Am Klavier
Selbst wenn ich noch so angestrengt nachdenken würde, ich könnte mich nicht mehr an den Tag zurückerinnern, an dem ich die Entscheidung traf.
Tja, das nenn ich mal Ironie des Schicksals:
Tausende von gut durchdachten Entscheidungen werden tagtäglich von tausenden Menschen nach endlosen Stunden in Beraterkreisen gefällt.
Aber die wichtigste Entscheidung von allen, die alles ändern- oder besser gesagt zerstören- sollte, habe ich ganz nebenbei gefällt.
Ganz spontan und unbedacht, so wie man sich noch in der Warteschlange überlegt ob man heute ‘nen Hamburger oder nur ‘ne Cola will.
Und nun hänge ich hier oben, in meinem durchaus geräumigen Gefängnis, und kreise unentwegt.
Die Sterne ziehen unendlich langsam ihre Bahnen hinter den luftdicht verschlossenen Lucite Fenstern.
Meine Pflanzen ziehen unendlich langsam Nährstoffe aus dem Boden, und die Bäume lassen ihre knorrigen Hände starr ins Leere greifen.
So etwas natürlich anmutiges und erdenhaft vergängliches schmiegt sich an einen Hintergrund aus schwarzer Unendlichkeit, und fern leuchtenden Welten.
Die Erde selbst sieht von hier oben aus, wie sie aussehen sollte:
Gutmütig grün und mit einem Blau, wie es nur Leben spendendes Wasser haben kann.
Eine schwangere, fruchtbare Kugel umarmt von Scharen weißer Wolkenfetzen.
Wenn sich die Nacht über eine Hälfte spannt, bietet sich ein beunruhigender Anblick, denn die Millionen von Lichtern, die vor wenigen Monaten noch ein spöttisches Spiegelbild für die gleichgültigen Sterne waren, sind inzwischen langsam aber sicher verschwunden.
Als ich hier oben ankam, zusammen mit meinen besten Freunden, bot die Nacht noch ein schroffes, strahlendes Lichtermeer aus unzähligen Lichterhaufen.
Ich finde es sah aus, als hätte die Erde ein Loch, durch das man auf das Firmament blicken konnte, so unlogisch sich diese Vorstellung auch anhören mag.
Als mein Plan dann schließlich Wirkung zeigte, wurde dieser Hain der Lichter nach und nach kahl.
In Europa schloss sich die Dunkelheit vorerst nur über Norwegen, Schweden und anderen nördlicheren Ländern.
Weiter drüben erlosch Kanada, als Afrika schon längst nicht mehr leuchtete, und in Asien schienen die Lichter am hartnäckigsten zu sein.
Ballungsräume, kristallisierten sich heraus, Shanghai, Peling, New Mexiko...
Seattle erstarb, Berlin, Dublin, Brazilia, Sydney...
Washington, Brüssel,...
Die ganze Menschheit, existierte nur noch in meiner Erinnerung.
Als ich zum ersten Mal am Glas hockte- zusah wie der Terminator die Nacht über die Erde zog, und die Dunkelheit auffraß- und kein Licht mehr auszumachen war, breitete sich ein schweres Gefühl wie eine dicke Decke in mir aus.
Ich atmete tief ein und aus, während ich mein Werk betrachtete.
Ich fühlte mich allmächtig, ich fühlte mich als einzig intelligentes Wesen im ganzen Sonnensystem.
Ach was, in der ganzen Galaxis, ach was soll’s:
Als einziges Stück Klugheit und Charakter, als letztes Fünkchen Intelligenz in einem ganzen Universum voller Dunkelheit.
Ich hatte nicht nur zugesehen wie eine Spezies, die Jahrtausende lang regiert hatte, ihr letztes Lebenslicht ausgeblasen hatte, nein dem noch nicht genug.
Ich hatte die ganze Menschheit in meinem Kopf, in meinem Verstand, dort existierte sie und nirgends sonst.
Und ich hatte eine übermächtige Spezies von Milliarden von Rassenvertretern vernichtet.
Ich hockte da und spürte wie ein mächtiger Strom der Gefühle durch mich floss.
Mein Atem kondensierte an der Scheibe, hinter der ein ganzer Planet voller Leichen schwebte.
Unzählige Leichen mußten es sein, die da im Dunkeln lagen. Einsame Landstriche, Geisterstädte, wilder Wein der langsam anfing ganze Hochhäuser zu überwuchern, und vielleicht sogar noch einzelne Überlebende die zaghaft anfangen, die Leichenteile ihrer toten Familienmitglieder aufzufressen. Ich bekam die mächtigste Erektion meines bisherigen Lebens.
Ich saß eine ganze Weile da, bis ich endlich mit schwerem Herzen und feuchten Augen aufstand.
Ich nahm die Tür bei der Klinke und verließ das Beobachtungszimmer, ließ meine Schritte durch leere Korridore schreiten, und erreichte schließlich das Gewächshaus mit meinen Freunden.
Dort setzte ich mich hin und starrte durch die transparente Außenwand, diesmal den Sternen entgegen. Ich fühlte mich so geil und kreativ wie nie zuvor, ich war beflügelt von galaktischer Inspiration.
Ich klappte den Schoner hoch und fing an zu spielen.
Und damit fängt meine Geschichte erst an.
Ich bin sicher dass sie meine Geschichte glauben werden, wenn Sie darüber in er Zeitung lesen. Eine derartige Story wird bestimmt irgendwann in den Medien auftauchen, zumindest in den gedruckten.
Mit Sicherheit werden die hiesigen Revolverblätter darüber berichten, denn diese Story ist einfach zu unglaublich um von Seriösen Magazinen abgedruckt zu werden, also zögern sie nicht mal einen Blick auf die Schlagzeilen von „Weekly World News“ oder dergleichen zu werfen. Sie könnten sonst die Sensation ihres Lebens verpassen.
Sie denken sich bestimmt Sie wären so schlau, und hätten mich gerade bei einem Denkfehler ertappt.
Dem ist nicht so, denn wenn ich meine momentane Zwangslage betrachte fällt es mir schwer optimistisch über meine Zukunft nachzudenken.
Aber bevor meine Schriften an der falschen Stelle aufhören, beeile ich mich doch lieber mit meiner Niederschrift.
Also wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, das Klavierspielen, der wichtigste Teil von allen:
Also ich fing an zu spielen, wie ich es schon tausende Male zuvor getan habe, doch diesmal etwas,... anders.
Ich schwang geradezu in dem Strom, in dem Ozean meiner eigenen Kreativität, die Ideen strömten geradezu in mich hinein wie ein rasender Güterzug in einen Tunnel.
Das Blut rauschte in meinem Kopf, und obwohl das ansonsten ein sicheres Anzeichen für hämmernde und lähmende Kopfschmerzen gewesen wäre, fühlte ich mich diesmal umso wohler, angetrieben.
Es schien als ob die geheimnisvolle Inspiration ewig andauern würde, und falls sie einmal kurz ausfiel, was nicht oft geschah, so brauchte ich nur meinen Kopf ein wenig zur Seite zu neigen und die Sterne hinter dem Fenster zu betrachten.
Millionen, Abermillionen, Unendlich viele, und ihr Licht schwamm um mich herum, in meinen Kopf in meine Finger wo es wunderbare Klänge erzeugte..
Ich muss tagelang dort gesessen haben.
Und selbst das wäre eine Untertreibung.
Als ich aufhörte, war die Stille lauter als es ein Klavier jemals gewesen sein könnte, und übertönte das Rauschen in meinem Kopf.
Ich hielt inne, saß eine Weile lang mit gebeugtem Rücken auf dem Hocker und starrte meine Hände an.
Ich fühlte mich ausgelaugt und verbraucht doch auch auf eine gewisse Art...befriedigt.
Sie wissen bestimmt was ich meine.
Sachte hob ich meine Hände von den Klaviertasten, und betrachtete sie als wären sie zwei große, geschliffene Diamanten, die ich in zufällig gerade beim Unkrautjäten gefunden hatte.
Wieviel Geld hätte ich mit meiner Fähigkeit machen können?
Meine Fähigkeit, einem Klavier Töne zu entlocken, wieviel wäre sie in einer Welt voller Menschen wert gewesen? Gebildete ältere Herren in Anzug, mit kräftigem Kinn und silbergrauen Strähnen im Haar, Musikliebende junge hübsche Studentinnen, Sensible musizierende Damen über vierzig, die manchmal still und heimlich immer noch über Mozarts Tod weinen.
Welche Achtung hätte er von solchen Leuten empfangen, welche Bewunderung.
Welche, und dieses Wort stammelte ich leise in den Raum: „Annerkennung“
Die Stille floh kurz vor diesem Wort, und kehrte dann zurück.
Ich wollte mich gerade wieder meinen unglücklichen Phantasien hingeben, als ich plötzlich ein Geräusch vom anderen Ende des Raumes her vernahm.
Ein Geräusch! Zehntausend Meter über einer menschenleeren Erde, das Vakuum in einer winzigen Sardinenbüchse durchschwebend!
Unmöglich dachte ich mir vorerst, doch unmöglich ist eine Wahrscheinlichkeitsrechnung die niemals zutrifft.
Schon gar nicht im Weltraum.
Ohne den Schoner herunterzuklappen, erhob ich mich sachte von meinem Hocker, mein Arsch schmerzte höllisch dabei.
Er hatte sich auf ein Leben voller Arbeit eingestellt.
Ich biss die Zähne zusammen, als derselbe Schmerz in mein Rückrat fuhr.
Ich bin alles andere als alt, aber spielen sie mal ein paar Tage lang durchgehend Klavier. In dem Moment fiel mir auf, wie merkwürdig voll sich mein Magen anfühlte.
Ich hielt kurz inne, ohne den Blick zu wenden, und überprüfte meinen Magen- Nichts, kein Hunger, keine Leere...merkwürdig oder?
Nun ich will es ihnen erklären wie man tagelang ohne zu Essen satt bleiben kann, aber nicht jetzt.
Ich wollte das Geräusch gerade wieder als einen kleinen Streich meiner lärmgeplagten Ohren abtun, da sah ich plötzlich, wie sich ein Schatten am Gang draußen bewegte.
Auf der Erde war von hier aus gesehen Nacht, und ich hatte in meinem Komponiereifer gänzlich auf künstliches Licht verzichtet, also mußte ich mich in der dunkelvioletten Dunkelheit zurechtfinden.
Aber es war immer noch hell genug um eines mit Sicherheit zu sagen:
Ich war nicht mehr alleine, auf meiner kleinen Raumstation.
Plötzlich spürte ich eine Art von dunkler Angst, wie ich sie zuletzt vor rund zwanzig Jahren verspürt hatte, als ich noch in Aberdeen wohnte, und ohne es zu wollen sprang diese Erinnerung aus dem Schutt der Zeit, wie ein Vision in mein Bewußtsein.
Ich war damals noch ein Kind und ich wohnte zusammen mit meinen Eltern in einem alten Einfamilienhaus, am Rande der Stadt.
Es war die Art von altem Haus in dem es nie vollkommen still war, egal ob Sommer oder Winter, irgendwo schien sich immer etwas zu regen, zu tropfen oder zu knarren.
Im Winter war es das Schmelzwasser vom ersten Schnee, dass von der Dachrinne tropfte, und durch die dunklen verborgenen Schluchten in den Wänden und im Keller floss, wo es dreckig war, und nach Sägespäne roch.
Ich kann mich heute noch ganz genau erinnern, wie der stämmige Balken über meinem Bett aussah, der das Dach hielt.
Ich schlief damals in einem Stockbett- eine Investition für einen Bruder der nie geboren werden sollte, so sehr es meine Eltern auch versuchten- und der Balken verlief keinen halben Meter über mir.
Es war so stockdunkel, wie es nur im Winter sein kann, als das Geräusch anfing.
Zuerst waren es die üblichen Maus- Geräusche:
Scharren, Kratzen, Trappeln, Als würden die Mäuse ein Wettrennen im Balken veranstalten.
Ich konnte davon nicht einschlafen, also drehte ich das Licht auf, stand auf und klopfte fest gegen das Holz, so wie ich es immer schon gemacht habe. Für gewöhnlich hörten die Mäuse davon eine Zeit lang auf zu nerven, und ich hatte genug Ruhe um einzuschlafen.
Doch diesmal gab das Holz plötzlich krachend nach, und Späne und etwas das wie Sägemehl aussah rieselte aus einem faustgroßen Loch.
Ich konnte IN den Balken sehen.
Ich sah etwas das aussah wie ein fetter, schwarzer Blutegel, der sich gerade im Balken vorwärts schob, als ich dagegen geklopft hatte.
Er zog sich über dem Loch zusammen und schleppte sich fort, als würde hinter irgendetwas herjagen- einer Maus vielleicht- ich weiß bis heute nicht was das für ein Vieh war.
Mir raubte es jedenfalls vor Furcht den Atem. Ich habe diese Geschichte noch nie jemandem erzählt, noch nicht einmal den Leuten, die Sie ‘Freunde‘ nennen würden.
Und genau dieses Gefühl hatte ich in diesem Augenblick, als sich der Schatten hinter der Tür bewegte, dieses „Was zum Teufel ist das?!“- Gefühl.
Und ich dachte, es wären alle tot außer mir.
Sachte tastete ich in der Dunkelheit nach einer Waffe, irgendetwas mit dem ich mich verteidigen konnte: eine Gartenschere!
Der Mörder ist immer der Gärtner, hoffentlich traf dieses Sprichwort wenigstens heute zu.
Langsam löste ich den Sicherheithaken- eine Sicherheitsvorkehrung für Kinder die nicht mehr existierten, Messer Gabe Schere Licht- und spreizte die Klingen in die Dunkelheit. Ich hatte sechs Milliarden Menschen getötet, auf einen mehr oder weniger kam es auch nicht mehr an. Plötzlich erfaßte mich eine grauenvolle Vorstellung: Was wäre wenn diese Person die sich da so unauffällig an mich heranzuschleichen versuchte, jemand wäre den ich kannte?
Jemand der meinen Plan kannte bevor er ausgeführt wurde, vielleicht auch einfach jemand dem mein Verhalten in letzter Zeit merkwürdig vorgekommen war, und der mich deshalb verfolgte- bis in mein Raumschiff, bis hier her.
Jemand der die ganze Zeit über hier gewesen war, und sich vor mir versteckte und mich beobachtete.
Der zusah, wie ich aus dem Fenster gaffte, während unten die Menschheit starb, der meiner Musik lauschte...
Was wenn es meine Mutter war, mein Bruder, mein Onkel, ein ‘Freund‘ von mir?
Das nenne ich doch mal Ironie des Schicksals, Leute- dieser Typ hat gerade die ganze Menschheit grauenvoll verrecken lassen, und jetzt wo einer seiner Verwandten auftauchte bekam er Torschusspanik.
Das kann es doch nicht sein, oder? Ich atmete tief ein, nicht zu laut nicht zu laut, und bewegte mich langsam vorwärts, wie ein Kreuzer in einem Meer voller Eisberge.
Sachte schob ich mich an der Wand entlang, und näherte mich so der Tür von der Seite, von hier aus konnte ich sogar den Hauch von einem Schatten sehen, den der Eindringling auf die angelehnte Tür warf, doch es war unmöglich daraus irgendwelche Schlüsse zu ziehen.
Was meine Attacke betraf- Die Defensive Offensive, wie es Fussballtrainer ausdrücken würde, der mal eben einen auf intellektuell macht-
So entschied ich mich auf eiskalte Konfrontation, den Sprung ins kalte Wasser. Die Furcht strömte jetzt wie Batteriesäure durch meinen Körper, und ein Schweißausbruch folgte dem anderen. Ich war der Tür so nah, dass ich glaubte, ich könnte meinen Feind riechen.
Ich kam am Türrahmen an- und wirbelte herum.
Der nächste Augenblick, hat sich in mein Gedächtnis eingeprägt, wie das gebranntmarkte Emblem einer amerikanischen Farm in das Fell einer Kuh.
Ich sah mich einem Schrecken gegenüber, wie er größer nicht sein könnte.
In der ersten Schrecksekunde- einen Moment lang konnte ich mir buchstäblich selbst beim Durchdrehen zusehen- verspürte ich wohl das, was man einen Reflex nennt.
So wie ein Fuß automatisch nach oben schnellt, wenn er auf einen scharfen Kiesel tritt, so schüttelte es mir sämtliche Gliedmaßen, und der Schock schleuderte mich einen Meter zurück.
Ich verlor das Gleichgewicht, landete plumpsend auf meinem Hintern und starrte die ganze hundertstel Sekunde lang, dieses ... ‘Ding‘ das da vor mir stand.
Ein solches Vieh dürfte es nicht geben.
Ein Haufen von Augen, von glotzenden, nackten Augäpfeln, die allesamt größer waren als Wagenräder.
Das größte von ihnen maß rund einenhalb Meter, und alle hatten sie dieses lauernde, stumpfsinnige Starren als wären sie gekommen um sich von mir Antworten zu holen, die niemand jemals beantworten könnte.
Es war nicht zu erkennen wie es sich fortbewegte, bis es sich endlich entschloss aus dem Schatten- auf mich zu!- zu kriechen.
Unter dieser gallertartigen Masse aus weißem Fett und schwarzen Pupillen, zappelte ein Bündel aus dünnen behaarten Spinnenbeinen.
Das kann nicht sein- so etwas gibt es nicht!
Ich umklammerte meine Gartenschere um so fester. Ich versuchte mir vorzustellen wie es wohl wäre, von einer Missgeburt wie dieser, aufgefressen und verdaut zu werden.
Mit den Augen einer hilflosen Beute starrte ich es an, auf dem Boden kauernd, und versuchte es mit meinem Blick zu fixieren.
Ich erinnerte mich an ein altes Spiel, das ich immer in der Grundschule gespielt hatte: Zwei Kinder starrten sich solange an, bis einer von den beiden blinzelte- und verlor.
Soweit ich mich erinnern kann, bekam der Verlierer eine Kopfnuss. Ich war in diesem Spiel immer recht gut, aber vor mir stand der absolute Champion.
Meine Damen und Herren, ich präsentiere ihnen den Weltmeister: Das Auge!
Schließlich kam es doch näher, und obwohl es im ganzen Raum dunkel war, konnte ich jetzt beinahe den gesamten Körper erkennen.
Renn weg!
Irgendwo hinter diesem Berg von Augen, sirrten hauchdünne Insektenflügel, die jedoch nicht aussahen als wären sie imstande diesen fetten schweren Körper in die Lüfte zu tragen.
Trotzdem- Hau ab!
Wieder hievte es sich vorwärts, und nun konnte ich es sogar riechen, so nah war es, und als es schließlich so furchtbare nah rückte, wie es nur die Lähmung des Schocks zulassen konnte, tropfte ein Patzen einer undefinierbaren, schleimigen Flüssigkeit auf meinen Kopf .
Das löste die Starre.
Schreiend hüpfte ich auf die Beine- aus dieser Perspektive sah es gar nicht mehr so groß aus- und hieb mit der Gartenschere darauf ein- Wenn ich nur gewußt hätte wie harmlos dieses Tier eigentlich war, und welche Konsequenzen nichtsdestotrotz ein Kampf mit ihm haben würde!
Eine Spitze bohrte sich in das Eiweiß wo es sofort zu tropfen und zu fließen begann, die andere stach ihm genau in die Pupille.
Das Vieh quiekte laut auf, und erhob sich vor lauter Schmerz, wobei es sich bewegte wie ein außerirdischer Gehirnsauger aus einem Film den ich mal gesehen habe: „Starship Troopers“
Ich dachte schon der Kampf wäre gewonnen, als plötzlich eines der Spinnenbeine unerwartet von unten hervorschoss und mich mit einer Kraft von mehreren kräftigen Männern nach hinten schleuderte.
Mein Rücken krachte gegen das lamentierte Holz des kostbaren Klaviers.
Noch im Flug mußte sich mein Griff gelockert haben, den die Gartenschere entzog sich meinen Fingern und flog klirrend gegen die Saiten- hätte ich Tölpel doch nur nicht den Flügel offengelassen.
Am Rande einer Bewußtlosigkeit konnte ich hören wie eine der Saiten durchtrennt wurde.
Mein Lieber Leser, wenn auch all dies schwer zu glauben war so stelle ich Sie jetzt erst vor eine wirklich schwierige Vertrauensprobe.
Was jetzt kommt werden Sie mir mit ziemlicher Sicherheit nicht glauben, aber verzeihen Sie mir wenn ich sage: Es ist mir egal. Ich muss all das einfach los werden, sonst werde ich noch verrückt. Oder bin ich es schon? Ach es ist zum aus der Haut fahren. Aber hören Sie doch selbst mein treuer Leser:
Kurz nachdem ich hörte wie sich die Klaviersaite verabschiedete, verfiel ich in eine Art Trance, ich wurde Bewußtlos, denn all das was in den letzten Tagen passiert war, war einfach zu viel für mich: Das Klavierspielen, die Einsamkeit, die ich mir nicht eingestehen wollte, das Ausrotten der Menschheit im allgemeinen.
Ach ja: haben Sie sich schon gefragt, wie ich es getan habe? Wie ich die sechs Milliarden Menschen auf einmal ermordet habe, und auch noch überlebte?
Nun ich muss Sie enttäuschen denn: Ich weiß es nicht!
Denn nach einer unbestimmten Zeit, die ich in Trance verbracht habe, erwachte ich plötzlich in meiner schäbigen Holzhütte.
Ein Teil des Traumes schien zumindest wahr gewesen sein: Das Klavier war kaputt, ein paar Saiten waren zerrissen.
Mit brummendem Kopf stemmte ich mich hoch auf die Füße, und verstand mit einem
Mal was passiert war.
Wußten Sie das Pflanzen schneller wachsen wenn man ihnen Musik vorspielt?
Mozart, Brahms, Bach, Beethoven,... am besten funktioniert es angeblich mit indischer Musik.
Nun ein anderer Teil meines Traumes muss ebenfalls wahr gewesen sein: Ich muss wie verrückt Klavier gespielt haben, denn die Pflanze in meinem Zimmer- es war nur eine- war größer als Sie es sich vorstellen können, gewachsen an meiner Kreativität- ich fühlte mich irgendwie ausgenutzt.
Mächtige Knospen reichten bis an die Decke, Blätter hatten sich über den ganzen Boden ausgebreitet, und die Stengel waren so dick wie Oberschenkel.
Ich konnte es nicht fassen, ich war tagelang in Trance verfallen, und hatte dadurch ein Monster geschaffen! Denn das was da vor mir emporwuchs gehörte mit Sicherheit nicht zu Gottes Plan.
Ich vernahm einen stechenden Geruch.
Verwirrt kniete ich mich nieder- wobei ich versuchte Nase und Mund so gut es ging abzudecken, was auch immer diese Pflanze getan hatte um mir diese Traumwelt vorzugaukeln, sie konnte es wieder tun- und begutachtete die Blätter die zu meinen Füßen lagen.
Breiter als mein Oberkörper waren sie, und sie bedeckten den Fußboden der gesamten Hütte, sie bildeten einen wahren Teppich aus grünen Blättern.
Ich hob ein paar der grünen Lappen auf- einer davon war so groß wie ein Ohr von einem afrikanischen Elephanten- und erlebte den nächsten Schock:
Eine Leiche. Ein halb verwester Körper von dem was mal ein Kind gewesen sein mußte! Schauernd erinnerte ich mich an die Kinder die immer in der Nähe vom Haus verstecken spielten.
Dann traf es mich wie einen Donnerschlag, als ich die Saugnäpfe an der Unterseite der Blätter entdeckte. Plötzlich erhob sich die Pflanze vor mir und da konnte ich sehen, das sie von oben bis unten mit diesen Saugnäpfen übersät war- sie bedeckten sie zu hunderten.
Wie Augen.
Ich öffnete meinem Mund und schrie.
Ich konnte nicht mehr damit aufhören.
Jetzt sitze ich in dem Kleiderschrank, der gleich gegenüber von dem Klavier steht. Und der Pflanze.
Ich kann es mir selbst nicht erklären, aber folgendes muss geschehen sein:
Irgendwie hat es diese Pflanze geschafft in mein Haus einzudringen, und mich in Trance zu versetzten- möglicherweise mit irgendeinem Duftstoff.
Der Traum überschwemmte mich mit inspirierenden Bildern, und so war ich im Stande Gefühle am Klavier auszudrücken, wie ich es sonst nie geschafft hätte, was wiederum das Wachstum der Pflanze beschleunigte. Als das Klavier dann zu Bruch ging, ließ es mich erwachen.
Das würde auch erklären, wie sie unbemerkt in mein Zimmer eindringen konnte: Sie muss am Anfang wirklich klein gewesen sein.
Aber jetzt...
Ich kann durch den Spalt zwischen den Türen stieren, wenn ich ein Auge schließe, und was ich dort draußen sehe, gefällt mir überhaupt nicht.
Und trotzdem muss ich es alles aufschreiben- Gott sei Dank bewahre ich in diesem Schrank meine Schreibmaschine, und die Papierblöcke auf.
Sie schleppt ständig neue Kinder an. Sie lässt ein paar ihren Arme aus dem Haus gleiten, und nach einer Zeit zieht sie sie wieder ein, und jedesmal ist irgendetwas in den Blättern eingewickelt.
Hasen, Katzen, Hunde, Kinder. Männer die angezogen sind als wären sie Bettler.
Und alle werden sie verdeckt und verdaut, so wie das Kind das ich gefunden habe.
Doch seit gestern scheint ihr das nicht mehr zu genügen, denn es hat eins der Kinder ans Klavier gesetzt, und es spielt immer besser.
Offenbar obwohl ein paar Saiten gerissen sind.
Es versucht auch immer öfter seine Blätter durch die Ritzen und Spalten im Kasten zu mir hereinzuschieben, und ich bekomme jedesmal einen halben Herzinfarkt, wenn ich eins der Blätter sehe, wie es unter dem Türspalt durchkriecht.
Und wenn ich erst die Augen sehe.
Langsam bekomme ich Hunger hier drinnen, aber was soll ich machen.
Ich sehe sie versucht es gerade wieder, ich muss versuchen, zu vernichten was immer auch durch diese Spalten kommt. Aber was ist DAS?
Es It zko8888888usss.mutiersssseeeeeeeeeiuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuuu