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Am Straßenrand

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06.02.2002
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Am Straßenrand

Für Sekunden, im Vorbeifahren, sehe ich eine Jacke auf dem Bürgersteig liegen.
Kaum wahrgenommen, ist sie wieder aus meinem Blickfeld verschwunden. Und doch wirkt das Bild nach, während ich meine Fahrt fortsetze.
Was sie dort machte? Es ist doch ein seltenes Bild.
Sie war braun, erdbraun. Kein Plastik, irgendein Stoff, vielleicht Cord. Ziemlich zusammengeknüllt, lag sie einfach nur so da.
Vielleicht sollte man die Polizei verständigen.
Aber das wäre doch übertrieben, bloß wegen einer Jacke!
Vielleicht gehen und fahren aber auch Dutzende, nein, Hunderte vorbei, obwohl wirklich etwas passiert ist...
Groß war sie ja nicht, wie sie dalag, vielleicht gehörte sie einem Kind oder einem alten Mann-
Alte Frauen tragen schließlich kein hässliches Erdbraun...
Ich werde nichts tun, ich bin immerhin nur vorbeigefahren, auf der Durchreise, es ist nicht einmal meine Stadt. Möglicherweise ist sie auch nur kaputt, weggeschmissen, ein Stück Lumpen... von einem Obdachlosen, wahrscheinlich...
Wer auch immer in ihr gesteckt hat, irgendwie weiß ich das, ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Ich bin fast ein klein wenig erleichtert: Es ist nicht meine Jacke.
Wenn aber wirklich etwas Schlimmes passiert ist, dann wird man in Zukunft wegen jeder herumliegenden Jacke die Polizei rufen, das steht fest.
Fest steht auch: Dieses Stück Stoff, tief Braun auf grauem Pflasterstein zwischen Asphalt und Betonmauer, es erzählte mir in zwei, drei Sekunden eine Geschichte.

 

hallo para

das ist eine gut geschilderte urbane impression. ich als leser hab die stimmung gut fühlen könnnen. also: gut gemacht!

allerdings: es liest sich aber wie ein auszug aus einem roman. einem guten roman.

gruss, harkhov der schumpische.

 

Hiya Steffen.

Nette Impression, nur der Titel ist geklaut, und zwar von mir! :D

Würde da ein bisschen mehr raus machen, einen Ticken mehr an der Oberfläche kratzen.

Gruß,
San

 

hi!
ich finde deine geschichte eine schöne schilderung und sie passt so gut in unsere zeit, wo überall panik vor terrorrismus herrscht! und bei allen öffentlichen einrichtungen regelmässig die warnung kommt, das unbeaufsichtigte gegenstände vernichtet würden!
mfg onida

 

Hi Para!

Kurz aber gut - der kurze Moment des Vorbeifahrens und dann die Gedanken... auch die gewisse Rechtfertigung (ist nicht einmal meine Stadt), das alles passt sehr gut. Du schilderst sehr lebendig.

Dieses Stück Stoff, tief Braun auf grauem Pflasterstein zwischen Asphalt und Betonmauer, es erzählte mir in zwei, drei Sekunden eine Geschichte.
...hättest du wirklich noch mehr ausbauen können. Ist aber auch so in Ordnung.
Den Schlussatz empfide ich persönlich als etwas zu gekünstelt...für mich passt er nicht recht zum Rest des Textes. Ist aber nur mein Empfinden...

schöne Grüße
Anne

 

Hallo Paranova,
deine Geschichte ist sehr anschaulich geschrieben, als ob man selber auf dem Fahrrad fährt und über diese Jacke nachdenkt.
Aber ein paar Sachen sind mir ins Auge gesprungen:
1. Zitat:Für Sekunden, im Vorbeifahren ...
-> Doppelt gemoppelt
2. Zitat: ...während ich meine Fahrt fortsetze...
-> Der Fahrradfahrer hatte nie gehalten
3. Zitat: Sie war braun, erdbraun. Kein Plastik, irgendein Stoff, vielleicht Cord. Ziemlich zusammengeknüllt, lag sie einfach nur so da.
-> Wiederholung !
-> Cord und Plastik ist ein himmelweiter Unterschied
Besser würde mir gefallen:
Sie war braun, wie die krümelige Erde eines Maulwurfs. Vielleicht nicht so frisch. Mein Gott! Wie lange die dort schon liegen mochte?

Was mir sehr gut gefällt ist die Bindung zur Jacke und die Personifizierung:
Zitat:Vielleicht sollte man die Polizei verständigen.
-> Das macht die Geschichte lieblich.
Wird aber im nächsten Satz fast wieder zerstört.

Aber sonst ist die Geschichte wirklich gut.

Viele Grüße

 

Hallo Paranova!

Die Geschichte ist ein interessanter, kurzer Eindruck, aber mir irgendwie zu nichts sagend.
Es ist faszinierend, wieviele Gedanken man sich um eine herumliegende Jacke machen kann. Der Schluss allerdings lässt den Leser sehr unbefriedigt zurück.

Und schließlich kann die Jacke ja einfach von einem spielenden Kind abgelegt worden sein oder sie von einem Fahrradgepäckträger gefallen. M.E. eignet sich eine Jacke irgendwie nicht für so eine Geschichte. Aber gefallen hat sie mir dann irgendwie doch.

Mfg
xka

 

hi para,

Wer auch immer in ihr gesteckt hat, irgendwie weiß ich das, ich möchte nicht in seiner Haut stecken. Ich bin fast ein klein wenig erleichtert: Es ist nicht meine Jacke.

diese conclusion ist genial :D - egal welches schicksal man sich dem bestzer der jacke vorstellt, keines von dem wäre erstrebenswert.

ansonsten wundere ich mich auch, was man doch alles über eine jacke schreiben kann.

die geschichte findet ihre stärke in der sprache :)

bis dann

barde

 
Zuletzt bearbeitet:

Grüß euch!
Ich hab den Schlusssatz gekillt.

...para

PS:
Besonderen Dank auch dir, Herbert. Ich schätze Verbesserungsvorschläge besonders. Bei den von dir angesprochenen Punkten jedoch kann ich keine zwingenden "Fehler" entdecken. Dein Vorschlag betreffs "erdbraun" allerdings gefällt mir.

 

Hallo Paranova,

ich mag die Geschichte, weil sie schlicht, aber trotzdem vielsagend ist. Der Leser erfährt nichts konkretes über die Jacke, nur Vermutungen . (Nicht nur bei Jacken am Strassenrand ist Wissen in unserer Informationsgesellschaft oft oberflächlich).
Man erfährt aber konkret etwas über den Protagonisten, und die Gesellschaft, für die er steht: „Vielleicht fahren aber auch Dutzende ... vorbei, obwohl ... etwas passiert ist.“ „Ich werde nichts tun.“ Er ist nahe an einer kritischen Erkenntnis, die ihn zum Handeln veranlassen müßte, er könnte der Samariter sein, doch er entschließt sich nicht zu handeln, letztlich wegzusehen, zu bagatellisieren , um ein schuldhaftes Verdrängen zu kaschieren.
In ansprechender Sprache weist Du auf Mechanismen hin, die Schutz und Schuld von uns Menschen darstellen können.

Die Plastikjacke hat mich auch gestört, `Plastik´ ist in der Mode eher eine unübliche Materialbezeichnung, `Kunstfaser klänge aber auch gestelzt.

Liebe Grüße,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Paranova!

Kurz und unterhaltsam, deine Geschichte. Und regt zu so unterschiedlichen Gedanken bei den Lesenden an. Erstaunlich!
Das Ende finde ich persönlich unbefriedigend. Wenn ich mir im Vorbeifahren so viele Dinge vorstelle, würde sich mein Gewissen noch eine ganze Weile danach damit beschäftigen. Allein schon bei der Überlegung, die Polizei einzuschalten und zu vermuten, es könnte was Schlimmes sein. Entweder würde ich gleich der Sache auf den Grund gehen und zurück fahren oder aber am nächsten Tag mal beiläufig wieder vorbei schauen, ob die Jacke noch da liegt. ;)
Andererseits, soviel Unruhe kam wiederum nicht mit deinen Worten rüber.

Gruß von
Piratin

 

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