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Am Ende des Regenbogens

Seniors
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30.08.2001
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Am Ende des Regenbogens

Der Regen trommelt gegen die Scheiben. Einem Vorhang gleich fallen die Tropfen zu Boden. Es ist dunkel geworden, dabei ist es noch früh am Tag. Ich stehe am Fenster und blicke hinaus. Die Gardinen brauchen mal wieder eine Wäsche, zuviel Nikotin. Auch die Scheiben sind schmutzig. Werde sie wohl am Wochenende putzen müssen, bevor eine erneute Mahnung der Hausverwaltung ins Haus flattert. Alles geht vor die Hunde. Kein Blitz und kein Donner, nur Regen, endloser Regen. Als würde der Himmel mir seine Solidarität erweisen und mit mir weinen. Mir ist kalt, wie alles um mich herum in den vergangenen Monaten so schrecklich kalt ist.

Endzeit der Gefühle – das habe ich irgendwo schon einmal gehört. Aber was soll´s, es ist eine treffende Wortwahl. Vorige Woche war ein Begräbnis – nein, keines im eigentlichen Sinne. Niemand ist gestorben, nicht wirklich. Das WIR wurde begraben. Damals, als aus dem DU und ICH das zarte WIR wurde, da fühlte ich mich großartig. Ich hätte die Welt umarmen können. Liebe – was für ein unvergleichliches Gefühl. Geliebt zu werden – welch ein wunderbares Wissen. Jetzt scheint alles vorbei zu sein. Ich blicke auf den Grabstein. 03. Februar 1984 – 13. März 2000 steht da. Auf jedem Grabstein steht so etwas. Tage, Monate, Jahre. Mehr nicht. Aber dahinter verbergen sich Leben, dahinter verbergen sich so viele Freuden und Ängste, so viele Küsse, so viele Träume. Aber niemand weiß es, nur der Besucher des Grabes kennt die Geschichte.

Es ist still geworden in meinem Leben. Viel stiller, als ich es gewohnt bin. "Enjoy the silence." Das habe ich immer getan. Aber jetzt tue ich es nicht mehr. Denn es heißt in diesem Lied auch: "All I ever wanted, all I ever needed is here in my arms..." Stille heißt jetzt nicht mehr, gemeinsam zu schweigen. Stille heißt jetzt, stumm zu sein.

Das DU hat ein neues WIR gefunden, aus dem DU wurde ein IHR. Auch wenn niemand auf der Welt es verstehen mag, noch immer bin ich traurig darüber, unendlich traurig. Wie ein Buch, das man liebt, halte ich das WIR fest. Und wenn auch alle den Kopf schütteln mögen, das ist mir völlig gleich. Niemand wird je verstehen, was mir dieses Buch bedeutet. Immer noch. Die schönen und die weniger schönen Kapitel, sie alle ergeben eine Geschichte... unsere Geschichte. Wie gerne würde ich mit dem DU zusammen wieder in diesem Buch lesen – in diesem Buch, das so lange Zeit unbeachtet im Schrank lag, weil der Inhalt nur zu vertraut war.

Ich weiß nicht, wohin mit meinen Gefühlen. Keine Reaktion, kein Lebenszeichen mehr. Vielleicht für das DU das Vernünftigste, aber für das ICH kaum zu ertragen. Als hätte es das WIR nie gegeben. Ich erzähle meine Gedanken einem Stück Papier. Papier ist ein geduldiger Zuhörer, es gibt keine Widerworte, es hat keine Argumente, es hält mich nicht für dumm und naiv, weil ich denke, wie ich denke. Es erklärt mich nicht für blöde, weil ich liebe.

Die Katzen schreien, sie haben wohl Hunger. Muß noch einmal aus dem Haus, habe das Katzenfutter vergessen. Hinein in den brodelnden Lärm des Supermarktes. Gott, wie ich das hasse. Überall gefüllte Einkaufswagen, Menüs für zwei, Wein, Teelichter. Paare, die sich über das Abendessen unterhalten. Schlangestehen, um den monatlichen Großeinkauf auf das Band zu legen. Bei mir geht es schneller, ich stehe meist an der Schnellkasse an – mehr als fünf Artikel gleichzeitig kaufe ich nur noch selten ein.

Immer noch regnet es in Strömen, ich werde wahrscheinlich pitschnaß. Aber vielleicht, wenn der Regen aufhört, ja, dann scheint vielleicht die Sonne. Dann wird es einen Regenbogen geben. Vielleicht sollte ich dem Regenbogen folgen. Vielleicht wartet am Ende des Regenbogens das DU auf mich. Vielleicht kauert am Ende des Regenbogens das WIR in der verängstigten Hoffnung, gefunden zu werden.

 

Hallo Elias,

Du hast recht, ganz passend ist diese "Geschichte" hier nicht aufgehoben. Aber ich wollte sie auch nicht unter "Romantik/Erotik" posten.

Autobiographischer Eindruck? Stimmt. Loslassen? Der Protagonist hat es versucht, aber es geht nicht. Vielleicht liebt man nur einmal im Leben wirklich aus tiefstem Herzen, und wenn das so ist, dann trifft es auf dieses DU zu.

Lieben Gruß,
Somebody

 

Hallo Somebody,
ich stimme mal meinen Vorgängern zu, besonders Heicko. Die Geschichte Past nicht hierher. Ich habe mich grade gefragt, wieso du sie nicht unter Alltag/Sonstiges gepostet hast. Ansonsten finde ich, dass sie gut geschrieben ist...

Claudius Wak

 

Also ich mag die Geschichte. Ich finde auch, daß sie hier gut aufgehoben ist, weil sie doch sehr zum Nachdenken anregt - zumindest mich... :rolleyes:

Das Wortspiel finde ich einfach genial. Weiter so!!!

Griasle
stephy

 

hi Somebody!
da ich nicht so auf Horror stehe, dachte ich, ich muß dringed die "Regenbogen-Story" lesen. Obwohl der Inhalt dann ja doch eher wieder zu Horror paßt. ;)

Was das Philosophische angeht... naja, ich finde, dazu warst Du zu deutlich. Einerseits hast Du zu genau erklärt, um was es Dir geht - sodaß einem die Arbeit, zum Ziel zu kommen, so ganz und gar abgenommen wurde, und andererseits war es dann auch wieder zu einzelfallbezogen und zu persönlich, als daß ich da jetzt Philo draufstempeln würde.
Insgesamt ist mir aufgefallen, daß Deine Sprache aber möglichst "komplex" gehalten war, eher formell. Ist das generell Dein Stil? oder war das ein Teil des Philo-Ansatzes? oder gehört das für Dich zu diesem Thema?

Gesamturteil: nette Erzählung, gar nicht schlecht sogar. Aber für meinen Geschmack ein wenig zu persönlich... bzw es scheint zu sehr durch. ( persönlche Abneigung meinerseits )
Die DU/WIR/IHR/ICH - Idee hättest Du vielleicht wirklich schon von Anfang an verwenden sollen.

Lese hoffentlich bald noch was von Dir ( wenn meine Streß-Phase vorbei ist ),

Frauke

 

Hallo arc en ciel,

oh je, da hast du ja tief in die Kartoffelkiste gegriffen und eines meiner "Frühwerke" ans Tageslicht geholt. :rolleyes:

Stimmt schon, philosophisch ist es nicht gerade, aber ich habe auch die anderen Rubriken als nicht wirklich zutreffend empfunden.

War sicher ein Fehler, zu persönlich zu schreiben. Das war aber auch der Grund für die etwas distanzierte Schreibe. Ansonsten wäre die "Geschichte" wahrscheinlich nur zu einem vor Selbstmitleid triefenden Heulstück geworden, und das wollte ich dann doch vermeiden. Ein so persönlicher Text würde mir heute sicher nicht mehr "passieren".

Wie ich generell schreibe, kann ich dir gar nicht genau beantworten. Ich hab erst zehn Stories geschrieben und experimentiere halt ein wenig herum, was meine Möglichkeiten und Grenzen angeht. Einen bestimmten Stil, an dem man meine Schreibe erkennt, gibt es sicher (noch) nicht.

Danke für´s Lesen und Kommentieren...

Lieben Gruß,
Somebody

 

Hallo Somebody,

meine Vorkritiker haben ja schon fast alles zu deiner Geschichte gesagt.
Sie hat mir sprachlich wieder mal sehr gut gefallen.

Dass du den Fehler gemacht hast, autobiographisches Material zu verwenden, sei dir verziehen. Es gehen jedem von uns mal die Pferde durch, ich kenne jedenfalls wenige, die nicht auch mal etwas total Eigenerlebtes in Worte kleiden.
Wozu ist denn sonst das Schreiben da, wenn nicht auch dafür, traurige oder schöne Erlebnisse mit Worten zu verarbeiten.
Und sie in die Öffentlichkeit zu bringen ist keinesfalls falsch, weil sich jeder, wenn er mag in den Gefühlen des Autors wieder finden kann und, falls er selbst so etwas erlebt hat, sich nicht mehr so allein fühlt.

Sehr persönliche Geschichten sind also unter einem anderen Stern beleuchtet und haben ihre Existenzberechtigung. Das wollte ich nur sagen.


Die Erkenntnisse des Protagonisten schmerzen, weil er noch so verfangen in der Ausweglosigkeit seiner Trennung ist. Dieses Gefühl kommt sehr gut herüber und läßt sich bis zum Schluß der Geschichte nicht abschütteln.
Der Schluß ist bewußt ein wenig positiv gehalten, aber eigentlich bleibt das Gefühl der Ausweglosigkeit bestehen.

Der Schluß selbst gefällt mir mal wieder nicht, weil du den Regenbogen mißbrauchst. Deine gewählten Ausdrücke verquickt mit dem Regenbogen finde ich nicht passend.
Ein Regenbogen entsteht wenn Sonne und Regen aufeinander treffen, die Symbolkraft liegt also im Regen, den wir als negativ bewerten(was man im übrigen auch noch heftig diskutieren könnte, denn Wasser ist eine Kostbarkeit und wohltuend) und der positiven Kraft der Sonne (worüber man ebenfalls heftigst diskutieren könnte, was die Sonne sonst noch so anrichtet).

Diese Gut-Böse-Kombination rufst du mit dem Regenbogen auf und der Erkenntnis, dass man aus den widerstreitenden Polen einen wunderschönen Farbklang herausbringen kann.
Wenn am Ende des Regenbogens das Glück kauert, dann sträuben sich mir die Nackenhaare, weil es nicht paßt.

Ich hoffe, du verstehst, was ich meine.

Einen Satz möchte ich noch aufgreifen, den ich selbst noch anders formuliert hätte:


Stille heißt jetzt, stumm zu sein.

Ich würde schreiben: Die Stille ist zur dröhnenden Einsamkeit geworden.

Lieben Gruß
elvira

 

Hi Somebody,

eine detaillierte Kritik kann ich diesmal nicht liefern, weil mir der Inhalt zu nahe geht. Liebe und alles was dazugehört ist eigentlich ein Thema das ich derzeit umgehe, aber ich war doch neugierig, was Du für einen Text unter "Philosophisches" gestellt hast. ;-)
Ich bin auch der Meinung, dass es in diese Rubrik noch am ehesten passt.

Wie auch elias schon anmerkte gefiel mir die Begrifflichkeit von "DU" und "WIR" sehr gut. Mit ganz einfachen Worten wird einer der schmerzhaftesten Sachverhalte überhaupt gesagt.
Ein guter Text, was für meine Begriffe eher selten bei autobiographischen Werken der Fall ist. Normalerweise lese ich so etwas nicht gern, aber hier passte es schon.

Das WIR wurde begraben.
Kann ich nur zu gut nachvollziehen. Nur stand am Ende meines WIRs ein echter Grabstein ...

Ginny

 

Hallo Somebody,

schön geschrieben, besonders die Stimmung am Anfang, die der eigentliche rote Faden ist (kurz unterbrochen durch die Supermarktszene).
Eine psychologische, nicht philosophische Geschichte (wie so oft hier in der Rubrik).

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Somebody,

eine gute Geschichte, in einem gutem Stil geschrieben. Auch wenn sie autobiografische Züge trägt - macht nichts! Schließlich schöpfen viele Autoren aus ihrem persönlichen Erfahrungs-Fundus und ich meine, das ist durchaus legal. Auch auf diese Weise lassen sich Erlebnisse hervorragend aufarbeiten.
Die Geschichte geht einem jedenfalls nahe, regt zum Nachdenken an. Auch wenn sie nicht direkt philosophisch ist, so ist sie durchaus geeignet, philosophische Gedanken zu wecken.

Über den Regenbogen kann man geteilter Meinung sein - Iakira hat Dir das ja auch "angekreidet", allerdings zu Unrecht, wie ich glaube: Denn hier handelt es sich nicht um eine Naturerscheinung, die aus dem Zusammenspiel von Regen und Sonne entsteht, ein Regenbogen symbolisiert auch nicht "Regen", sondern steht für "neue Hoffnung", "neue Führung" oder "Neubeginn". Diese Bedeutung ist so alt wie die Bibel - und da kann man es letztlich auch nachlesen...
Ich glaube, so hast Du das auch gemeint, oder?

Liebe Grüße
Jürgen

 

Hallo Sprenzi, hallo Somebody,

ich glaube, ich bin wohl mit meinen Äußerungen über den Regenbogen gründlich mißverstanden worden.

Auch ohne das Nachlesen in der Bibel stellt für mich der Regenbogen symbolisch betrachtet "Hoffnung" dar.

Man geht vom Regen in die Sonne quasi über die Regenbogenbrücke, also vom Unglück ins Glück oder wie auch immer man es bezeichnen möchte.

Dennoch hat mich im letzten Absatz der Geschichte folgender Teil gestört, weil er nicht ganz zutreffend ist:

"Aber vielleicht, wenn der Regen aufhört, ja, dann scheint vielleicht die Sonne. Dann wird es einen Regenbogen geben."

Wenn es regnet und an einer anderen Stelle zugleich die Sonne durch die Wolken bricht, dann gibt es einen Regenbogen, aber nicht, wenn der Regen aufgehört hat.
Ohne Regen und ohne Sonne keinen Regenbogen, das wollte ich damit sagen.
Und dann fand ich nicht so treffend dargestellt, dass das WIR in verängstigter Hoffnung am Ende des Regenbogens kauert, denn immerhin befindet es sich ja am sonnigen warmen Ende des Regenbogens und nicht auf der Regenseite. Das fand ich disharmonisch dargestellt.

Lieben Gruß an euch beide
lakita (bitte nicht lakira ;) )

 

Tach zusammen...

Vielen Dank für´s Lesen und Kommentieren! :)

@ Lakita

Wenn am Ende des Regenbogens das Glück kauert, dann sträuben sich mir die Nackenhaare, weil es nicht paßt.

Hm, ich finde ganz im Gegenteil, daß es paßt. Ich verstehe, was du mit deiner Kritik an dem von mir gewählten Bild sagen willst, aber ich habe eine andere Auffassung. Generell – und das ist ganz eindeutig eines der schwergewichtigsten Argumente gegen autobiographische Texte – sind es subjektiv empfundene/ausgelegte Bilder in meinem Kopf, die ich beschrieben habe. Normalerweise suche ich beim Schreiben nach bildhaften Vergleichen, mit denen ich dem Leser genau das zu vermitteln suche, was ich vor meinem geistigen Auge sehe; ich versetze mich also in die Rolle des Gegenparts, des Lesers. Bei dieser Story ging es mir allein um meine ganz eigene Gefühls- und Gedankenwelt. Insofern bin ich da sehr änderungsresistent, und das ist natürlich nicht Sinn der Sache. Darum werde ich etwas Vergleichbares sicher nie wieder veröffentlichen.

@ Ginny

Ich wünschte, der Text wäre dir nicht nahe gegangen.

@ Woltochinon

Ja, du hast natürlich recht, wirklich philosophisch ist der Text nicht, paßt nach meinem Empfinden aber am besten noch in diese Rubrik.

@ Sprenzi

Schließlich schöpfen viele Autoren aus ihrem persönlichen Erfahrungs-Fundus und ich meine, das ist durchaus legal. Auch auf diese Weise lassen sich Erlebnisse hervorragend aufarbeiten.

Ja, legal ist es sicher, deshalb habe ich es auch noch nicht löschen lassen. Großes Problem ist bei solchen Texten nur, daß man emotional zu sehr an das Geschriebene gebunden ist.

Der Regenbogen ist das Zeichen der Hoffnung – steht für mich außer Frage. Das war aber wohl auch nicht konkret der Kritikpunkt von Lakita. Im übrigen wieder ein Zeichen dafür, wie unterschiedlich die Geschmäcker letztlich doch sind.
Leider bin ich nicht ganz so bibelfest, weiß allerdings, daß der Regenbogen recht früh im AT erscheint, im Zusammenhang mit Noah und der Arche – eben auch als von Gott gesandtes Zeichen der Hoffnung... wenn ich mich jetzt nicht völlig irre.

Gruß,
Somebody

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Leute,

entschuldigt, wenn ich mich noch mal kurz einmische.

Zu Iakita: Von der Logik her völlig richtig, andererseits sind Empfindungen und Gefühle auch nicht logisch. Zumindest hab ich das mit meinen 53 Jahren noch nie erlebt... Man kann eine Geschichte lesen und dann wirkt sie auf einen, egal nun, ob mit Regenbogen oder ohne oder mit Sonnenschein oder bewölkt. Vieles in solchen Geschichten ist nicht logisch. Und hier muss auch nichts logisch sein - es ist eine Geschichte und kein Polizeibericht. Der Autor hätte den Regenbogen durchaus weglassen und eine andere
Metapher verwenden können. Die Geschichte ist trotzdem gut! Weshalb? Weil sie aus dem Leben gegriffen ist, und weil sie der Leser nachvollziehen kann! Weil sie jedem von uns in abgewandelter Form genauso passieren kann. Genau deswegen!
Warum, so frage ich mich, geht Ihr so hart miteinander ins Gericht? Es geht in solchen Geschichten doch nicht um die Aufdeckung logischer Fehler, sondern um das Feeling, das der Autor damit rüberbringen will - und das ist ihm nun einmal hervorragend gelungen. Es ist kein emotionsloses Geplapper, sondern man merkt, dass es genau in diesem Gefühlszustand geschrieben wurde. Und das springt bei Lesen "über die Rampe", wie man am Theater sagen würde.

Und schließlich: Es gibt so etwas wie "künstlerische Freiheit".

Somebody:
Du sagst, Du wirst Vergleichbares nie mehr veröffentlichen. Ich sage Dir aber: Ich würde eigene Geschichten, Ansichten und autobiografische Dinge IMMER wieder veröffentlichen, denn das genau ist es, was der Leser lesen will. Wie sonst wäre es möglich, dass einer wie Dieter Bohlen (der hat nun wirklich nichts mit Literatur zu tun, gell!), seine Ergüsse in solchen Mengen verkauft? Abgesehen davon: Viele bekannte und in ihren Fach gute Leute haben autobiografische Erlebnisse beschrieben, da könnte man nun bei Heinz Rühmann anfangen und bei Hildegard Knef aufhören, die Beispiele sind zahllos.
Wenn Du sagst, Du seist an einen Text "emotional gebunden" - was bitte, so frage ich Dich, ist daran schlecht? Als Autor - und gerade wenn ich veröffentlichen will - (Und das hier auf dieser Web-Site ist noch keine Veröffentlichung, wie ich sie verstehe), dann muss man zu dem, was man geschrieben hat, auch stehen. Autor zu sein, bedeutet immer auch, mutig zu sein. Und dazu gehört nun mal, dass man zu seinen Empfindungen steht - auch im Nachhinein...
Mit dieser Geschichte hast Du den Mut gehabt, einen Teil Deiner Persönlichkeit wegzugeben - und genau das macht Dich dem Leser symphatisch - mit oder ohne Regenbogen :-))

So, jetzt könnt ihr mich meinetwegen alle totschlagen... ;-)

Liebe Grüße
Jürgen

 
Zuletzt bearbeitet:

Wenn Du sagst, Du seist an einen Text "emotional gebunden" - was bitte, so frage ich Dich, ist daran schlecht?
Das eine Problem daran ist, dass Autoren bei autobiographischen Texten Kritik daran meistens nur sehr schwer ertragen können. Wenn ich meine tiefsten Gefühle auf Papier banne und dann von einem Leser ein "Entsetzlich langweilig" als Retour kassiere, bin ich verletzt. Für den Leser ist es im schlimmsten Fall bloß irgendeine Geschichte, für mich womöglich das wichtigste Ereignis in meinem Leben.
Stell Dir vor, jemand schreibt eine Geschichte darüber wie er vergewaltigt wurde oder wie sein Lebenspartner gestorben ist und er erntet einen Kommentar, dass die Geschichte überhaupt nicht berührend und einfach schlecht sei - das zu verkraften stelle ich mir sehr hart vor.

Der zweite Punkt ist, dass man als Autor sowieso zu wenig Abstand zum Text hat und den braucht man, um Mängel feststellen zu können. Bei einem autobiographischen Text fallen Veränderungen gewöhnlich viel schwerer, selbst wenn sie aus literarischer Sicht nur vorteilhaft sind.

Für mich sind das Gründe, warum ich niemals eine rein autobiographische Geschichte veröffentlichen würde - es sei denn, es ginge um ein absolut harmloses Ereignis, in das ich trotz persönlichen Erlebens nicht allzu sehr emotional verwickelt bin.

Wir haben übrigens hier einen passenden Thread in der Autorendiskussion darüber. :-)

Ginny

 

Ich schon wieder...

@ Sprenzi

Du sagst, Du wirst Vergleichbares nie mehr veröffentlichen.

Konkret: zumindest nichts mehr, was in diese Richtung geht.

Wie sonst wäre es möglich, dass einer wie Dieter Bohlen (der hat nun wirklich nichts mit Literatur zu tun, gell!), seine Ergüsse in solchen Mengen verkauft?

Nun, natürlich sind wir alle nur kleine Voyeure, die gerne mal einen Blick durch´s Schlüsselloch anderer Schlafzimmertüren werfen. Leider gibt es bezogen auf den Bekanntheitsgrad zwischen Honigkuchenpferd Bohlen und meiner Wenigkeit dann doch marginale Unterschiede. :D

Viele bekannte und in ihren Fach gute Leute haben autobiografische Erlebnisse beschrieben,

Das gleiche Problem: ich bin nicht bekannt, und um in meinem „Fach“ gut zu werden, dürften 15 Geschichten wohl noch nicht so ganz ausreichen :D
Ich verstehe durchaus, worauf du hinaus willst, stimme dir in diesen Punkten grundsätzlich auch zu, nur passe ich nicht in die Anzüge, die du mir darreichst.

Wenn Du sagst, Du seist an einen Text "emotional gebunden" - was bitte, so frage ich Dich, ist daran schlecht? Als Autor - und gerade wenn ich veröffentlichen will - (Und das hier auf dieser Web-Site ist noch keine Veröffentlichung, wie ich sie verstehe), dann muss man zu dem, was man geschrieben hat, auch stehen.

Ich glaube, das habe ich etwas unscharf ausgedrückt. Natürlich stehe ich zu meinen Geschichten, und selbstverständlich bin ich auf die eine oder andere Weise auch emotional mit ihnen verbunden. Ich übernehme nicht blindlings jeden Änderungsvorschlag, den mir Kritiker meiner Geschichten unterbreiten. Bei der Vielzahl unterschiedlicher Geschmäcker und Auffassungen wäre die Story in Nullkommanix völlig verstümmelt, sie wäre nicht mehr meine Story (deshalb nehme ich es andersherum auch niemandem übel oder ignoriere ihn, nur weil er meine Vorschläge/Kritik nicht berücksichtigt).
Allerdings ergeht es mir so, daß ich nach einem gewissen zeitlichen Abstand manchmal Kritiken als berechtigt erkenne, die ich kurz nach Fertigstellung der Story überhaupt nicht einsehen wollte. Aus diesem Grund werde ich auch einige meiner Geschichten nochmals überarbeiten. Das könnte ich aber nicht, wenn ich an einen Text derart emotional gebunden wäre wie im vorliegenden Fall. Theatralisch ausgedrückt: Es ist nicht nur eine Geschichte von mir, ich bin diese Geschichte. Die kann ich einfach nicht abändern – nicht die Handlung, nicht die Gefühle, nicht die verwendeten Bilder und Metaphern. Wenn ich nun aber nur solche Stories hier posten würde, dann ergäbe das – außer vielleicht dem Hoffen auf huldigende Reaktionen – überhaupt keinen Sinn. Das ist es, was ich mit „emotional zu sehr gebunden“ zum Ausdruck bringen wollte.

So, jetzt könnt ihr mich meinetwegen alle totschlagen

Oh, darf ich dich dann auch zersägen und stückchenweise vertilgen? Das führt ja bekanntermaßen zu großem Medienruhm, und dann könnte ich natürlich ´ne Biographie schreiben, die die Leute wirklich interessieren würde. :D

@ Ginny

Wenn ich meine tiefsten Gefühle auf Papier banne und dann von einem Leser ein "Entsetzlich langweilig" als Retour kassiere, bin ich verletzt. Für den Leser ist es im schlimmsten Fall bloß irgendeine Geschichte, für mich womöglich das wichtigste Ereignis in meinem Leben.

Öhm, na gut, statt meines ausschweifenden Geschwafels bringst du hier das „emotional zu sehr gebunden“ etwas schneller auf den Punkt. :D


THX
Somebody

 

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