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Alte Liebe
„Und, wie geht`s dir sonst so?“ fragte Leon etwas schüchtern.
Er saß am Tisch, eine Tasse Tee stand vor ihm. Er saß etwas zusammengebückt da und schaute Sara nicht in die Augen. Sie registrierte unbewusst seine Unsicherheit.
„Ja gut, warum fragst du?“
„Mensch nur so, ich will halt wissen wie`s dir geht, ist das etwa schlimm?
„Nein.“ antwortete Sara.
Sie hatte genau gewusst, dass er so antworten würde. Sie kannte ihn schon viel zu lange.
Sara hatte sich auch einen Tee gemacht. Sie hantelte an der Schnur des Beutels herum und sah zu wie sich das heiße Wasser rot färbte. Sie versuchte ihn zu beruhigen.
"Ist ja schon gut. Wie geht’s dir denn?“
„Auch ganz gut. Ich bin nur ein bisschen müde.“ Leons Stimme war angespannt.
Er wusste, was jetzt auf ihn zukommen würde. Sie saßen an ihrem gemeinsamen Esstisch. In ihrer gemeinsamen Wohnung. Leon fühlte sich jetzt schon einsam. Er würde sich neue Möbel besorgen müssen, soviel stand fest. Gedankenverloren nahm er seinen Teebeutel aus der Tasse und drückte ihn mit dem Löffel auf einem Teller aus. Der Teller färbte sich wässrig grün.
„Also Leon. Ich hab nachgedacht. Wir müssen uns echt überlegen, wie das jetzt weitergeht mit uns. Denkst du, wir…“
Plötzlich sprang die Katze auf Saras Schoß. Sara erschreckte sich kurz und fing dann an, das Tier zu streicheln.
„Weißt du, wir streiten doch irgendwie bloß die ganze Zeit, oder?“ Sara hatte nur Augen für das schnurrende Tier, während sie redete.
Leon sank in sich zusammen. Er liebte Sara. Schon seit Jahren. Er liebte ihre schulterlangen braunen Haare, die sie am liebsten offen trug. Ihre kleinen Fältchen um den Mund, die sie vom vielen Lachen davongetragen hatte. Sie machten sie kein bisschen hässlich. Er liebte ihr Muttermal auf der Wange und ihre langen Wimpern. Er liebte ihre zarte Figur, ihre feinen weiblichen Rundungen um die Hüfte und an ihrer Oberweite. Ihre Haut fühlte sich jedes Mal an wie Seide. Und sie roch so gut. Er wollte sie nicht verlieren.
„Naja nicht immer.“
„Das klingt schwach, das weißt du, oder?“
Jetzt wurde Sara ärgerlich.
Sie ärgerte sich ständig über das was er sagte. Er war langweilig geworden. Früher strotzte er vor Leben und Abenteuerlust, wollte ständig etwas unternehmen. Er war mit Sara auf Partys gegangen, hatte ständig Freunde zu ihnen eingeladen. Sie waren oft auf Konzerten, auf den Dorffesten und im Jainas Essen gewesen. Sie waren so ein tolles Paar. Und jetzt? Nichts mehr. Seit Wochen. Sie rührte mit dem Löffel in ihrem Tee, nahm den Beutel raus und drückte ihn ebenfalls auf dem kleinen Teller aus.
„Sara, ich liebe dich doch. Das weißt du. Du kannst das nicht machen, nur weil ich krank geworden bin. Echt nicht. Bitte Sara, bleib bei mir.“
„Du bist nicht krank.“
„Doch. Ich brauche ein bisschen Zeit, Sara.“
„Zeit, wofür? Ich habe keine Zeit. Mein Projekt ist echt wichtig. Ich kann das nicht gebrauchen, dass du immer nur hier rumhängst. Man, geh doch mal wieder raus. Du lässt dich so gehen!“
Saras Stimme wurde laut und zornig.
„Ich hab keinen Bock mehr da drauf. Mach doch deinen Scheiß alleine.“ Jetzt trafen sich ihre Blicke. „Sara bitte, rede doch nicht so. Hör zu, das ist nur eine Phase. Ich habe meinen Job verloren und das zieht mich runter. Aber ich liebe dich. Und ich werde was Neues finden. Bestimmt!“
Saras Gesicht wurde weicher. Er nahm ihre Hände. Zärtlich umschloss er seine Finger mit ihren. Sie wehrte sich nicht. Er hatte ja Recht. Mit „krank“ hatte er das Burnout gemeint. Sie war gemein zu ihm. Vielleicht sollte sie ihm doch noch eine Chance geben.
„Man Leon du machst es mir echt nicht einfach.“
„Warum sollte ich denn? Ich will nicht, dass wir uns trennen. Mensch Sara, wir gehören zusammen. Ich werde nicht kampflos aufgeben.“
„Das klingt schon besser. Vielleicht kämpfst du ja dann auch mal für einen neuen Job. Okay gut, wir stehen das zusammen durch. Aber du musst dir mehr Mühe geben.“
Sie ließ die Katze von ihrem Schoß fallen und stand auf. Die Tasse nahm sie mit.
„Wo gehst du hin?“ fragte Leon. Es klang fast verzweifelt.
„Ich geh nur aufs Sofa. Vielleicht schau ich noch nen Film an.“
„Willst du nichts essen?“
„Nein.“
Leon stand auch auf. Er ließ seine Tasse stehen. Er konnte sie später immer noch leertrinken. Sara saß schon auf dem Zweisitzer Sofa. Er lehnte sich in den Türrahmen. Sara sah ihn an. Er sah nicht gut aus. Beinahe alt. Er hatte einen ungepflegten Bart, seine blonden Haare waren auch schon wieder viel zu lang. Und seine Augen sahen müde aus. Er hatte schlabbrige Jogginghosen an und ein T-Shirt auf dem ACDC stand. Einen kleinen Bauch hatte er auch. Aber es war Leon. Sie waren schon in der Schule befreundet. Seid der 8. Klasse. Er war der Neue gewesen. Als sie ihn das erste Mal sah, fiel ihr gleich sein gutes Aussehen auf. Und seine warme Art. Er hatte sich gleich am ersten Tag in der Pause neben sie gesetzt und sie gefragt, wie sie heißt. „Sara.“ hatte sie ihm verlegen geantwortet. Eigentlich war sie nicht schüchtern, aber Leon war groß und Jungs machten ihr manchmal ein bisschen Angst.
Aber warum dachte sie jetzt daran? Sie war erwachsen geworden. Vielleicht passte es einfach nicht mehr. Manchmal lebt man sich auseinander, das passiert doch vielen Paaren. Man wird älter und verändert sich.
„Sara? Was denkst du?“
„Hm, ich weiß nicht. Nichts.“
„Komm schon.“
„Nein, Leon, ich mag nicht mehr reden.“
„Soso!“ Leon setzte sich neben sie. Sie drehte sich von ihm weg.
„Meine kleine Sara ist trotzig!“
„Ich bin nicht trotzig, nerv mich doch nicht.“
Doch, doch meine kleine Sara ist ein kleiner Trotzkopf!“
Er lächelte sie an. Zumindest versuchte er es. Es wurde eher ein schwaches Zucken der Mundwinkel. Sie drehte sich wieder zu ihm und sah ihm in die Augen. Hm sie liebte diese Augen. Sie konnte ihn doch jetzt nicht im Stich lassen. Leon umfasste ihr Gesicht mit seinen Händen.
Dann küsste er sie.