Was ist neu

Am Fruehstueckstisch...

Mitglied
Beitritt
02.08.2003
Beiträge
3

Am Fruehstueckstisch...

"Sag mal, Martin, glaubst du eigentlich an ein Leben nach dem Tod?"

"Fällt dir zum Frühstück wirklich nichts leichter Verdauliches ein?"

"Glaubst ich passe meine Gedanken den Mahlzeiten an?"

"Na, offensichtlich nicht…"

"Also glaubst du nun daran oder nicht?"

"Ich habe bisher noch keinen Bedarf gesehen, mich damit auseinanderzusetzen."

"Was heißt denn das?"

"Das, was ich gesagt habe."

"Willst du damit sagen, du beschäftigst dich mit den Dingen erst, wenn sie direkt vor deinen Füßen liegen?"

"Wenn du so willst, ja."

"Na schön. Jetzt liegt es vor deinen Füßen, denn ich würde gerne eine Antwort von dem Mann, mit dem ich Leben, Haus und Bett teile, um zu verstehen, wie er gewisse Dinge sieht."

"Nun reg dich doch nicht gleich so künstlich auf. Meine Güte, vor 40 Minuten lag ich noch im Tiefschlaf. Lass mich doch erstmal in Gang kommen."

"Ach! Für die Zeitung mit Politik, Wirtschaft und Finanz in kaum lesbarer Miniaturschrift bist du jedoch wach genug."

"Also gut, was möchtest du wissen, mein Herz?"

"Du musst jetzt nicht diesen ironischen Ton anschlagen, so als müsstest du dich dazu herablassen mit mir zu reden."

"Was du dir alles so einbildest."

"Heißt das, dein Ton war nicht ironisch?"

"Vielleicht war er das, aber ich wollte dich damit nun wirklich nicht angreifen. Also, noch mal. Was war deine Frage?"

"Kannst du dich wirklich nicht erinnern oder hast du mir mal wieder nicht zugehört?"

"Mal wieder?"

"Ja, mal wieder. Du glaubt wohl, ich merke es nicht, wenn ich mit dir spreche und deine Gedanken ganz woanders sind. Das seh ich an deinem Blick. Du guckst mich nicht an, du guckst durch mich durch.
Was gibt’s denn da zu lachen?
Weißt du eigentlich, wie oft ich absichtlich mitten im Erzählen aufgehört habe? Du hast trotzdem noch eins deiner künstlich-interessierten hm-ja-das-stimmt-Kommentare gemacht und sogar nicht bemerkt, dass ich noch nicht mal ansatzweise fertig war."

"Also solche Spielchen sind mir wirklich zu blöd!"

"Aber sehr wirksam. Klar. Ertappt werden gefällt mir auch nicht."

"Pah, ertappt werden. Du hast zu viel Zeit, glaube ich."

"Na, das ist ja wieder typisch. Dein Ablenkmanöver. Von dir zu mir. Und was heißt überhaupt zu viel Zeit? Nur weil ich mit offenen Augen durch die Welt gehe? Nur weil ich möchte, dass unsere Ehe perfekt ist? Weil ich möchte,dass wir kommunizieren? Weil ich möchte, dass du mir zuhörst?"

"Mit offenen Augen? Dass ich nicht lache! Würden deine Augen offen sein, würdest du sehen, wie viele Männer ihre Frauen gar nicht erst zu Wort kommen lassen. Ihre Frauen betrügen. Das ganze Wochenende Fußball gucken und Bier trinken."

"Ach so ist das. Jetzt muss ich dir auch noch die Füße dafür küssen, dass du nicht mit anderen Frauen rumhurst?
Ich will dir mal was sagen. So einen Asi hätte ich nicht mal mit Handschuhen angefasst. Punkt, aus! Als Richtschnur kommt so einer also nicht in Frage. Ich strebe ja schließlich nach Höherem."

"Dann soll ICH dir wohl die Füße dafür küssen, dass du mich gewählt hast?"

"Eigentlich ja. Und du solltest stolz darauf sein, dass ich versuche, aus unserer Ehe das Beste rauszuholen."

"Das Beste nennst du das? Diskutieren über Nichts am Frühstückstisch? Morgens um 7.30 Uhr?"

"Probleme in unserer Ehe nennst du Nichts?"

"ICH habe kein Problem!"

"Doch, hast du. Nur dass du es nicht siehst!"

"Nein, es ist andersherum. DU siehst Dinge, die gar nicht da sind. Alle meine Kollegen sagen immer, was wir doch für eine beneidenswerte Ehe führen."

"Weil sie nach deinen Maßstäben urteilen! Heile Welt. „Ach guck mal, sie gehen Hand in Hand.“ „Oh, er hält ihr sogar die Tür auf.“ Blablablabla… Jetzt sind sie zum Beispiel nicht hier, oder? Und du wirst ihnen bestimmt nichts von unserer Diskussion erzählen, oder?"

"Sie wären wohl kaum interessiert… Das ist eher was für deinen Bridge-Club?"

"Was soll das denn schon wieder heißen? Nur weil wir uns mit zwischenmenschlichen Dingen auseinandersetzen sind wir noch längst nicht… Wo willst du hin?"

"Falls du dich erinnerst, habe ich einen Job, der uns unsere Existenz finanziert…"

"Ooh, Monsieur geht arbeiten während ich ja sowieso nur mit meinem Arsch hier rumsitze… Ich rede mit dir. Hey…
Was fällt dir ein, einfach wegzugehen… Siehst du, du hörst mir nieee zu…
UND VERGISS MEINE FRAGE, ICH WILL DICH NACH MEINEM TOD SOWIESO NICHT WIEDERSEHEN!"

 

Hallo Viola,

zunächst ein herzliches Willkommen hier auf KG!
Einen prima Einstand hast du da hingelegt, mir hat der Dialog sehr gut gefallen.
Er war flüssig und sehr realitätsnah beschrieben und hätte so ganz gewiß in einigen Ehen stattfinden können.
Du hast den Spannungsbogen, obgleich die Handlung ja lediglich darin besteht, dass die beiden einen Disput haben, gut gehalten und ich habe mich an keiner Stelle gelangweilt.
Ebenso hat mir dein ironischer Blick auf die unterschiedlichen Verständnisebenen der Protagonisten gut gefallen und somit ist dieser Dialog ein gelungenes Abbild des alten Dilemmas der unterschiedlichen Wahrnehmungs- und Sprachebenen zwischen Mann und Frau.

Nur ein Tipp für die Protagonistin am Rande: wenn ER Zeitung liest, kann er nicht gleichzeitig zuhören. Das könnte nur SIE! :D

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo lakita,

danke!!!
Das Thema 'mehr als eine Sache gleichzeitig tun' diskutiere ich staendig mit meinem Mann.
Aber gluecklicherweise faellt er nicht in meine Dialog-Kategorie!
Liebe Gruesse aus Rom
Viola

PS:Komme uebrigens auch aus HH!

 

Hallo Viola.

Auch von meiner Seite aus ein herzlich Willkommen auf Kg.de.

Der Dialog war zutreffend wiedergegeben.Das Drumherum, was sie gerade tun, wie sie aussehen, wo sie Leben und wie es da aussieht, ihre Mienenspiele und inneren Emotionen fehlen mir aber noch innerhalb dieses "Dialogs" weshalb er noch zur Kurzgeschichte ein wenig der Überarbeitung bedürfte.
Dein Einstieg lässt aber einiges erwarten.
Ich freu mich drauf.
Gruß nach ROM
Lord

 

Nur ein Tipp für die Protagonistin am Rande: wenn ER Zeitung liest, kann er nicht gleichzeitig zuhören. Das könnte nur SIE!
Falsch. SIE könnte nur gleichzeitig dabei REDEN. :D

Ansonsten stimme ich Lord zu, hier fehlt der entsprechende Rahmen, um aus dem Text eine Kurzgeschichte zu machen. Den einzubauen, sollte aber eigentlich nicht allzuschwer fallen.

 

Vielen Dank fuer eure Anregungen. Ich habe diesen Dialog einfach so geschrieben und dabei gar nicht so auf die Kriterien einer Kurzgeschichte geachtet. Ehrlich gesagt moechte ich den Text auch so lassen wie er ist.
Mal sehen, ob ich vielleicht ne andere Kurzgeschichte zustande bringe! ;)
Viele Gruesse
Viola

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom