser noch Hoffnung, dass es nicht schlimmer wird.

Sie ließen das Kind im Wagen und saßen den Nachmittag über mit ihren Toastbroten auf einem umgeknickten, moosbewachsenen Baumstamm, der zur Hälfte in den See reichte. Die meiste Zeit schwiegen sie, mit dem Vogelgezwitscher und dem Rascheln des Waldes hinter sich. Sie sahen Zander und Graskarpfen durch das Wasser unter ihren Füßen gleiten, und am anderen Ende des Sees, winzig und kaum hörbar, ein Badestrand, rote Tretboote und kreischende Kinder.

Dieser Abschnitt ist heftig. Das arme Kind, das zurückgelassen wird. Und auf der anderen Seite die Idylle, die scheinbar friedliche Stimmung. Krass!

Er hatte noch nie außerhalb des Fernsehens eine derart große Masse Wasser gesehen; er roch das Wasser: Algen, feuchte Erde; er sah seine glänzende Oberfläche bis zum Horizont reichen, hörte das Plätschern in der kleinen Bucht, in der sie saßen. Was gab es dort draußen noch alles, das er nie gesehen hatte? Was für ein Mensch war er?

Ich finde es schön, wie Du die verschiedenen Sinne ansprichst. Der Abschnitt ist sehr philosophisch. Da hatte ich immer noch Hoffnung.

Nachts gingen sie zurück zum Parkplatz. Als sie die Tür öffneten, schrie das Kind wieder, aber leise, erschöpft. Es hatte einen seltsam roten Kopf und war von Stirn bis zu den Füßen von glänzendem Schweiß bedeckt.

Ich bin soooo voller Mitgefühl für das arme Kind! Hat mir schier das Herz gebrochen, das zu lesen.

Später, als sie auf den Decken lagen, zog er erst ihre Unterwäsche aus, dann seine. Sie wehrte sich, und als er sie ohrfeigte, drehte sie den Kopf zur Seite und starrte aus dem Fenster. Er spürte, wie sie unter ihm verkrampfte, hörte ihr schnappartiges Schnaufen. Ihre Schwäche machte ihn so wütend. Links und rechts neben ihnen die hohen Lastzüge der LKWs. Durch die Windschutzscheibe das weiße Licht des Mondes und die blinkende Leuchtreklame des angrenzenden Rasthofs. Der Himmel olivschwarz. Als er in sie eindrang, ohrfeigte und würgte er sie. Adrenalin in seinem Körper, auch Ekel.

Heftig! Gut beschrieben. Das geht nahe.

Sie rührte sich nicht. Sie lag da, zitterte und hyperventilierte, den Blick noch immer aus dem Fenster. Als ob sie es verdient hätte. Ihre Liebe, ihre Zutraulichkeit widerten ihn an.

Sehr authentisch!

Sie liefen zur Raststätte, frühstückten, versorgten das Baby und tranken Booster-Energy, und anschließend legten sie die Babyschale mit dem Kind wieder auf die Rückbank und gingen zum See. Sie sagte nichts, die ganze Zeit über, und er begann ein paar Sätze, brach sie aber immer wieder ab.

Und dann tun sie, als wäre nichts gewesen und lassen das Kind wieder alleine. Unglaublich!

Er hätte das Auto nicht knacken sollen. Es hatte nichts geändert. Nichts würde die Kraft haben, etwas zu ändern. Nichts würde die Kraft haben, ihn zu ändern. Er wusste, dass sie nicht mehr lange bei ihm bleiben würde. Er wusste, dass sie darüber nachdachte. Er wurde wütend, wenn er daran dachte. Er dachte an das Baby, wie es schrie. Was hatte er erwartet? Würde er jemals etwas anderes sehen, als diese Wohnungen, die Gänge, die Küchen? Er dachte, alles sei unfair für ihn verlaufen. In Gedanken gab er seiner Mutter an allem die Schuld. Er gab den Männern an allem die Schuld. Er gab der Welt und das, was andere die Gesellschaft nannten, an allem die Schuld. Ihr seid alle Fotzen, dachte er. Er sah die Weite des Sees und fühlte die Enge, die er seit jeher zu spüren glaubte.

Auch hier empfinde ich die vielen Doppelungen wie eine Überbetonung, die gar nicht nötig ist. Die Gefühle kommen deutlich rüber und als Leser würde ich ihn gerne schütteln und ihm sagen: "Du selbst kannst Dich ändern. Schieb es nicht den anderen zu!" Mit jedem weiteren Absatz, je mehr ich über den Prota erfahre, desto klarer wird, dass es keine Hoffnung gibt, dass sich nicht alles zum Guten wenden wird. Du zeugst deutlich seine Ambivalenz. Einerseits verachtet er die Frau, andererseits wird er wütend, wenn er daran denkt, dass sie ihn bald verlassen wird.

Als sie später am Wagen ankamen, lag das Kind bewusstlos und mit einem dunkelroten Kopf in der Babyschale. Sie schnallte es ab, hob es aus dem Auto und schüttelte es. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht. »Shit«, sagte sie, mit der Sonnenbrille auf, und sah Alex an.

Hab so mitgelitten!

Alex sah auf sie hinab. Er hasste dieses Mädchen so sehr. Er hasste das Kind so sehr. Er hasste das Gefühl, das er hatte, wenn er mit ihnen zusammen war. Wieso hatte sie sich nicht gewehrt? Wieso gab es dieses Kind? Ihr seid alles Fotzen, dachte er. Wie könnt ihr mich nur so verarschen?.

Teilweise war mir das ein bisschen too much. Immer wieder sein Hass. Die vielen Wiederholungen. An manchen Stellen bin ich dann abgeschweift, hab nur noch überflogen. Empfand es als langatmig.
Hinterm letzten Satz müsste ein Fragezeichen hin.

Er steckte sich eine neue Zigarette an, trippelte mit den Beinen herum und sah seiner Freundin zu, wie sie das Kind dort auf dem Pflasterstein trocken rieb und neu einkleidete. Er dachte daran, bis zu seinem Tod mit ihr und dem Kind verbunden sein zu müssen. Er wusste nicht, was er ändern könnte. Er hatte eine abgebrochene Maler-Ausbildung und eine Vorstrafe wegen versuchtem Totschlags. Er bekam keine Arbeit, und wenn, dann einfache Trage- und Hilfsarbeiten, Mindestlohn und Zehn-Stunden-Schichten. Entweder hörte er zu Hause das Kind schreien oder trug auf Baustellen Stahlgerüste, schaufelte Kies und Erde für kleine Landschaftsgärtnereien, um alles für ihre Miete, Essen, Tabak, Softdrinks und das Baby ausgeben zu müssen.

Mitleid hab ich nicht mit ihm. Einfach krass, was er so denkt, während das Baby so leidet.

Hier auch wieder viele Doppelungen.

Gott, die Nutte, will sich über mich lustig machen; der Nutten-Gott hat mir das alles eingebrockt.
Als sie sich in der Hocke sitzend schließlich zu ihm umdrehte und: »Schatz?« sagte, holte er mit dem Fuß aus und trat ihr mit der Schuhsohle ins Gesicht. Sie fiel rücklings auf den Boden, neben das Baby, die Hand vor Nase und Mund. Das Baby schrie. Ihre Augen richteten sich gläsern und panisch auf ihn. Sie blickte sich kurz auf die Handfläche, sah all das Blut, das aus ihrer Nase strömte, und sah dann wieder zu ihm. Der vertrocknete, braune Rasen neben ihnen. Der Urin-Geruch der Rastplatz-Toiletten. Die drückende, schwere Hitze. Das Schreien des Kindes. Das Hupen eines LKWs ein paar hundert Meter entfernt von ihnen.

Auch ein sehr heftiger Absatz. Hat mich erschüttert.

Als er am nächsten Morgen auf dem Beifahrersitz aufwachte, waren Anna und das Baby mitsamt der Babyschale verschwunden.

Was war ich erleichtert!

Sein ganzer Körper war verschwitzt, die Hitze schwer im Auto. Die Sonne prall vom ozeanblauen Himmel. Seine Blase drückte und sein Mund war trocken. Pall Malls und ein paar Euro-Stücke in seiner Hosentasche. Er startete den Wagen. Er wusste, dass es sinnlos war. Er legte den Rückwärtsgang ein, parkte aus und bog auf die Autobahn. Er wollte so lange geradeaus fahren, wie er konnte. Er wusste nicht, in welche Richtung er fuhr. Er dachte an das Meer, an eine Werft und an ein großes Container-Schiff, auf dem er anheuern würde. Er dachte an Japan, an die vielen Kung-Fu-Filme, die er sich mit Shaun im Fernsehen angesehen hatte. Er dachte an unendlich weites Wasser. Er dachte daran, wie er sie vergewaltigt hatte. Er wurde furchtbar wütend auf seine Mutter, kramte seine Zigarettenschachtel aus der Jeans-Tasche und steckte sich eine Kippe an. Die Fenster geöffnet, die Luft drückend in den Innenraum ziehend. Er dachte, dass Nana und seine Mutter schuld daran wären. Er dachte, dass Gott schuld daran wäre. Wieso hatte Gott ihn so scheiße behandelt?

Zu viele Doppelungen.

Insgesamt krass, was er so denkt. Gut beschrieben. Die Dichte des Textes ist sehr gelungen. Interessant fand ich, dass die Gedanken dann immer mehr Richtung Gott schweifen.

Er legte mehrere Pausen unter dem Schatten von Bäumen und Brücken ein, die ihn auf seinem Weg neben der Leitplanke passierten, weil er befürchtete, ansonsten umzukippen. Wenn er die Augen offen hielt und geradeaus sah, schwankte alles. Seine Kehle so trocken, dass es schmerzte. Sein Magen leer und sein T-Shirt, seine Shorts und seine Socken komplett durchgeschwitzt. Seltsame Gedanken in seinem Kopf, und dann wieder keine.

Auch hier bin ich ihm sehr nah. Die Nähe ist geradezu erschreckend.
Tatsächlich hab ich aber an keiner Stelle Mitleid für ihn empfunden.

Sein Hals war trotzdem trocken und brennend, der Schwindel und die Übelkeit nach wie vor in ihm, so wie die Hitze, die Sonne, die Gänge, seine Freundin, seine Tochter, seine Mutter und Shaun in ihm waren.

Welche Gänge? Was meinst Du damit?

Er saß dort zwei Stunden lang und streckte den Daumen aus, aber niemand hielt. Sein Durst war riesig, seine Kehle brennend trocken, seine Klamotten nassgeschwitzt an ihm klebend. Schwindel und Übelkeit in ihm. Er wusst (hier fehlt ein e) nicht, was er tun sollte. Er wusste, dass er es ohne Flüssigkeit keinen Tag mehr in der Hitze aushalten würde. Er wusste nicht, wohin er gehen sollte. Er hielt den Daumen ausgestreckt und sah die Fahrzeuge an ihm vorbeifahren.

Hat er verdient!

... wusste ...

Alex nahm die Flasche und trank ein paar Schlucke. All die dicke, heiße Sommerluft um ihn. Noch ein weiterer, grauhaariger und stark übergewichtiger Shell-Mitarbeiter tauchte über ihm auf, tupfte sich mit einem Papiertuch den Schweiß von der Stirn, fluchte und gestikulierte mit den Händen.

Hier dachte ich: "Warum rufen die nicht den Notarzt" und kurz darauf stand es dann im Text.

Er winkte ab und stand auf. Der adipöse, ältere Shell-Mitarbeiter sah ihn mit aufgerissenen Augen an und hielt ihn an der Schulter fest. »Bleib sitzen«, sagte er.
»Nein«, sagte Alex. Er trank noch einen Schluck Fanta und lief dann los. Der Adipöse wollte ihn festhalten, aber Alex schubste ihn im Gehen weg; schließlich ließ der Adipöse es sein. Alex hörte die beiden von der Stelle, an der er aufgewacht war, noch weitere Dinge ihm zurufen; schließlich kletterte er über die Hecke am Außenbereich der Tankstelle, und dann hörte er auch sie nicht mehr. Er blickte nicht zurück.

Echt heftig und sehr authentisch. Als Leser denk ich mir, mensch, sei mal dankbar und ist doch egal, ob einer dick ist oder nicht, wenn er Dir hilft. Und mir ist klar, dass Dein Prota 0 Emphatie empfindet, und dennoch will ich ihn jedesmal schütteln.

Der Alte hing mit den Armen über den Gartenzaun und besah ihn.

besah ihn (kommt nicht nur einmal im Text vor)
Das hab ich so noch nie gehört, finde es strange.
Vielleicht ... musterte ihn ...

Der Alte hing mit den Armen über den Gartenzaun und besah ihn. Der Alte hatte einen wachen, scharfen Blick. Er spuckte auf den Boden. Als Alex fast vor ihm stand, sah er, dass der Mann im Rollstuhl saß.

»Schaust scheiße aus«, sagte der Alte. Er lispelte. In seinem Mund fehlten einige Backenzähne.

Wie kann man erkennen, ob jemanden Backenzähne fehlen? Da müsste er ja den Mund schon echt weit aufreißen.

Er spuckte wieder auf den Boden, besah Alex noch mal. »Schaust aus, als ob’s ’ne Straftat wäre, dich hier draußen verrecken zu lassen«, sagte der Alte.

Und hier dachte ich, nee, jetzt kriegt er Hilfe. Hat er nicht verdient. Und ich hatte auch Sorge um den Alten (leider berechtigterweise).

Die Küche bestand aus einer Spüle, die vollkommen mit Tellern und leeren Dosen gefüllt war, einer Arbeitsfläche, auf der benutzte Teller, Töpfe und Dosen gestapelt waren, und ein(em) Holztisch mit Eckbank, der beinahe vollkommen mit Zeitschriften- und Zeitungsstapeln bedeckt war.

einem Holztisch

Sein Kopf stach so sehr. Ihm war so schwindelig. Wie war alles so weit gekommen? Er hasste Anna so sehr. Er hasste seine Mutter so sehr. Und er hasste Shaun. In Gedanken gab er ihnen die Schuld an allem; an seiner Ausweglosigkeit. Er wusste, dass er nie von Anna und dem Kind loskommen würde. Er müsste ihnen ein Leben lang Geld zahlen. Er müsste ein Leben lang buckeln. Steine schaufeln, die Schreie des Chefs. Er zündete sich eine Zigarette an. In Gedanken gab er seiner Mutter die Schuld an allem. Er gab den Männern die Schuld an allem; seinem Vater, den er nie kennenlernte, und Nana. Er gab die Schuld dem, was andere die Gesellschaft nannten. Er wusste, dass er sein Leben lang buckeln würde. Er wusste, dass er nie auf ein Schiff nach Japan anheuern würde; er hasste sich so sehr. Er hasste sich, weil er so dumm war. Alles war unfair für ihn verlaufen. Der Richter hatte ihn unfair behandelt. Die Erzieher im Heim hatten ihn unfair behandelt. Die Frauen hatten ihn unfair behandelt. Ganz besonders die Frauen. Er wurde so wütend, dass seine Hände zitterten; schließlich seine kompletten Unterarme

Und hier wieder die Gedankenspirale. Die selben Gedanken. Die selben Worte. Ich frag mich, ob es das braucht. Bin gespannt, wie andere es sehen. Mir ist es stellenweise too much. Als würdest Du Deinem Text nicht so vertrauen, es immer und immer wieder ausschreiben und betonen müssen.
Hier hab ich mir gedacht: "Der Kerl nervt. Ich kanns nicht mehr hören. Der hat nen Knall."
Und auch hier keinerlei Mitleid für ihn.

Wie konnten ihn alle so im Stich lassen? Alex atmete tief ein und aus. Das Herz trommelte in seiner Brust. Die Gedanken an seine Ausweglosigkeit. Als ob er Steine gefressen hätte. Seine Hände zitterten. Er hasste Anna so sehr. Er hasste das Kind so sehr.

Und wieder die selben Worte. Dabei ist sein Hass so greifbar, auch ohne, dass Du es immer wieder erneut betonst.

Ich bin Abschaum, dachte er. Ich bin großartig, dachte er. Er wusste, dass er großartig war. Wie konnten alle sagen, er sei schlecht?

Und hier wieder die Ambivalenz. Sehr gut gemacht.

Seine Wut steigerte sich so sehr, dass er glaubte, sie nicht länger bescherrschen zu können. Er spürte, wie dieses Etwas in ihm aufstieg, Besitz von ihm ergriff.
Mutter, ich möchte dir mit meiner blanken Faust langsam und genüsslich jeden einzelnen deiner Zähne aus dem Mund schlagen. Ich möchte dir ein Gummiband um den Hals knoten und daran ziehen, um zu sehen, wie du spuckst und Angst vor mir kriegst.

Heftig! Krasse Gedanken.

Mit jedem Schritt spürte er so etwas wie einen frischen Wind in sein Wesen ziehen. Sein Bauch kribbelte. Einen Augenblick wurde ihm speiübel, dann fühlte er große Verknalltheit; woher kam das?

Das frag ich mich als Leser auch.

Die Haut seines Gesichtes, seiner Arme und seines Bauchraumes prickelten. Er schloss die Augen und sah grenzenlose See vor sich. Azurblau. Er roch Staub, nassen Stein und Schimmel. Auf eine seltsame Art befahl ihm das Etwas, dort hoch zu gehen. War er der Sohn Gottes? Er wusste, dass er großartig war. Er wusste, dass sich sogar Gott vor ihm fürchtete. Er wusste, dass er wollte, dass Gott ihm den Schwanz lutschte. Er wollte in Gottes Mund pissen. Er wollte Gott an den Haaren ziehen, ihm seinen Mund ficken.

Erinnert bisschen an eine Psychose, das plötzliche ständige Erwähnen von Gott.

Als er den Alten ansah, wusste er, was er tun würde. Beim Gedanken, den Alten totzumachen, stieg das Gefühl grenzenloser Freiheit in ihm auf.

Grrrrr. Und ich bin wütend geworden beim Lesen.

Stille zog in Alex ein, und für einen Moment dachte er darüber nach, die Treppe wieder nach unten zu gehen, eine Kleinigkeit zu essen und das Haus in Richtung Autobahn zu verlassen.

Das wäre sehr schön gewesen!
Aber mir war klar, dass er das nicht tut.

Die große körperliche Anstrengung des Ziehens und Drückens führte dazu, dass Alex plötzlich große Angst durchfuhr; er dachte daran, was ihm bevorstünde, wenn er geschnappt würde; er zog fester am Riemen, verlagerte sein Gewicht nach vorne und presste die Lippen aufeinander.

Oja! Er hätte definitiv geschnappt werden sollen. Die Spannung ist unerträglich. Ich fiebere mit.

»Du Köter«, sagte Alex. Wut stieg wieder in Alex auf; er wurde so wütend, dass seine Hände und Arme fast fuchtelnd zitterten. Er wusste, dass er es zu Ende bringen musste. Dieses Etwas in ihm flackerte, wie eine von Wind gepeitschte Flamme. Du musst es zu Ende bringen, sagte es. Du bist großartig, sagte es. Wer will dir im Weg stehen, wenn nicht einmal Gott es kann? Er war der Zerstörer des Gesetzes. Nicht einmal Gott war so frei wie er. Er konnte tun und lassen, was er wollte. Niemand würde ihn kriegen. Er war großartig.

Heftig! Da standen mir alle Haare zu Berge.

Er war erstaunt, wie lange der Alte unter ihm durchhielt; wie viel Kraft der Alte besaß. Er redete sich ein, stärker als der Alte zu sein. Der Gedanke, den Zweikampf gegen den Alten zu verlieren und dem Alten unterliegen zu können, nahm Alex das großartige Gefühl, über den Dingen zu stehen. Für einen Augenblick sah er die Möglichkeit, selbst im Kampf gegen den Alten zu sterben. Der Gedanke, sein eigenes Leben hierbei zu verlieren, bereitete ihm einen neuen Schub des elektrisierenden, belebenden Gefühls.

Sehr authentisch.

Nur die Doppelungen sind mir persönlich too much.

Mit 27 Jahren, nach den 23 Morden, die er noch verüben sollte, würde Alex einem Focus-Reporter erzählen, dass er in jenem Moment – dort schnaufend und schwitzend auf der Matratze neben dem Mann ohne Beine – das erste Mal das rauschhafte Gefühl von absoluter Freiheit empfunden hatte; dass er sich in diesem Moment das erste Mal so nah bei seiner innersten Natur fühlte, dass selbst Gott nicht freier und befriedigter war als er.

Schrecklich! Was für ein grausamer Mann!

Und hervorragend, wie Du ihn rüber bringst. Du hast meine Hochachtung!

blickte nicht zum Haus zurück, streifte sich durch das blonde, verwachsene Haar, zog Schleim aus dem hinteren Teil seines Rachens, rotzte auf die Straße und fuhr los.

Was soll verwachsenes Haar sein?

Er war so ruhig. Er war so ausgeglichen. Das Strangulieren und Hinrichten war wie ein neues Hobby, das Alex für sich entdeckt hatte. Er genoss den Gedanken, in ein paar Tagen – wenn es ihm beliebte – über ein erneutes Töten nachzudenken. Er dachte an das rauschhafte, mächtige Gefühl, das er beim Strangulieren und Hinrichten des Alten hatte; das Nachgefühl dieser Welle vibrierte noch in seinem Körper. Allein der Gedanke an ein erneutes Töten trat das euphorisierende, übergottstehende Gefühl in ihm los.

Heftig! Heftig!

Gern gelesen!

Ich wünsche Dir einen sonnigen Tag!

Liebe Grüße,
Silvita

 

Hallo @zigga. Ich habe deine Geschichte gelesen. Ich wollte mich revanchieren für deine Kritik an meiner Geschichte. Es ist nur so, dass ich mit deinem Protagonisten nicht warm werde. Ich kann mich in die Szenen nicht hineinversetzen. Wut kenn ich natürlich schon. Nur grundlose Wut aus heiterem Himmel hört bei mir mit schlechter Laune auf. Trotzdem habe ich von Alex eine Gänsehaut bekommen. Ist schon Horror das du schreibst. Gänsehautkino, Oder? Schönen Tag noch. Billi.

 

Hey @zigga ,

mega, mal was Längeres von dir zu lesen. Und du hältst das Tempo gut durch; eigentlich anders: du nimmst hier besonders auf der Länge Fahrt auf. Und klar geht es mir wie Silvita. Ist auch für mich harter Tobak. Das steigert sich ja ganz schön. Ich dachte neulich schon bei Proofs Geschichte ... gut, das hier ist was anderes und auch ein anderes Kaliber.

Ich habe das sehr gerne gelesen (ein Qualitätsurteil – wenn man so weit von Inhaltlichem abstrahieren kann).

1. Die besondere Qualität liegt für mich in all dem, was man hier unter Milieustudie verbuchen könnte; dann im schlichten Erzähltonfall, unter dem stets ein hungriger Zigga liegt und gelegentlich nach literarischen Leckerbissen kläfft, aber (vom Meta-Zigga?) nicht von der Leine gelassen wird. Nicht zuletzt liegt die Qualität für mich in der Ausdrücklichkeit der Handlung – es geht zur Sache und noch etwas mehr.

2. Ich sehe im ersten Abschnitt ein Problem mit der Erzählposition – Ungereimtheiten im Tonfall; mit der Einschätzung (nach ein paar mal darüber Nachdenken), dass das interessanterweise alles sehr leicht änderbar ist, wenn du das denn willst (ich gebe da gleich noch paar Beispiele).

3. Ein kleines Grundsatzproblem betrifft für mich die Tragweite des Erzählten. Einerseits ist das eine Erzählung, andererseits wirkt es – wahrscheinlich wegen der unmöglichen Perspektive (ein hassenswerter Mörder) wie eine sehr lange Szene, aber weniger wie eine Erzählung; obwohl es da ja gerade durch die Abschnitte eine Zeitlichkeit gibt.

4. Nach dem ersten Absatz bin ich sehr gut durch den Text gekommen. Sprache war nicht zu kompliziert und Tempo und Stil sehr treibend. Hat mich gut durch den Text gezogen.

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Einzelheiten:

Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was den Jungen beunruhigte, als er den Schlüssel der Wohnungstür nach links drehte, die Tür einen Spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Flurs von einem Bein auf das andere treten sah.

Hat Spaß gemacht dieser Einstieg

geklopft

was ist das für Dialekt, doch nicht Fränkisch?^^ Das finde ich zum Beispiel schon etwas problematisch, um mal ein Beispiel zu nennen.

»In Reiterswiesen«, sagte er, »weißte doch.«

Das klingt bayrisch

»Wees ick, wees ick«

Das ist Berlinerisch

»Kleiner Papagei, wadde?«

Das ist Pott


––––

Klär mich bitte auf – dass man das in einer bestimmten Region alles auf einmal sagt. :D

daheim

Dann dieser Tonfall. Wer sagt denn in dem Alter und in der Zeit 'daheim' – dann doch wirklich nur irgendwo in Bayern oder? Und dagegen dann sowas:
jetzt sei nich’ gleich so ’ne Pussy

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sagte sein großer Bruder

Hier ist mir der Erzähler nicht klar. Ist das jetzt focalisation externe oder interne?

Keine Trickserie und kein Animationsfilm

Wieder ein Hinweis auf externe; was dann aber hiermit nicht übereinstimmt, wo es exakt benannt werden kann:
Takeshi’s Castle
Relict Hunter

Übrigens Takeshis Castle damals: <3

aber ihm fiel nichts anderes ein, was er ansonsten tun könnte

hier der Verzicht auf Konjunktiv II – ich schätze, mit der Absicht, dass sprachlich altersmäßig etwas runterzubringen (spricht schon wieder für focalisation interne); dann aber später

an einem verlören
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später dann:

glaubte sie, schwanger zu sein, und zu ihrer beider Erstaunen

das muss dann wieder externe sein bzw. trifft das den Milieu-Ton nicht. Was war die Idee?

Marlboros

Und hier können die Dinge auch plötzlich wieder beim Namen genannt werden.

der Junge
sein Bruder

Aber selbst das weiß der Erzähler nicht zu benennen. Unwahrscheinlich dass diese Entpersonalisierung auf "den Jungen" zurückgeht; der sich selbst als namenlos und seinen Bruder ebenso sieht. Wenn doch, das wäre schon konstruiert. Nein, es ist irgendwie einfach ein anderer Erzähler. Nach Gerard Genette, wie gesagt, focalisation externe.

Der Hund war mit einem Mann gegangen, der Jerôme

Weil hier wird der Name von irgendwem gewusst.

Als er sie ein paar Mal geohrfeigt hatte, war da die merkwürdige Gewissheit in ihm, das Mädchen entweder irgendwann totzuschlagen oder so weit weg wie möglich zu fahren, weg von der Siedlung und dem Ufer und den Tankstellen, die alle nur zwei Orte entfernt lagen.
Als er in sie eindrang, ohrfeigte und würgte er sie. Adrenalin in seinem Körper, auch Ekel. Sie rührte sich nicht, während er sie fickte. Sie keuchte und stöhnte, und er spürte ihre Hitze, ihren kalten Schweiß, legte sein Gewicht auf ihren Hals und schlug sie mit der flachen Hand ins Gesicht. Er dachte an all das Wasser, an »das Ufer« und wie das Baby schrie. Ihr Ein-Zimmer-Apartement, die blank auf dem Boden liegende Matratze. Das Kindbett daneben. Wie unfair das alles war. Wie unfair das alles für ihn gelaufen ist. Nachdem er sie auf den Bauch gedreht, an den Haaren gepackt und eine Weile gegen die Rückbank gepresst hatte, kam es ihm. Er rollte sich zur Seite, auf den Rücken, atmete, schnaufte, fuhr sich durch das verschwitzte Haar. Sein Herz raste. Ihm war kotzübel. Er war wütend über etwas, das er nicht greifen konnte. Er spürte sie neben ihm zittern. Ihr Hyperventilieren. Sie rührte sich nicht. Sie lag da, zitterte und hyperventilierte, den Blick noch immer aus dem Fenster. Als ob sie es verdient hätte. Ihre Liebe, ihre Zutraulichkeit widerten ihn an.

Das ist in seiner Ausdrücklichkeit mega stark finde ich. Da hast du dich richtig was getraut.

Lutsch mir den Eichel, Gott.

den Eichel?? :lol: Kenne ich – bislang zumindest – nicht. Für mich auf jeden Fall die Eichel. Vielleicht hast du ja Schwanz durch Eichel ersetzt gehabt ...

Es ist nur so, dass ich mit deinem Protagonisten nicht warm werde.

Das klingt übelst falsch. Ich denke, ich weiß, wie du es meinst. Aber trotzdem :lol:


Hey Zigga, weiter so, finde ich sehr gut!
Viele Grüße
Carlo

 

Huhu und Guten Morgen zusammen,

hab grad den Kommentar von @Carlo Zwei gelesen, und wollte nur kurz anmerken, dass wir Badner auch "daheim" sagen. :) Der Begriff wird hier ständig verwendet, auch von Erwachsenen.

Sonnige Grüße,
Silvita

 

Hallo @zigga,

da hast du aber ein Monster kreiert! Mir ging es ähnlich wie einigen meiner Vorgänger, ab einem gewissen Punkt wurde es mir zu viel. Sicher gibt es solche Menschen, trotzdem war mir die Darstellung irgendwann zu einseitig, da kam immer und immer mehr Hass in immer geballterer Form, und ich habe auf den Moment gewartet, an dem ich Alex zumindest ein Stück weit nachvollziehen kann, weil er vielleicht von einem Extrem ins andere fällt - aber es bleibt bei diesem einen Gefühl: Hass. Später kommen zwar noch die Allmachtsgefühle dazu, aber mich würde auch das vorher interessieren. Bis zu dem Punkt, an dem er Nana niedergeknüppelt hat, bekomme ich kein rechtes Bild von ihm und seinem Leid.

Aus der Hand legen konnte ich die Geschichte trotzdem nicht, ich wollte schon wissen, wie es mit ihm weitergeht. Ich persönlich hätte es aber spannender gefunden, wenn es ab und zu in eine andere Richtung gegangen wäre, ich vielleicht einen Funken Hoffnung für ihn gehabt hätte, um dann zu sehen, er schafft es nicht.

Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was den Jungen beunruhigte, als er den Schlüssel der Wohnungstür nach links drehte, die Tür einen Spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Flurs von einem Bein auf das andere treten sah.
»Mach auf«, sagte sein großer Bruder im Treppenhaus vor der Wohnungstür.
Vielleicht ist es ein Stilmittel, das Distanz schaffen soll, aber ich fand den Einstieg etwas schwierig. Der Junge, der große Bruder, dann Alex. Ich musste mich erstmal zurechtfinden. Würde hier schon mit Shaun einsteigen.

»Hast’ dich geklopft oder was?
Kann natürlich Dialekt sein. Sonst würde ich sagen gekloppt.

Er war ein weißer Deutscher, fast zwei Meter groß, mit rahmenloser Brille, halblangem, grau-schwarzem Haar und einer seltsamen Kerbe inmitten seiner linken Zeigefinger-Kuppe, die das Fleisch merkwürdig entzwei teilte.
Tolles Detail.

Am nächsten Morgen begann er, sauer auf etwas zu sein, von dem er nicht wusste, was es war.
Das finde ich sehr treffend. Gerade das Verhältnis zur Mutter hat ihm schon mal seine Sicht auf Frauen versaut, und sein Hass kommt völlig unreflektiert.

Wenn er jetzt darüber nachdachte, schlug er sie nicht wirklich; er gab ihr mit der flachen Hand einen Klaps auf die Backe.
Er bagatellisiert. Das passt zu seinem Charakter und macht ihn nachvollziehbar für mich. Finde ich gut gelungen, diese langsame Einführung, die sich im Laufe der Geschichte bis zum Wahnsinn steigert.

Es war seltsam, was er getan hatte, und noch seltsamer, wie er sich dabei fühlte. Er war vollkommen ruhig. Er war so ruhig, wie er lange nicht gewesen war. Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen wie vorhin? Er hätte sich nie vorstellen können, dass man sich fühlen konnte wie vorhin.
Das finde ich dramaturgisch auch sehr gut gemacht. Erhöht die die Spannung.

Er hasste seinen Klumpfuß
Auch schon ein Hinweis darauf, dass er später einen Mann ohne Beine umbringt. Nana hat ein Trauma bei ihm losgetreten, er sagt, er war gewalttätig, obwohl die Mutter in der Szene als sehr entspannt beschrieben wird. Eifersucht?

Manchmal, wenn sie sich küssten und danach in die Augen sahen, oder wenn sie besonders laut lachte oder ihm die falsche Limonade aus dem Automaten mitbrachte, stieg dieses Beben in ihm auf, sie zu ohrfeigen, sie zu beschimpfen, ihr an den Haaren zu ziehen. Was war das?
Okay, also bis dahin war er noch halbwegs normal, das sagt mir das manchmal, und jetzt geht das allmählich los, dass er die Kontrolle verliert. Aber was mir eben fehlt, ist, was er bis dahin gefühlt hat. Einfach nichts? War sie ihm gleichgültig? Oder war er besessen von ihr? Krankhaft eifersüchtig? Das würde mir helfen, um auch seine schwache Seite erkennen zu können. Versteh mich nicht falsch, er muss kein guter Junge sein, aber es wäre nachvollziehbarer für mich, wenn es irgendetwas gäbe, das seine Kontrolle über sie erklären würde, ein krankhafter Drang, sie besitzen zu wollen oder so.

Als sie später am Wagen ankamen, lag das Kind bewusstlos und mit einem dunkelroten Kopf in der Babyschale.
Furchtbar!


Als er am nächsten Morgen auf dem Beifahrersitz aufwachte, waren Anna und das Baby mitsamt der Babyschale verschwunden.
Ich würde den Namen schon eher erwähnen.

Er gab die Schuld dem, was andere die Gesellschaft nannten.
Hier wiederholt es sich für mich zu sehr. Auch das Schwitzen wird immer wieder erwähnt. Kann aber auch sein, dass du damit das Kreisen seiner Gedanken veranschaulichen wolltest.

. Er sah sich über die Baumkronen des Waldes schweben. Tiere sangen und Menschen beteten zu ihm. Der Gedanke, jedes Menschen- und Tierleben vernichten, quälen, verletzen oder misshandeln zu können, nach jeder Laune, die er hatte, ohne jemals irgendeine Konsequenz ertragen zu müssen, erlöste und beruhigte Alex auf eine grundlegende, unerklärliche Art
Schöne Beschreibung


Er stieg vom Stuhl, ging zum Waschbecken und trank wie ein Köter aus der Leitung.
Auch ein schönes Detail. Dieses Köter-Motiv taucht immer wieder im Text auf. Diesmal ist er selbst einer und erinnert mich an den Anfang, den Hund, der alle Menschen hasst .

Er zog an der Zigarette, lächelte. Das Strangulieren und Hinrichten war wie das beste Videogame, das er je gespielt hatte.
Hier gefällt mir der Vergleich mit dem Videogame, der zeigt, wie für manche Menschen die virtuelle Welt mit der Realität verschwimmt, alles nur noch nach dem Kick beurteilt wird, den man bekommt.

Auf alle Fälle eine heftige Geschichte, die ihre Wirkung nicht verfehlt. Ich habe sie in einem Rutsch gelesen. Allerdings eher wie eine Horrorgeschichte als das Psychogramm eines Menschen. Okay, er ist ein Psychopath, und dass er ab und zu davon träumt, abzuhauen, macht ihn zumindest ein bisschen menschlich. Aber eine Verschnaufpause hätte mir beim Lesen ganz gut getan.

Ein schönes Restwochenende und liebe Grüße von Chai

 

Liebe @Silvita und @Chai, lieber @Billi und @Carlo Zwei!

Ich danke euch vorab für eure starken und ehrlichen Kommentare! Echt stark, dass ihr diesen sehr langen Text gelesen habt, das freut mich absolut.

Ich bin und war in den letzten und kommenden Tagen leider unterwegs und antworte euch nächste Woche, sobald ich einen PC habe, weil ich mir auf jeden Fall Zeit für meine Antworten an euch nehmen möchte! :p

Aber ich verfolge die Kommentare mit Spannung, also versteht mein Schweigen nicht falsch! :aua:

Beste Grüße
zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @zigga :-)

Gleich vorweg: Ich habe Deine Novelle sehr gerne gelesen. Du hältst ein gutes Tempo, der Stil zieht sich sehr gut durch.

Inwiefern Alex' Weg zum Mörder psychologisch plausibel ist, kann ich nicht bewerten. Es bleibt die Regel: Was beim Leser funzt, das funzt. So wird die Frage nach der Plausibilität eine, die du dir als Autor selber stellst. Speziell beim Sadismus melde ich leichte laienpsychologische Zweifel an. Das paraphile Motiv taucht in deinem Text sehr spät auf und wirkte auf mich effektsteigernd - der Alex soll ein richtiges Monster werden. Ich habe einen Alex gelesen, der sich durch das Töten ermächtigt fühlt, eine gottübersteigernde Macht verspürt, die einerseits narzisstische, andererseits sadistische Anklänge besitzt. Es ist seine Art, mit dem Hass, den er empfindet, umzugehen. Diese Form der Ermächtigung als Reaktion auf eine diffus empfundene Ungerechtigkeit - die Welt gab mir nicht das, was ich verdient hätte - könntest du meiner Ansicht nach sprachlich weiter ausreizen. Hier, finde ich, bleibt dein Text zu einfach. Einige Formulierungen wiederholen sich. Sind auch die schwierigsten Stellen, keine Frage. Andererseits liegt bei dir die Messlatte einfach höher. Aber dazu später mehr.

Alex ist ein Mensch, der das Töten als Bewältigungstechnik erlernt. Dass er jedoch nie an einer Stelle eine Form von Schuld anklingen lässt, dass er nicht zweifelt, dass er sein Handeln sofort als richtig empfindet, dass seine narzisstische Bubble nicht verlassen wird ... schwierig. Du treibst ja Alex aus einer Form von Hass über das Töten in Ruhe und Gelassenheit. Zurück in den Alltag, nach den Morden ... was empfindet er? Reflektiert er das? Erkennt er, dass das falsch ist? Hat er Angst vor der Polizei? Nur beim Mord des Alten taucht sie kurz auf. Auch hier die Frage nach der psychologischen Plausibilität.

Diese Momente des Tötens sind Momente eines "Etwas", verbunden mit einer religiösen Wirkung. Das religiöse Motiv flechtest du geschickt ein, du ziehst es raffiniert durch den Text und setzt es als letzte Barriere, die Alex durch das Töten überwinden muss, um in eine göttliche Ruhe (?) zu führen. Ob es das braucht? Meiner Ansicht nach nicht. Aber das ist, welch Wunder, Ansichtssache.

Obwohl der Text in Europa spielt, wirkte er auf eine seltsame Weise us-amerikanisch auf mich: Die Trucker, die Raststätte, die Autobahn als Ort eines perspektivlosen Weiter, weiter. Dieses Road-movie-artige aus sozialer Verzweiflung, die Gefühlskälte gegenüber Schwangerschaft und Familienmitgliedern ... der Alte, der alleine in seiner Hütte lebt ... eine gesetzeslose Welt zwischen Matratzen, die blank auf dem Boden liegen ... Gewalt. Motive aus der us-amerikanischen Literatur. Mich erinnerte das vage an Fay von Larry Brown (eines meiner Lieblingsbücher). Ist das eine Kritik? Überhaupt nicht. Es ist nur eine Auffälligkeit.

Dein langer Text führt zwangsläufig - unter Beachtung der Steigung einer Regressionsgeraden mit x=Textlänge und y=Anzahl der Stellen - dass die Zahl der aufgefallenen Stellen ansteigt. Das mag den Eindruck eines schlechten Textes erwecken, was es definitiv nicht soll - und auch nicht den Eindruck eines Korinthenpulers in der Henning-Bäckerei an der Windmühlenstraße, der nie zufrieden sein kann und seine angebliche kritische Einstellung als eine besonders analytische Seite des eigenen Selbst verkauft, was, gelinde gesagt, großer Quark ist. Nein, ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen. Sie wirkt auf mich als Teil eines noch größeren Ganzen, der meiner Meinung nach hin- und wieder einer stilistischen Überarbeitung bedarf, keiner inhaltlichen. Das allerdings ist mal wieder Ansichtssache. Klar. @zigga - ich habe "Am Ufer" sehr gerne gelesen!

Die Stellen:

Die Türkette war noch eingehakt. Das Weiß in Alexʼ Auge war blutunterlaufen, die Hände hatte er im blau-gelben Kapuzenpulli.
Generell fällt mir Deine häufige Verwendung von Hilfsverben auf, "war" oder das erzählende "Es war ...".

Er schloss die Tür, hakte die Kette aus, und als er den Griff wieder nach unten drückte, schob sich Alex schon an ihm vorbei.
Hm hm, vielleicht in zwei Sätze trennen?
Sein großer Bruder stand vor der geöffneten Kühlschranktür und trank Multivitaminsaft aus einer der Zwei-Liter-PET-Flaschen, die Kapuze halb über den Kopf gezogen.
Hm, halb über den Kopf gezogen ... ich kann mir vorstellen, dass du hier detallierter sein könntest. Vielleicht auch beschreibender, mit einem weiteren Satz "Halb" wird umgangssprachlich sehr häufig verwendet ("halb wach, Halbschlaf, halb fertig, halbe Strecke"). Die Stärke deines Milieus zeigt sich in sprachlichen Details, nicht in umgangssprachlichen.
Drüben lief noch der Fernseher. Um diese Uhrzeit lief auf keinem Sender etwas, das ihn interessierte.
Vielleicht straffen. Oder einen Satz, der die Dauerbeschallung durch das Fernsehprogramm verdeutlicht. Interessiert ihn was am Fernseher?
Es war seltsam
Eine häufig verwendete Formulierung, "seltsam" dient in deinem Text als Beschreibung für verschiedene Gefühle ... hm ... vielleicht hier etwas variieren? Gut, der Text reflektiert ja stärker das Denken von Alex.
Er hatte einen Bart bekommen; seltsam, seinen Bruder mit Bart zu sehen.
Vielleicht eine genauere Zeitangabe zu Beginn und das "seltsam" ändern?
Kleiner Papagei, wadde?
Meiner Ansicht nach braucht es keinen Dialekt zur Milieubeschreibung. Es ist ja v.a. die Perspektivlosigkeit, die dein Text herausarbeiten möchte, die Situationen, in denen sich die Charaktere bewegen, nicht die gesprochene Sprache, die beim Leser Wirkung erzielen soll.
Sie trugen enge, ausgewaschene Jeans, Bauchfrei, schmierten sich Lipgloss auf die Lippen und hielten Pall Malls oder Marlboros in ihren Händen, dort am Radweg hinter den Tankstellen, die kleine, bewachsene Klippe runter, »am Ufer«, wie sie es nannten, direkt in einer Böschung am Weiher.
Kleine Details: "schmierten", hm, da könntest du etwas neutraleres verwenden ... "hinter den Tankstellen", vlt in den Singular setzen, "in einer Böschung", ist die Präposition korrekt?
Behinderten-Heim
zusammen
Generell könntest du die Wegbeschreibung detailreicher ausgestalten, ist aber Ansichtssache. Dein Wohnumfeld spiegelt dann das Milieu stärker wieder. Aber das nur als Kleinigkeit.
»Aber die Mama kommt gleich«, sagte der Junge und sah auf die Digital-Anzeige seiner Armbanduhr.
Digitalanzeige. Warum Uhr? Warum nicht Smartphone (die ich generell vermisst habe, aber egal^^)
Er war ein weißer Deutscher, fast zwei Meter groß, mit rahmenloser Brille, halblangem, grau-schwarzem Haar und einer seltsamen Kerbe inmitten seiner linken Zeigefinger-Kuppe, die das Fleisch merkwürdig entzwei teilte. Als sie den Dobermann eines Tages zum Ufer führten, sagte Alex, es sähe aus wie ein Arsch. Er sagte: Fingerarsch, und sie hatten bis zum Ufer gelacht, und als er sich mit Hektor ins Geäst setzte und seinem großen Bruder weiter hinterher blickte, sah er ihn noch immer lachen.
Das Fingerarsch-Detail finde ich großartig. Das sind Details, die Milieu, Stimmung, Situation stärker und realistischer schildern als die Energy-Drinks der geschminkten Mädchen am Ufer. Energy-Drinks sind Gegenstände sozialer Einordnung; von außen sehr sichtbar, Merkmale, die für jeden die soziale Schicht, das soziale Milieu markieren und in einem Text verdeutlichen sollen.

Weißer Deutscher ... das klingt nach einer Bezeichnung aus einer in die politische Mitte strebenden linken Bubble ... für mich klang es seltsam.

Es war eines der seltsamen, unausgesprochenen Dinge, die er zuerst aus der Erwachsenen-Welt seiner Mutter durchschaute:
Empfand ich als sehr erzählend, ein Satz, wie er nach einer Runde Durchatmen beginnt.
Er hatte die Flasche Multivitaminsaft mit herübergenommen und nippte an ihr.
Auch hier vlt detallierter, woher hat er die Flasche genommen?
Lesebrille auf der Nase
Benutzt du bereits in der Alper-Beschreibung.
Er ging so, als ob er zum Weiher oder sonst wohin gehen würde.
Könnte etwas ausdrucksstärker formuliert werden.
Vor der Sparkasse knackte er ein altes, lila Damenrad, dann fuhr er am Rand der Landstraße entlang bis zur Tankstelle. Shanika stand dort mit Sturzhelm und Sonnenbrille auf dem E-Bike ihres Vaters
Hm. Geht das so einfach? So lässig, so normal? Passt das ins Milieu? Beobachtet ihn niemand (ist ja immerhin eine Sparkasse, die steht ja nicht hinter einem hausgroßen Stein)? Warum taucht sein kriminelles Handeln so spät im Text auf? Außerdem: Altes Fahrrad, platte Reifen, verbogene Felgen, Bremsen lala, Satteleinstellung verrostet ...
»So willst du abhauen?«, sagte er und lachte.
»Wenn ich schwanger bin«, sagte sie und zuckte mit den Schultern.
Hm. Shanika scheint sehr emotionslos mit ihrer Schwangerschaft umzugehen. Soll das eine "Härte" des sozialen Milieus ausdrücken? Eine Perspektivlosigkeit, ein Fatalismus?
Schließlich fuhren sie jeder getrennt nach Hause, ohne etwas ausdiskutiert zu haben; und als er sie Wochen später wiedersah, war ihr Bauch so flach wie eh und je.
War ihr Bauch überhaupt rund? In welchem Monat befand sie sich?
Sie saßen am Küchentisch und er konnte nicht aufhören, auf Nanas speziell angefertigten Schuh mit den hohen Absätzen zu starren.
Wenn sie am Küchentisch sitzen, wie kann er die Schuhe sehen? Hat er die Beine auf dem Tisch?
der Shaun. Er hasste dieses ganze Leben. Er hasste diese Küche und er hasste diese Wohnung. Er ging zur Spüle, zog das Schubfach darunter hervor und nahm das Hackmesser mit dem großen Griff in die Hand. Er spürte, wie dieses Etwas in ihm aufstieg, als sei es schon immer er selbst gewesen. Er ging zurück in die Küche und stand einen langen Augenblick hinter Nana, starrte das kurze, wippende Bein und die glattrasierte Glatze an. Shaun saß am Tisch gegenüber und lachte sein Shaun-Lachen, die Augen weit nach oben in den Schädel gedreht und weiße Spucke in den Mundwinkeln. Als er ausholte und mit dem Hackmesser-Griff zuschlug, sprang seine Mutter kreischend auf, aber es dauerte keine zwei Sekunden, da lag der Hundertzwanzig-Kilo-Nana regungslos auf dem ausgeblichenen Linoleum-Boden.
Hui ... ja ... hm. Ist das realistisch? Anders gefragt: Geht das so leicht? Wenn Alex in der Küche einen Moment stehen bleibt ... merkt Nana nicht, dass sich etwas verändert? Reagiert er nicht auf Shaun? Schwierig.
Was war das?
Könntest du streichen. Insgesamt gewinnt jetzt die Story an Fahrt, sie wirkt flüssiger, konsequenter in der Entwicklung.
Mercedes am Straßenrand stehen. Das Seitenfenster war einen Spaltbreit offen, und er konnte seine Hände hindurch stecken, die Scheibe nach unten drücken. Er setzte sich in den Wagen, positionierte den Rückspiegel, brach die Seitenverkleidung des Lenkrads ab, zog die Drähte aus dem Schloss, hielt den roten an den schwarzen und fuhr anschließend hinauf bis in die Siedlung.
Erneut die Frage: Ist das realistisch? Geht das so einfach?
Er wusste, dass es ihm nicht schwerfallen würde, seine Freundin zu überreden, mitzufahren. Sie hatte eine Großmutter und eine Cousine hier im Ort, an denen sie hing.
Klang für mich widersprüchlich.
Was für ein Mensch war er?
Könntest du auch streichen.
aber leise, erschöpft.
vielleicht Komparativ?
fuhr sich durch das verschwitzte Haar
Benutzt du recht häufig. Bewusste Verwendung?
Er war wütend über etwas, das er nicht greifen konnte.
Ketzerische Frage - eigentlich beschreibst du ja, über was er wütend ist: Ungerechtigkeit, Unfairness, der Eindruck des chancenlosen Lebens, das seine Grandiosität nie bestätigte ...
versorgten das Baby und tranken Booster-Energy, und anschließend legten sie die Babyschale mit dem Kind wieder auf die Rückbank und gingen zum See.
Auch die verschiedenen Marken von Energydrinks nehmen als charakteristisches Merkmal des Milieus einen großen Raum ein. Du kategorisierst hier "mikroskopischer" als mit den anderen Details: Kind, Rückbank, See, Booster-Energy. Was meine ich damit? Analogie:

Kategorien Nahrungsmittel: Gemüse, Obst, Fleisch, Süßigkeiten, Backwaren ...
Kategorien Obst: Apfel, Birne, Pflaume, Nektarine ...
Kategorien Apfel: Boskop, Golden Delicious, Dülmener Holzrosenapfel ...

Sie und ihr Baby totschlagen, mit der Landschaftsgärtnerei ein Loch in einem fernen Garten graben, sie mit Erde zuschütten und mit einem gestohlenen Wagen so weit wie möglich wegfahren.
Ist natürlich eine Stelle aus seinen Gedanken. Sehr pathologisch; die Phantasien drehen sich um Macht und Vernichtung, nicht Kooperation und Aufbau, kein Fernziel einer intakten Familie. Vielleicht Loch ersetzen?
Sein Herz raste. Ihm war kotzübel. Er war wütend über etwas, das er nicht greifen konnte. Er spürte sie neben ihm zittern. Ihr Hyperventilieren.
Finde ich eine wichtige Stelle, da hier Emotion über körperliche Reaktion ausgedrückt wird ... könntest du weiter übertreiben, wenn du möchtest.
Das Baby schrie. Ihre Augen richteten sich gläsern und panisch auf ihn. Sie blickte sich kurz auf die Handfläche, sah all das Blut, das aus ihrer Nase strömte, und sah dann wieder zu ihm. Der vertrocknete, braune Rasen neben ihnen. Der Urin-Geruch der Rastplatz-Toiletten. Die drückende, schwere Hitze. Das Schreien des Kindes. Das Hupen eines LKWs ein paar hundert Meter entfernt von ihnen.
Gute Stelle! Ein paar hundert Meter entfernt ... vielleicht ein paar weniger Meter?
Als der Motor eine Dreiviertelstunde später zu stottern begann, bog er auf den Standstreifen und zog die Handbremse. Er hatte kein Geld für Benzin.
Ist tatsächlich eine der wenigen Zeitangaben in deinem Text.
Er legte mehrere Pausen unter dem Schatten von Bäumen und Brücken ein, die ihn auf seinem Weg neben der Leitplanke passierten, weil er befürchtete, ansonsten umzukippen.
Hm, hier erneut der logische Nörgler (LNÖ). Der LNÖ sagt: Warum läuft er so lange? Hat er keine Sorge vor der Polizei? Ruft niemand die Polizei? Nicht wegen seiner Tat, sondern wegen eines Passanten an der Autobahn. (Mensch, das ist Deutschland, das ist ein Autobahnland und die Autobahn hat passantenlos zu sein :-D ) Mehrere Brücken, mehrere Bäume, für mich klingt das nach einer langen Zeit.
die Silhouette einer versprengten Siedlung.
Ein Dorffrankfurt! Hm, vielleicht Silhouette streichen ... hört sich so nach Großstadt an und Markanz an, dabei geht es ja um ein paar Häuser, die sich knapp über den Feldern erheben.
Seltsame Gedanken in seinem Kopf, und dann wieder keine. Immer wieder das Bild des am Kreuz hängenden Jesus und das Gesicht seiner Mutter vor Augen, und dann das Gefühl, über weite Wassermassen zu blicken, einen ganzen Ozean austrinken und in sich aufnehmen. Die Mädchen »am Ufer«. Seine Tochter, die er selten so nannte. Meterhohe LKW, die hupend und mit Luftzug an ihm vorbei rasten. Über allem die Sonne wie das wache, strafende Auge jener uralten, ersten Mutter, deren Kindeskind auch er war.
Das schreit nach winzigen Details. Ein Kaugummipapier auf dem Küchentisch, das Shaun immer ableckte, das Panzertape um die Radioantenne des Autos ...
Als sie ihn an sich vorbeigehen sahen, verstummten die Kinder und blickten ihn mit großen Augen an.
Tolle Reaktion!
Frage: Warum sucht er in der Raststätte nicht nach Wasser?
Einige Minuten später sah er den Shell-Mitarbeiter aus dem Shop wieder zu ihm herüber hetzen, mit einer kleinen Flasche Fanta und einer Bäckertüte beladen.
Warum nicht Wasser? Beladen ... hm, das klingt nach schwerem Gewicht.
Er folgte eine Dreiviertelstunden den Feldweg durch den Wald.
Erneut eine Zeitangabe. Ist der Kasus korrekt?
okkerfarbenen
ocker
schief und mit dicken Betonfugen angeordnet waren.
Vielleicht Aktiv statt Passiv verwenden?
Alles drehte sich in ihm.
Ist, glaube ich, das dritte Mal, dass du diese Formulierung verwendest.
Der Mann rollte zu einem der Schränke, bückte sich, öffnete die Tür und hielt eine Dose Baked Beans in der Hand.
Kurz zurück: Vielleicht statt Baked Beans Erbseneintopf? Oder Linsentopf?

Instinktiv fragte ich mich, wie alleine der Mann lebt. Wie versorgt er sich? Besucht ihn jemand? Er ist auf den Rollstuhl angewiesen - wer organisiert das? Erhält er ärztliche Hilfe? Fragen, die im Text keine Rolle spielen, interessieren tut es mich trotzdem :-D

Er wachte im Wohnzimmer des Alten auf. Alles war dunkel; nur der bläulich grauende Nachthimmel brach durch die Fenster
Hm, hm, klingt sehr allgemein.
Dazwischen Stapel von Zeitungen und Zeitschriften, Kartons und ein Hundekorb.
Hm, wirkt umgangssprachlich.
Er hasste Anna so sehr. Er hasste seine Mutter so sehr. Und er hasste Shaun. In Gedanken gab er ihnen die Schuld an allem; an seiner Ausweglosigkeit. Er wusste, dass er nie von Anna und dem Kind loskommen würde. Er müsste ihnen ein Leben lang Geld zahlen. Er müsste ein Leben lang buckeln. Steine schaufeln, die Schreie des Chefs.
Die Momente des Tötens leitest du mit einer Tirade an Hassgefühlen ein. Der Hass sprüht gegen alles und jeden; er wird aufgezählt und soll (denke ich) dem Leser den Eindruck eines omnipräsenten Hasses geben, der das Denken und Handeln verzerrt, konzentriert und nur über einen extremen Akt roher Gewalt - dem Töten - gelöst werden kann. Diese Eskalationsspirale ist die schwierigste Stelle in deinem Text. Ich habe einen Heidenrespekt davor, sich an ein solches Thema zu wagen; dennoch bleibt bei mir der Eindruck eines statischen Musters. Es ist ja nur der Hass, es ist nichts anderes; es ist eine Steigerung, die sich wiederholt, damit sicherlich die Dramatik antreiben möchte. Ich weiß, hier bin ich sehr, sehr kritisch und ob ich eine Idee hätte, wie es anders geht - ehrlich gesagt - nein. Nein, habe ich nicht. Außer vielleicht: Mehr Momente einfügen, in denen ich als Leser auch Ungerechtigkeit und Mitleid Alex gegenüber empfinden kann. Nicht allgemein als "Mobbing" sondern eine konkrete Szene aus der Schulzeit ... wie er ein schönes Gedicht geschrieben hat und ausgelacht wurde, wie er sich auf eine Klassenarbeit vorbereitet hatte und ein anderes Thema wurde behandelt, woraufhin der Lehrer ihn für dumm erklärte ... wie er betrogen wurde ... wie ihn seine Mutter für ein undankbares Kind hielt, beim Fernsehschauen, zwischen den Zeilen, ganz leise und kurz benannt.
Er sah die Wellensittiche oben auf den Küchenschränken in ihren Käfigen sitzen, ihn ansehen, mit dem Gefieder flattern.
Finde die Wellensittiche ein starkes Detail in der Mordszene. Vielleicht sollten sie sich aber sehr ruhig verhalten? Als Kontrast zu Alex?
Das Gefühl, abseits der Gesellschaft zu stehen.
Klingt sehr erklärend.
Jede Handlung war Teil des Rituals.
Ja, hm, der religiöse Background bleibt Geschmackssache. Meiner Ansicht nach braucht es ihn nicht.
Er streckte die Zunge aus und leckte über das lederne Ende des Gürtels, vor und zurück, ließ den Geschmack des Leders in den Gaumen ziehen. Er atmete tief ein und aus.
Eine der stärksten, szenischen Stellen in deinem Text.
Wie die Ozeane, gab es keine Richter über ihm.
Vielleicht streichen?
Je mehr er den Alten strangulierte, desto mehr war das Etwas in ihm; das Etwas, das er selbst war.
Vielleicht "je länger?"
»Du Köter«, sagte Alex.
Probier mal aus, nach Alex einen Absatz einzubauen. Mit diesen kurzen, starken Sätzen ordnest du die Handlung zeitlich, dehnst sie mit einem Absatz zeitlich aus.
Er war der Gott der Bäume.
Irgendwie witzig :-D
streifte sich durch die Haare.
taucht zum dritten Mal auf
Er überlegte, noch einmal hoch zu dem Alten zu gehen, um ihn sich anzusehen.
klingt unrund
Er hatte das seltsame Verlangen zu tanzen.
könntest du streichen
Das Strangulieren und Hinrichten war wie das beste Videogame, das er je gespielt hatte.
würde ich streichen. Er will ja das Reale, nicht das Simulierte.

Das war's!

Lg aus Leipzig,
kiroly

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @zigga

ganz schön schwere Kost für mich, deine Novelle. Der Weg eines ekpathieschen Mannes zum Psychopathen und Serienkiller.
Ich bin mir sicher, schreibtechnisch und inhaltlich konnten dir kiroly und die anderen Kommentatoren vor mir besser helfen. Wenn du erlaubst, möchte ich dir trotzdem ein paar meiner Gedanken mitteilen.

Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was den Jungen beunruhigte, als er den Schlüssel der Wohnungstür nach links drehte, die Tür einen Spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Flurs von einem Bein auf das andere treten sah.
Mir gefällt dein Einstieg aus der Perspektive des kleinen Bruders.
Was ich allerdings nicht weiß, ist der Zeitpunkt? Ich dachte dein Schluss würde daran anschließen, dass ist jedoch falsch. Weil hier der kleine Bruder die Tür aufmacht und am Ende deiner Geschichte liegt er auf dem Sofa.
»Wo warst’n die ganze Zeit?«, sagte der Junge und steckte sich die Hände in die Hosentaschen, noch an der Küchenwand gelehnt. Oben links an der Decke, in der Ecke neben dem Tellerschrank und über dem Platz, an dem die Kaffeemaschine immer stand, war ein dunkler, grau-schwarzer Wasserfleck in die Tapete gezogen.
Mir gefällt es auch im weiteren Verlauf deiner Geschichte, dass du immer wieder Details aus der Umgebung beschreibst.
»In Reiterswiesen«, sagte er, »weißte doch.«
Verstehe ich nicht ganz, wo sind die Reiterswiesen?
Er war vollkommen ruhig. Er war so ruhig, wie er lange nicht gewesen war. Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen wie vorhin? Er hätte sich nie vorstellen können, dass man sich fühlen konnte wie vorhin.
Wie ein Suchtkranker …und er will es wieder fühlen. Toll beschrieben.
Er ging zurück in die Küche und stand einen langen Augenblick hinter Nana, starrte das kurze, wippende Bein und die glattrasierte Glatze an. Shaun saß am Tisch gegenüber und lachte sein Shaun-Lachen, die Augen weit nach oben in den Schädel gedreht und weiße Spucke in
Hier wundert es mich, dass sein kleiner Bruder nicht reagiert.
Im Heim lernte er ein Mädchen mit einem Tattoo auf dem Hals und der linken Schläfe kennen. Er erzählte ihr von seinem Bruder Shaun und dass er den gewalttätigen Freund ihrer Mutter mit einem Schraubschlüssel niedergeknüppelt hätte.
Er weiß wie man lügt und manipuliert.
Als sie später am Wagen ankamen, lag das Kind bewusstlos und mit einem dunkelroten Kopf in der Babyschale. Sie schnallte es ab, hob es aus dem Auto und schüttelte es. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht. »Shit«, sagte sie, mit der Sonnenbrille auf, und sah Alex an.
Das mit dem Baby im Auto solltest du noch einmal überdenken: Bereits nach 15 Minuten im heißen Auto können Babys und Kleinkinder sterben. Zumal sie weniger schwitzen als Erwachsene und schneller über und dehydrieren.
Vielleicht hatte er sie nachts aussteigen hören und so getan, als ob er schlief. Vielleicht war sie zu einem der Trucker eingestiegen und schon längst in einer anderen Stadt, in einem fremden Land. Vielleicht war sie längst tot. Vielleicht saß sie gerade mit dem Kind in der Raststätte und wartete, dass ihre Großmutter sie abholen käme.
Dieses vielleicht nehme ich ihm nicht so ganz ab. Mir hätte es ohne diesen vielleicht-Abschnitt besser gefallen.
Er dachte, dass Nana und seine Mutter schuld daran wären. Er dachte, dass Gott schuld daran wäre. Wieso hatte Gott ihn so scheiße behandelt?
Typisch für Psychopathen immer die anderen haben Schuld.
Im Shop kaufte er sich für drei Euro eine kleine Flasche Coca Cola. Er dachte an den Gekreuzigten. Er sah Jesus vor seinen Augen.
Immer wieder der Bezug zu Gott und hier zu Jesus, ich frage mich wie der entstanden ist.
Er dachte nach, wie er weg von hier kommen könnte.
Er dachte nach, wie er von hier weg kommen könnte. (klingt das nicht runder?)
Er dachte daran, schwarz mit einem Zug zu fahren, aber er wusste nicht, wo ein Bahnhof sein sollte
Sein sollte klingt für mich geschwollen: wo ein Bahnhof ist.
Alex trank ein paar Schlucke und setzte sich schließlich auf. Für einen Augenblick war da etwas in ihm, das sich tot anfühlte; als sei dort in der Mitte seines Bauches ein großes Etwas – ein Organ – das da nun abgestorben verklumpen und in ihm hängen würde. Vielleicht hing auch der Gekreuzigte in ihm. Er fasste sich an den Bauch; er hatte fürchterliche Bauchschmerzen.
Ist hier der physische Tod eines „Normalen“ der zu einem Psychopathen wird?
In seinem Mund fehlten einige Backenzähne.
Kann er wirklich sehen das Backenzähne fehlen und ist das wichtig?
In seinem Mund fehlten einige Zähne.
Er hasste Anna so sehr. Er hasste seine Mutter so sehr. Und er hasste Shaun. In Gedanken gab er ihnen die Schuld an allem; an seiner Ausweglosigkeit. Er wusste, dass er nie von Anna und dem Kind loskommen würde. Er müsste ihnen ein Leben lang Geld zahlen. Er müsste ein Leben lang buckeln. Steine schaufeln, die Schreie des Chefs. Er zündete sich eine Zigarette an. In Gedanken gab er seiner Mutter die Schuld an allem. Er gab den Männern die Schuld an allem; seinem Vater, den er nie kennenlernte, und Nana. Er gab die Schuld dem, was andere die Gesellschaft nannten
Dieser tiefe Hass und diese Schuldzuweisungen beschreiben sehr gut einen Psychopathen.
Der Richter hatte ihn unfair behandelt. Die Erzieher im Heim hatten ihn unfair behandelt. Die Frauen hatten ihn unfair behandelt. Ganz besonders die Frauen.
Auch hier wieder, immer die anderen sind schuld. Alle Verantwortung wird abgeschoben.
Er hasste Anna so sehr. Er hasste das Kind so sehr.
Für mich bräuchtest du es nicht ganz so oft zu wiederholen.
Mutter, ich möchte dir mit meiner blanken Faust langsam und genüsslich jeden einzelnen deiner Zähne aus dem Mund schlagen. Ich möchte dir ein Gummiband um den Hals knoten und daran ziehen, um zu sehen, wie du spuckst und Angst vor mir kriegst.
Hier frage ich mich ob er diesen Mann als Ersatz für seine Mutter tötet.
Das Übergottstehende durchstrahlte seinen Körper. Das Etwas in ihm war etwas Großartiges. Er war großartig. Er hatte immer gewusst, wie besonders er war.
Dieses übersteigerte Selbstwertgefühl so großartig wie Gott zu sein, sogar noch über Gott zu stehen. Du beschreibst ihn sehr gut diesen kranken Menschen.

Er spürte, wie Gott ihm unterstand.
Gott ist meine Hure.
Für mich ist diese häufige Gottbeziehung fast ein bisschen zu oft.
Das Übergöttliche. Auf eine seltsame Art wartete Alex auf das Eingreifen Gottes; aber da war kein Gott. Je mehr er den Alten strangulierte, desto mehr entfernte Alex sich von der Welt.
Das ist für mich ein Schlüsselsatz.
Du bist großartig, sagte es. Wer will dir im Weg stehen, wenn nicht einmal Gott es kann? Er war der Zerstörer des Gesetzes. Nicht einmal Gott war so frei wie er. Er konnte tun und lassen, was er wollte.
Dieser ebenso.
würde Stahlgerüste aufbauen, Kies schaufeln oder eine der dummen Programme des Jobcenters mitmachen. Er würde in irgendeinem nach Schimmel stinkenden, fensterlosen Raum sitzen und Teile zusammenkleben.
Aber er hätte das Töten
Er weiß wie man das soziale Spiel spielt.

Deine Novelle hat mich sehr gefesselt und ich finde, du hast sie beängstigend realistisch dargestellt. Das ist es auch was mich am meisten erschreckt hat. Dieses mit dem Psychopathen denken, seine Gefühle erfahren und die Angst spüren, dass es solche Menschen wirklich gibt.


Liebe Grüße von der schwäbischen Alb
CoK

 

Hi @Silvita,

und danke dir fürs Lesen und Kommentieren! Ist ja schon ein langesTeil.

Uff! Das ist echt harter Tobak. Hab Deine Geschichte während dem Frühstück gelesen :D
! :D

Was für ein krasser Text. Du hast mit Deinen Worten so viele Emotionen bei mir geweckt. Da ging das Gedankenkarussell während des Lesens echt rund.
Das freut mich

Ich hasse Deinen Prota! Aber sowas von. Er widert mich an. Du bist so in die Tiefe gegangen, hast mich so nah bei ihm sein lassen. Uff! Heftig.
Super

Teilweise hab ich immer wieder überlegt, ob ich abbreche, aber da war ich so im Sog, ging einfach nicht. Eigentlich möchte man sich in so einen Menschen nicht hineinfühlen. Aber es ging gar nicht anders. Die Geschichte hat mich emotional durchgeschüttelt und tief bestürzt. Du gewährst tiefe Einblicke in einen kranken Geist. Das hast Du sehr gut gemacht!
Das freut mich sehr, vielen Dank für die netten Worte, Silvita

Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was den Jungen beunruhigte, als er den Schlüssel der Wohnungstür nach links drehte, die Tür einen Spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Flurs von einem Bein auf das andere treten sah.

Der Einstieg hat meine Neugierde geweckt. Ich hab mich gefragt, was es denn ist, was den kleinen Bruder beunruhigt, wenn nicht die geschwollene Lippe und der Riss unter dem Auge.
Ok - bin mir mit dem Einstieg nicht mehr sicher. Auf eine Art ist der Satz auch sehr verschachtelt, vllt teile ich ihn noch mal auf

Es war seltsam, an den Hund zu denken.
Sein Bruder schloss die Kühlschranktür und riss mit den Zähnen die Plastikfolie von einer Scheibe Sandwich-Käse. Er hatte einen Bart bekommen; seltsam, seinen Bruder mit Bart zu sehen. Er hatte strohblondes Haar und einen rot-blonden, fleckigen Bartwuchs.

Die Doppelung ist mir aufgefallen, obwohl ich sie nicht schlimm/ unpassend finde. Kann mir vorstellen, dass der Kleine tatsächlich so denkt.
Ja, gute Anmerkung, ich muss auf jede Fall schauen, dass ich von der Erzählposition und der Sprache der Figuren nicht abrücke bzw. nicht zu weit davon weggehe

»Weiß ich doch«, sagte sein großer Bruder, kam grinsend rüber zu ihm und tätschelte ihn gegen die Wange. »Kleiner Papagei, wadde?«

Klingt strange. Vielleicht: ... tätschelte ihm die Wange?
Stimmt!

Er sagte, ein Kerl würde nichts von der Welt verstehen, wenn er nicht auch etwas davon verstehen würde. Er sagte, es sei das Wichtigste und gleichzeitig das Unwichtigste, das es auf diesem verfickten Planeten gäbe, und wenn er tatsächlich mit ihm verwandt sei, würde er früher oder später verstehen, was er meine.

Gut beschrieben. Sehr authentisch.
Super. Ein anderer Kommentator fand das etwas zu vage beschrieben, um was es hier geht (ich dachte, es ist relativ offensichtlich, dass sie hier von Sex sprechen)

»Gleich müsste sie kommen«, sagte sein kleiner Bruder und sah auf die Armbanduhr.

Hab mich immer wieder gefragt, warum der Kleine ständig erwähnt, dass die Mutter kommt. Am Ende wars natürlich klar. Aber damit hast Du irgendwie die Spannung gehalten.
Super. Danke für deine Eindrücke, auch zu verschiedenen Satzteilen. Das hilft absolut zu sehen, ob und wie etwas funktioniert und was du als Leserin dabei denkst

Er hatte die Flasche Multivitaminsaft mit herübergenommen und nippte an ihr. Er hatte seine Kapuze abgenommen, den Pullover geöffnet.

Mir ist aufgefallen, dass viele Sätze gleich beginnen. Bin mir nicht sicher, ob Du das bewusst als Stilmittel so machst. Habs mal markiert.

Vorschlag: Er hatte die Flasche Multivitaminsaft mit herübergenommen und nippte an ihr. Die Kapuze hatte er abgenommen, den Pullover geöffnet.

Ja, ein wenig Stilmittel, aber gleichzeitig ist das etwas, das mich kaum stört bzw. nicht mal auffällt? Es kommentieren immer wieder Leute unter manche Storys, wo ich in diesem Stil schreibe, und kreiden das etwas an, was ich nachvollziehen kann, aber mir fällt das beim Lesen des Textes irgendwie nicht auf, es ist für mich eher Teil des Rhytmusses der Story, aber vllt liege auch ich falsch
Dein Vorschlag klingt jedenfalls fast besser haha ;)

Er hatte einfach seine Sachen gepackt. Er hatte einfach eine Plastiktasche voller Wäsche gepackt und war aus der Wohnung gegangen.

Könnte man verbinden.

Vorschlag: Er hatte einfach seine Sachen gepackt, eine Plastiktasche voller Wäsche, und war aus der Wohnung gegangen.

Auch sehr gut. Ich übernehme gleich einige Dinge, andere evtl später, die muss ich noch etwas sacken lassen

Hier hab ich mir gedacht "Was für ein A ...!" Ich finde es gut, wie Du langsam aufbaust, die verschiedenen Entwicklungsstufen zeigst. Sehr authentisch.
Toll! Das freut mich, dass das so bei dir gewirkt hat

Er saß auf der Couch, mit der Fernbedienung in der Hand, und drückte die TIME-Taste. Es war jetzt fast achtzehn Stunden her. Er schaute wieder rüber zu seinem kleinen Bruder. Es war seltsam, was er getan hatte, und noch seltsamer, wie er sich dabei fühlte. Er war vollkommen ruhig. Er war so ruhig, wie er lange nicht gewesen war. Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen wie vorhin? Er hätte sich nie vorstellen können, dass man sich fühlen konnte wie vorhin. Er schwitzte nicht besonders. Er war etwas schläfrig und er hatte etwas Hunger, aber ansonsten fühlte er nichts.

Erweitern ...

Sehr viele Doppelungen. Macht das ganze etwas abgehackt/ holprig.

Vorschlag: Er saß auf der Couch, die Fernbedienung in der Hand und drückte die TIME-Taste. Fast achtzehn Stunden waren vergangen. Sein Blick fiel auf seinen kleinen Bruder. Es war seltsam, was er getan hatte, noch seltsamer war, wie er sich dabei fühlte. Diese vollkommene Ruhe, die er so lange nicht mehr empfunden hatte. Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen? Er hätte sie nicht vorstellen können, sie so zu fühlen. Er schwitzte nicht besonders, war nur ein wenig schläfrig, hatte etwas Hunger, ansonsten fühlte er nichts.

Dein Vorschlag klingt wesentlich geschmeidiger als meiner. Ich muss mal sehen, Silvita, ob ich den Text daraufhin noch mal umschreibe oder ob ich auch nur diesen Teil hier übernehme. Es ist natürlich ein wenig Sound des Textes, aber gleichzeitig verstehe ich den Einwand

Sie liefen zur Raststätte, frühstückten, versorgten das Baby und tranken Booster-Energy, und anschließend legten sie die Babyschale mit dem Kind wieder auf die Rückbank und gingen zum See. Sie sagte nichts, die ganze Zeit über, und er begann ein paar Sätze, brach sie aber immer wieder ab.

Und dann tun sie, als wäre nichts gewesen und lassen das Kind wieder alleine. Unglaublich!
:D Ja, freut mich, dass du die Story so gelesen hast!

Alex sah auf sie hinab. Er hasste dieses Mädchen so sehr. Er hasste das Kind so sehr. Er hasste das Gefühl, das er hatte, wenn er mit ihnen zusammen war. Wieso hatte sie sich nicht gewehrt? Wieso gab es dieses Kind? Ihr seid alles Fotzen, dachte er. Wie könnt ihr mich nur so verarschen?.

Teilweise war mir das ein bisschen too much. Immer wieder sein Hass. Die vielen Wiederholungen. An manchen Stellen bin ich dann abgeschweift, hab nur noch überflogen. Empfand es als langatmig.
Hinterm letzten Satz müsste ein Fragezeichen hin.
Ja, das war der große Kritikpunkt an der Story, auch von den anderen Kommentatoren. Der zu große Hass. Ich muss mal sehen. Irgendwie gefällt es mir :D Natürlich stimmt es, dass man im besten Fall das verorten müsste, noch tiefer gehen müsste. Das würde dann halt den Platz eines Romans brauchen, denke ich, wenn man szenisch noch mehr zeigen würde, woher Alex kommt, wie war es früher. Das stimmt schon. Aber gleichzeitig hat es mir auch gefallen, den Text so zu komponieren, und zwar ohne die soziologische Erklärung, warum er ist, wie er ist. Ich frage mich manchmal bei diesem Thema: Ist das wirklich so wichtig? Ist das nicht auch ein Erklärungskonstrukt, ein sozialistisches oder sozialwissenschaftliches, wenn man so will? Wenn jemand andere killt und Lust dabei verspürt sind wir schon fast darauf getrimmt, das mit Kindheit und Gesellschaft erklären zu wollen, und ich habe den Prot hier auch immer wieder alles auf andere schieben lassen, aber als Leser merkt man, dass das irgendwo auch Ausrede ist. Irgendwo auch nicht und irgendwo ist die Umwelt natürlich verantwortlich und schuldig, aber mir hat der Gedanke in der Story gefallen, ohne jetzt im Nachhinein so tun zu wollen, als ob das alles geplant wäre, aber mir hat die Idee schon gefallen, dass ich diesen gesellschaftlichen Erklärungsmodus mal weg oder möglichst knapp lasse und mich nur auf die Figur und die Tat mehr oder weniger konzentriere.

Er steckte sich eine neue Zigarette an, trippelte mit den Beinen herum und sah seiner Freundin zu, wie sie das Kind dort auf dem Pflasterstein trocken rieb und neu einkleidete. Er dachte daran, bis zu seinem Tod mit ihr und dem Kind verbunden sein zu müssen. Er wusste nicht, was er ändern könnte. Er hatte eine abgebrochene Maler-Ausbildung und eine Vorstrafe wegen versuchtem Totschlags. Er bekam keine Arbeit, und wenn, dann einfache Trage- und Hilfsarbeiten, Mindestlohn und Zehn-Stunden-Schichten. Entweder hörte er zu Hause das Kind schreien oder trug auf Baustellen Stahlgerüste, schaufelte Kies und Erde für kleine Landschaftsgärtnereien, um alles für ihre Miete, Essen, Tabak, Softdrinks und das Baby ausgeben zu müssen.

Erweitern ...

Mitleid hab ich nicht mit ihm. Einfach krass, was er so denkt, während das Baby so leidet.
Schön!

Als er am nächsten Morgen auf dem Beifahrersitz aufwachte, waren Anna und das Baby mitsamt der Babyschale verschwunden.

Was war ich erleichtert!
! :D

Insgesamt krass, was er so denkt. Gut beschrieben. Die Dichte des Textes ist sehr gelungen. Interessant fand ich, dass die Gedanken dann immer mehr Richtung Gott schweifen.
zigga schrieb:


Er legte mehrere Pausen unter dem Schatten von Bäumen und Brücken ein, die ihn auf seinem Weg neben der Leitplanke passierten, weil er befürchtete, ansonsten umzukippen. Wenn er die Augen offen hielt und geradeaus sah, schwankte alles. Seine Kehle so trocken, dass es schmerzte. Sein Magen leer und sein T-Shirt, seine Shorts und seine Socken komplett durchgeschwitzt. Seltsame Gedanken in seinem Kopf, und dann wieder keine.

Auch hier bin ich ihm sehr nah. Die Nähe ist geradezu erschreckend.
Tatsächlich hab ich aber an keiner Stelle Mitleid für ihn empfunden.
Das ist gut!

zigga schrieb:


Sein Hals war trotzdem trocken und brennend, der Schwindel und die Übelkeit nach wie vor in ihm, so wie die Hitze, die Sonne, die Gänge, seine Freundin, seine Tochter, seine Mutter und Shaun in ihm waren.

Welche Gänge? Was meinst Du damit?
Ich meinte die engen Gänge der Wohnungen, die sie zuhause haben - das kommt früher im Text vor. Aber du hast recht, ich mache das hier konkreter

Der Alte hing mit den Armen über den Gartenzaun und besah ihn.

besah ihn (kommt nicht nur einmal im Text vor)
Das hab ich so noch nie gehört, finde es strange.
Vielleicht ... musterte ihn ...
Hab das gerade gecheckt, Link. Ich kenne das tatsächlich, aber es kann sein, dass das so ein süddeutsches Ding ist? Danke jedenfalls für den Hinweis

»Schaust scheiße aus«, sagte der Alte. Er lispelte. In seinem Mund fehlten einige Backenzähne.

Wie kann man erkennen, ob jemanden Backenzähne fehlen? Da müsste er ja den Mund schon echt weit aufreißen.
Das werde ich umschreiben! Man kann es sehen, wenn jemand fehlende Backenzähne hat, und zwar, wenn das Gesicht an den Wangen eingefallen ist. Das werde ich konkreter beschreiben, da hast du recht.

Sein Kopf stach so sehr. Ihm war so schwindelig. Wie war alles so weit gekommen? Er hasste Anna so sehr. Er hasste seine Mutter so sehr. Und er hasste Shaun. In Gedanken gab er ihnen die Schuld an allem; an seiner Ausweglosigkeit. Er wusste, dass er nie von Anna und dem Kind loskommen würde. Er müsste ihnen ein Leben lang Geld zahlen. Er müsste ein Leben lang buckeln. Steine schaufeln, die Schreie des Chefs. Er zündete sich eine Zigarette an. In Gedanken gab er seiner Mutter die Schuld an allem. Er gab den Männern die Schuld an allem; seinem Vater, den er nie kennenlernte, und Nana. Er gab die Schuld dem, was andere die Gesellschaft nannten. Er wusste, dass er sein Leben lang buckeln würde. Er wusste, dass er nie auf ein Schiff nach Japan anheuern würde; er hasste sich so sehr. Er hasste sich, weil er so dumm war. Alles war unfair für ihn verlaufen. Der Richter hatte ihn unfair behandelt. Die Erzieher im Heim hatten ihn unfair behandelt. Die Frauen hatten ihn unfair behandelt. Ganz besonders die Frauen. Er wurde so wütend, dass seine Hände zitterten; schließlich seine kompletten Unterarme

Erweitern ...

Und hier wieder die Gedankenspirale. Die selben Gedanken. Die selben Worte. Ich frag mich, ob es das braucht. Bin gespannt, wie andere es sehen. Mir ist es stellenweise too much. Als würdest Du Deinem Text nicht so vertrauen, es immer und immer wieder ausschreiben und betonen müssen.
Hier hab ich mir gedacht: "Der Kerl nervt. Ich kanns nicht mehr hören. Der hat nen Knall."
Und auch hier keinerlei Mitleid für ihn.
Guter Einwand. Ja, es ist schon viel Gedankenkreisel und Hass. Irgendwie gefällt es mir! :D Ich muss mal drüber nachdenken und den Text und die Komms ein wenig sacken lassen. Geil, damit habt ihr auf jeden Fall recht und das war mir beim Schreiben nicht ganz klar. Es ist schon viel Hate. Auf einer gewissen Weise ok für mich. Vielleicht ist der Grund auch, weswegen es ein wenig viel wirkt, weil man den Hass dann dohc nicht ganz nachvollziehen kann, weil man keine Szenen dazu lesen konnte, aus der Kindheit etc. Wo man den Hass dann wirklich nachvollziehen kann. Wo er gedemütigt oder richtig fies behandelt wurde. Wie oben geschrieben, fand ich es auch schick, diese Kindheitserklärungen mal weitestgehend wegzulassen. Ich denke mal weiter drüber nach.

Wie konnten ihn alle so im Stich lassen? Alex atmete tief ein und aus. Das Herz trommelte in seiner Brust. Die Gedanken an seine Ausweglosigkeit. Als ob er Steine gefressen hätte. Seine Hände zitterten. Er hasste Anna so sehr. Er hasste das Kind so sehr.

Und wieder die selben Worte. Dabei ist sein Hass so greifbar, auch ohne, dass Du es immer wieder erneut betonst.
Ja, das stimmt. Ich erinnere mich, als ich das geschrieben hab, ist jetzt schon ein wenig her, hatte ich echt Sorge: Ist dieser Teil noch mit einem roten Faden an den Text verbunden? Versteht man, dass er immer noch hasst und aus Hass handelt? Deswegen hab ich das auch immer wieder dazugeschrieben, schätze ich. Ein guter Punkt. Womöglich kürze noch noch mal drastisch.

Ich bin Abschaum, dachte er. Ich bin großartig, dachte er. Er wusste, dass er großartig war. Wie konnten alle sagen, er sei schlecht?

Und hier wieder die Ambivalenz. Sehr gut gemacht.
Grazie! Über solches Lob freut man sich natürlich immer

zigga schrieb:


Die Haut seines Gesichtes, seiner Arme und seines Bauchraumes prickelten. Er schloss die Augen und sah grenzenlose See vor sich. Azurblau. Er roch Staub, nassen Stein und Schimmel. Auf eine seltsame Art befahl ihm das Etwas, dort hoch zu gehen. War er der Sohn Gottes? Er wusste, dass er großartig war. Er wusste, dass sich sogar Gott vor ihm fürchtete. Er wusste, dass er wollte, dass Gott ihm den Schwanz lutschte. Er wollte in Gottes Mund pissen. Er wollte Gott an den Haaren ziehen, ihm seinen Mund ficken.

Erinnert bisschen an eine Psychose, das plötzliche ständige Erwähnen von Gott.
Super!

Mit 27 Jahren, nach den 23 Morden, die er noch verüben sollte, würde Alex einem Focus-Reporter erzählen, dass er in jenem Moment – dort schnaufend und schwitzend auf der Matratze neben dem Mann ohne Beine – das erste Mal das rauschhafte Gefühl von absoluter Freiheit empfunden hatte; dass er sich in diesem Moment das erste Mal so nah bei seiner innersten Natur fühlte, dass selbst Gott nicht freier und befriedigter war als er.

Schrecklich! Was für ein grausamer Mann!

Und hervorragend, wie Du ihn rüber bringst. Du hast meine Hochachtung!

Danke, liebe Silvita!

blickte nicht zum Haus zurück, streifte sich durch das blonde, verwachsene Haar, zog Schleim aus dem hinteren Teil seines Rachens, rotzte auf die Straße und fuhr los.

Was soll verwachsenes Haar sein?
Shit, das gibt es echt nicht? :D Ich meinte einfach, wenn man lange nicht beim Frisör war, und die Haare ihren Schnitt verloren haben und länger gewachsen sind ... ich werde mir ein anderes Wort einfallen lassen.

Heftig! Heftig!

Gern gelesen!

Liebe Silvita, herzlichsten Dank für deinen ausführlichen Kommentar und die vielen Leseeinschätzungen. Das hat mir sehr weitergeholfen. Ich werde einiges übernehmen.

Alles Beste!
zigga

 

Hey @Billi,

danke fürs Lesen und Kommentieren. Ich schätze auch, dass du deine ehrliche Meinung abgegeben hast und ich nehme ernst, was du sagst. Ja, es kann sein, dass man mehr Historie braucht in der Story, damit man die Wut mehr nachvollziehen kann und damit du mehr reinsteigen könntest. Ich überlege, was ich mache.


Hallo @Carlo Zwei

und danke für den ausführlichen und starken Kommentar! Ich steige direkt ein:

mega, mal was Längeres von dir zu lesen.
Geil, freut mich! :D

Und du hältst das Tempo gut durch; eigentlich anders: du nimmst hier besonders auf der Länge Fahrt auf.
Ebenso das

Ich habe das sehr gerne gelesen (ein Qualitätsurteil – wenn man so weit von Inhaltlichem abstrahieren kann).
Geil! :D Vielen Dank für das Lob, das freut mich natürlich sehr.

1. Die besondere Qualität liegt für mich in all dem, was man hier unter Milieustudie verbuchen könnte; dann im schlichten Erzähltonfall, unter dem stets ein hungriger Zigga liegt und gelegentlich nach literarischen Leckerbissen kläfft, aber (vom Meta-Zigga?) nicht von der Leine gelassen wird. Nicht zuletzt liegt die Qualität für mich in der Ausdrücklichkeit der Handlung – es geht zur Sache und noch etwas mehr.
OK! Schwer, darauf zu antworten, deswegen skippe ich weiter

2. Ich sehe im ersten Abschnitt ein Problem mit der Erzählposition – Ungereimtheiten im Tonfall; mit der Einschätzung (nach ein paar mal darüber Nachdenken), dass das interessanterweise alles sehr leicht änderbar ist, wenn du das denn willst (ich gebe da gleich noch paar Beispiele).
Ja, der Text ist allgemein gar nicht so straight, meiner Ansicht nach. Also was Erzählposition usw. angeht, da gebe ich dir recht.

3. Ein kleines Grundsatzproblem betrifft für mich die Tragweite des Erzählten. Einerseits ist das eine Erzählung, andererseits wirkt es – wahrscheinlich wegen der unmöglichen Perspektive (ein hassenswerter Mörder) wie eine sehr lange Szene, aber weniger wie eine Erzählung; obwohl es da ja gerade durch die Abschnitte eine Zeitlichkeit gibt.
Okay, na ja, es ist ja mehr oder weniger 50% eine lange Szene, und zwar, ab dem sie das Auto klauen, davor 50% wahrscheinlich eher Erzählung; ich weiß schon, wie du meinst, am Anfang hat sich ein gewisser Rhytmus angekündigt in der Story, also Szene an Szene mit Zeitsprüngen dazwischen, und ab dem sie das Auto klauen zoomt die Story praktisch rein und wird zu einer langen Szene. Ja, das stimmt schon, aber ich hab da gerade wenig Problem mit! :D Also sehr interessant, dass du das erwähnst, mir wäre es wahrscheinlich nicht bewusst aufgefallen, dass der Text so wirken kann, danke dafür!

4. Nach dem ersten Absatz bin ich sehr gut durch den Text gekommen. Sprache war nicht zu kompliziert und Tempo und Stil sehr treibend. Hat mich gut durch den Text gezogen.
Super! @Silvita hatte ja mit dem Stil ein Problem, freut mich, dass es dir nicht so ging!

Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was den Jungen beunruhigte, als er den Schlüssel der Wohnungstür nach links drehte, die Tür einen Spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Flurs von einem Bein auf das andere treten sah.

Hat Spaß gemacht dieser Einstieg
Ich bin mir bei dem Einstieg gerade gar nicht mehr sicher. Irgendwie ist er auch etwas kompliziert formuliert, vielleicht werde ich das etwas auflockern und in zwei Sätze schreiben.

geklopft

was ist das für Dialekt, doch nicht Fränkisch?^^ Das finde ich zum Beispiel schon etwas problematisch, um mal ein Beispiel zu nennen.
Yes, fränkisch! Der Dialekt unseres übernächsten Kanzlers Söders! :D

»In Reiterswiesen«, sagte er, »weißte doch.«

Das klingt bayrisch
Ist auch fränkisch, so heißt ein Ort hier in der Nähe

Klär mich bitte auf – dass man das in einer bestimmten Region alles auf einmal sagt.
Also! :D Für mich spielt das in Franken. Da siedle ich eigentlich alles an, weil ich die Region einfach kenne und ich ehrlich gesagt keine andere Region wirklich kenne. Für mich - und vielleicht ist das zu kompliziert und man liest das nicht so - albert Alex in der Szene herum; er spielt ein wenig mit Dialekten, labert halt einfach Scheiße. Wir haben das als Kinder oder junge Leute oft so gemacht. Natürlich schnappt man hier und da Dialekthappen auf, und er könnte das mit Sicherheit keiner Region zuordnen, aber er hat schon mal wadde usw. gehört und er grinst ja auch dabei und er ärgert hier seinen Bruder und er albert einfach mit verschiedenen Dialekten rum. Passt das zur Figur? Oder ist das nicht in seinem Horizont? Das könnte man sicherlich hier fragen. Ich hab das mal so reingeballert, aber ich überarbeite die Story gerade und kann mir auch vorstellen, das alles in fränkisch anzugleichen, falls das Rumalbern in der Art nicht zur Figur passt

daheim

Dann dieser Tonfall. Wer sagt denn in dem Alter und in der Zeit 'daheim' – dann doch wirklich nur irgendwo in Bayern oder? Und dagegen dann sowas:
"Daheim" ist hier absolut geläufig - sagt man das woanders nicht?! Wtf :D Also hier: Daheim = Zuhause

Ist das jetzt focalisation externe oder interne?
Da hast du absolut recht. Das meinte ich damit, dass die Erzählperspektive hier gar nicht so straight positioniert ist. Vielleicht sollte ich das klarer machen und sie fest positionieren. Für mich ist das ein focalisation interne (dir ist klar, dass ich das googlen musste, oder? :D), der aber im Verlauf der Story, je mehr er auf diesen Gottes-Trip kommt, in einen allwissenden Erzähler ein wenig überschwappt. Ich dachte, das wäre ne geile Idee, die Psychose noch ein wenig mehr sprachlich spürbar zu machen, es geht ja im letzten Akt letztendlich darum, dass Alex irgendwo in diesen anderen - man könnte sagen, psychotischen Zustand - übergleitet. Ich weiß, Leute hassen es, wenn man innerhalb eines Textes damit schwankt, aber deswegen hat es mich natürlich gereizt, das mal zu tun :D (Ich hoffe, auch nicht zu krass, dass man als Leser davon rausgeworfen wird)

Übrigens Takeshis Castle damals: <3
YES

glaubte sie, schwanger zu sein, und zu ihrer beider Erstaunen

das muss dann wieder externe sein bzw. trifft das den Milieu-Ton nicht. Was war die Idee?
Ja, wie gesagt, ein wenig erwischt hast du mich, was die Perspektive angeht, da sind Elemente von beidem drinnen, am Anfang fast ausschließlich interne, mit ein paar Einwänden einer göttlichen Erzählerstimme, und je weiter die Psychose schreitet und er gegen Gott rebelliert, schweift auch die Perspektive ins Externe und Allwissende (wie praktische die göttliche Instanz, gegen die er rebelliert), aber mir ist klar, dass das keine wirkliche Erklärung ist und ja, wie gesagt, du sprichst hier einen wunden Punkt an, ich hatte mal Bock, damit zu experementieren in dieser Story

zigga schrieb:


Als er sie ein paar Mal geohrfeigt hatte, war da die merkwürdige Gewissheit in ihm, das Mädchen entweder irgendwann totzuschlagen oder so weit weg wie möglich zu fahren, weg von der Siedlung und dem Ufer und den Tankstellen, die alle nur zwei Orte entfernt lagen.

zigga schrieb:


Als er in sie eindrang, ohrfeigte und würgte er sie. Adrenalin in seinem Körper, auch Ekel. Sie rührte sich nicht, während er sie fickte. Sie keuchte und stöhnte, und er spürte ihre Hitze, ihren kalten Schweiß, legte sein Gewicht auf ihren Hals und schlug sie mit der flachen Hand ins Gesicht. Er dachte an all das Wasser, an »das Ufer« und wie das Baby schrie. Ihr Ein-Zimmer-Apartement, die blank auf dem Boden liegende Matratze. Das Kindbett daneben. Wie unfair das alles war. Wie unfair das alles für ihn gelaufen ist. Nachdem er sie auf den Bauch gedreht, an den Haaren gepackt und eine Weile gegen die Rückbank gepresst hatte, kam es ihm. Er rollte sich zur Seite, auf den Rücken, atmete, schnaufte, fuhr sich durch das verschwitzte Haar. Sein Herz raste. Ihm war kotzübel. Er war wütend über etwas, das er nicht greifen konnte. Er spürte sie neben ihm zittern. Ihr Hyperventilieren. Sie rührte sich nicht. Sie lag da, zitterte und hyperventilierte, den Blick noch immer aus dem Fenster. Als ob sie es verdient hätte. Ihre Liebe, ihre Zutraulichkeit widerten ihn an.

Erweitern ...
Das ist in seiner Ausdrücklichkeit mega stark finde ich. Da hast du dich richtig was getraut.
Danke!

zigga schrieb:


Lutsch mir den Eichel, Gott.

den Eichel?? :lol: Kenne ich – bislang zumindest – nicht. Für mich auf jeden Fall die Eichel. Vielleicht hast du ja Schwanz durch Eichel ersetzt gehabt ...
Haha, da hast du absolut recht! Da stand Penis und kurz vor Hochladen dachte ich, das ist zu abgeschmackt, und es wurde Eichel. :baddevil:

Hey Zigga, weiter so, finde ich sehr gut!
Geil Mann, freut mich! Hat mich auf jeden Fall weitergebracht, dein Kommentar. Großes Danke dafür. Ja Mann, die Perspektive(n). Ich werd mal gucken, was andere dazu sagen, ob das überhaupt auffällt oder stört, oder ob das vllt sogar so einen ein wenig flashigen Effekt haben kann, wie ich es mir beim Schreiben ein wenig gedacht/erhofft habe, dass dieses "Transzendieren" sprachlich ein wenig spürbar wird, wenn praktisch auch die Erzählposition, aus der wir den Prot betrachten, "transzendiert" bzw. ins Göttliche driftet, so wie auch Alex dorthin driftet.

Carlo, es war mir wie immer ein Vergnügen. Ich kann mich nur für den ausführlichen Kommentar, Lesen, Kritik, bedanken.

@Silvita

hab grad den Kommentar von @Carlo Zwei gelesen, und wollte nur kurz anmerken, dass wir Badner auch "daheim" sagen. :) Der Begriff wird hier ständig verwendet, auch von Erwachsenen.
Ich bin ja ein wenig schockiert, dass es hier Regionen gibt, die nicht "daheim" sagen! :D


Hey @Chai,

da hast du aber ein Monster kreiert!
:D!

Mir ging es ähnlich wie einigen meiner Vorgänger, ab einem gewissen Punkt wurde es mir zu viel. Sicher gibt es solche Menschen, trotzdem war mir die Darstellung irgendwann zu einseitig, da kam immer und immer mehr Hass in immer geballterer Form, und ich habe auf den Moment gewartet, an dem ich Alex zumindest ein Stück weit nachvollziehen kann, weil er vielleicht von einem Extrem ins andere fällt - aber es bleibt bei diesem einen Gefühl: Hass.
Ja, ist eine legitime Kritik. Ist auf jeden Fall wertvoll für mich, das zu lesen, ich denke, womöglich könnte man das Problem dadurch lösen, wenn man den Hass nachvollziehbarer bzw. konkreter machen würde, durch Szenen aus der Vergangenheit, wo Alex bspw. sehr ungerecht behandelt wird o.ä., und dann wird man mi tihm wütend und kann den Hass in späteren Szenen besser nachvollziehen.

Im Grunde schreibst du es auch im weiteren Komm:

Später kommen zwar noch die Allmachtsgefühle dazu, aber mich würde auch das vorher interessieren. Bis zu dem Punkt, an dem er Nana niedergeknüppelt hat, bekomme ich kein rechtes Bild von ihm und seinem Leid.

Ich hab Silvita noch Folgendes geschrieben hierzu:
Ja, das war der große Kritikpunkt an der Story, auch von den anderen Kommentatoren. Der zu große Hass. Ich muss mal sehen. Irgendwie gefällt es mir :D Natürlich stimmt es, dass man im besten Fall das verorten müsste, noch tiefer gehen müsste. Das würde dann halt den Platz eines Romans brauchen, denke ich, wenn man szenisch noch mehr zeigen würde, woher Alex kommt, wie war es früher. Das stimmt schon. Aber gleichzeitig hat es mir auch gefallen, den Text so zu komponieren, und zwar ohne die soziologische Erklärung, warum er ist, wie er ist. Ich frage mich manchmal bei diesem Thema: Ist das wirklich so wichtig? Ist das nicht auch ein Erklärungskonstrukt, ein sozialistisches oder sozialwissenschaftliches, wenn man so will? Wenn jemand andere killt und Lust dabei verspürt sind wir schon fast darauf getrimmt, das mit Kindheit und Gesellschaft erklären zu wollen, und ich habe den Prot hier auch immer wieder alles auf andere schieben lassen, aber als Leser merkt man, dass das irgendwo auch Ausrede ist. Irgendwo auch nicht und irgendwo ist die Umwelt natürlich verantwortlich und schuldig, aber mir hat der Gedanke in der Story gefallen, ohne jetzt im Nachhinein so tun zu wollen, als ob das alles geplant wäre, aber mir hat die Idee schon gefallen, dass ich diesen gesellschaftlichen Erklärungsmodus mal weg oder möglichst knapp lasse und mich nur auf die Figur und die Tat mehr oder weniger konzentriere.

Aus der Hand legen konnte ich die Geschichte trotzdem nicht, ich wollte schon wissen, wie es mit ihm weitergeht.
Das freut mich dann trotzdem.

Ich persönlich hätte es aber spannender gefunden, wenn es ab und zu in eine andere Richtung gegangen wäre, ich vielleicht einen Funken Hoffnung für ihn gehabt hätte, um dann zu sehen, er schafft es nicht.
Ja, ist ein guter Punkt. Ich hab das versucht im Text und ihm Shanika, die ihm sagt, dass sie ihn liebt und evtl. ein Kind erwartet hat oder auch seine nächste Freundin aus dem Heim oder den Alten in den Weg gelegt oder den Traum, auf die See zu gehen, damit habe ich es versucht, aber ja, man könnte das weiter ausbauen, you are right

Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was den Jungen beunruhigte, als er den Schlüssel der Wohnungstür nach links drehte, die Tür einen Spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Flurs von einem Bein auf das andere treten sah.
»Mach auf«, sagte sein großer Bruder im Treppenhaus vor der Wohnungstür.
Vielleicht ist es ein Stilmittel, das Distanz schaffen soll, aber ich fand den Einstieg etwas schwierig. Der Junge, der große Bruder, dann Alex. Ich musste mich erstmal zurechtfinden. Würde hier schon mit Shaun einsteigen.
Das ist ein sehr guter Punkt. Übernehme ich.

zigga schrieb:


»Hast’ dich geklopft oder was?
Kann natürlich Dialekt sein. Sonst würde ich sagen gekloppt.
genau, ist Dialekt - damit hatten einige Probleme

zigga schrieb:


Er war ein weißer Deutscher, fast zwei Meter groß, mit rahmenloser Brille, halblangem, grau-schwarzem Haar und einer seltsamen Kerbe inmitten seiner linken Zeigefinger-Kuppe, die das Fleisch merkwürdig entzwei teilte.
Tolles Detail.
Super

zigga schrieb:


Wenn er jetzt darüber nachdachte, schlug er sie nicht wirklich; er gab ihr mit der flachen Hand einen Klaps auf die Backe.
Er bagatellisiert. Das passt zu seinem Charakter und macht ihn nachvollziehbar für mich. Finde ich gut gelungen, diese langsame Einführung, die sich im Laufe der Geschichte bis zum Wahnsinn steigert.
Super, das freut mich, danke

zigga schrieb:


Es war seltsam, was er getan hatte, und noch seltsamer, wie er sich dabei fühlte. Er war vollkommen ruhig. Er war so ruhig, wie er lange nicht gewesen war. Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen wie vorhin? Er hätte sich nie vorstellen können, dass man sich fühlen konnte wie vorhin.
Das finde ich dramaturgisch auch sehr gut gemacht. Erhöht die die Spannung.
Ok

zigga schrieb:


Er hasste seinen Klumpfuß
Auch schon ein Hinweis darauf, dass er später einen Mann ohne Beine umbringt. Nana hat ein Trauma bei ihm losgetreten, er sagt, er war gewalttätig, obwohl die Mutter in der Szene als sehr entspannt beschrieben wird. Eifersucht?
Krass! Stimmt - die haben beide was an den Beinen/Füßen. Ist mir gar nicht aufgefallen, chapeau!

Manchmal, wenn sie sich küssten und danach in die Augen sahen, oder wenn sie besonders laut lachte oder ihm die falsche Limonade aus dem Automaten mitbrachte, stieg dieses Beben in ihm auf, sie zu ohrfeigen, sie zu beschimpfen, ihr an den Haaren zu ziehen. Was war das?
Okay, also bis dahin war er noch halbwegs normal, das sagt mir das manchmal, und jetzt geht das allmählich los, dass er die Kontrolle verliert. Aber was mir eben fehlt, ist, was er bis dahin gefühlt hat. Einfach nichts? War sie ihm gleichgültig? Oder war er besessen von ihr? Krankhaft eifersüchtig? Das würde mir helfen, um auch seine schwache Seite erkennen zu können. Versteh mich nicht falsch, er muss kein guter Junge sein, aber es wäre nachvollziehbarer für mich, wenn es irgendetwas gäbe, das seine Kontrolle über sie erklären würde, ein krankhafter Drang, sie besitzen zu wollen oder so.
Ok ist notiert. Du hast damit schon recht, ich könnte das hier eingängiger, nachvollziehbarer gestalten, wenn ich hier nachlege. Ich probiere es mal

Als er am nächsten Morgen auf dem Beifahrersitz aufwachte, waren Anna und das Baby mitsamt der Babyschale verschwunden.
Ich würde den Namen schon eher erwähnen.
Ja, du hast recht

zigga schrieb:


Er gab die Schuld dem, was andere die Gesellschaft nannten.
Hier wiederholt es sich für mich zu sehr. Auch das Schwitzen wird immer wieder erwähnt. Kann aber auch sein, dass du damit das Kreisen seiner Gedanken veranschaulichen wolltest.
Ja, ich wollte das Gedankenkreiseln rüberbringen

zigga schrieb:


Er stieg vom Stuhl, ging zum Waschbecken und trank wie ein Köter aus der Leitung.
Auch ein schönes Detail. Dieses Köter-Motiv taucht immer wieder im Text auf. Diesmal ist er selbst einer und erinnert mich an den Anfang, den Hund, der alle Menschen hasst .
Chai, du bist eine ausgezeichnete Beobachterin. Man schreibt sowas natürlich irgendwo auch intuitiv, aber der Zusammenhang ist mir gar nicht aufgefallen. Aber du hast absolut recht. Sehr geil.

zigga schrieb:


Er zog an der Zigarette, lächelte. Das Strangulieren und Hinrichten war wie das beste Videogame, das er je gespielt hatte.
Hier gefällt mir der Vergleich mit dem Videogame, der zeigt, wie für manche Menschen die virtuelle Welt mit der Realität verschwimmt, alles nur noch nach dem Kick beurteilt wird, den man bekommt.
ok

Auf alle Fälle eine heftige Geschichte, die ihre Wirkung nicht verfehlt. Ich habe sie in einem Rutsch gelesen. Allerdings eher wie eine Horrorgeschichte als das Psychogramm eines Menschen. Okay, er ist ein Psychopath, und dass er ab und zu davon träumt, abzuhauen, macht ihn zumindest ein bisschen menschlich. Aber eine Verschnaufpause hätte mir beim Lesen ganz gut getan.
Ja, vielen Dank dir fürs Lesen dieses langen Textes und ausführliche Kommentieren, ich weiß das sehr zu schätzen! Deine Analyse hat mich weitergebracht, ich denke, man müsste den Hass nachvollziehbarer gestalten, dann würde die Geschichte besser funktionieren. Große Gewaltätigkeit oder großer "Abgrund" ohne menschliche innerpsychologische Erklärung ist eben Horror-Genre. Man stelle sich vor, wenn man vom Clown von Es einen Bewusstseinsstrom lesen würde, wieso er so ist, wie er ist, von welchen Kränkungen und Traumata das käme. Das würde das Genre wechseln. Eigentlich wollte ich kein Horror schreiben, wahrscheinlich reicht der Platz 40 Seiten nicht für ein Portrait von meinem Prot, danke für die Rückmeldung!


Hey @kiroly!

Danke schön fürs Lesen dieser längeren Story und für deinen ausführlichen und deepen Kommentar! Hat mich sehr gefreut.

Gleich vorweg: Ich habe Deine Novelle sehr gerne gelesen. Du hältst ein gutes Tempo, der Stil zieht sich sehr gut durch.
Danke, freut mich!

Speziell beim Sadismus melde ich leichte laienpsychologische Zweifel an. Das paraphile Motiv taucht in deinem Text sehr spät auf und wirkte auf mich effektsteigernd - der Alex soll ein richtiges Monster werden.
Ich habe einen Alex gelesen, der sich durch das Töten ermächtigt fühlt, eine gottübersteigernde Macht verspürt, die einerseits narzisstische, andererseits sadistische Anklänge besitzt.
Es ist seine Art, mit dem Hass, den er empfindet, umzugehen. Diese Form der Ermächtigung als Reaktion auf eine diffus empfundene Ungerechtigkeit - die Welt gab mir nicht das, was ich verdient hätte - könntest du meiner Ansicht nach sprachlich weiter ausreizen. Hier, finde ich, bleibt dein Text zu einfach.
Ist ein guter Punkt! Meinst du mit sprachlich ausreizen, dass auf sprachlicher Seite das mehr unterstrichen werden müsste, oder meinst du auf der Plot-Seite? Ich vernehme den Tenor der Kommentatoren, dass der Hass vom Leser nicht ganz nachvollzogen werden kann. Er wird beschrieben, aber man fühlt ihn beim Lesen nicht. Hier fehlen einfach - meiner Erklärung nach - Szenen, bei denen z.B. Alex sehr ungerecht behandelt wurde, bei denen man mit wütend werden kann und seine Wut im Anschluss im späteren Leben mehr und besser nachvollziehen und nachfühlen kann.
Ich unterschreibe diese Kritik, ist ein guter Punkt und das hatte ich so vorher - glaube ich - nicht auf dem Schirm.
Mein Problem damit ist, dass mir das - ich hab es natürlich nicht geschrieben und weiß nicht, wie es wirklich wirken würde - dann wie ein Konstrukt vorkommen könnte. Und als Leser könnte man in die gleiche Falle tappen, in die Alex tappt: Man könnte denken: seine Mutter ist Schuld, die Gesellschaft ist Schuld. Klar, man kann der Meinung sein, dass die Welt und Menschen so funktionieren. Ich wollte da im Text aber nicht hin, ich wollte gar nicht so sehr auf das Warum den Scheinwerfer legen, gerade aus diesem Grund, dass ich das nicht begründen möchte, warum jemand ist wie er ist, sondern ich fand es gut, dass man als Leser denkt (im besten Fall natürlich), wenn man Alex' Gedanken liest "Alle anderen sind Schuld daran wie es mir geht", dass man eben darauf nicht "reinfällt" sondern denkt: Hör mal auf, allen anderen die Schuld zu geben!
Ich hoffe du verstehst, wie ich das meine.
Also deswegen wollte ich keinen biografischen Teil weiter einbauen - aber ja, ich denke auf jeden Fall darüber nach und werde es noch eine Zeit tun, was ich tun könnte und mit was ich zufrieden bin und welche Art von Text ich gerne hätte ... natürlich hab ich sehr Bock darauf, dass der Leser sich maximal abgeholt fühlt und ihm nichts fehlt, gleichzeitig möchte ich eben weg von diesem Erklärungszwang, der ein wenig Usus in unserer Kultur ist, wenn jemand Leute abschlachtet und ein Monster ist, das auf die Gesellschaft und Umstände zu schieben. Natürlich hat auch das seine Wahrheit, aber ich denke, es gibt auch einfach das Böse, ich hab es hier mit dem "Etwas" versucht zu beschreiben, das Menschen in sich tragen können, unabhängig ihrer Biografie. Da gibt es ja genug Beispiel von. Das mit "dem Bösen", das auftauchen oder in einem Menschen sein kann ist natürlich - wenn man so möchte - aus der christlichen Erzähltradition geborgt oder übernommen.

Alex ist ein Mensch, der das Töten als Bewältigungstechnik erlernt.
Geil! Finde ich stark, wie du das durchschaust und siehst - so hab ich's gemeint.

Dass er jedoch nie an einer Stelle eine Form von Schuld anklingen lässt, dass er nicht zweifelt, dass er sein Handeln sofort als richtig empfindet, dass seine narzisstische Bubble nicht verlassen wird ... schwierig. Du treibst ja Alex aus einer Form von Hass über das Töten in Ruhe und Gelassenheit. Zurück in den Alltag, nach den Morden ... was empfindet er? Reflektiert er das? Erkennt er, dass das falsch ist? Hat er Angst vor der Polizei? Nur beim Mord des Alten taucht sie kurz auf. Auch hier die Frage nach der psychologischen Plausibilität.
Ja, das ist ein Punkt, den man diskutieren kann. Ich hab das von anderen Serienmördern so gelesen, dass sie in einen Rausch fallen, ein Blutrausch. Aber ja, ich könnte hier mehr Ambivalenz einbauen.

Diese Momente des Tötens sind Momente eines "Etwas", verbunden mit einer religiösen Wirkung. Das religiöse Motiv flechtest du geschickt ein, du ziehst es raffiniert durch den Text und setzt es als letzte Barriere, die Alex durch das Töten überwinden muss, um in eine göttliche Ruhe (?) zu führen. Ob es das braucht? Meiner Ansicht nach nicht. Aber das ist, welch Wunder, Ansichtssache.
:D Ja, ich finde es gerade gut und ich glaube, der Text wäre ein anderer und würde womöglich platter wirken, wenn ich das streichen würde. Aber ein guter Einwand, man könnte auch das kicken, ja, vielleicht mache ich das mal zum Test

Obwohl der Text in Europa spielt, wirkte er auf eine seltsame Weise us-amerikanisch auf mich: Die Trucker, die Raststätte, die Autobahn als Ort eines perspektivlosen Weiter, weiter. Dieses Road-movie-artige aus sozialer Verzweiflung, die Gefühlskälte gegenüber Schwangerschaft und Familienmitgliedern ... der Alte, der alleine in seiner Hütte lebt ... eine gesetzeslose Welt zwischen Matratzen, die blank auf dem Boden liegen ... Gewalt. Motive aus der us-amerikanischen Literatur. Mich erinnerte das vage an Fay von Larry Brown (eines meiner Lieblingsbücher). Ist das eine Kritik? Überhaupt nicht. Es ist nur eine Auffälligkeit.
Larry Brown! Jetzt liebe ich dich endgültig, kiroly. :D
Ich stehe einfach auf die Amis, ich versuche das immer nicht zu weit zu drehen und möchte auf jeden Fall in Deutschland bleiben.

Nein, ich habe deine Geschichte sehr gerne gelesen. Sie wirkt auf mich als Teil eines noch größeren Ganzen, der meiner Meinung nach hin- und wieder einer stilistischen Überarbeitung bedarf, keiner inhaltlichen. Das allerdings ist mal wieder Ansichtssache. Klar. @zigga - ich habe "Am Ufer" sehr gerne gelesen!
Ja danke, knall mir deine Kritik gern vor den Bug! Ja, habe mir überlegt, da ein längeres Teil draus zu machen oder allgemein mal etwas noch Längeres über einen Serien- oder Triebkiller zu machen, das würde mich schon sehr hart reizen. Ich bastle noch ein wenig an dem Teil hier mit eurem Feedback

zigga schrieb:


Die Türkette war noch eingehakt. Das Weiß in Alexʼ Auge war blutunterlaufen, die Hände hatte er im blau-gelben Kapuzenpulli.
Generell fällt mir Deine häufige Verwendung von Hilfsverben auf, "war" oder das erzählende "Es war ...".
Ja stimmt

zigga schrieb:


Er schloss die Tür, hakte die Kette aus, und als er den Griff wieder nach unten drückte, schob sich Alex schon an ihm vorbei.
Hm hm, vielleicht in zwei Sätze trennen?
gekauft

zigga schrieb:


Sein großer Bruder stand vor der geöffneten Kühlschranktür und trank Multivitaminsaft aus einer der Zwei-Liter-PET-Flaschen, die Kapuze halb über den Kopf gezogen.
Hm, halb über den Kopf gezogen ... ich kann mir vorstellen, dass du hier detallierter sein könntest. Vielleicht auch beschreibender, mit einem weiteren Satz "Halb" wird umgangssprachlich sehr häufig verwendet ("halb wach, Halbschlaf, halb fertig, halbe Strecke"). Die Stärke deines Milieus zeigt sich in sprachlichen Details, nicht in umgangssprachlichen.
Okay ... mir fällt irgendwie nichts ein, wie ich das anders schreiben könnte gerade ...

Kiroly, verzeih mir, dass ich nicht auf all deine zitierten Textstellen antworte, sei dir sicher, dass ich sie gerade durchgearbeitet habe und einiges davon übernommen habe! Großen Dank dafür. Ich mach mal ein wenig den Speedmode an, ansonsten komme ich heute hier nicht durch :aua:

zigga schrieb:


»Aber die Mama kommt gleich«, sagte der Junge und sah auf die Digital-Anzeige seiner Armbanduhr.
Digitalanzeige. Warum Uhr? Warum nicht Smartphone (die ich generell vermisst habe, aber egal^^)
Haha, da hast du recht. Für mich spielte die Story so 2012. Das ist meine Ausrede, lol! Das Etablieren des Smartphones hat einige Autoren vor neue Probleme gestellt, es löst einfach zu viele Konflikte (Weg finden etc.) und nimmt schöne zwischenmenschliche Dialogszenen, aber damit erzähle ich dir nichts Neues!

zigga schrieb:


Er war ein weißer Deutscher, fast zwei Meter groß, mit rahmenloser Brille, halblangem, grau-schwarzem Haar und einer seltsamen Kerbe inmitten seiner linken Zeigefinger-Kuppe, die das Fleisch merkwürdig entzwei teilte. Als sie den Dobermann eines Tages zum Ufer führten, sagte Alex, es sähe aus wie ein Arsch. Er sagte: Fingerarsch, und sie hatten bis zum Ufer gelacht, und als er sich mit Hektor ins Geäst setzte und seinem großen Bruder weiter hinterher blickte, sah er ihn noch immer lachen.
Das Fingerarsch-Detail finde ich großartig. Das sind Details, die Milieu, Stimmung, Situation stärker und realistischer schildern als die Energy-Drinks der geschminkten Mädchen am Ufer. Energy-Drinks sind Gegenstände sozialer Einordnung; von außen sehr sichtbar, Merkmale, die für jeden die soziale Schicht, das soziale Milieu markieren und in einem Text verdeutlichen sollen.
Geil! Finde ich immer wieder krass, wie echte Details, die ich einbaue, von Leuten zitiert werden und die da etwas Echtes spüren. Also, dass Leute so einen feinen Riecher haben, finde ich immer wieder abgefahren.

Weißer Deutscher ... das klingt nach einer Bezeichnung aus einer in die politische Mitte strebenden linken Bubble ... für mich klang es seltsam.
Ja, da hast du fast recht
I will think about it
Vllt ist der allwissende, göttliche Erzähler einer linksliberalen urbanen Bubble entsprungen, haha

zigga schrieb:


Es war eines der seltsamen, unausgesprochenen Dinge, die er zuerst aus der Erwachsenen-Welt seiner Mutter durchschaute:
Empfand ich als sehr erzählend, ein Satz, wie er nach einer Runde Durchatmen beginnt.
stimmt

zigga schrieb:


Er hatte die Flasche Multivitaminsaft mit herübergenommen und nippte an ihr.
Auch hier vlt detallierter, woher hat er die Flasche genommen?
Na hast dem Kühlschrank! (Vorige Szene)

zigga schrieb:


Vor der Sparkasse knackte er ein altes, lila Damenrad, dann fuhr er am Rand der Landstraße entlang bis zur Tankstelle. Shanika stand dort mit Sturzhelm und Sonnenbrille auf dem E-Bike ihres Vaters
Hm. Geht das so einfach? So lässig, so normal? Passt das ins Milieu? Beobachtet ihn niemand (ist ja immerhin eine Sparkasse, die steht ja nicht hinter einem hausgroßen Stein)? Warum taucht sein kriminelles Handeln so spät im Text auf? Außerdem: Altes Fahrrad, platte Reifen, verbogene Felgen, Bremsen lala, Satteleinstellung verrostet ...
Ja, du hast recht, ich könnte hier mehr in die Detailbeschreibung gehen
Ach, das gibt's schon. Ein altes schrottiges Rad mit so eine Drei-Euro-Schloss und ein Typ wie Alex, der ein Fahrrad gerade braucht, ich glaube das

zigga schrieb:


»So willst du abhauen?«, sagte er und lachte.
»Wenn ich schwanger bin«, sagte sie und zuckte mit den Schultern.
Hm. Shanika scheint sehr emotionslos mit ihrer Schwangerschaft umzugehen. Soll das eine "Härte" des sozialen Milieus ausdrücken? Eine Perspektivlosigkeit, ein Fatalismus?
Wenn es falsch rübergekommen ist: Das ist Shanikas Antwort darauf, weswegen sie ein Ebike mitgenommen hat und kein normales Rad

zigga schrieb:


Sie saßen am Küchentisch und er konnte nicht aufhören, auf Nanas speziell angefertigten Schuh mit den hohen Absätzen zu starren.
Wenn sie am Küchentisch sitzen, wie kann er die Schuhe sehen? Hat er die Beine auf dem Tisch?
Ja, ist ungünstig beschrieben, man kann das schon sehen, wenn beide an der Ecke eines Tisches sitzen und einer etwas breitbeinig dasitzt, aber guter Punkt

Könntest du streichen. Insgesamt gewinnt jetzt die Story an Fahrt, sie wirkt flüssiger, konsequenter in der Entwicklung.
ok

zigga schrieb:


Mercedes am Straßenrand stehen. Das Seitenfenster war einen Spaltbreit offen, und er konnte seine Hände hindurch stecken, die Scheibe nach unten drücken. Er setzte sich in den Wagen, positionierte den Rückspiegel, brach die Seitenverkleidung des Lenkrads ab, zog die Drähte aus dem Schloss, hielt den roten an den schwarzen und fuhr anschließend hinauf bis in die Siedlung.
Erneut die Frage: Ist das realistisch? Geht das so einfach?
Das geht! Genau so kann man ältere Mercedes knacken. Fenster runterdrücken, Seiteverkleidung ab (da könnte ich noch ein Taschenmesser oder Schlüssel reinschreiben), rot an schwarz. Das setzt natürlich voraus, dass Alex das bereits zuvor gemacht hat, was der Text nicht erzählt. Aber so hatte ich es mir vorgestellt

zigga schrieb:


Er wusste, dass es ihm nicht schwerfallen würde, seine Freundin zu überreden, mitzufahren. Sie hatte eine Großmutter und eine Cousine hier im Ort, an denen sie hing.
Klang für mich widersprüchlich.
Ja, shit, ein wenig
Ich meinte, dass sie bei so einem Scheiß generell dabei ist, aber halt sehr an dem Ort hängt. Ja, ich schreib das um

zigga schrieb:


aber leise, erschöpft.
vielleicht Komparativ?
Checke ich nicht, wie meinst du das?

zigga schrieb:


Er war wütend über etwas, das er nicht greifen konnte.
Ketzerische Frage - eigentlich beschreibst du ja, über was er wütend ist: Ungerechtigkeit, Unfairness, der Eindruck des chancenlosen Lebens, das seine Grandiosität nie bestätigte ...
Ja, der Erzähler bzw. die Erzählposition ist kein personaler Erzähler, sondern eine eigene Instanz, so zumindest meine Intention, also ein allwissender Erzähler, der auf eine Art selbst seine Kommentare dazu gibt

zigga schrieb:


versorgten das Baby und tranken Booster-Energy, und anschließend legten sie die Babyschale mit dem Kind wieder auf die Rückbank und gingen zum See.
Auch die verschiedenen Marken von Energydrinks nehmen als charakteristisches Merkmal des Milieus einen großen Raum ein. Du kategorisierst hier "mikroskopischer" als mit den anderen Details: Kind, Rückbank, See, Booster-Energy. Was meine ich damit? Analogie:

Kategorien Nahrungsmittel: Gemüse, Obst, Fleisch, Süßigkeiten, Backwaren ...
Kategorien Obst: Apfel, Birne, Pflaume, Nektarine ...
Kategorien Apfel: Boskop, Golden Delicious, Dülmener Holzrosenapfel ...

Ja, ist halt die Frage, wie viele Details man einbaut! Man will natürlich kein Marken-Overkill, aber ich verstehe was du meinst

zigga schrieb:


Er legte mehrere Pausen unter dem Schatten von Bäumen und Brücken ein, die ihn auf seinem Weg neben der Leitplanke passierten, weil er befürchtete, ansonsten umzukippen.
Hm, hier erneut der logische Nörgler (LNÖ). Der LNÖ sagt: Warum läuft er so lange? Hat er keine Sorge vor der Polizei? Ruft niemand die Polizei? Nicht wegen seiner Tat, sondern wegen eines Passanten an der Autobahn. (Mensch, das ist Deutschland, das ist ein Autobahnland und die Autobahn hat passantenlos zu sein :-D ) Mehrere Brücken, mehrere Bäume, für mich klingt das nach einer langen Zeit.
Hey, das geht. Ich meine in der Story, dass er rechts neben der Leitplank läuft, nicht auf der Autobahn. Oder mache ich hier mir was vor?

zigga schrieb:


die Silhouette einer versprengten Siedlung.
Ein Dorffrankfurt! Hm, vielleicht Silhouette streichen ... hört sich so nach Großstadt an und Markanz an, dabei geht es ja um ein paar Häuser, die sich knapp über den Feldern erheben.
Ok, ich dachte das kann man auch sagen, wenn man praktisch ja, das Dorf so aus der Entfernung sieht ;)

zigga schrieb:


Der Mann rollte zu einem der Schränke, bückte sich, öffnete die Tür und hielt eine Dose Baked Beans in der Hand.
Kurz zurück: Vielleicht statt Baked Beans Erbseneintopf? Oder Linsentopf?
Ja, mache ich, das ist ansonsten zu sehr Ami, auch wenn in Deutschland natürlich viele gerne Baked Beans essen

Instinktiv fragte ich mich, wie alleine der Mann lebt. Wie versorgt er sich? Besucht ihn jemand? Er ist auf den Rollstuhl angewiesen - wer organisiert das? Erhält er ärztliche Hilfe? Fragen, die im Text keine Rolle spielen, interessieren tut es mich trotzdem :-D
Ich dachte ehrlich gesagt an den Alten aus meiner anderen Story Valcambi Suisse. Da hat er übrigens noch Beine & wird zum Schluss über den Haufen geschossen! :-D

zigga schrieb:


Er hasste Anna so sehr. Er hasste seine Mutter so sehr. Und er hasste Shaun. In Gedanken gab er ihnen die Schuld an allem; an seiner Ausweglosigkeit. Er wusste, dass er nie von Anna und dem Kind loskommen würde. Er müsste ihnen ein Leben lang Geld zahlen. Er müsste ein Leben lang buckeln. Steine schaufeln, die Schreie des Chefs.
Die Momente des Tötens leitest du mit einer Tirade an Hassgefühlen ein. Der Hass sprüht gegen alles und jeden; er wird aufgezählt und soll (denke ich) dem Leser den Eindruck eines omnipräsenten Hasses geben, der das Denken und Handeln verzerrt, konzentriert und nur über einen extremen Akt roher Gewalt - dem Töten - gelöst werden kann. Diese Eskalationsspirale ist die schwierigste Stelle in deinem Text. Ich habe einen Heidenrespekt davor, sich an ein solches Thema zu wagen; dennoch bleibt bei mir der Eindruck eines statischen Musters. Es ist ja nur der Hass, es ist nichts anderes; es ist eine Steigerung, die sich wiederholt, damit sicherlich die Dramatik antreiben möchte. Ich weiß, hier bin ich sehr, sehr kritisch und ob ich eine Idee hätte, wie es anders geht - ehrlich gesagt - nein. Nein, habe ich nicht. Außer vielleicht: Mehr Momente einfügen, in denen ich als Leser auch Ungerechtigkeit und Mitleid Alex gegenüber empfinden kann. Nicht allgemein als "Mobbing" sondern eine konkrete Szene aus der Schulzeit ... wie er ein schönes Gedicht geschrieben hat und ausgelacht wurde, wie er sich auf eine Klassenarbeit vorbereitet hatte und ein anderes Thema wurde behandelt, woraufhin der Lehrer ihn für dumm erklärte ... wie er betrogen wurde ... wie ihn seine Mutter für ein undankbares Kind hielt, beim Fernsehschauen, zwischen den Zeilen, ganz leise und kurz benannt.
Ja, dazu habe ich vorhin schon etwas geschrieben, was Biografie und Mitleid angeht. Vielleicht geht es gar nicht ohne in unserer Gesellschaft (ohne das jetzt negativ zu meinen, rein analytisch), vielleicht können wir etwas nicht als Geschichte oder Erzählung empfinden, bei dem wir auf diese Art nicht andocken können? Nur so Gedanken, die ich dabei habe. Ich verstehe, was du meinst. Ich hab es versucht dadurch zu lösen, indem ich eine Art Psychose, bei der man natürlich nicht weiß, ob das wirklich eine ist oder nicht (so geht es ja oft Leuten, die in dieser Situation stecken), in ihm habe "ausbrechen" lassen. Der Übergang von "gesund" zu "Psychose" ist natürlich extrem fließend.

zigga schrieb:


Er sah die Wellensittiche oben auf den Küchenschränken in ihren Käfigen sitzen, ihn ansehen, mit dem Gefieder flattern.
Finde die Wellensittiche ein starkes Detail in der Mordszene. Vielleicht sollten sie sich aber sehr ruhig verhalten? Als Kontrast zu Alex?
Geil! & gute Idee

zigga schrieb:


Das Gefühl, abseits der Gesellschaft zu stehen.
Klingt sehr erklärend.
stimmt

zigga schrieb:


Er streckte die Zunge aus und leckte über das lederne Ende des Gürtels, vor und zurück, ließ den Geschmack des Leders in den Gaumen ziehen. Er atmete tief ein und aus.
Eine der stärksten, szenischen Stellen in deinem Text.
Haha geil. Ja für mich auch. Da kommt so etwas Ehrliches, Abgründiges zu Tage

zigga schrieb:


Wie die Ozeane, gab es keine Richter über ihm.
Vielleicht streichen?
Ja das ist etwas Psychosensprech

zigga schrieb:


Je mehr er den Alten strangulierte, desto mehr war das Etwas in ihm; das Etwas, das er selbst war.
Vielleicht "je länger?"
gekauft

zigga schrieb:


»Du Köter«, sagte Alex.
Probier mal aus, nach Alex einen Absatz einzubauen. Mit diesen kurzen, starken Sätzen ordnest du die Handlung zeitlich, dehnst sie mit einem Absatz zeitlich aus.
perfekt

zigga schrieb:


Er hatte das seltsame Verlangen zu tanzen.
könntest du streichen
gekauft


Liebe @CoK,

dir auch herzlichsten Dank fürs Lesen dieser langen Story und Kommentieren! Es hat mich sehr gefreut und weitergebracht, deine Meinung zum Text zu lesen.

ganz schön schwere Kost für mich, deine Novelle. Der Weg eines ekpathieschen Mannes zum Psychopathen und Serienkiller.
Wenn du erlaubst, möchte ich dir trotzdem ein paar meiner Gedanken mitteilen.
Immer her damit!

zigga schrieb:


Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was den Jungen beunruhigte, als er den Schlüssel der Wohnungstür nach links drehte, die Tür einen Spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Flurs von einem Bein auf das andere treten sah.
Mir gefällt dein Einstieg aus der Perspektive des kleinen Bruders.
Was ich allerdings nicht weiß, ist der Zeitpunkt? Ich dachte dein Schluss würde daran anschließen, dass ist jedoch falsch. Weil hier der kleine Bruder die Tür aufmacht und am Ende deiner Geschichte liegt er auf dem Sofa.
Doch ich meinte, dass der Schluss daran anschließt! Sie beschließen ja am Anfang dann, noch etwas fernzusehen, was sie am Ende dann machen! Auch hat Alex den Pulli und die Verletzung am Ende genauso - so war es zumindest von mir geplant

zigga schrieb:


»Wo warst’n die ganze Zeit?«, sagte der Junge und steckte sich die Hände in die Hosentaschen, noch an der Küchenwand gelehnt. Oben links an der Decke, in der Ecke neben dem Tellerschrank und über dem Platz, an dem die Kaffeemaschine immer stand, war ein dunkler, grau-schwarzer Wasserfleck in die Tapete gezogen.
Mir gefällt es auch im weiteren Verlauf deiner Geschichte, dass du immer wieder Details aus der Umgebung beschreibst.
Super!

zigga schrieb:


»In Reiterswiesen«, sagte er, »weißte doch.«
Verstehe ich nicht ganz, wo sind die Reiterswiesen?
Ich meinte damit einfach ein Dorf, das in der Nähe des Settings ist (Reiterswiesen ist ein Dorf hier in der Nähe)

zigga schrieb:


Er war vollkommen ruhig. Er war so ruhig, wie er lange nicht gewesen war. Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen wie vorhin? Er hätte sich nie vorstellen können, dass man sich fühlen konnte wie vorhin.
Wie ein Suchtkranker …und er will es wieder fühlen. Toll beschrieben.
Danke

zigga schrieb:


Er ging zurück in die Küche und stand einen langen Augenblick hinter Nana, starrte das kurze, wippende Bein und die glattrasierte Glatze an. Shaun saß am Tisch gegenüber und lachte sein Shaun-Lachen, die Augen weit nach oben in den Schädel gedreht und weiße Spucke in
Hier wundert es mich, dass sein kleiner Bruder nicht reagiert.
Ja, ich hatte mir das so vorgestellt, dass der kleine Bruder so in sein Lachen vertieft ist, dass er es nicht versteht, was gerade kurz davor ist, zu passieren, seine Augen sind ja auch in den Schädel gedreht etc.

zigga schrieb:


Im Heim lernte er ein Mädchen mit einem Tattoo auf dem Hals und der linken Schläfe kennen. Er erzählte ihr von seinem Bruder Shaun und dass er den gewalttätigen Freund ihrer Mutter mit einem Schraubschlüssel niedergeknüppelt hätte.
Er weiß wie man lügt und manipuliert.
sehr gut beobachtet

zigga schrieb:


Als sie später am Wagen ankamen, lag das Kind bewusstlos und mit einem dunkelroten Kopf in der Babyschale. Sie schnallte es ab, hob es aus dem Auto und schüttelte es. Schweiß glänzte auf seinem Gesicht. »Shit«, sagte sie, mit der Sonnenbrille auf, und sah Alex an.
Das mit dem Baby im Auto solltest du noch einmal überdenken: Bereits nach 15 Minuten im heißen Auto können Babys und Kleinkinder sterben. Zumal sie weniger schwitzen als Erwachsene und schneller über und dehydrieren.
Das ist ein sehr guter Punkt! Vielen Dank dafür. Ich werde nachdenken, was ich mache. War mir davor nicht bewusst

zigga schrieb:


Vielleicht hatte er sie nachts aussteigen hören und so getan, als ob er schlief. Vielleicht war sie zu einem der Trucker eingestiegen und schon längst in einer anderen Stadt, in einem fremden Land. Vielleicht war sie längst tot. Vielleicht saß sie gerade mit dem Kind in der Raststätte und wartete, dass ihre Großmutter sie abholen käme.
Dieses vielleicht nehme ich ihm nicht so ganz ab. Mir hätte es ohne diesen vielleicht-Abschnitt besser gefallen.
ok

zigga schrieb:


Er dachte, dass Nana und seine Mutter schuld daran wären. Er dachte, dass Gott schuld daran wäre. Wieso hatte Gott ihn so scheiße behandelt?
Typisch für Psychopathen immer die anderen haben Schuld.
Schön, dass du es so liest

zigga schrieb:


Er dachte nach, wie er weg von hier kommen könnte.
Er dachte nach, wie er von hier weg kommen könnte. (klingt das nicht runder?)
gekauft!

zigga schrieb:


Er dachte daran, schwarz mit einem Zug zu fahren, aber er wusste nicht, wo ein Bahnhof sein sollte
Sein sollte klingt für mich geschwollen: wo ein Bahnhof ist.
gekauft

zigga schrieb:


Alex trank ein paar Schlucke und setzte sich schließlich auf. Für einen Augenblick war da etwas in ihm, das sich tot anfühlte; als sei dort in der Mitte seines Bauches ein großes Etwas – ein Organ – das da nun abgestorben verklumpen und in ihm hängen würde. Vielleicht hing auch der Gekreuzigte in ihm. Er fasste sich an den Bauch; er hatte fürchterliche Bauchschmerzen.
Ist hier der physische Tod eines „Normalen“ der zu einem Psychopathen wird?
Das kann man so lesen, ja

zigga schrieb:


In seinem Mund fehlten einige Backenzähne.
Kann er wirklich sehen das Backenzähne fehlen und ist das wichtig?
In seinem Mund fehlten einige Zähne.
Richtig
Man kann es sehen, wenn Backenzähne fehlen, dann sind die Wangen seltsam eingefallen, weil dort eben keine Zähne mehr an der Innenseite sind, aber ich werde das besser beschreiben

zigga schrieb:


Er hasste Anna so sehr. Er hasste seine Mutter so sehr. Und er hasste Shaun. In Gedanken gab er ihnen die Schuld an allem; an seiner Ausweglosigkeit. Er wusste, dass er nie von Anna und dem Kind loskommen würde. Er müsste ihnen ein Leben lang Geld zahlen. Er müsste ein Leben lang buckeln. Steine schaufeln, die Schreie des Chefs. Er zündete sich eine Zigarette an. In Gedanken gab er seiner Mutter die Schuld an allem. Er gab den Männern die Schuld an allem; seinem Vater, den er nie kennenlernte, und Nana. Er gab die Schuld dem, was andere die Gesellschaft nannten

Erweitern ...
Dieser tiefe Hass und diese Schuldzuweisungen beschreiben sehr gut einen Psychopathen.
vielen Dank

zigga schrieb:


Er hasste Anna so sehr. Er hasste das Kind so sehr.
Für mich bräuchtest du es nicht ganz so oft zu wiederholen.
Ok danke für den Hinweis, das haben andere auch mockiert und es bringt mir was, das von verschiedenen Leuten zu hören

zigga schrieb:


Mutter, ich möchte dir mit meiner blanken Faust langsam und genüsslich jeden einzelnen deiner Zähne aus dem Mund schlagen. Ich möchte dir ein Gummiband um den Hals knoten und daran ziehen, um zu sehen, wie du spuckst und Angst vor mir kriegst.
Hier frage ich mich ob er diesen Mann als Ersatz für seine Mutter tötet.
Super

zigga schrieb:


Das Übergottstehende durchstrahlte seinen Körper. Das Etwas in ihm war etwas Großartiges. Er war großartig. Er hatte immer gewusst, wie besonders er war.
Dieses übersteigerte Selbstwertgefühl so großartig wie Gott zu sein, sogar noch über Gott zu stehen. Du beschreibst ihn sehr gut diesen kranken Menschen.
Toll, danke!

zigga schrieb:


Er spürte, wie Gott ihm unterstand.
Gott ist meine Hure.
Für mich ist diese häufige Gottbeziehung fast ein bisschen zu oft.
Ok

zigga schrieb:


Das Übergöttliche. Auf eine seltsame Art wartete Alex auf das Eingreifen Gottes; aber da war kein Gott. Je mehr er den Alten strangulierte, desto mehr entfernte Alex sich von der Welt.
Das ist für mich ein Schlüsselsatz.
Schön, dass du es so liest

Deine Novelle hat mich sehr gefesselt und ich finde, du hast sie beängstigend realistisch dargestellt. Das ist es auch was mich am meisten erschreckt hat. Dieses mit dem Psychopathen denken, seine Gefühle erfahren und die Angst spüren, dass es solche Menschen wirklich gibt.
CoK, deinen Kommentar und dein Lob habe ich natürlich genossen, ich bedanke mich hierfür und freue mich, dass der Text so für dich funktioniert hat!


Beste Grüße
zigga

 

Also deswegen wollte ich keinen biografischen Teil weiter einbauen - aber ja, ich denke auf jeden Fall darüber nach und werde es noch eine Zeit tun, was ich tun könnte und mit was ich zufrieden bin und welche Art von Text ich gerne hätte ... natürlich hab ich sehr Bock darauf, dass der Leser sich maximal abgeholt fühlt und ihm nichts fehlt, gleichzeitig möchte ich eben weg von diesem Erklärungszwang, der ein wenig Usus in unserer Kultur ist, wenn jemand Leute abschlachtet und ein Monster ist, das auf die Gesellschaft und Umstände zu schieben.

Hm, ja, das verstehe ich. Das hat ein bisschen was von Marquis de Sade, dessen Protagonisten grausamste Taten vollbringen, ohne Moral und ohne Erklärung. Mit Erklärungen habe ich eh meine Problemchen, da habe ich zu viele individuelle Stories in der Geriatrie und auf Alkoholiker-Stationen gehört, als dass ich ein plausibles Erklärungsmuster für pathologisches Verhalten ausfindig machen könnte.

Unabhängig davon - vielleicht könntest du andere, normale Aspekte seiner Persönlichkeit stärker beleuchten. Einen differenzierteren Alex zeichen. Klar, die Gewalt überstrahlt alles andere, was er getan hat. Und der Text soll ja nicht als Blaupause für angehende Forensiker dienen. Der Text scheint ja eh in ein längeres Format zu streben.

Das nur so am Rande.

Lg
kiroly

 

Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was Shaun beunruhigte, als er den Schlüssel der Wohnungstür nach links drehte, die Tür einen Spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Flurs von einem Bein auf das andere treten sah.
Lieber @zigga,

nun endlich komme ich dazu, mein Feedback zu deiner Novelle zu geben.
Zunächst Entschuldigung, dass da drüber bereits ein Zitat steht. Das liegt daran, dass ich schlicht erstmal alle Zitate hier hereingenommen habe und dann festgestellt habe, ich kann gar nicht da drüber scrollen, um ein Hallo zu schreiben.

Ich werde daher mein Fazit deiner Novelle ans Ende setzen und gleich mit der Textarbeit beginnen, damit es nicht so durcheinander wirkt.
Insgesamt, dies möchte ich aber jetzt schon bemerken, ist mir aufgefallen, dass du teils umständlich formulierst, du warst sonst knapper, weniger weitschweifig, hast mich oft genug mit Prägnanz beeindruckt. Hier ist das anders. Ich meine zu ahnen, woran das liegt. Ich stelle mir vor, dass es dir verflucht schwer gefallen ist, in die Rolle des Täters zu schlüpfen, in seine Gedankenwelt und darin liegt die absolut größte Arbeit und Herausforderung dieses Textes, das herüber zu bringen, dass der Leser dir die Morde glaubt. Ich vermute, bei dieser Anstrengung ist dann deine Formulierungskunst etwas auf der Strecke geblieben.
Vielleicht wolltest du aber auch mal was Neues ausprobieren.

Zur Textarbeit und sogleich zum obersten Zitatabsatz, den ich wie folgt zusammen kürzen würde:
"Die geschwollene Lippe und der fingernagellange Riss unter dem rechten Auge seines großen Bruders waren nicht das, was Shaun beunruhigte, als er die Wohnungstür einen spaltbreit öffnete und Alex im gleißenden Licht des Treppenhauses von einem Bein auf das andere treten sah."

'Es ist doch wirklich nicht wichtig, ob er den Schlüssel noch vorher umdreht etc.

»Mach auf«, sagte sein großer Bruder im Treppenhaus vor der Wohnungstür.
Da würde mir nun nur noch "Mach auf!" reichen, ohne dass erwähnt werden muss, dass es der große Bruder ist.
Das Weiß in Alexʼ Auge war blutunterlaufen, die Hände hatte er im blau-gelben Kapuzenpulli.
die Hände steckten ...anstelle von hatte
schob sich Alex schon an ihm vorbei.
Vielleicht auch hier, statt schob "presste sich an ihm vorbei!"? Aber du weißt ja, sind teils reine Geschmacksachen, wenn man Dinge anders formuliert sehen möchte und alles eh nur Angebote, die du gerne auch ablehnen darfst.
»Mama is’ noch nich’ daheim«, sagte er noch mal, sah Alex einige Sekunden lang beim Trinken zu und lehnte sich dann gegen die Wand.
Hier würde ich nur schreiben: "Mama is' noch nich' daheim." mehr nicht....

Ich würde den gesamten Absatz auch etwas umbauen und zwar so:

"Ich weiß doch", gluckste sein Bruder ohne die Flasche abzusetzen. Shaun sah ihm einige Sekunden lang beim Trinken zu. lehnte sich gegen die Wand. Sein großer Bruder stellte die Flasche zurück in den Kühlschrank und schob nun Lebensmittel in den Fächern hin und her.

Dann schreibst du später, dass "drüben" noch der Fernseher läuft. Das hab ich nicht zitiert hier. Da würde ich schlicht die Wohnstube oder das Wohnzimmer draus machen, dann weiß der Leser genau wo. Drüben könnte ja auch Shauns Zimmer sein.

Er hatte einen Bart bekommen; seltsam, seinen Bruder mit Bart zu sehen
Das wirkt teils irre unpersönlich, wenn du es so schreibst, als sei das nicht sein Bruder.
Ich würde den Satz so formulieren: "Er hatte einen Bart bekommen; seltsam ihn so zu sehen."
Dann finde ich strohblond ein bisschen stereotyp wie wär es mit noch einem Adjektiv, um dem Strohblond noch mehr Aussage zu geben? Ich dachte an stumpf.
Mein Vorschlag lautet: "Dieses stumpfe strohblonde Haar und dieser rotblonde fleckige Bartwuchs, als sei er ihm bereits an manchen Stellen wieder ausgefallen."
»M-mhm«, machte der Junge und fuhr sich durch die Haare. »Schon lang’ nich’ mehr. Mama is’ noch auf Arbeit«, sagte er.
Da würde ich viel weglassen: "Schon lang nicht mehr. Mama is' noch auf Arbeit."
Ich kenne das auch, dass ich nicht so arg gerne nur den Dialog stehen haben mag, in dem dann immer steht, sagte er, sagte sie, sagte es, sagte er und so weiter. Aber dieses an sich gut gemeinte wörtliche Rede mit einer Aktion zu verbinden, macht die wörtliche Rede nicht präziser, sondern relativiert sie oftmals und verwässert sie. Und glaube es mir, oder probiere es selbst aus. Wir Leser lesen bei einem guten Dialog nicht mehr "sagte er, sagte sie, sagte xy", sondern das überfliegen wir nur, um vielleicht bei gewissen Zweifeln zu gucken, wer das gerade spricht. Ansonsten sieht man das als Leser gar nicht. Also kann es auch so "nackt" da stehen bleiben.
An dieser Stelle habe ich mich ein wenig gefragt, wie alt ist der Junge eigentlich? Das ist nicht gut zu erkennen.

Dann würde ich Shaun einfach nur karg "Lass mich" antworten lassen und nichts weiter. Das wirkt viel intensiver.

Oh-oh«, machte sein großer Bruder, ging einen Schritt zurück, kaute noch und hob beide Hände hoch. »M
Ich will nicht nur meckern: sehr guter Satz!!!
. »Machst jetzt auf Harten oder was?« Er lachte, biss noch mal in den Käse und schüttelte schließlich den Kopf. »Komm«, sagte er, »jetzt sei nich’ gleich so ’ne Pussy.«
Dann habe ich Sachverhaltsprobleme. Es ist nur eine Kleinigkeit, aber mich stört sie. Alex entnimmt eine Scheiblettenscheibe (widerlicher Kunstkäse) aus der Folie. Eine Scheibe. Die hat er für gewöhnlich mit einem Happs weg. Da gibt es nix zum Abbeißen.
Textvorschlag: "Machst jetzt auf Harten oder was?", er lachte, "komm sei nich' gleich so 'ne Pussy!"
Sie trugen enge, ausgewaschene Jeans, Bauchfrei, schmierten sich Lipgloss auf die Lippen und hielten Pall Malls oder Marlboros in ihren Händen, dort am Radweg hinter den Tankstellen, die kleine, bewachsene Klippe runter, »am Ufer«, wie sie es nannten, direkt in einer Böschung am Weiher.
Hier wäre mein Veränderungsvorschlag folgender: "Sie trugen enge, ausgewaschene Jeans, bauchfrei und zogen mit ihren lipglossverschmierten Lippen an ihren Pall Malls oder Marlboros, dort am Radweg hinter den Tankstellen...."
Er sagte, es sei das Wichtigste und gleichzeitig das Unwichtigste, das es auf diesem verfickten Planeten gäbe, und wenn er tatsächlich mit ihm verwandt sei, würde er früher oder später verstehen, was er meine.
Den Rest der dann noch kommt würde ich weglassen. Übrigens hat mir sehr gut gefallen, wie du es formuliert hast.
»Wo warst’n die ganze Zeit?«, sagte der Junge und steckte sich die Hände in die Hosentaschen, noch an der Küchenwand gelehnt.
Vielleicht besser stopfte sich die Hände in die Hosentaschen?
Er aß die restliche Käsescheibe, dann leckte er sich schnell Zeigefinger und Daumen ab. »
Er hat keinen Käse mehr, den er essen kann. Du müsstest ihn schon ein zweites Mal von so einer Mistkäsescheibe die Folie abreißen lassen, damit er noch was in seinen Mund bekommt. Aber das ist tatsächlich nicht wichtig. Wichtig war nur, dass du demonstrierst, wie er einfach einbricht in den familiären Haushalt und sich bedient, als sei er zu Hause.
Aber schließlich verflüchtigte sich der Gedanke an das Tier, an sein Fell, an Fingerarsch und das schnappartige Jaulen, mit dem er sich immer im Kreis drehte und mit dem Kopf auf und ab wippte, dort unten, im Geäst beim Weiher.
Ich würde "dort unten im Geäst beim Weiher" streichen, weiß der Leser ja schon.
Alfer oder Alper war plötzlich mit seinen zwei Töchtern aufgetaucht, irgendwann im Hochsommer in seinem letzten Kindergarten-Jahr.
Die Töchter würde ich ersatzlos streichen, weil wenn die auch mit im Haushalt gewohnt haben, dann wären sie nicht so sang - und klanglos wieder verschwunden, Alex würde sich sehr gut an sie erinnern und sich unter Umständen eher mit denen gezofft haben als mit Alfer oder Alper.
mit der Lesebrille auf der Nase und eine ihrer Frauenzeitschriften vor sich ausgebreitet.
Ich habe mir diese Mutter so vorgestellt, dass sie schon mal gar keine Zeitung liest, allenfalls durchblättert und ansonsten natürlich auch nicht darauf achtet, das mit einer Lesebrille zu tun. Aber wenn du doch auf Brille beharrst, dann mach sie hässlich, z.B., indem du von einer klobigen Lesebrille schreibst. Oder du erwähnst, dass Mutter damit direkt intelligent aussieht.
Er wusste nicht, wieso er das tat. Er hatte nie gesehen, wie ein Mann eine Frau schlug, aber da war etwas in ihm, das es tat.
Hier spricht der Autor! Nicht der Täter. Ich glaube auch nicht, dass man in so einem Moment rekapituliert, ob man irgendwo ein blühende Vorbild hat. In sehr, sehr vielen Filmen werden Frauen geschlagen, er benötigt hierzu gar kein Livevorbild. Ich würde diesen Satz komplett streichen. Und ich hoffe, du bist jetzt sehr tapfer, denn es werden noch sehr viele Sätze, gar Absätze folgen, bei denen ich dir zum ersatzlosen Streichen rate.
Ich würde seine Taten eher wie einen Reflex bewerten und so fühlt er dann auch.
Du beschreibst für mich viel zu viele Momente, in denen er denkt, aber eigentlich denkt da der Autor, dass die Erklärungen nicht reichen. Bereits !!! an dieser Stelle wird mir klar, dass es ein junger Mann ist, der sich seine zerschundene Welt selbst zurecht denkt, so dass es ihn nicht schuldhaft trifft, wie alles gelaufen ist. Er mag nicht eingeschränkt sein, er mag nicht zu etwas bestimmt werden, ihm darf keiner sagen, was er tun soll bezogen auf seine Freizeit und sein Leben und er fühlt sich radikal schnell unfrei, drangsaliert, also jemand ohne jegliche Resilienz. Und das läuft, wie es bei Männern so üblich ist, in seinem Schädel ab, er schweigt sich sein Leben so zurecht, dass er fein raus ist aus der Verantwortung, das läuft alles im Inneren ab, darüber redet er nicht. Weshalb es äußerlich aussieht als ginge da jemand an die Decke, wo doch gar kein Grund vorhanden ist. Im Grunde genommen ist Alex bereits ein Dampfdrucktopf der am absoluten Anschlag ist, aus dem es bereits hie und da herauszischt an heißem Wasserdampf und der aber so marode ist, dass wenn die Feuerquelle (sprich hier sein Leben und dessen Verlauf) nicht endlich aufhört weiter zu feuern oder alles eine Wendung nimmt, explodiert.
Um bei meinem Beispiel zu bleiben: und man sieht das Brodeln im Topf nicht, man sieht nur das Dampf herauszischen und ahnt nicht, ab wann der Moment der Explosion eintritt.
Das alles ist dir bereits bis hierher gelungen, mir von diesem Alex herüber zu bringen und das ist, so finde ich, eine große Leistung.
Seine Unberechenbarkeit ist mir vollkommen bewusst.

Aus ihm lauert die Gefahr.

Aber du als Autor misstraust deinen eigenen Angaben. Warum? Nachfolgend kommen im Text ununterbrochen Passagen, die allesamt nochmals gebetsmühlenartig wiederholen, was ich jetzt schon weiß und jeder andere Leser bestimmt auch. Damit bringst du eine Menge Wegstrecke in deine Novelle und machst sie nicht intensiver, sondern langsamer.
Ich weiß, es schmerzt immer sehr, wenn man viel wegstreichen soll und ich weiß bei selber, dass ich es manchmal gar nicht könnte, auch wenn ich es vielleicht noch so sehr einsehe, was man mir vorhält.
Von daher nehme ich es dir nicht übel, wenn du beharrlich an deiner ausführlichen Schilderung des Innenlebens des Alex festhältst. Das kann ich gut verstehen.
Ich wäre schon glücklich, wenn du es nachvollziehen kannst, was ich meine und vielleicht einfach mal den Text unter Weglassung all der von mir weggestrichenen Passagen liest.

Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen wie vorhin?
Hier begreife ich langsam, aber sicher, dass er nicht harmlos ist.
Wann war er jemals so glücklich gewesen wie vorhin?
Hier wünsche ich mir noch einen kleinen Satz oder mehr, über das Abklingen dieses Euphoriegefühls. Es wird vermutlich von jetzt auf gleich aufgehört haben, aber darüber müsste er vielleicht auch selbst überrascht sein oder?
aber ansonsten fühlte er nichts.
Dieses Nichts ist ja schon auch für ihn herber Abstieg. Da fehlt mir ein Gefühl von ihm, was er sich dazu denkt, dass jetzt wieder nichts ist.
Er ging zurück in die Küche und stand einen langen Augenblick hinter Nana, starrte das kurze, wippende Bein un
Diese Passage schau dir bitte nochmals genau an bezüglich der Frage, wann Alex in der Küche ist und weshalb er sie nochmals betritt und woher die Waffe nimmt. Ich hatte es so verstanden, dass er bereits in der Küche mit den andern hockt und man die Pizzen in Angriff nehmen möchte. Dann kann er ja nicht nochmals reinkommen. Es fehlt also entweder was oder du musst es einfach umschreiben.
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was unter einem Hackmesser zu verstehen ist. Klar, der Name sagt es schon, aber ich habe kein Bild vor Augen. Wie wär es denn mit einem Fleischklopfer, den kennt jeder (hoffe ich doch).
ihr an den Haaren zu ziehen.
ihr? mein Sprachgefühl verlangt nach einem "sie", aber ich mag da vielleicht falsch liegen.
Was gab es dort draußen noch alles, das er nie gesehen hatte? Was für ein Mensch war er?
Was für ein Mensch er war, wird er nicht denken. Echt nicht. Das denkt keiner. Den Satz würde ich streichen, aber ich würde anfügen: "er hatte noch so viel nicht gesehen"
hr Hyperventilieren.
nach Luft schnappen? Dann muss sie nicht wiederholt hyperventilieren...
Sie lag da, zitterte und hyperventilierte, den Blick noch immer aus dem Fenster.
Ich würde schreiben: "Sie lag da, zitterte (oder bebte) und hyperventilierte, den Blick immer noch abgewendet."
Ihre Liebe, ihre Zutraulichkeit widerten ihn an.
Nein, nein, nein. Liebe ist hier nicht richtig. Das Wort ist zu bedeutungsschwanger, es passt nicht. Was stört ihn hier wirklich? Es ist ihre Anhänglichkeit, das Klettige, ihre Widerstandslosigkeit, ihre devote Art, ihre vielleicht auch Duldsamkeit. Das alles nervt ihn.
Wobei du Alex so angelegt hast, dass ihn auch das gesamte Gegenteil nerven würde.
Also würde sie Widerstände leisten, würde er sich vermutlich auf der Stelle mit ihr prügeln, sie stark verletzen, vielleicht töten. Sie dürfte ihn nicht beherrschen, das würde er rüde unterbinden. Es ist in dieser Situation also auch ihre Art, die es ihm nicht erlaubt, sich an ihr auszutoben, zu reiben, mit ihr zu kämpfen.
Du hast super gut dargestellt, dass dieses Mädchen eigentlich tun kann, was sie will, sie wird es ihm nicht recht machen können. Sie ist der Anfang seiner Täterkarriere.
Übrigens gut gemachte Szene und auch überall davor, wo ich nichts verändern wollte. Du hast in diesem Mittelteil eindeutig zurück gefunden zu deiner eindringlichen Erzählart und dem -ton. Man kann sich beide gut vorstellen und auch das Elend, in dem sie sich beide befinden. Aber genau an dieser Stelle würde ich ihn wegen ihrer oben von mir genannten Charaktereigenschaften leiden lassen. Versuch dafür Alltagsbilder zu finden. Vielleicht will sie immer wissen, wo er grad ist. Ruft laufend per Handy an und fragt.

Er wurde wütend, wenn er daran dachte. Er dachte an das Baby, wie es schrie. Was hatte er erwartet? Würde er jemals etwas anderes sehen, als diese Wohnungen, die Gänge, die Küchen? Er dachte, alles sei unfair für ihn verlaufen. In Gedanken gab er seiner Mutter an allem die Schuld. Er gab den Männern an allem die Schuld. Er gab der Welt und das, was andere die Gesellschaft nannten, an allem die Schuld. Ihr seid alle Fotzen, dachte er. Er sah die Weite des Sees und fühlte die Enge, die er seit jeher zu spüren glaubte.
Das ist viel zu viele Autorengedankengut, das du dem Prota in den Kopf schaufelst.
Der denkt nicht so viel. Da wird zu viel erklärt.
Wie wär es mit: "Er dachte, wenn er eine andere Mutter gehabt hätte, einen richtigen Vater, nicht diese (verfickten) Männer, alles Fotzen. Vor ihm der weite See, in ihm diese unerträgliche Enge."

Und mehr würde ich anstelle des Absatzes nicht schreiben. Der Leser weiß Bescheid, der benötigt das nämlich gar nicht mehr.

Auch diesen jetzt hier stehenden Absatz würde ich schwer kürzen.
"Er dachte daran, bis zu seinem Tod mit ihr und dem Kind verbunden sein zu müssen. Er wusste nicht, was er ändern könnte. Er hatte eine abgebrochene Maler-Ausbildung und eine Vorstrafe wegen versuchtem Totschlags. Er bekam keine Arbeit, und wenn, dann einfache Trage- und Hilfsarbeiten, Mindestlohn und Zehn-Stunden-Schichten. Entweder hörte er zu Hause das Kind schreien oder trug auf Baustellen Stahlgerüste, schaufelte Kies und Erde für kleine Landschaftsgärtnereien, um alles für ihre Miete, Essen, Tabak, Softdrinks und das Baby ausgeben zu müssen."

Er denkt z.B.:" Und das geht jetzt bis zum Tod mit ihr und diesem Kind, entweder wegen der abgebrochenen Malerausbildung und der Vorstrafe irgendwo brutale Zehn-Stunden-Schichten auf dem Bau, Stahlgerüste schleppen, Kies und Erde bis zum Umfallen schaufeln oder zu Hause der Schreihals. Und nie genügend Geld für die Miete, Essen, Tabak, Drinks und das Baby."

Ihr habt mich alle hier her gebracht, dachte er. Aber ihr wisst nicht, dass ich großartig bin.
streichen
Er wurde furchtbar wütend auf seine Mutter,
streichen
Er dachte, dass Nana und seine Mutter schuld daran wären. Er dachte, dass Gott schuld daran wäre. Wieso hatte Gott ihn so scheiße behandelt?
Und nun kommt Gott mit ins Spiel und da muss ich leider aussteigen, lieber zigga, denn ich finde, du gibst Alex nur deswegen diese Wahnvorstellungen hinzu, damit wir Leser dir abkaufen, dass wir es mit einem Massenmörder zu tun haben. Das habe ich aber schon vorher so verstanden und akzeptiert. Diesen ganzen Gottkram, tut mir leid, wenn ich dich damit herbe angreife, würde ich ersatzlos streichen und du hast immer noch einen Mörder, der als solcher erkannt wird und dem man abkauft, welche irrsinnige Wut in ihm steckt, welche grandiose Sprachlosigkeit und komplette Verdrehung der Tatsachen ihn dazu bringen, sich als Opfer zu sehen, das morden muss, um selbst ein wenig Lebensqualität zu erringen. Du hast schon alle Zutaten mitgeteilt. In weiten Teilen, die jetzt folgen, vermag ich keine zusätzlichen Informationen zu erhalten, die mich, was das Innere deines Prota anbelangt, weiter bringen. Du wiederholst an vielen Stellen und das hat du gar nicht nötig.
schlenderte er über den Stellplatz für die LKW
Er ist völlig körperlich fertig und schlendert noch? Wie wäre es mit stolpern, schlurfen oder beides?
Er wusst nicht, was er tun sollte.
wusste
Vielleicht hing auch der Gekreuzigte in ihm.
streichen, du weißt weshalb
Wie konnten ihn alle so im Stich lassen?
streichen (klar fühlt er so, aber das ist mir viel zu schablonenartig gedacht) Dir ist doch schon hervorragend gelungen, sein Innerstes zu zeigen. Jetzt verschlimmbesserst du es mit solchen Stichworten.
Als ob er Steine gefressen hätte. Seine Hände zitterten. Er hasste Anna so sehr. Er hasste das Kind so sehr.
Das wissen wir alles bereits. Streichen wegen Wiederholung.
eine Wut steigerte sich so sehr, dass er glaubte, sie nicht länger bescherrschen zu können. Er spürte, wie dieses Etwas in ihm aufstieg, Besitz von ihm ergriff.
Mutter, ich möchte dir mit meiner blanken Faust langsam und genüsslich jeden einzelnen deiner Zähne aus dem Mund schlagen. Ich möchte dir ein Gummiband um den Hals knoten und daran ziehen, um zu sehen, wie du spuckst und Angst vor mir kriegst.
streichen
Er stellte sich vor, wie das Etwas dort in der Küche, als er keuchend hin und her gelaufen war, von der Mitte seines Bauchraumes angewachsen war, immer größere Teile seines Körpers eingenommen hatte und sich ihn – Alex – wie eine Puppe vollständige übergestreift hätte. Wie eine Hand, die in einen Handschuh gleitet. Er liebte es, sich so etwas vorzustellen. Er liebte es auch, sich vorzustellen, er sei der Sohn Gottes.
streichen
Er schnaufte und trat vom Gang auf die ersten Stufen der betonernen Treppe, die in den ersten Stock führte.
Wie wär es mit: "Er schnaufte und betrat die Betonstufen, die in den ersten Stock führten."
Sein Bauch kribbelte. Einen Augenblick wurde ihm speiübel, dann fühlte er große Verknalltheit; woher kam das?
Er ging die Treppenstufen hinauf.
streichen
War er der Sohn Gottes? Er wusste, dass er großartig war. Er wusste, dass sich sogar Gott vor ihm fürchtete. Er wusste, dass er wollte, dass Gott ihm den Schwanz lutschte. Er wollte in Gottes Mund pissen. Er wollte Gott an den Haaren ziehen, ihm seinen Mund ficken.
streichen
Auf eine seltsame Art befahl ihm das Etwas, dort hoch zu gehen. War er der Sohn Gottes? Er wusste, dass er großartig war. Er wusste, dass sich sogar Gott vor ihm fürchtete. Er wusste, dass er wollte, dass Gott ihm den Schwanz lutschte. Er wollte in Gottes Mund pissen. Er wollte Gott an den Haaren ziehen, ihm seinen Mund ficken.
streichen
Das Gefühl, Gott und alle Menschen hinter sich zu lassen; über ihnen zu stehen. Gott tot zu machen. Wer war Gott, wenn er ihn nicht aufhalten konnte? Gott war eine Nutte. Eine kleine Schlampe. Gott war machtlos gegenüber ihn. Er sah vor seinem inneren Auge die Welt von oben wie in einem Heißluftballon, und Gott über den Wolken sitzen. Er sah es von oben, er sah sich darüber hinweg fliegen.
streichen
des Übergottstehens,
streichen
war Gott.
streichen
Siehst du mich, Gott?
Aber Gott tat nichts.
Da war nichts, was über ihm stand.
Tu es doch, dachte er.
Aber da war nur Stille.
Ich wusste es, dachte er.
Derjenige, der über Leben und Tod entschied, war Gott.
Das Gesetz der Menschen war eine Erfindung. Von Hurensöhnen. Ihre Regeln und Urteile waren Fiktion.
streichen
Er spürte, wie Gott ihm unterstand.
Gott ist meine Hure.
Wie Gott ihn nicht mehr erreichen konnte; wie er mächtiger wurde als Gott.
streichen
Ein elektrisierendes Gefühl, das er als Gotteskraft einordnete, strahlte durch seinen Körper.
streichen
a war kein Richter über ihm. Er war der Richter. Er war das Schwert, der Zeuger und Zerstörer alles Lebenden. Wie es ihm beliebte. Das großartige Gefühl durchstrahlte seinen Körper. Das Übergottstehende durchstrahlte seinen Körper. Das Etwas in ihm war etwas Großartiges. Er war großartig. Er hatte immer gewusst, wie besonders er war.
streichen
wenn nicht einmal Gott es kann? Er war der Zerstörer des Gesetzes. Nicht einmal Gott war so frei wie er. Er konnte tun und lassen, was er wollte.
streichen
der auf dem Gottseeligen ritt. Er war wie Kain, der auf Abel schlug.
streichen
»Mein ist die Kraft«, sagte Alex. Das Übergöttliche durchfuhr ihn. Auf dem Alten zu sitzen und ihn mit dem Ledergürtel zu würgen war wie die blutige Geburt der Jungfrau Maria.
streichen
Er dachte: Ich bin größer als Gott. Er dachte: Ich bin dein Gott.
streichen
Er war der Gott der Bäume. Er war der römische Legionär, der Gott – zu Fleisch geworden – voller Lust ans Kreuz nagelte. Er sah den Ozean; er sah die Weite und Stille, spürte die Kühle der endlosen Menge Wasser auf seiner Gesichtshaut. Er spürte, wie Gott nicht mehr an ihn heran kam. Er konnte tun und lassen, was er wollte. Da war niemand über ihm; bei dieser Erkenntnis lachte Alex laut los. Er streifte sich mit den Handflächen über das Gesicht, durch das strohblonde Haar. Er war Gott. Sein Gesicht voller entzündeter Aknepusteln.
streichen
lex schloss die Augen. Er sah sich über die Baumkronen des Waldes schweben. Tiere sangen und Menschen beteten zu ihm. Der Gedanke, jedes Menschen- und Tierleben vernichten, quälen, verletzen oder misshandeln zu können, nach jeder Laune, die er hatte, ohne jemals irgendeine Konsequenz ertragen zu müssen, erlöste und beruhigte Alex auf eine grundlegende, unerklärliche Art. Er atmete tief und genüsslich ein und aus. Er lachte wieder. Etwas Unglaubliches war von ihm abgefallen.
streichen
seine Mutter, sein Vater, Shaun, Anna, das Kind; das bösartige Etwas in ihm; die Gänge, die Sozialbauwohnungen –
streichen
, dass selbst Gott nicht freier und befriedigter war als er.
streichen
Allein der Gedanke an ein erneutes Töten trat das euphorisierende, übergottstehende Gefühl in ihm los.
streichen
übergottstehende Gefühl
streichen


Ja, ich weiß, du hast jetzt bestimmt Schnappatmung und alle Widerstände, die man als Autor nur haben kann, sind aktiviert. Ich bin aber davon überzeugt, dass deine Figur durch das gesamte Weglassen dieses verschwurbelten Gottgedankens total gewinnen würde.
Ich zweifele gar nicht an, dass es solche psychischen Verschiebungen geben wird, dass es Täter gibt, die in ihren Wahnvorstellungen handeln. Aber hier würde das schlichte Motiv der ausweglosen Lebenssituation, der elenden Wut in ihm doch schon ausreichen, um aus ihm einen Täter zu machen. Du sattelst mir da zu viel drauf und dadurch verliert diese Geschichte an Spannung.
Gut nachvollziehen kann ich, dass er nach dem ersten Mord, sich befreit fühlt. Steht dieser Mord doch stellvertretend für all die Menschen, von denen er glaubt, dass sie an seinem Elend Schuld seien. Und ich kann auch sehr gut nachvollziehen, dass er nun gelernt hat, wie er seinen Druck loswerden kann und zwar ganz schlicht, indem er selbst jemanden derartig unterdrückt und das bis zum Tode des Opfers. Auch das hast du sehr gut geschildert, das passt.

Ein wenig Kopfschmerzen bereiten mir die beiden Teile am Anfang und Ende, wo Shaun mit dabei ist. Eigentlich (ich duck mich schon weg) müssten diese Teile nicht so wirklich sein, weil Shaun allenfalls für ihn ein Vehikel darstellt, um sich rückzubesinnen auf die letzten 18 Stunden und das, was davor in seinem Leben so passiert ist. Das ist so eine Art Kunstgriff, um dem Täter diese Besinnungsmomente zu verschaffen, um dann wiederum auf diese Weise zu den Taten zu gelangen. Ich habe dazu leider keinen Verbesserungsvorschlag. Und ich habe auch schon deutlich schlechtere Kunstgriffe gelesen.
Gefreut hat mich, dass du im Mittelteil deiner Novelle deutlich anschaulicher wurdest und zu deiner alten Form zurück gekehrt bist.

Man spürt, dass du es dir überhaupt nicht leicht gemacht hast mit diesem Thema, mit deren Umsetzung und Darstellung. Das verdient meinen großen Respekt!


Lieben Gruß

lakita

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi @lakita!

Dein Kommentar, die Zeit, die du in ihn gesteckt hast - ich möchte mich herzlich bei dir dafür bedanken. Ich versuche, dir in meinem Kommentar zusammenfassend zu antworten und werde nicht auf jede Anmerkung von dir konkret antworten - ich hoffe, du verzeihst mir das und siehst das nicht als Geringschätzung meinerseits an; ich möchte dir nämlich zeitnah antworten und nicht allzuviel Zeit verstreichen lassen, jetzt, wo du auch noch frisch beim Kommentar bist, und leider habe ich dieses Jahr bis zu den Rauhnächten einen hammervollen Terminkalender.

Also! :D Das ist wirklich ein sehr, sehr starker Kommentar. Und ich stimme dir in allem zu. Der Text lag bei mir seit einem Jahr auf der langen Bank, Teile von ihm gefielen mir sehr gut, andere überhaupt nicht; und auch in seiner Gesamtheit ging mir das so ambivalent. Da dacht ich, hey! :D wir sind doch eine Schreibwerkstatt, ich bin gespannt, wie den andere lesen.

Insgesamt, dies möchte ich aber jetzt schon bemerken, ist mir aufgefallen, dass du teils umständlich formulierst, du warst sonst knapper, weniger weitschweifig, hast mich oft genug mit Prägnanz beeindruckt. Hier ist das anders. Ich meine zu ahnen, woran das liegt. Ich stelle mir vor, dass es dir verflucht schwer gefallen ist, in die Rolle des Täters zu schlüpfen, in seine Gedankenwelt und darin liegt die absolut größte Arbeit und Herausforderung dieses Textes, das herüber zu bringen, dass der Leser dir die Morde glaubt. Ich vermute, bei dieser Anstrengung ist dann deine Formulierungskunst etwas auf der Strecke geblieben.
Vielleicht wolltest du aber auch mal was Neues ausprobieren.
Ja, schwierig, woran lag das hier? Es kann sein, dass ich schludrig war, dass ich etwas Neues ausprobieren wollte; aber ganz gefallen tut mir das auch nicht mehr

Ja, ich weiß, du hast jetzt bestimmt Schnappatmung und alle Widerstände, die man als Autor nur haben kann, sind aktiviert. Ich bin aber davon überzeugt, dass deine Figur durch das gesamte Weglassen dieses verschwurbelten Gottgedankens total gewinnen würde.
Gar nicht! :D Wirklich nicht. Ich hatte mir gewünscht, hier Klarheit darüber zu bekommen, wie ich selbst zu dem Text stehe, und jetzt, nach deinem Kommentar, hab ich die für mich gefunden! Dafür bin ich sehr dankbar. Also konstruktive Kritik, da kommt bei mir Null Schnappatmung auf!

Du beschreibst für mich viel zu viele Momente, in denen er denkt, aber eigentlich denkt da der Autor, dass die Erklärungen nicht reichen. Bereits !!! an dieser Stelle wird mir klar, dass es ein junger Mann ist, der sich seine zerschundene Welt selbst zurecht denkt, so dass es ihn nicht schuldhaft trifft, wie alles gelaufen ist. Er mag nicht eingeschränkt sein, er mag nicht zu etwas bestimmt werden, ihm darf keiner sagen, was er tun soll bezogen auf seine Freizeit und sein Leben und er fühlt sich radikal schnell unfrei, drangsaliert, also jemand ohne jegliche Resilienz. Und das läuft, wie es bei Männern so üblich ist, in seinem Schädel ab, er schweigt sich sein Leben so zurecht, dass er fein raus ist aus der Verantwortung, das läuft alles im Inneren ab, darüber redet er nicht. Weshalb es äußerlich aussieht als ginge da jemand an die Decke, wo doch gar kein Grund vorhanden ist. Im Grunde genommen ist Alex bereits ein Dampfdrucktopf der am absoluten Anschlag ist, aus dem es bereits hie und da herauszischt an heißem Wasserdampf und der aber so marode ist, dass wenn die Feuerquelle (sprich hier sein Leben und dessen Verlauf) nicht endlich aufhört weiter zu feuern oder alles eine Wendung nimmt, explodiert.
Um bei meinem Beispiel zu bleiben: und man sieht das Brodeln im Topf nicht, man sieht nur das Dampf herauszischen und ahnt nicht, ab wann der Moment der Explosion eintritt.
Das alles ist dir bereits bis hierher gelungen, mir von diesem Alex herüber zu bringen und das ist, so finde ich, eine große Leistung.
Seine Unberechenbarkeit ist mir vollkommen bewusst.
Das ist gut getroffen! Ich sehe das mittlerweile auch so. Ich werde den Text stark kürzen, wenn ich mir für ihn die Zeit und Energy nehmen kann! Auch von der Sprache her. Da sind deine Kürzungsvorschläge wirklich sehr gut und ich hab sie mir alle notiert

Aber du als Autor misstraust deinen eigenen Angaben. Warum?
Richtig!
Nachfolgend kommen im Text ununterbrochen Passagen, die allesamt nochmals gebetsmühlenartig wiederholen, was ich jetzt schon weiß und jeder andere Leser bestimmt auch. Damit bringst du eine Menge Wegstrecke in deine Novelle und machst sie nicht intensiver, sondern langsamer.
Da hast du absolut recht. Ich dachte an bestimmten Stellen immer, jetzt muss ich noch mal "erklären", woran Alex denkt usw., damit das für den Leser nachvollziehbar ist ... aber, ganz ehrlich: Mir gefällt der Stil der Story nicht mehr. Das Viele, das in ihm drin passiert und das "erklärt" wird vom Erzähler, was auch viel Tell ist, wenn man so will, die Wiederholung dessen als "Erklärung" ... das mag ich nicht mehr. Ich war da auch schludrig, denke ich, was einen guten Stil angeht. Ich hatte die erste Hälfte oder das erste Drittel mal an einem Tag rausgeschossen und fand das cool, dann hab ich den Rest noch rangefügt und ja ... ich war immer zwiegespalten, ich denke nach wie vor, dass da gute Szenen und Aspekte in der Story sind, aber dass sie mir insgesamt nicht mehr gefällt, dass sie zu intrinsisch geschrieben ist, auch zu unszenisch in gewissem Maße, zu viel Behauptungen à la "Ich hasse meine Mutter", aber wieso? Das zeige ich hier szenisch ist, das bleibt irgendwo Behauptung, man kann sich das als Leser zusammenschustern, zu größeren Teilen jedenfalls muss man das, und so möchte ich eigentlich nicht schreiben.
Scheiß drauf! :D Manchmal muss man eine Story zwei-, dreimal neu aufrollen, bevor man die eigentliche Story hat.

Ich weiß, es schmerzt immer sehr, wenn man viel wegstreichen soll und ich weiß bei selber, dass ich es manchmal gar nicht könnte, auch wenn ich es vielleicht noch so sehr einsehe, was man mir vorhält.
Eigentlich nicht! :D Ich hab da so eine sadistische Ader, zu gewissem Maße, dass ich es auch befreiend finde, richtig wegzukloppen und zu kürzen, wenn ich weiß, die Story wird dadurch besser

Er ging zurück in die Küche und stand einen langen Augenblick hinter Nana, starrte das kurze, wippende Bein un
Diese Passage schau dir bitte nochmals genau an bezüglich der Frage, wann Alex in der Küche ist und weshalb er sie nochmals betritt und woher die Waffe nimmt.
Ja, das ist schlecht beschrieben meinerseits! Ich meinte so eine Kochnische hinter der Küche, die ja mehr oder weniger Teil der Küche ist, aber das ist schlecht beschrieben

Wie wär es denn mit einem Fleischklopfer, den kennt jeder (hoffe ich doch).
Fleischklopfer ist genial! Das werde ich übernehmen.

Was gab es dort draußen noch alles, das er nie gesehen hatte? Was für ein Mensch war er?
Was für ein Mensch er war, wird er nicht denken. Echt nicht. Das denkt keiner. Den Satz würde ich streichen, aber ich würde anfügen: "er hatte noch so viel nicht gesehen"
Ja, das ist super. Ich bin auch nicht konsequent, was die Erzählperspektive angeht. Mal ist das personal auktorial, dann allwissend auktorial. Das ist einfach Murks. So in dem Stil, aus der Sicht, wie du es vorschlägst, werde ich die Story neu aufziehen.
Ihre Liebe, ihre Zutraulichkeit widerten ihn an.
Nein, nein, nein. Liebe ist hier nicht richtig. Das Wort ist zu bedeutungsschwanger, es passt nicht. Was stört ihn hier wirklich? Es ist ihre Anhänglichkeit, das Klettige, ihre Widerstandslosigkeit, ihre devote Art, ihre vielleicht auch Duldsamkeit. Das alles nervt ihn.
Ja, aber das könnte Alex ja unter Liebe verstehen! :D

Du hast super gut dargestellt, dass dieses Mädchen eigentlich tun kann, was sie will, sie wird es ihm nicht recht machen können. Sie ist der Anfang seiner Täterkarriere.
Super, danke!

Übrigens gut gemachte Szene und auch überall davor, wo ich nichts verändern wollte. Du hast in diesem Mittelteil eindeutig zurück gefunden zu deiner eindringlichen Erzählart und dem -ton. Man kann sich beide gut vorstellen und auch das Elend, in dem sie sich beide befinden. Aber genau an dieser Stelle würde ich ihn wegen ihrer oben von mir genannten Charaktereigenschaften leiden lassen. Versuch dafür Alltagsbilder zu finden. Vielleicht will sie immer wissen, wo er grad ist. Ruft laufend per Handy an und fragt.
Danke & du hast recht! Das muss szenischer gestaltet werden.

Er wurde wütend, wenn er daran dachte. Er dachte an das Baby, wie es schrie. Was hatte er erwartet? Würde er jemals etwas anderes sehen, als diese Wohnungen, die Gänge, die Küchen? Er dachte, alles sei unfair für ihn verlaufen. In Gedanken gab er seiner Mutter an allem die Schuld. Er gab den Männern an allem die Schuld. Er gab der Welt und das, was andere die Gesellschaft nannten, an allem die Schuld. Ihr seid alle Fotzen, dachte er. Er sah die Weite des Sees und fühlte die Enge, die er seit jeher zu spüren glaubte.
Das ist viel zu viele Autorengedankengut, das du dem Prota in den Kopf schaufelst.
Der denkt nicht so viel. Da wird zu viel erklärt.
Richtig!

Wie wär es mit: "Er dachte, wenn er eine andere Mutter gehabt hätte, einen richtigen Vater, nicht diese (verfickten) Männer, alles Fotzen. Vor ihm der weite See, in ihm diese unerträgliche Enge."

Und mehr würde ich anstelle des Absatzes nicht schreiben. Der Leser weiß Bescheid, der benötigt das nämlich gar nicht mehr.

So wird die Überarbeitung aussehen. Das ist wirklich gut und entschlackt. Yeah.

Auch diesen jetzt hier stehenden Absatz würde ich schwer kürzen.
"Er dachte daran, bis zu seinem Tod mit ihr und dem Kind verbunden sein zu müssen. Er wusste nicht, was er ändern könnte. Er hatte eine abgebrochene Maler-Ausbildung und eine Vorstrafe wegen versuchtem Totschlags. Er bekam keine Arbeit, und wenn, dann einfache Trage- und Hilfsarbeiten, Mindestlohn und Zehn-Stunden-Schichten. Entweder hörte er zu Hause das Kind schreien oder trug auf Baustellen Stahlgerüste, schaufelte Kies und Erde für kleine Landschaftsgärtnereien, um alles für ihre Miete, Essen, Tabak, Softdrinks und das Baby ausgeben zu müssen."


Er denkt z.B.:" Und das geht jetzt bis zum Tod mit ihr und diesem Kind, entweder wegen der abgebrochenen Malerausbildung und der Vorstrafe irgendwo brutale Zehn-Stunden-Schichten auf dem Bau, Stahlgerüste schleppen, Kies und Erde bis zum Umfallen schaufeln oder zu Hause der Schreihals. Und nie genügend Geld für die Miete, Essen, Tabak, Drinks und das Baby."

Auch hier: Vollste Zustimmung. Meins ist zu sehr geschwurbelt, zu weit weg. Ich hätte auch viel mehr Bock, einfach in die Gedankensprache des Prots zu hören, ohne eine unnötige Erzählerinstanz. Meine ich völlig ernst. Großen Dank für den Anstoß, Lakita. Und ja, du hast recht, ich wollte hier irgendwo etwas "Neues" probieren. Aber es ist gescheitert - das meine ich feierlichst und maximal positiv! :D Das zeigt einem, auf welchen Weg man zurück muss, was richtig und falsch, gut und schlecht ist in "Stil"fragen.

Er dachte, dass Nana und seine Mutter schuld daran wären. Er dachte, dass Gott schuld daran wäre. Wieso hatte Gott ihn so scheiße behandelt?
Und nun kommt Gott mit ins Spiel und da muss ich leider aussteigen, lieber zigga, denn ich finde, du gibst Alex nur deswegen diese Wahnvorstellungen hinzu, damit wir Leser dir abkaufen, dass wir es mit einem Massenmörder zu tun haben. Das habe ich aber schon vorher so verstanden und akzeptiert. Diesen ganzen Gottkram, tut mir leid, wenn ich dich damit herbe angreife, würde ich ersatzlos streichen und du hast immer noch einen Mörder, der als solcher erkannt wird und dem man abkauft, welche irrsinnige Wut in ihm steckt, welche grandiose Sprachlosigkeit und komplette Verdrehung der Tatsachen ihn dazu bringen, sich als Opfer zu sehen, das morden muss, um selbst ein wenig Lebensqualität zu erringen. Du hast schon alle Zutaten mitgeteilt. In weiten Teilen, die jetzt folgen, vermag ich keine zusätzlichen Informationen zu erhalten, die mich, was das Innere deines Prota anbelangt, weiter bringen. Du wiederholst an vielen Stellen und das hat du gar nicht nötig.
Maximal richtig! Ich unterschreibe das absolut. Ich hab hier der Figur zu wenig vertraut - und ich denke, das liegt an deinem vorigen Kritikpunkt: Die Figur war durch die schlechte/unnötige und distanzierte, tellige Erzählerinstanz unscharf, ungreifbar, und das habe ich beim Schreiben gespürt, hab's aber nicht ganz gecheckt, woran das jetzt genau liegt, und dann hab ich der Figur natürlich nicht vertrauen können, dass sie diesen Plottwist trägt und musste die "Gottesinstanz" einsetzen. Das wird mir jetzt erst klar!
Gut nachvollziehen kann ich, dass er nach dem ersten Mord, sich befreit fühlt. Steht dieser Mord doch stellvertretend für all die Menschen, von denen er glaubt, dass sie an seinem Elend Schuld seien. Und ich kann auch sehr gut nachvollziehen, dass er nun gelernt hat, wie er seinen Druck loswerden kann und zwar ganz schlicht, indem er selbst jemanden derartig unterdrückt und das bis zum Tode des Opfers. Auch das hast du sehr gut geschildert, das passt.
Gut! Ja, wie gesagt, die Tötungsszene z.B. oder die Szene mit dem Dobermann oder der Freundin, das sind Szenen, die ich mag und von denen ich denke, dass sie passen ... aber vieles vom Rest und der Text in seiner Gesamtkonzeption gefällt mir mittlerweile - auch durch deine Rückmeldung - nicht mehr, ich werde da persönlich einfach nicht warm mit, und das ist immer ein eindeutiges Zeichen, mMn.
Keine Sorge, ich verzweifle jetzt nicht oder so! :D Weil du ein paar Andeutungen in die Richtung gemacht hast. Ich kann das gut abhaben, wenn Kritik konstruktiv und für mich nachvollziehbar ist, hat mir das noch nie einen Nachteil gebracht. Genauso hier. Ich hab auch schon längere Texte, wie gesagt, zwei- oder dreimal neu aufgerollt, und ich bin dem eigentlich Text, dem "Kern", mit jedem Mal näher gekommen und zum Schluss war es oft eine völlig andere Geschichte, aber die Überarbeitungen waren es immer wert. Genauso hier. Ich mag, welcher Typ Alex ist, und dass er ein Killer wird und Bock und eine richtig sexuelle, abartige Lust aufs Töten hat. Wenn ich das rüberbringen könnte und der Leser mitgehen würde und am Ende das Gefühl hat, er kann es nachvollziehen, er spürt die organische Veränderung Alex', dann bin ich am Ziel. Der Text hier ist noch nicht das Teil, das ich gerne hätte. Er ist zu umständlich geschrieben, zu gestelzt, zu viel Autor, zu tellig, zu weit weg von der Figur Alex. Das alles werde ich umhauen und mich wieder melden, wenn ich soweit bin. Das kann echt erst in einem Jahr sein, weil ich ein paar andere Story-Projekte davor auf der Agenda hab. Aber, lakita, noch mal größten, größten Dank für diesen Wahnsinnskommentar. Der hat dich doch locker zwei oder drei Stunden gekostet. Dann auch noch nachts! :D Dafür hast du echt was großes Gut bei mir. Falls du mal Rückmeldung oder sonst was brauchst, ich fahr auch zu dir in den Norden und mähe dir den Rasen. :D (Keine Angst, das werde ich nicht tun ;))

Und: Sei dir sicher, dass ich deine vielen, sehr guten Verbesserungsvorschläge zu einzelnen Textteilen sehr genau angesehen und mir einiges notiert habe, auch wenn ich jetzt nicht konkret auf sie geantwortet habe. Im Prinzip stimme ich dir auch hier zu!

Lakita, lass es dir gut gehen!

Viele Grüße
zigga

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber @zigga,

ich hab ja noch gar nicht so schnell mit deiner Erwiderung gerechnet. Wollte nur mal so allgemein hier hereinschauen und denke: hoppla, der zigga hat doch glatt schon geantwortet. DANKE!

ich hoffe, du verzeihst mir das und siehst das nicht als Geringschätzung meinerseits an; ich möchte dir nämlich zeitnah antworten und nicht allzuviel Zeit verstreichen lassen, jetzt, wo du auch noch frisch beim Kommentar bist.
Verzeihen? Ich brauch dir nix verzeihen. Stimmt, allzu viel Zeit verstreichen lassen könnte dazu führen, dass man am Ende gar nicht mehr so en detail weiß, weshalb man etwas kritisiert hat. Aber hier war es etwas anders. Ich habe deine Geschichte einige Male gelesen gehabt und meine Antworten darauf schon einige Zeit mit mir herum getragen. Und nicht,weil ich Angst hatte, dich zu verletzen mit dem, was ich dazu zu sagen hatte, hatte ich es aufgeschoben, sondern weil mir en bloc die Zeit fehlte, denn ich wollte das unbedingt in einem Guss machen und nicht in Zeithäppchen.
Da dacht ich, hey! :D wir sind doch eine Schreibwerkstatt, ich bin gespannt, wie den andere lesen.
Genau die richtige Einstellung!! Unterschreib ich sofort!
Gar nicht! :D Wirklich nicht. Ich hatte mir gewünscht, hier Klarheit darüber zu bekommen, wie ich selbst zu dem Text stehe, und jetzt, nach deinem Kommentar, hab ich die für mich gefunden! Dafür bin ich sehr dankbar. Also konstruktive Kritik, da kommt bei mir Null Schnappatmung auf!
aufatme
Das ist gut getroffen! Ich sehe das mittlerweile auch so. Ich werde den Text stark kürzen, wenn ich mir für ihn die Zeit und Energy nehmen kann! Auch von der Sprache her. Da sind deine Kürzungsvorschläge wirklich sehr gut und ich hab sie mir alle notiert
Hach, das freut mich. Aber auch, wenn du da mit mir nicht konform gegangen wärst, hätte es mich gefreut, denn ich sehe, du hast dich mit meinen Gedanken ja auseinander gesetzt und das allein ist schon wichtig. Du weißt ja, ich schreibe Kritiken primär, weil ich MIR die Frage beantworten möchte, wieso eine Geschichte gut oder noch verbesserungswürdig ist.

Natürlich hoffe ich auch, dass für den Autor was an Erkenntnissen abfällt, aber vorrangig beantworte ich mir diese Frage. Sonst, lieber zigga, könnte man nicht so viele Kritiken hier schreiben, weil man ja dann immer eine angemessene entsprechende Erwiderung erwarten würde. Und wie oft würde die hier von einigen Usern nicht kommen? Nur, dass ich bei dir fast schon sicher gehen kann, dass immer eine Reaktion erfolgt und darüber freu ich mich sehr. Zuverlässiges Kerlchen, der zigga. :D

Ich war da auch schludrig, denke ich, was einen guten Stil angeht.
Nein, nicht schludrig, ich denke, dein Fokus lag in der Schilderung dieses komplexen psychologischen Sachverhalts Alex' und das hat alle anderen Kräfte eingesogen.
ich denke nach wie vor, dass da gute Szenen und Aspekte in der Story sind,
Absolut und zwar jede Menge.
zu viel Behauptungen à la "Ich hasse meine Mutter", aber wieso?
ja.
und so möchte ich eigentlich nicht schreiben.
Und so kenne ich dich auch nicht. Du bist für mich der Meister im Erzeugen düsterer Stimmungen, ohne Effektheischereien, nur aus den Personen heraus und dem, was sie tun und sagen.
Manchmal muss man eine Story zwei-, dreimal neu aufrollen, bevor man die eigentliche Story hat.
Respekt. Ich würde da viel früher aufgeben. Ich habe noch so einige Geschichten, die aufgrund der sehr guten Kritiken der Überarbeitung bedürften und wo ich es auch absolut eingesehen habe. Aber dann fangen meine Schwierigkeiten schon mal damit an, mich dazu aufzuraffen. Es kommt mir immer so vor, wie ein fertiggemaltes Bild, bei dem jetzt Teile rausgewischt werden sollen, ich habe immer Angst, das zuviel weggewischt wird und dann die Lücken nicht richtig gefüllt werden können. Daher meinen Respekt, wenn du dich so leichtfüssig von deinem Text lösen kannst.
Eigentlich nicht! :D Ich hab da so eine sadistische Ader, zu gewissem Maße, dass ich es auch befreiend finde, richtig wegzukloppen und zu kürzen, wenn ich weiß, die Story wird dadurch besse
Davon packst du am besten so ca. 1 Kilo ein und schickst es mir nach Hamburg. Nach Gebrauch würd ichs glatt zurückschicken. ;O))
Und ja, du hast recht, ich wollte hier irgendwo etwas "Neues" probieren. Aber es ist gescheitert - das meine ich feierlichst und maximal positiv! :D Das zeigt einem, auf welchen Weg man zurück muss, was richtig und falsch, gut und schlecht ist in "Stil"fragen.
Gescheitert klingt so danach, dass ALLES geändert werden muss, aber so ist es ja nicht. Weite Teile sind sehr gut formuliert und passen ins Konzept.
Keine Sorge, ich verzweifle jetzt nicht oder so! :D Weil du ein paar Andeutungen in die Richtung gemacht hast. Ich kann das gut abhaben,
Scheibe abschneid.
ch mag, welcher Typ Alex ist, und dass er ein Killer wird und Bock und eine richtig sexuelle, abartige Lust aufs Töten hat. Wenn ich das rüberbringen könnte und der Leser mitgehen würde und am Ende das Gefühl hat, er kann es nachvollziehen, er spürt die organische Veränderung Alex', dann bin ich am Ziel.
Das schaffst du. Die Anlagen dazu stecken bereits perfekt im Text. Meine Vermutung ist die, dass du bereits nach Elimination derjenigen Textstellen, die nur die Autorendenke wieder geben, schon am Ziel bist. Müsste man aber natürlich nochmals genau darauf hin anschauen, ob es funktioniert. Sag Bescheid, wenn ich nochmals lesen soll. Und wenn dann schon eine gewisse Zeit vergangen ist, ist es eigentlich eher für mich so, dass ich dann daran gehe, als hätte ich die Story noch nicht vorher gelesen. Kann dann sein, dass ich wiederum ganz andere Dinge auffällig finde.
Das kann echt erst in einem Jahr sein, weil ich ein paar andere Story-Projekte davor auf der Agenda hab.
Erstens schön, wenn du was auf der Agenda hast! Zweitens: pas de problem!
Dann auch noch nachts! :D Dafür hast du echt was großes Gut bei mir.
Nee,nee, nachts ist exakt meine Zeit. Da musst du nicht extra in der Schlechtesgewissenkiste kramen. Ich gehe sehr sehr oft sehr sehr spät ins Bett, das ist meist die beste Zeit, weil am ruhigsten und nach hinten offen.
Lakita, lass es dir gut gehen!
Du dir auch!

Und jetzt schon mal gutes Gelingen! Aber das wird gut, das weiß ich jetzt schon!

Liebe Grüße

lakita

 

“God is a concept by which we measure our pain
...
…“ John Lennon, Yoko Ono Band: “God“​

Einige Minuten später sah er den Shell-Mitarbeiter aus dem Shop wieder zu ihm herüber hetzen, mit einer kleinen Flasche Fanta und einer Bäckertüte beladen. Der Shell-Mitarbeiter kniete sich zu ihm. Alex nahm die Flasche und trank ein paar Schlucke.

Alex setzte sich. Sein Kopf stach so sehr. Ihm war so schwindelig. Wie war alles so weit gekommen? Er hasste Anna so sehr. Er hasste seine Mutter so sehr. Und er hasste Shaun. In Gedanken gab er ihnen die Schuld an allem; an seiner Ausweglosigkeit.

Wie kann man „Shaun, das Schaf“, Freude meiner alten, gebrechlichen Augen, so missachten!, aber in allem Ernst, dessen ich fähig bin, ja, so spricht man wohl in bestimmten Situationen wenn alles auf einen einbricht.
Schuld haben meist „die andern“ und „man selbst“ ist ja eigentlich (oder doch eher) lammfromm, womit einer für sich selbst schon die Rolle des Opferlamms übernimmt, wohl gar nicht ahnend, dass dieses im übertragenen Sinn vom Kopf auf die Füße gestellt, also ein ganzes Leben umgekrempelt werden müsste: Nur ein „makelloses“ Fleisch und Leben kann zum Opferlamm gekürt und somit geheiligt werden), was bei seinem Namen (der hier tatsächlich zu Schall und Rauch verkommt, was wahrscheinlich durch Namensgebung nach Schall und Klang oder Moden bedingt ist) möglich wäre, denn „alexein“ meint abwehren, schützen und altgriechisch „aner“ = den Mann, der so „makellos“ sein musste wie das hebräische Opferlamm. Und dass mir ja keiner komme, „der“, also ich hätte nur wegen des Dobermanns vorbeigeschaut!

Alles schon gesagt zu dieser mächtigen individuellen Sozialstudie von ganz unten, hoff ich doch,

„lieber“. oder doch besser bitterböser zigga,

dass ein bisschen Flusenlese nicht schaden kann – und es geht damit los, dass mir – nicht erst bei Dir, muss ich leider sagen – dass das Ausrufezeichen hierorts vernachlässigt wird, als wäre das Fragezeichen gegenüber dem Ausruf ein so viel werthaltiger Schlusspunkt.
Rettet also das Ausrufezeichen, wenn auch nicht nach jedem Imperativ – aber direkt zu Anfang schreit doch geradezu der „große Bruder“ danach, wenn es heißt

»Mach auf«, sagte sein großer Bruder im Treppenhaus vor der Wohnungstür.
»Wie siehst ’n du aus?«
»Mach jetzt auf, Arschloch.«
dass es bei einem Leben, das selbst ein einziger Ausruf und Schrei ist, verweigert wird, grenzt schon an Unterschlagung!

Baustelle I, Zeitenfolge

Sie waren früher oft mit dem Hund draußen gewesen, am Weiher ….
Partizipienreiterei ist mir fremd und besonders in den Zeiten, wo Partizipienreiterei „west“, was sich aber nicht immer vermeiden lässt.

Und was für das Futur „ich werde morgen kommen“ im historischen Futur schadlos geschehen kann, „ich komme morgen“, sollte für alle Zeitformen gelten – hier eben dank des „früher“, oder hättestu Probleme den Satz „Sie waren früher oft mit dem Hund draußen“ zu verstehen? "Früher" ist nie jetzt, wie "jetzt" ja auch nicht nächste Woche ist.

Er war sich nie sicher gewesen, ob sie wirklich Brüder waren. … Shaun war plötzlich da gewesen.

Shaun war jetzt vielleicht ein, zwei Jahre jünger als er damals gewesen war, als er das erste Mal von zu Hause abhaute – mit einem Mädchen namens Shanika, an das er sich nur noch schemenhaft erinnerte.

Vorhin war da die Euphorie gewesen, etwas Lebendiges, Aufputschendes. Wann war er jemals so glücklich gewesen wie vorhin?

Jezt musstu allein laufen. Faustregel, immer gesprochens Wort/wörtl. Rede ungeschoren lassen. So sprechen die meisten

Baustelle II, Konjunktiv

Sein Bruder erzählte den Mädchen dort unten immer, Hektor sei ein ehemaliger Polizeihund. Er könne Drogen auf fünfhundert Meter riechen und sei suspendiert worden, weil er einem Unschuldigen das Gesicht vom Schädel gezogen hätte.
Die indirekte Rede erfolgt bis auf den Schluss korrekt (Kon. I), am Schluss ist durch den Konj. II („hätte“) nicht klar, ob der Bruder oder zigga da spricht (was ich vermute, dann aber „hätte“ der Rest zuvor auch als Räuberpistole dem Leser (!) dargestellt werden sollen).

Ähnlich hier:

Ein paar Mal sah er seinen Bruder mit einem der Mädchen verschwinden, und als sie später wieder am Rand der Landstraße nach Hause liefen, rauchte sein Bruder ruhig lächelnd und sagte, wenn er tatsächlich mit ihm verwandt sei, würde er schon dahinter kommen, was dran wäre, an dieser Sache. Er sagte, ein Kerl würde nichts von der Welt verstehen, wenn er nicht auch etwas davon verstehen würde. Er sagte, es sei das Wichtigste und gleichzeitig das Unwichtigste, das es auf diesem verfickten Planeten gäbe, und wenn er tatsächlich mit ihm verwandt sei, würde er früher oder später verstehen, was er meine.
Im Grunde wie zuvor, der Sprecher wird seine eigene Aussage in Konj. I nicht durch Nutzung des Konj. II in Frage stellen. Aber der interessanteste Teil ist die „kann-Passage“

..., ein Kerl würde nichts von der Welt verstehen, wenn er nicht auch etwas davon verstehen würde.
Denn das konditionierende „wenn“ ermöglicht in einem Meer anderer Gezeiten den Indikativ (..., das „ wenn er nicht auch etwas davon versteht.), also in eine gänzlich andere Richtung als Du sie gewählt hast.

Er sagte, vor Schlampen sollte man nie zu viel lachen, weil sie dann das an einem verlören, was man vor einer Frau nie verlieren dürfe.
dürfte

Genug in den Konjunktiefen herumgewühlt, ich denke, den Rest wirstu selber erledigen können.

Diverses

Entweder kreischten die Mädchen angeekelt oder sie lachten wie Irre. Sie trugen enge, ausgewaschene Jeans, Bauchfrei, schmierten sich Lipgloss auf die Lippen und ..
„bauchfrei“, Adjektiv – an sich, hab aber gesehen, dass Werbefuzzis Majuskel verwenden … Wahrscheinlich heißt ein Leibchen inzwischen so

Der Dobermann war ein nervöser Hund, groß, sehnig, zu zweit konnten sie ihn kaum halten, wenn sie einen anderen Hund in weiter Ferne sahen. Der Dobermann hasste Menschenmengen
Das tun alle Hunde ...

Auch schnappt die Fälle-Falle mal zu, wie hier

Sie durchquerten die Siedlung, vorbei an Edeka und dem Behindertenheim, dann zehn Minuten die Landstraße entlang zu den Tankstellen, und dann beim Radweg zur Klippe und hinunter zwischen die Büsche und Bäume vor zum Wasser.
„zwischen“ erzwingt zumeist den Dativ, wie hier „zwischen Büschen und Bäumen“ (im Singular leichter zu erkennen zwischen dem Busch und (dem) Baum)

Flüchtigkeit (beim Umfang der Geschichte hat die Konzentration verdammt lange gehalten – oder das Korrekturlesen hat eine erste Grenze gefunden):

Das Nächste, an das sich Alex erinnerte, war sein Bruder, ein Kleinkind schon, ein, zwei Jahre alt, mit feuerrote[n] Locken und Sommersprossen, auf …

Es war seltsamKOMMA daran zu denken, wie es das erste Mal passiert war.

Er wusste, dass es ihm nicht schwerfallen würde, seine Freundin zu überreden[...] mitzufahren.
Komma weg, zerschlägt das komplexe Prädikat „mitzufahren überreden“

Alex fuhr die halbe Nacht über Landstraßen und durch Dörfer, und am nächsten Morgen sahen sie die Sonne im Osten vor sich aufgehen, das Wasser in weiter Ferne groß und grün-blau glitzern.
Die nähere Bestimmung ist eigentlich entbehrlich - die Sonne ist da noch einstweilen sehr hartnäckig - und wird "vllt." erst notwendig, wenn wenigstens ein Dritter die Zweisamkeit stören kann, der mit dem Rücken zur Sonne und somit der anderen beiden sitzt – der wäre dann aber auch zu erwähnen.

Er spürte sie neben ihm zittern.
Warum nicht das Reflexionspronomen „sich“, wenn keine Verwechslung möglich ist zwischen den beiden, denn er spürte und sie zittert doch eindeutig. Also auch „neben sich“ eindeutig zuzuordnen

Ein paar Sekunden später bewegte sich das Kind wieder leicht, ließ die Augen aber geschlossen und schrie nicht. Alex sah auf sie hinab. Er hasste dieses Mädchen so sehr. Er hasste das Kind so sehr.
Ohne Komm. Da spricht der Autor, das Kind, das Mädchen, sie ...

Er wusste nicht, was er ändern könnte.
Nein, Alex denkt keinen Konjunktiv, aber indikativ „was er ändern kann“, und das ist in seiner binären Wertigkeit auch genug für ihn: Entweder er kanns – oder eben nicht (ist ja auch im Handwerk so, selbst wenn einer etwas auch „nur etwas oder halb kann“)

Ihr habt mich alle hier her gebracht, dachte er. Aber ihr wisst nicht, dass ich großartig bin.
„herbringen“ ein Wort

Vielleicht hatte er sie nachts aussteigen hören und so getan, als ob er schlief. Vielleicht war sie zu einem der Trucker eingestiegen und schon längst in einer anderen Stadt, in einem fremden Land. Vielleicht war sie längst tot. Vielleicht saß sie gerade mit dem Kind in der Raststätte und wartete, dass ihre Großmutter sie abholen käme.
Das unbestimmte Adverb „vielleicht“ hat eine ähnliche Wirkung wie das Modalverb „können“, also „schlief“ durchaus akzeptabel, „käme“ natürlich schön in meinem Auge, aber anstrengend für die Großmutter (aber keineswegs falsch, aber der Konj. als Alternative zum Indikativ).

Ähnlich hier

Wenn die Polizei käme, würde er festgenommen.
... kommt, wird ...
Usw. usf.

Seine Tochter, die er selten so nannte. Meterhohe LKW, die hupend und mit Luftzug an ihm vorbei rasten.
„vorbeirasen“

Hier ist nochmals eine Mischung unnötigen Konj. vs. Indikativ

Er hätte nicht sagen können, ob er zwei oder fünf Stunden in der Hitze neben der Leitplanke …
Modalverben tun’s an sich ganz gut
„Er konnte nicht sagen ...“

In seinem Mund fehlten einige Backenzähne.

Seltsam, dass es einem auffällt ...
Denkwürdig, wie das einem auffällt ...

»Iss das«, sagte der Alte.
Womit sich der Kreis schließt und ich wieder am Anfang wäre ...

Er hasste sich, weil er so dumm war.
ist immer die Frage - durch wen gehalten oder auf eigenes Tun hin geworden

Der Alte stützte sich mit einer Hand auf der Matratze ab, versuchte, sich auf den Rücken zu wälzen und atmete tief, brüllend und röchelnd ein und aus.
Komma weg – es zerschlägt ein komplexes Prädikat (zu wälzen versuchen)
-
So was wie ne Faustregel bei Modalverben - die zumeist mit einem zwoten (dann: Voll)Verb auftauchen: Komma weg zwischen Modalverb und Vollverb!

Alex roch den Schweiß-, Urin-, Erd- und Blutgeruch des Alten.
Ein Irrtum, auf den jeder hereinfällt, wenn er sich selbst riecht: Blut riecht weder nach Eisen noch sonst was

Wie dem auch sei - jetzt hab ich Kohldampf,

FRiedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin Leute!

Und noch mal Danke für eure guten Kommentare.

@Henry K.

Danke dir fürs Lesen, Mann! Das Teil hat ja schon an die 50 Normseiten. Das kostet einen schon was.

Großes Kompliment für diesen starken Text.
Danke dir. Ich kann das gar nicht annehmen mehr oder weniger, weil ich nicht zufrieden bin und praktisch zwei Kommentare vorher angekündigt habe, das Teil entweder komplett neu aufzurollen oder es mal liegen zu lassen. Ich weiß gerade nicht, ob mir die jetzige Form gefällt.

Beim Anfang musste ich an "Als wir träumten" von Clemens Meyer denken - dasselbe konkrete, szenische Erzählen von tristen Ost-Jugenden.
Clemens Meyer mag ich sehr

Danach kam mir Camus' "Der Fremde" in den Sinn: Die Hitze/Sonne, die den Protagonisten zu einem Mord am Wasser bewegt.
Auch sehr guter Roman. Es KANN sein - ich weiß es mittlerweile einfach nicht mehr - dass die Szene wirklich von Der Fremdes Hitzeszene inspiriert war. Ich bin mir nicht mehr sicher, es ist ein wenig her

Anders als bei Camus erfolgt der Mord hier aber wider Erwarten nicht gleich und ist auch nicht unreflektiert-lakonisch, sondern im Gegenteil ein triebhaftes Spektakel mit unzähligen Rekursen auf Nietzsches Übermensch.
Schön und interessant, dass du es mit Bezug auf Nietzsche liest

Hier und auch bei den Schuldzuweisungen hätte man vielleicht etwas streichen können.
Richtig ... da bin ich dran

Andererseits sind Gedanken und Gefühle ja nicht punktuell, sondern kreisend und wiederkehrend, was es auch wieder stimmig macht.
Das dachte ich mir auch. Wie will man Gedankenkreisen bei Figuren zeigen in Texten? Schnell wird das dem Leser zu viel oder langweilig

Alles in allem der packendste Text, den ich bislang hier gelesen habe.
Ja danke. Das freut mich natürlich, dass du das schreibst. Kann ich es annehmen? Natürlich nicht :D Hey, also danke dir jedenfalls vielmals. Ich weiß nur, dass ich eine große Reihe wesentlich besserer Storys hier schon gelesen habe und würde ich das annehmen, wäre ich unwürdig ggü. diesen Geschichten und Autoren mMn.

Wenn man die Szenerien halbwegs selbst kennt, läuft ein Film zwischen Thriller, Sozialstudie und Krimi vor dem inneren Auge ab und man will die Innensicht des Protagonisten sowohl aufnehmen als auch abwehren.
Das freut mich und geht natürlich runter wie Zucker

Auch die moralische Ebene ist passend komplex, liegt Alex mit seinen Schuldzuweisungen und Einschätzungen seiner Situation ja alles andere als falsch. Hier wird die große, ungelöste Frage nach Verantwortung und Willensfreiheit gestellt.
Kurz: Bravo! Werde ich sicher noch mal lesen.
Danke dir, Henry!


@Friedrichard

Friedel, es freut mich wie immer sehr, dich unter meinem Text zu finden. Danke dir herzlichst fürs Lesen und Kommentieren und verzeih die kurze Latenzzeit.

Wie kann man „Shaun, das Schaf“, Freude meiner alten, gebrechlichen Augen, so missachten!, aber in allem Ernst, dessen ich fähig bin, ja, so spricht man wohl in bestimmten Situationen wenn alles auf einen einbricht.
Schuld haben meist „die andern“ und „man selbst“ ist ja eigentlich (oder doch eher) lammfromm, womit einer für sich selbst schon die Rolle des Opferlamms übernimmt, wohl gar nicht ahnend, dass dieses im übertragenen Sinn vom Kopf auf die Füße gestellt, also ein ganzes Leben umgekrempelt werden müsste: Nur ein „makelloses“ Fleisch und Leben kann zum Opferlamm gekürt und somit geheiligt werden), was bei seinem Namen (der hier tatsächlich zu Schall und Rauch verkommt, was wahrscheinlich durch Namensgebung nach Schall und Klang oder Moden bedingt ist) möglich wäre, denn „alexein“ meint abwehren, schützen und altgriechisch „aner“ = den Mann, der so „makellos“ sein musste wie das hebräische Opferlamm. Und dass mir ja keiner komme, „der“, also ich hätte nur wegen des Dobermanns vorbeigeschaut!
Das ist interessant. Du hast recht - Shaun ist hier tatsächlich so etwas wie ein reines Opferlamm, das zur Schlachtbank geführt wird. Die Namen waren Zufall, aber freut mich natürlich, dass man so etwas daraus ziehen könnte

Alles schon gesagt zu dieser mächtigen individuellen Sozialstudie von ganz unten, hoff ich doch,


„lieber“. oder doch besser bitterböser zigga,

Schön!

dass ein bisschen Flusenlese nicht schaden kann – und es geht damit los, dass mir – nicht erst bei Dir, muss ich leider sagen – dass das Ausrufezeichen hierorts vernachlässigt wird, als wäre das Fragezeichen gegenüber dem Ausruf ein so viel werthaltiger Schlusspunkt.
Rettet also das Ausrufezeichen, wenn auch nicht nach jedem Imperativ – aber direkt zu Anfang schreit doch geradezu der „große Bruder“ danach, wenn es heißt
Haha, ich hab einen Schreiblehrer mal sagen hören, lasst das gottverdammte Ausrufezeichen weg, die Wucht muss aus dem Gesagten kommen, nicht aus den Satzzeichen. Aber du hast recht. Wenn man sie manchmal weglässt, ist das orthographisch beinahe schlicht falsch. Werde das ändern.

Baustelle I, Zeitenfolge


Sie waren früher oft mit dem Hund draußen gewesen, am Weiher ….
Partizipienreiterei ist mir fremd und besonders in den Zeiten, wo Partizipienreiterei „west“, was sich aber nicht immer vermeiden lässt.
Richtig

Und was für das Futur „ich werde morgen kommen“ im historischen Futur schadlos geschehen kann, „ich komme morgen“, sollte für alle Zeitformen gelten – hier eben dank des „früher“, oder hättestu Probleme den Satz „Sie waren früher oft mit dem Hund draußen“ zu verstehen? "Früher" ist nie jetzt, wie "jetzt" ja auch nicht nächste Woche ist.


Er war sich nie sicher gewesen, ob sie wirklich Brüder waren. … Shaun war plötzlich da gewesen.
wird auch geändert

Baustelle II, Konjunktiv


Sein Bruder erzählte den Mädchen dort unten immer, Hektor sei ein ehemaliger Polizeihund. Er könne Drogen auf fünfhundert Meter riechen und sei suspendiert worden, weil er einem Unschuldigen das Gesicht vom Schädel gezogen hätte.
Die indirekte Rede erfolgt bis auf den Schluss korrekt (Kon. I), am Schluss ist durch den Konj. II („hätte“) nicht klar, ob der Bruder oder zigga da spricht (was ich vermute, dann aber „hätte“ der Rest zuvor auch als Räuberpistole dem Leser (!) dargestellt werden sollen).
Ebenso hier

Auch die anderen Punkte ändere ich geschlossen!

Entweder kreischten die Mädchen angeekelt oder sie lachten wie Irre. Sie trugen enge, ausgewaschene Jeans, Bauchfrei, schmierten sich Lipgloss auf die Lippen und ..
„bauchfrei“, Adjektiv – an sich, hab aber gesehen, dass Werbefuzzis Majuskel verwenden … Wahrscheinlich heißt ein Leibchen inzwischen so
Ja, ich hatte an der Stelle beim Schreiben darüber nachgedacht. Bauchfrei tragen ist irgendwo ein Nicht-Ding

Er wusste nicht, was er ändern könnte.
Nein, Alex denkt keinen Konjunktiv, aber indikativ „was er ändern kann“, und das ist in seiner binären Wertigkeit auch genug für ihn: Entweder er kanns – oder eben nicht (ist ja auch im Handwerk so, selbst wenn einer etwas auch „nur etwas oder halb kann“)
Richtig!

Auch die anderen Punkte übernehme ich. Danke dir vielmals fürs Flusenlesen, das wertet den Text noch einmal stark auf.

Wie dem auch sei - jetzt hab ich Kohldampf,
Einen Guten wünsche ich dir, Friedel!


Beste Grüße
zigga

 

@zigga ,

ich weiß, das Verhältnis zwischen den Büchern, die gelesen werden wollen und denen, die man wirklich liest, ist grotesk ungleich, da ist schon lange eine massiv schiefgipfelige Normalverteilung, dass die Sprachneuronen vor Schmerz akutrot leuchten. Trotzdem möchte ich dir für deinen Text eine - wie hoch das klingt - Empfehlung aussprechen:

Guiseppe Ferrandino
Pericle der Schwarze

Beim Lesen dieser kurzen Geschichte dachte ich an das Urproblem deiner Novelle, nämlich die Darstellung des "nicht begründbaren Bösen in Ich-Perspektive". In einer sehr knappen, reduzierten Sprache wird aus der Perspektive von Pericle, einem neapolitanischem (Klein)kriminellen und ehemaligen Pornographiedarsteller, seine Selbstfindung erzählt. Er gerät über eine fehlgeschlagene Auftragstat ins Visier eines Camorra-Paten. Kurze Story, knappe Story, aber vielleicht hilft dir das ja. Bitte jetzt nicht in Rechtfertigungsgedanken verfallen, ich erwarte auch nicht, dass du das jetzt liest (wie es oft so mit Empfehlungen ist, kenne ich ja selber). Ich wollte nur den Gedanken mit dir teilen :-D

Lg
kiroly

 

Servus @kiroly,

grazie für die Empfehlung und dass du an mich gedacht hast! :D
Bestellung ist raus. 150 Seiten, Camorra, klingt sehr geil. Mein Traum ist ja knackige 150-Seiten-Romane rauszufeuern. Bin gespannt auf die Umsetzung. Ich schreibe dir eine PM, wenn ich‘s durch hab.

Grüße und starkes Wochenende!
zigga

 

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