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Alter Ego

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27.06.2003
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Alter Ego

„Du sagst nie was.“ sagt sie und sieht mich an, wie einen Fremden.
Sie hatte geredet. Und geredet. Und geredet.
Impulsartig, unfertig manchmal. Vollendet, abgeschmeckt und feinsinnig das andere Mal. Ich mag beide Variationen.
Sie redet, ich höre zu, sauge ihre Worte in mich auf, zwänge sie in mein Raster, lasse sie wieder ausbrechen, schaue durch ihre Worte wie durch ein Fernrohr auf die weiten, blühenden Felder ihrer Gedanken und entdecke wahre Schönheit.
Ich erfasse das glänzende Leuchten ihrer Augen. Ihre vollen Lippen formen Silben, die sich, einmal gesendet, zu Wörtern, Worten, Begriffen, Aussagen fügen und ihre Gedanken und Gefühle transportieren. Begeistert empfange ich diese Lebenszeichen.
„Hörst du mir überhaupt zu?“ Die Beweisaufnahme beginnt. Ich nicke. Mit chirurgischer Präzision führt sie den Schnitt. Ich lächle. Er ist nur oberflächlich.
„Was hältst du davon?“ Die Wunde ist nicht tief genug, verletzt nicht meine inneren Organe. Die sind mir lebenswichtig.
„Ich kann dich nicht einschätzen.“ Liebevoll erwarte ich mein Urteil.
„Du alter Ego...“ Den Rest nehme ich nicht wahr. Das Urteil wird sofort vollstreckt. Zeuge, Ankläger, Richter und Henker in Personalunion. Die Gerechtigkeit leugnet ihre Existenz. Brennender Schmerz trifft mich tief in meiner Brust. Das Alter Ego bricht meinen Körper auf, flieht mit gefletschten Zähnen. Die klaffende Öffnung im Fleisch lässt mich ein bisschen sterben.
Mein Restselbst erhebt sich mühsam, geschwächt. Todesangst als Antrieb lässt es das gefährliche Wesen jagen und schließlich metzeln.
Der Jäger kehrt heim. Voller Stolz und mit der Gewissheit, die Gefahr für dich und mich zunächst abgewendet zu haben.
„Ich liebe dich.“ sage ich.

 

Hi Minds Eye,

gar nicht übel! Ich glaube zwar nicht, dass ich die Geschichte völlig verstehe, aber es scheint eine Auseinandersetzung mit sich selbst zu sein, was zunächst wie ein Zwiegespräch beschrieben wird.
Sprachlich hast Du gute Bilder gebracht, vor allem das mit dem Fernrohr gefiel mir.
Ich glaube allerdings, dass die Geschichte zu kurz ist, um sich völlig entfalten zu können. In dieser Form ist es nur eine Facette, die Teil oder Ende einer längeren Episode sein könnte. Deswegen werde ich die Geschichte schnell wieder vergessen, sie war zu kurz und zu unklar, um sich in meinen Kopf zu brennen. Aber vielleicht bin ich auch nicht die Zielgruppe, das kann auch gut sein.

Ein paar kleinere Fehler habe ich gefunden:
„Du sagst nie was.“ sagt sie -> „Du sagst nie was“, sagt sie
Sie hatte geredet -> Sie hat geredet (die Geschichte steht im Präsens, daher kein Plusquamperfekt)

Fazit: Sprachlich interessant, inhaltlich nicht leicht zu verstehen, aber thematisch durchaus spannend.

Uwe

 

Vielen Dank Uwe.
Ich laß das trotzdem mal genauso stehen. Thema ist nicht nur die Auseinandersetzung mit sich selbst, sondern auch mit der Partnerin. Das alte Kommunikationsproblem... :-)
Die Kürze des Textes steigert natürlich das Erzähltempo und läßt einzelne Passagen kryptisch erscheinen. Aber ein vorgekautes Schnitzel ist ja auch nicht besonders lecker, oder?
LG,
ME.

 

...lässt mich ein bisschen sterben... wie cool..
Ich würd ma sagen, die story gehört zur Philosophie. Obwohl sie schon n bissschen seltsam ist. Du solltest aber entweder ein Gedicht draus machen, oder du musst die Geschichte sehr viel länger hinkriegen. So isses einfach zu kurz und schnell, um irgendwelche Emotionen aufkommen zu lassen, wie du es dem Anschein nach vorhattest.
-Derfabi-

 

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