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Am Frühstückstisch mit ihr
Ich stelle mir vor ich sitze am Frühstückstisch. Es ist 9 Uhr morgens und ein Montag. Sie sitzt auch da und trinkt ihren Kaffee. Warum? – Sie schwänzt die Schule. Sie wird bald erwachsen sein. Langsam träufle ich das Kraut in das Papier, bis es schön gleichmäßig verteilt ist.
Weißt du eigentlich, dass das früher illegal war? Sie dreht den Kopf verwirrt hin und her. Es ist ein wunderbarer Tag und ich bin mir sicher, dass es heute zu Mittag warm wird. Es ist zwar erst Anfang des Frühlings, aber ich bin mir sicher, dass es heute Mittag warm wird. Geduldig rolle ich ein Papierstückchen zwischen Mittelfinger und Daumen. Sie blickt auf und wirkt gelangweilt. Wie alt wird sie wohl schon sein? Sie ist genau 24 Jahre jünger, als ich. Im Radio spielt neue Musik. Ich mag sie zwar nicht besonders, aber ich weiß, dass sie sie gerne hört. Ich drücke den Knopf und die Musik wird lauter. Sie lächelt. Ihre Mutter ist in der Arbeit. Sie weiß nicht, dass sie nicht in der Schule ist. Wollen wir heute mal wohin fahren? Erneut dreht sie ihren Kopf hin und her. Ich war früher auch so. Ich erinnere mich noch genau an die Zeit, wo ich so alt, wie sie war. Ich ähnelte ihr sehr. Das Lied wechselt und ich dreh wieder leiser. Ich mochte es draußen zu sein, aber irgendwann wird es uninteressanter. Man verlernt, die Natur zu genießen. Nun würde ich es sehr schätzen, wenn ich in den Wald gehen würde.
Sie hat ausgetrunken und sitzt nun da und schaut aus dem Fenster. Nun lege ich das Papierröllchen neben das Kraut oder, wie wir es früher genannt haben: Speck. Ich erinnere mich noch an die Zeit, als ich es zum ersten Mal probiert habe. Ich habe ihr noch nie davon erzählt. Hör mal. Ich hab´ dir noch nie wirklich etwas von meine Kindheit erzählt. Dein Onkel besaß früher eine Ferienhütte in Schweden. Wir fuhren oft gemeinsam dorthin. Ich gehe in mein Arbeitszimmer und suche ein Bild. Schließlich finde ich es in einem grünen Album. Die Beleuchtung ist schrecklich, aber man sieht das Haus und den Garten. Ich schlendere zurück in die Küche und lege es vor ihr auf den Tisch. Obwohl sie uninteressiert wirkt, merke ich, dass sie das Bild genau betrachtet. Ich war gerne dort. Ich erzähle ihr, was ich im Ferienhaus gerne getan habe.
Das dünne Papier liegt nun auf dem Tisch, der Filter ist, sowie der „Speck“ auch sorgfältig positioniert. Soll ich ihr davon erzählen, wie ein Freund mir das erste Mal gezeigt hat, wie man es raucht. Ich glaube das ist keine gute Idee – ein anderes Mal. Ich grinse ihr in Gesicht. Ich würde mir eine gute Ausrede suchen, bevor deine Mutter nach Hause kommt. Ich nehme das Papier und drücke alles zurecht. Langsam bewege ich beide Daumen auf und ab. Ich bin ziemlich geübt. Mein erster war scheußlich. Ich befeuchte die obere Papierkante. Langsam drücke ich mit dem Daumen das eine Papier unter das andere und streiche es glatt. Sie verlässt den Raum.
Eines Tages werde ich ihr alles erzählen und wir werden lachen. Ich lasse mein Werk ein paar Mal auf den Tisch fallen. Ich bin zufrieden. Nun schnell noch mein Feuerzeug holen und raus hier. Ich bin eine Weile draußen, hörst du. Zu Mittag mache ich Spagetti. Ich schlüpfe in meine Jacke und gehe ins Freie. Speck, was für ein blöder Name. Ich schmunzle und entzünde den Docht des Feuerzeugs.