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Am Arsch der Zeit

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12.04.2002
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Am Arsch der Zeit

Am Arsch der Zeit
oder
Unter Anderem "Hellfire-Missiles" (Air-to-Ground (AGM)-114)

Rosenmontag, früher Morgen. Das Smaragd ist noch immer voll. Der Mexikaner Rubens betört uns aus seiner Discoecke heraus mit seinen steilen Tönen. "Child in time" von den Purples fetzt gerade durch den Raum. Ich lasse mich im Sound treiben und suche noch immer nach einer Geschichte zum niederschreiben.

Toutou betanzt die Bar mit durchgerecktem Kreuz. Die Hörner zerfliegen jeden Mannes Unterbauch. Mann fühlt das Grrrhhh des Lebens. Kein Auge, das nicht blickt. Sogar die Frauenaugen starren, in manchen spricht der Neid ganz laut. Aus manchen Augen faucht sogar die Eifersucht. Der Typ neben mir wagt gar nicht hinzuschauen.

Toutou bewegt sich am Arsch der Zeit. Die Bar um sie herum steht in Zeiten still. Niemand nippt auch nur an seinem Glas.

Ein einziges Geaug, Alles staunt, ... schaut sich in sichtbaren Wunscheinheiten die Augen aus an ihrem geilen Arsch, der viel zu kurz bejeanst die schwarzen Backenenden in den Rest von Schummrigkeit von Licht verknallt. Wäre es heller, ... ich wage gar nicht hinzuschauen, denn wenn mich nicht die lange Nacht von Glas nach Glas betrügt, dann sticht von jedem Haar befreit das Verbot in Richtung Boden. Ich schaue natürlich hin ... und bin begeistert. Auch die Augen von Clemens träumen meinen Blick.

Da sagt auf einmal der Typ da neben mir, - seine Angetraute hat sich endlich ins ferne Klo vertschüsst, er darf endlich ungestraft erschauern -: "Dieser geile Arsch gehört verboten. Dieses Luder gehört ja eingesperrt. Das hält ja keine Sau aus, oder?"

Ich schwöre bei Allem was mir heilig ist, genau so hat er es gesagt, kein bisschen anders. Mein Wutzel soll sich auf ewig verwutzeln, wenn ich lüge. Ich sage: "Verdammt, ja, da hast du recht. Dieser Schwarze Arsch ist gefährlicher als hunderttausend Hellfire Missiles, dieser saugeilen DU-Munition."

"Was? Hellfire-Was? Was ... was ist De ... wie ... De ... U-Munition? Hellfire, Hellfire-Was? Ist das nicht ein Computerspiel für Kinder?"

"Na sicher ist es das. Yeah, ein nettes Kinderspiel. Aber ich meine was Anderes."

Er sieht eigentlich ganz intelligent aus, gar nicht wie ein Dooferl. Ein Intellektueller von Heute, so knapp über die Dreißig. Ich weiter: "Na, DU-Munition. Depleted Uranium Munition. Mit U238 abgereicherte Munition. Der härteste Stahl, den die Welt jemals gesehen hat. Mindestens so hart wie unsere Nudeln, wenn wir geil, wie wir sind um diese Zeit, Toutou beim Tanzen beobachten. Ja, vielleicht ist das Zeugs sogar noch um eine Spur härter. Ich wage gar nicht daran zu denken. Bis ich von dem Zeugs gehört habe, dachte ich immer, mein Stahl wäre der Härteste. Shit."

Er fühlt sich, glaube ich, ein wenig verarscht: "Wie hast du gesagt? De ... De ... U-Munition?"

"Ja, Bunker-Busters. Nuclear-Bunker-Busters und Hellfire-Missiles. Hellfire-Raketen? DU-Munition? Sagt dir das gar Nichts?"

"Ne."

"Na, Bunker-Busters, diese neuen Raketenbomben, die sich über 50 Meter tief in jeden Bunker, auch die aus härtestem Stahlbeton, hinein graben und dann erst explodieren, so eine moderne Mischung aus Raketen und Bomben. Zuerst bohren und dann Bumm. Du verstehst? Oder diese Hellfire-Missiles, jeder Apache-Hubschrauber ist heute damit bewaffnet, die jedes Panzerfahrzeug von Heute in Stücke reißen. Jede Armee schießt heute mit dem Zeugs. Und die Kinder spielen dann in den verstrahlten Ruinen Räuber und Gendarm. Ne, heute werden sie wohl überall "GI´li such Osama such!" spielen, und Keiner will ein doofes GI´li sein, weil die keinen Laden finden, hihi. Du musst wissen, die wissen ja Alle Nichts. Wir halten ja wie üblich die Schnauze."

"Was bitte? Kinder spielen in Ruinen, verstrahlten. Was redest du da für einen Scheiß?"

"Na, hast du etwa noch nicht davon gehört? Im Irak sterben sogar die Schaf- und Kamelherden daran. Die kriegen richtig schöne blutig-eitrige Kretzen davon."

"O Mann, erzähl mir keinen Scheiß, ja. Von WAS redest du eigentlich, bitte, kannst du mir das bittschön sagen?"

"Na, von DU-Munition. Hast du wirklich noch nie davon gehört?"

"Ne, WAS ist DAS?"

"Was bist du von Beruf?" Ich lenke ab und will mich informieren.

"Was soll das jetzt wieder? Na ja, egal, ich bin Geschichtsprofessor am humanistischen Gymnasium Hamerlingschule."

"Scheiße."

"Wieso?"

"Na, da fängt mein Sohn, er ist zehn, im Herbst an."

"Wieso! Wieso meinst du, das wär´ Scheiße?"

Er klingt leicht böse, hat die süße Toutou inzwischen ganz vergessen und fotzt mich mit wilden Pupillen an. Er fühlt instinktiv und zu Recht, dass ich ihn nicht für ganz voll nehme, dabei ist er doch ein Geschichtsprofessor.

"Ist schon okay, vergiss es. Ich habe mir auch gar nichts Anderes erwartet."

Er will noch was sagen, er hat schon den Mund offen ... aber zum Glück kommt sein Püppchen vom Klo zurück. Er wendet sich Gott sei´s gedankt wieder ihr zu und erzählt ihr offensichtlich die Geschichte von dem Spinner da neben ihm mit seiner De ... De ... U-Munition. Er lacht dann hämisch. Sie lacht auch unsicher mit, blickt mir dabei noch viel unsicherer in meine viel netter geht es nicht mehr und sie auf interessierte Männerart anschauenden Augen. Ich grinse ganz zart und sex-verliebt enttrunken, fasse tief in diese Augen, lasse dann den Blick von ihren Augen für ein paar Sekunden tief über ihren tiefen Ausschnitt und wieder zurück verpenissen ... und lasse sie dann noch ein Nuancerl unsicherer bei ihrem Herrn Geschichtsprofessor zurück. Ich hole meinen Kuli aus meiner Brusttasche.

Verdammt, das ist die Geschichte, auf die ich heute schon eine ganze lange Nacht gewartet habe. Ne tolle Geschichte, mitten am Arsch der Zeit. Dabei wollte ich schon nach Hause gehen. Meine Geduld hat sich wieder einmal gelohnt.

Verdammt, was ist das bloß für eine Zeit? Wir sind schon genau so schlimm, wie diese Menschen damals zur Zeit der Nazis. Die "wussten" damals ja auch Nichts von den Konzentrationslagern und vom Gas. Ne, verdammt, eigentlich sind wir ja viel, viel schlimmer. Denn diese armen Schweine damals, die "durften" ja gar Nichts davon wissen. Denn "Wissen" war damals ja streng verboten, dieses "Wissen" war damals ja extrem lebensgefährlich. Dieses "Wissen" brachte einen damals glatt in ein KZ und dort gar ins Gas. Deshalb wollten die meisten Leute damals auch Nichts davon "wissen". Ist doch irgendwie klar, oder? Also ich, ich könnte es verstehen.

Aber heute? Heute dagegen tut so ein "Wissen" gar nicht weh, noch nicht. Jeder, Jede hat heute jede Chance, sich zu informieren. Jeder. Jede könnte heute also "wissen". Aber Niemand will heute "wissen". Dabei ist es noch nicht einmal gefährlich, jedenfalls kaum lebensgefährlich. Und das ist ein Riesenunterschied.

Verdammt, er ist ein Geschichtsprofessor. Und er weiß gar Nichts. Und mein Sohn fängt heuer im Herbst in seiner Schule an. Womöglich kriegt er sogar diesen Nichtswisser als Lehrer in Geschichte. Verdammt, ich muss mit meiner Ex reden, der Junge muss in eine andere Schule. Aber verdammt, ist ja eigentlich sowieso wurscht. Um heute in irgendeiner Schule, und wenn sie noch so human und toll ist, einen "wissenden" Geschichtsprofessor zu erwischen, da muss ein Kind von Heute schon mehr als nur ein irres Glück haben. Die "wissen" heute doch Alle von Nichts. Ein humanistisches Bildungssystem zu haben muss ja nicht gleichzeitig bedeuten, dass wir auch einen ehrlichen Humanismus lehren.

Wann immer ich Jemanden frage: "DU-Munition?" Dann habe ich schon irres Glück, wenn ich Jemanden antreffe, der wenigstens den Begriff schon gehört hat. Aber "wissen, wissen" tut es Keiner, und Keine schon gar nicht.

Was ist das bloß für eine Welt? Diese Friedenswelt ist so extrem abgeneigt gegen jede Art von Gewalt, dass sie einfach Alles negiert, was damit zu tun hat. Diese Geschichtsprofessoren stopfen unsere Kinder mit Griechischer Geschichte zu bis zu den Ohren, erzählen ihnen die Geschichte vom Trojanischen Pferd, und dabei leben wir selber schon mitten drin, in so einem Trojanischen Pferd. Vor lauter Abneigung gegenüber jeglicher Art von Gewalt haben wir gar nicht mitgekriegt, was für geile, super-mega-geile neue Waffen man uns inzwischen schon untergeschoben hat. Einfach irre.

Manchmal werde ich ja sogar selber ein wenig unsicher, wenn ich nicht ganz nüchtern bin. Könnte ja sein, oder? Ich denke dann: Na ja, vielleicht bin ja ich der Idiot, der Verrückte, wer kann das schon wissen? Vielleicht bilde ich mir das ja Alles bloß ein? Manchmal komme ich mir dann ganz schön blöd vor, in dieser meiner Welt. Es ist zum verrückt werden. Aber wenn ich dann zu Hause bin, dann schalte ich schnell meinen PC ein und schaue in meine olle Google-Suchmaschine, gebe DU-Munition ein, und dann bin ich wieder beruhigt. Alles noch da, hunderte Seiten über diese Neue Generation von Atombomben. Gott sei Dank, Alles noch da. Den Scheiß gibt es wirklich. Ich bin kein Idiot, bin keinem Gedankenfirlefanz erlegen. Ich brauche also doch noch keinen Psychiater. Mann o Mann, bin ich dann wieder froh, dass nicht ich der Spinner bin.

O Gott! Was ist das bloß für eine Zeit, in der selbst die Wissenden, also die Studierten, Nichts, gar Nichts davon "wissen". Mein armer Sohn. Unsere armen Kinder, unsere armen Kindeskinder. Denkt denn wirklich NIEMAND an unsere armen Kinder? Verdammt, die werden es einmal ausbaden müssen.

© Copyright by Lothar Krist (3.2.2003)

 

Hallo Buji,

ich muss sagen: Ich war doch angenehm überrascht. Deine und meine Ansichten über die Weltsituation mit all ihren Ecken und Kanten mögen zwar gehörig auseinandergehen, aber hier... Ich las eine Geschichte. Ja, du hast richtig verstanden. Ich persönlich würde zwar die letzten sieben Absätze gänzlich weglassen, aber dafür bist du ja nicht umsonst einer der meist umstrittensten Autoren hier auf kg.de. Denn da kommt wieder deine Keule zum Vorschein, mit der du zum Rundumschlag ausholst. Statt die bis dahin gute und wirklich zum Nachdenken anregende Story mit dem Satz...

Ich hole meinen Kuli aus meiner Brusttasche.
... ausklingen zu lassen, und damit den Leser ziemlich allein stehen läßt, kommt dann das übliche von dir. Und das langweilt inzwischen, wenn du verstehst, was ich meine.

Der Titel gefällt mir nicht.

Gruß,

Poncher

PS: Ich hoffe, das artet jetzt nicht in Endlosschwafelei aus.

 
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Liebe Kristin!

Danke. Du hast Recht, vielleicht nehme ich mich noch einmal der Geschichte an, mal sehen, ich denke mit Sicherheit sogar, tu ich nämlich immer. Das Problem bei mir ist zur Zeit, ich bin momentan ein "Vielschreiber", mir drückt es die Geschichten momentan nur so raus. Ich schreibe am Wochenende, wenn ich aus, also arbeiten gehe, meist 5 - 6 Geschichten, Gedichte oder Abschnitte für mein 5-bändriges "Manifest des Neuen Realismus". Ich schaffe es dann oft nur 1 oder 2 Geschichten auch in den PC zu klopfen. Der Rest liegt in Bergen von Zetteln irgendwo herum.

Du darfst mir glauben, ich arbeite auch laufend immer wieder an alten Geschichten. Ich schreibe ja "live". Die Geschichten in einem Onlinebuch "leben" also für die LeserInnen ersichtlich. Man kann miterleben, wie aus einer Urfassung über Monate hinweg letztendlich die Endfassung wird. Ein Autor, der an einem herkömmlichen Buch arbeitet, nimmt sich seiner Geschichten ja auch immer wieder an, bis er das Buch für druckreif hält. Nur kriegt davon der Leser nichts mit. Oft arbeitet einer ja jahrelang an einem Buch. Ich gehe als moderner Internetautor eben das Risiko ein, dass eine Geschichte anfangs ihre Fehler hat. Aber ich denke, es müsste doch für manche LeserInnen interessant sein, den langen Weg einer Geschichte mitzuerleben. Und die Urfassung lasse ich immer hier in kg.de oder anderen Foren stehen. In 10 Jahren kann man dann einmal vergleichen. Mal sehen, wie Alles läuft.

Ja, ich schreibe gewisse Ausdrücke mit Absicht groß: Wir tun Nichts - dann will ich damit dieses Nichts tun hervorheben, oder Neue Zeit und alles, was damit zu tun hat, Alter Autor, usw.

Ne, die "taktischen Atomwaffen" meine ich nicht. Die sind ja aus der Alten Generation mit dem gefürchteten Spalzpilz und werden derzeit Gott sei Dank noch nicht eingesetzt. Ich meine die Neue Generation, von der wir Alle Nichts wissen, besser wohl Nichts wissen wollen.

Sie werden heute in jedem Krieg eingesetzt. Das Uran 238 verbrennt schlecht, die feinen Staubpartikel werden vom Wind 1000e von Meilen weit fort getragen und setzen sich in der Lunge fest. Besonders Kinder sind sehr anfällig für Leukämie. Heute sind schon 10.000e Kinder weltweit daran erkrankt. Bald werden es 100.000e sein. Im Irak leiden sogar die Schaf- und Kamelherden darunter.

Auch Deutschland hat den Scheiß produziert und exportiert. Seit der UNEP-Studie vom März 2002, seit man also über die tatsächliche Gefährlichkeit der DU-Munition Bescheid weiß, hat man als einziges Land jedoch den Export vorübergehend eingestellt, zumindest offiziell, soweit ich weiß. Alle anderen Länder exportieren weiterhin fröhlich drauf los. Die Israeli verpulvern das Zeugs schon seit 1986 in den Palästinenserlagern und -städten. Sie waren die ersten die diese Waffen eingesetzt haben. Laut inoffiziellen Meldungen sind über 20.000 Kinder an Leukämie erkrankt. Die Kinder spielen in den verstrahlten Ruinen. Kein Wunder, dass diese Kinder sich nun erwachsen geworden freiwillig in die Luft sprengen. Aber das wird Alles verschwiegen. Wir wollen es nicht wissen.

Es ist furchtbar. Und wenn man darüber spricht, sieht dich Jeder, Jede an, als wärst DU der Psychopat. Dabei ist inzwischen Alles wissenschaftlich belegt. Über 4000 Golfkriegsveteranen bzw. ihre Nachkommen haben die Amerikan. Regierung geklagt. Man hat sie großzügig in einem Vergleich entschädigt, damit es zu keinen Verhandlungen kommt, sonst käme ja Alles ans Tageslicht. In England und Frankreich detto. In Italien haben sich 74 Zivilpersonen und Militärpersonal allein durch die Verladung der Munition während des Kosovokriegs Krebs geholt. Stell dir vor, das war erst 1999, also erst vor 4 Jahren. 74 Mann, und nur durch das Verladen von dieser Scheiße. Über 100 Frauen von Golfkriegsveteranen haben in den USA missgebildete Kinder geboren. Über Allem liegt ein Deckmantel des Verschweigens.

Hier geht es nicht mehr bloß um Krieg. Nein, es geht darum, wie diese Kriege heute geführt werden. Aber das interessiert Niemanden.

Und deshalb habe ich mich entschlossen, mich zum "Schriftsteller-Idioten" von Heute, ja zum "Bösen der Sprache von Heute" zu machen, aber Alles eingefasst in meine Neue Prosa. Damit will ich noch mehr schocken, die Scheiße noch mehr hervor heben. Die Welt hat wieder einmal Alle Skrupel weg geworfen, also werfe ich als Autor auch Alle Skrupel weg und stelle mich dagegen. Mir ist inzwischen Alles Andere schon so egal, das kann sich gar Niemand vorstellen.

Den Untertitel habe ich mit Absicht so gewählt. Da kann jede/r den Begriff in die Google eingeben und nachsehen, dass ich keinen Blödsinn rede. Auch die Anspielung im letzten Teil der Geschichte auf die Google geht in diese Richtung.

Liebe Grüße
buji

 

Hallo buji!

Deine Geschichte ist sehr engagiert und das finde ich auch ziemlich positiv. Aber was mich sehr stört ist diese "Rufer-in-der-Wüste"-Haltung. "Ich bin der, der alles durchblickt und ihr anderen seid ignorante Idioten. Deshalb sage ich euch jetzt wo es langgeht."
Und als Beispiel eines solchen Idioten wählst du einen Geschichtelehrer, der in einer Bar einer Tänzerin zusieht und -nunja- von ihr erotisiert ist. Dann kommt der Prot. und erklärt ihm die Welt, und macht ihm klar, welch oberflächlicher Depp er ist. Als Draufgabe kokettiert er dann noch mit seiner Frau.
Hmm .. Schärfer könnte der Kontrast nicht sein. Der Prot. ist in jeder Hinsicht der überlegene Held, der zynisch und überlegen sein Urteil über "die Gesellschaft" spricht. Nicht mein Geschmack.

Was mir gefallen hat, ist deine Beobachtungsgabe und dein Beschreiben einzelner Sequenzen in dieser Bar. Auch mit dem Inhalt kann ich mich grundsätzlich identifizieren. Aber muss das alles so "predigermäßig" rüberkommen? Muss sich der Prot. derartig auf einen Sockel stellen? Ich muss unwillkürlich an Abrahama Sant A Clara denken. "Ihr Nattern- und Schweinebrut ...."

Naja, ich hoffe du kannst mit meinem Beitrag was anfangen.

lg
klara

 

Lieber Poncher!

Den Titel habe ich einer Geschichte Bukowskis entliehen. Ich weiß nicht mehr, wie sie geheißen hat. Es war irgend so eine Fiktion über den 3. Weltkrieg, die Räumkommandos holten die Dissidenten und er schrieb sich irgendwo versteckt am Arsch der Zeit einen ab, haha, eben Bukowski. Und bei mir ging es ja auch um einen netten schwarzen Arsch.
Das mit dem Untertitel habe ich Kristin schon erklärt.

"Ich hole meinen Kuli aus meiner Brusttasche."

Mit diesem Satz hat auch die Ur-Urfassung geendet. Den Rest habe ich dann zu Hause hinzu gefügt. Kennt man irgendwie, denke ich, der Teil hat einen anderen Stil, dem fehlt das Feeling der Nacht. Ich werde über deinen Vorschlag nachdenken.

Danke. Aber sei bitte nicht böse, wenn ich den Teil doch lasse. Ich bin der Ansicht, dass man zB diesen Vergleich des "Wissens" heute gar nicht oft genug bringen kann, und ich denke, ich bin ja eh der einzige, der das tut. Und es stimmt doch. Irgendwie hat sich diese Dimension des Bösen, die von dieser DU-Munition ausgeht, deren Langzeitfolgen, wie in einem Trojanischen Pferd an uns vorbei gestohlen.

George W. Bush spielt den großen Befreien und verseucht dabei das ganze Land auf Jahrhunderte hinweg. Im Afghanistankrieg haben sie schon über 3 Tonnen von dem Zeugs verpulvert. Ich wage an die Langzeitfolgen für die Menschen dort gar nicht zu denken. Was werden die einmal von uns hier im Westen halten, wenn sie dahinter kommen, was wir ihnen im Zuge der Befreiung von den Taliban angetan haben. Ich denke, sie werden alle Skrupel über Bord werfen, und uns die Pest an den Hals wünschen, und manche von ihnen werden auch Alles daran setzen, dass wir sie auch kriegen. Was wird dann sein? Niemand heute denkt so weit.

Ich denke, dass wir beide vielleicht gar nicht so weit auseinander liegen, was unsere Sichtweise der Weltsituation anbelangt, nur gibt es bei mir in meinen Geschichten kein Wenn und Aber mehr. Ich schreibe so, als wären die fiktiven Möglichkeiten schon Realität. Und diese Langzeitfolgen dieser Neuen Waffen sind ja auch schon Realität, nur haben wir das Ergebnis noch nicht begriffen.

Beste Grüße
buji

 
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Liebe Kristin!

Wecker sagt in diesem Artikel (dem ich voll und ganz zustimme) u.a.:
"Ich muss zugeben, dass mir erst seit dem 11.9. wieder so richtig aufgefallen ist, wie erschreckend wir gleichgeschaltet werden."

Und genau darauf hacke ich seit Ewigkeiten herum, insb auch auf Leuten wie ihm, nämlich dass wir Alles so unreflektiert übernahmen, was man uns vorsetzt oder auch nicht vorsetzt. Ich beschreibe oben in meiner Geschichte gegen Ende zu ja ein wenig meinen "Zustand", in dem ich schon sehr oft in ähnlicher Weise war. Ich fühle mich tatsächlich manchmal so, dass ich nicht weiß, spinne ich jetzt oder nicht. Ich sitze manchmal in einer Diskussionsrunde und frage mich, hey, verdammt, über was reden diese Leute eigentlich. Träumen die oder spinne ich? Ich schau dann tatsächlich (heute) in die Google, ob auch wirklich noch Alles da ist, haha. Dabei ist es nicht zum Lachen. Früher hatte ich nicht einmal die Google, da hatte ich Nichts als mein Gefühl, unsere Welt hier im Westen war ja noch in Ordnung.

Ein Beispiel nur: ein paar Leute diskutieren u.a. über den Jemen. Da fallen Sätze, wie: das sind ja Alle Terroristen, oder die unterstützen die Terroristen. Das ist aber absoluter Blödsinn. Tatsächlich ist es dort so, dass die jemenitische Regierung nur über zwei Drittel des Landes auch die Herrschaft hat, die Berge jedoch gehören den "Freiheitskämpfern" und den sehr kriegerischen Stämmen. Da traut sich das Militär gar nicht erst hin. Die Regierung selbst ist "amerikatreu", wird auch logistisch von den USA unterstützt.

Die Leute, die da diskutiert haben, waren schwere Intellektuelle (ein Leiter einer gr. kulturellen Einrichtung in Linz, ein bekannter Musiker, der auch Musiklehrer ist, usw.).

Es ist einfach furchtbar. Und Wecker gehörte wahrscheinlich vor dem 11.9.2001 auch dazu, mit Sicherheit sogar. Dieses spezifische Nichtwissen ist seit 3 Jahrzehnten Allgemeinwissen. Und dieses Nichtwissen von den Tatsächlichkeiten ist tragender Hauptinhalt sämtlicher wichtiger deutschsprachiger Literatur, die einem scheinheiligen Ästhetizismus ergeben ist, der auf Dauer einfach nicht im Leben bestehen konnte. Und ich war Zeit meines Lebens der Trottel. Diese, ich denke, verständliche Wut fühlt man auch aus den meisten meiner Geschichten heraus. Mir ist das völlig klar. Ich weiß, wie meine Sprache wirkt.

Mir war immer klar, wohin dieses unser Nichtwissen oder nicht wissen wollen eines Tages führen wird. Und jetzt sind wir ja auch genau dort. Für mich war diese intellektuelle Arroganz der Nachkriegsintellektuellen immer zum Kotzen. Die haben sich Alle schwer am Leben vorbei geträumt.

Du darfst mir glauben, ich wäre gerne anders. Aber ich wollte einfach nicht mit diesen Leuten mitheulen, es war mir einfach unmöglich, als Autor den Kopf in den Sand zu stecken. Dabei hatte ich früher wirklich Nichts, was meine Theorien untermauert hätte, ich hatte früher nur mein Gefühl. Niemand kann sich vorstellen, wie oft ich an diesen meinen Zweifeln an mir selber "krank" war. Es war zum verrückt werden. Weit und breit kein Mensch, mit dem ich hätte reden können. Ach, ...

Na ja, es wird schon seinen Sinn gehabt haben. Seit ich Anfang der 90er Franz M. Wuketits gelesen haben, sehe ich von Tag zu Tag mehr Licht. Da war endlich einer, der sich nicht einfach etwas zusammen träumte.

Übrigens, über Weckers Reise in den Irak und seine Läuterung findest du auch einiges in den Materialien auf meiner Homepage (Wecker in Bagdad).

Beste Grüße
buji

 
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Liebe Klara!

Das mit "Abraham a Santa Clara" habe ich schon vor gut 25 Jahren von einem Verleger zum 1. Mal gehört und dann noch des Öfteren so ähnlich. Er schrieb mir damals: "Brillante Sprache, aber werden Sie cool und suchen sie sich ein anderes, ansprechendes Thema. ..... Die Hitze dürfe nicht vom Autor ausgehen, nein, der müsse cool bleiben, die Hitze dürfe erst beim Leser entstehen ...... usw."

Ich habe das damals nicht verstanden und verstehe es ehrlich gesagt auch heute noch nicht. Denn unsere Großen DichterInnen betrieben ihre Vergangenheitsbewältigung, in der allein sie sich verloren haben, ja auch nicht gerade auf coole Art und Weise (siehe Volks- und Publikumsbeschimpfungen, die Scheißhausliteraten, die Aktionisten, die auf alles Alte geschissen und gebrunzt haben (siehe mein scheißhäusliches Selbstgespräch)). Aber wenn man selber den Finger gegen jemand Anderen, zB eine andere Kultur (noch dazu gegen eine tote, die sich nicht mehr wehren kann) erhebt, dann ist das natürlich immer cool. Aber wehe irgendjemand erhebt den Zeigefinger gegen einen selber oder die hervorragenden Vertreter der eigenen und herrschenden Kultur, deren großer Fan man selber ist, dann ist dieser Jemand immer gleich ein Santa Clara. Dieser Jemand macht sich unbeliebt. Ja, und wenn sich dann dabei am Ende herausstellt, dass dieser Jemand, der gegen den Ganzen Zeitgeist (hilflos) angeschrieben hat, auch noch Recht hat, uiii, da wird es dann eng für ihn.

Was soll ich von einer Künstlergeneration halten, die unser Heute kein bisschen vorher geahnt hat? Kann ich diese Leute noch ernst nehmen? Nein, ich zumindest nicht, die kann ich höchstens genussvoll durch den Kaukau ziehen. Dabei lag doch Alles klar auf der Hand. Wenn ich zulasse, dass ein einzelnes Land so stark wird, dass es die Ganze Welt locker in die Tasche stecken kann, dann wird dieses Eine Land die Ganze Welt auch mit Sicherheit, wenn diese Zeit kommt, in die Tasche stecken. Das steckt schon allein im Mensch-Sein drin. Das ist sogar sicherer als das Amen im Gebet. Es gab schon oft genug den Einen, der Alles wollte. Nur hatten diese „Weltherrscher“ bis heute noch nie diese absolute Macht, dass es ihnen auch ganz gelungen ist. Aber der American Imperator hat heute diese Übermacht. Und ich denke, schön langsam dämmert das sogar den „gescheitesten“ Vergangenheitsbewältigern von Gestern. „Entweder ihr seid für uns oder gegen uns!“ Dieses Bush-Zitat beherrscht doch heute unsere Welt, oder etwa nicht?

In den USA werden gerade die ersten Aufträge deutscher Firmen storniert. Weitere Stornierungen werden folgen. Wir gehen nun erst einmal in eine Art Wirtschaftskrieg mit den USA, außer Schröder lenkt noch rechtzeitig ein und macht einen Kniefall. Am Ende dieser Woche werden wir ja schon ALLES wissen. Und wohin das Alles führen wird, wagt heute noch niemand zu denken. Und genau darin liegt das Problem. Der Europäische Gutmensch hat sich so von den negativen Dingen des Lebens abgekapselt, dass er sie immer erst dann kapiert, wenn es zu spät ist. Er hat in seinen Weltsicht-Kochtopf keine „Überdruckventile“ eingebaut. Sein kruder Antimilitarismus hat die kommenden 2 Weltkriege geradezu herausgefordert. Der sture und völlig lebensdumme 68er-Friedensmensch ist die Alleinursache für dieses Zeitalter eines Neuen Größeren Kriegs, in das wir jetzt mit hundert prozentiger Sicherheit gehen werden.

Für mich ist in einer Situation, wie heute der unseren, nicht bloß der Täter der Schuldige, sondern auch diese selbst ernannten „Guten“, die durch ihr jahrzehntelanges Nicht-Handeln den möglichen Täter geradezu herausgefordert haben, letztendlich doch zum Täter, zum Bösen zu werden.

Unsere Welt hätte hunderte von Santa Claras bedurft, um nicht in diese Situation zu geraten. Aber zu dieser Einsicht werden wir wohl ALLE erst in gut drei, vier Jahren gelangen, dann wenn es wieder einmal zu spät ist. Denn dass die Menschheit heute bereit ist für den Einen der Alles will und der letztendlich auch Alles bekommen wird, weil alle Anderen gut schlafen, das ist wohl inzwischen so offensichtlich, dass nur noch die Dümmsten es nicht begreifen (wollen). Chirac und Schröder haben es schon begriffen. Denen geht es nicht um den Frieden, die haben nur endlich verstanden, dass die USA bald auf allen letzten großen Bodenschätzen unserer Erde sitzen werden und somit dann den Preis bestimmen können bzw. ob für den Rest der Welt überhaupt noch etwas abfällt. Und was dann darauf folgt, dürfte wohl auch inzwischen klar sein (siehe die Spiegel-Online-Serie „Anatomie einer Krise“).

Zu meiner Geschichte selber: den Geschichtelehrer habe ich nicht genommen, der saß tatsächlich neben mir (ich habe Zeugen - Toutou, Rubens und Clemens - das Personal an diesem Abend im Smaragd und noch ein paar Gäste). Ja, ich weiß, ich spiele in meinen Geschichten oft den tragisch-verzweifelten, zynischen, weil so hilflosen "Helden", der heute keinen Ausweg mehr weiß, weil er seit 25 Jahren vergeblich versucht, seine Welt aufzuwecken aus ihrem unheimlich dummen Gutmenschenschlaf. Und Eines musst Du mir glauben, liebe Klara, ich habe Amerika immer geliebt, ja ich liebe es noch immer. Ich war jedes 2. Jahr drüben, insb im Süden, weil ich dort von Blueshütte zu Jazzhütte gefahren bin. Shit!!! Und jetzt hauen mir meine geliebten Amis meine geliebte Welt zusammen. Kannst Du verstehen, aus welch beschissener Situation ich heraus schreibe?

liebe Grüße
buji

 

Die Geschichte fand ich gut, besonders Schreibstil und Wortkreationen. Das ganze Geschwafel um die Suppe ist wie der Stummel von 'ner Fluppe.
-->Fuer den Arschenbecher.
Aber das ist nur meine Meinung - jeder wie er will!
massimo

 
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Hi massimo!

Ich weiß schon seit Langem, dass ich für den Aschenbecher bin. Leute, wie ich, sind das immer. Wäre es anders, würde heute die Welt nicht vor den schweren Folgen eines Irakkrieges zittern.

In diesem Sinne haben die guten alten deutschsprachigen Frühexpressionisten auch nur für den Hugo, also den Aschenbecher geschrieben (1910 - 1922), haha, gefällt mir dein Zitat, das muss ich mir merken. Leider hat sich ja von den Nachkriegsdichtern Keine/r für diese Leute intensiver interessiert, sonst hätten sie vielleicht ein bisschen in die Zukunft geguckt und würden nicht als die sinnlosesten Leichenstirler aller Zeiten in die Geschichte eingehen.

Die haben ja nicht einmal den Spätexpressionisten Hermann Hesse, ihren angeblichen Lieblingsdichter, verstanden, der da im Glasperlenspiel gesagt hat:
"Jeder von uns ist nur ein Mensch, nur ein Versuch, ein Unterwegs. Er sollte aber dorthin unterwegs sein, wo das Vollkommene ist, er soll ins Zentrum streben, nicht an die Peripherie."

Diese geistig "armen" und gefühlsarmen Leute haben sich Zeit ihres Lebens nur für die Peripherie interessiert, das Volk und der Boden, auf dem sie lebten, also das Zentrum unseres Lebens, war ihnen völlig wurscht. Ja, sie hatten nach dem Krieg nichts Besseres zu tun, als ihre missbrauchten Mütter und Väter nach der Großen Flucht gleich noch einmal genüsslich über den Tisch zu ziehen. Und heute sind sie allesamt schon schlimmer, wie diese. Viel, viel schlimmer, siehe gerade diesen Teil der Geschichte oben.

In diesem Sinne schreibe ich gerne für den Aschenbecher, ist sowieso Alles wurscht, für was du schreibst. Wenn du der Masse der LeserInnen in den Hintern kriechst, geht mit der Zeit die Welt zum Nazi Hitler, zum Kummerl Stalin oder heute halt zum Marionetten-Big Brother "Bonesman" Bush, was ja eh dasselbe ist (Der 1832 gegründete Verein Skull&Bones ist bekanntlich der älteste Naziorden der Welt). Und wenn du am Hintern der LeserInnen vorbei schreibst, wirst du nicht gelesen oder ausgelacht und beschimpft, oder einfach dein Leben lang nicht ernst genommen, bis es halt zu spät ist. Das Ergebnis bleibt also dasselbe.

Es lebe die Literatur für den Aschenbecher. Die ist wenigstens ehrlich und wenn jemand ein MANN ist oder eine FRAU, dann kommen die auch mit ehrlicher Literatur und realistischen Träumen zu Recht.

Beste Grüße
buji

Ps: Ich würde die Lektüre "Stupid white men" von Michael Moore empfehlen und dann überlegen, wie es einem deutschsprachigen Autor heute ergehen würde, wenn er so über unser Österreich und Deutschland herziehen würde. Dieser Brutalrealismus ist unserer Sprache leider seit der Zeit der Expressionisten fremd. Diesen Brutalrealismus haben wir nur bei den Großen LeichenschänderInnen akzeptiert.

 

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