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Alte Geheimnisse

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31.05.2003
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Alte Geheimnisse

Voller Ungeduld spielte er mit dem Schlüssel in seiner Tasche, ließ ihn immer wieder durch seine Finger gleiten, während er das rostige Schild betrachtete, welches vor dem Eingang der alten Bunkeranlage angebracht worden war. „Der Zutritt zu den alten Schutzräumen ist behördlich verboten! Stadtverwaltung Neuss !“, stand dort geschrieben. -Wahrscheinlich hätte man sich diesen Hinweis auch sparen können- dachte er, denn die massive Stahltür, die den Eingang in dieses unterirdische Reich einer längst vergangenen Zeit verbarg, war robust genug, einer ganzen Armee ausreichend Widerstand zu leisten.
Heute war der letzte Tag für die gewaltigen Tunnel und Versorgungssysteme, die hier fast fünfzehn Meter unterhalb des Erdbodens lagen und deren Vorhandensein an der Oberfläche lediglich durch den kleinen Sandwall mit dem Eingangsbereich dokumentiert wurde.
Morgen würden die gewaltigen Pumpen kommen, die durch vorbereitete Bohrlöcher riesige Mengen Spezialbeton in die unterirdischen Hallen pressen sollten. Alles wollte man ausgiessen, damit die Behördlichen Auflagen zur Wohnbebauung erfüllt würden. Bereits vor sechs Jahren hatte der Kreis der Stadt Neuss hier eine neue Siedlung geplant, aber es gab statische Bedenken bezüglich der Hohlräume unterhalb des Geländes an der Bundesstrasse 9. Ursprüngliche Pläne hier Versteifungen einzuziehen hatte man aus Kostengründen verworfen.
Aber seine kleine holländische Firma, hatte ein patentiertes System zur Versiegelung großer Flächen, wie es auch im Bergbau angewendet wurde.

Er hatte also den Zuschlag erhalten und viele Wochen auf dieser Baustelle verbracht, um zu sehen wie gewaltige Bohrer sich in die Erde frassen, um die Einfüllöffnungen bis in die stillgelegten Gänge hinunter zu graben.
Heute waren diese Löcher noch mit massiven Stahlplatten verschraubt, damit kein Passant in die Tiefe stürzen konnte. Erst kurz vor beginn der Betonzuleitung sollten die Platten entfernt werden.
Jetzt stand er also hier. Die eine Hand immer noch verwegen in der Tasche, in der anderen den Werkzeugkoffer, den er bei seinen Erkundungen stets bei sich hatte. An einem breiten Gürtel, den er um den wuchtigen Bauch trug, hing mit einem Gelenk befestigt, eine schwere MagLite-Stablampe, die man nach oben und unten schwenken konnte, ohne sie in die Hand nehmen zu müssen.
Seine Aufgabe bestand eigentlich nur noch darin zu prüfen, ob seine Arbeiter kein teures Gerät in den verwinkelten Gängen zurückgelassen hatten. Ihm war das einmal passiert, dass ihm ein teurer Kompressor für immer verlorenging, nur weil seine Männer ihn in einem alten Steinkohleschacht vergessen hatten.
Er nahm den Schlüssel aus seiner Tasche, schaltete die MagLite ein und machte sich daran die Stahltür aufzuschliessen. Das Schloss leistete keinen Widerstand, es war in den vergangenen Wochen ja oft genug benutzt worden. Mit einem metallischen Schnarren glitt der Bolzen aus der Zarge und die Tür schwenkte mit lautem Quietschen nach innen.
Er stellte das Taschenlampengelenk so ein, dass der Lichtkegel vor ihm auf den Boden fiel, damit er die Stufen besser sehen konnte, die direkt hinter der Tür in die Dunkelheit führten. Über ihm hing eine alte Lampe, aber die war vollkommen nutzlos - der Strom war hier schon vor etlichen Jahrzehnten abgestellt worden und da hoffentlich nirgends mehr ein Generator von ihm in der Gegend rumstand, konnte man so ziemlich alles, was nicht an seinem Gürtel hing, als Lichtquelle vergessen. Er begann die Treppe hinunter zu schreiten. Vorsichtig stützte er sich an den kalten Wänden ab. Er verspürte nicht die geringste Lust hier zu stürzen und dann von niemandem gefunden zu werden. Eine innere Aufregung ergriff langsam von ihm Besitz. Er spürte, dass ihn ein wohliger Schauer durchflutete, wie ihn kleine Kinder verspürten, wenn sie das erste Mal hinab in einen dunklen Keller gingen. Ja, in solchen Momenten fühlte er sich immer in seine Jugend zurückversetzt. Er liebte diese Atmosphäre des Alten, Geheimnisvollen. Wieviele Menschen mussten hier zur Zeit des zweiten Weltkrieges Schutz gesucht haben ? Wieviele waren nicht lebendig wieder herausgekommen - hier unten gestorben ?
- Man, werd jetzt bloß nicht sentimental - dachte er, als er die letzte Stufe hinter sich gebracht hatte und den hellen Strahl seiner Lampe nach vorne richtete. Der Lichtkegel erhellte einen etwa zwanzig Meter langen Gang vor ihm und brach sich dann an einer Wand. Dort hinten schien der Tunnel in einer T-Kreuzung zu münden.
Er schritt los. Der Lichtstrahl erzeugte bizzare Schattenspiele an den rauhen Wänden.
Er erreichte die Gabelung und nahm den linken Weg, der laut der alten Pläne dieser Anlage, in Richtung der Hauptversorgungsräume führte. Den Plan kannte er mittlerweile in- und auswendig. Er war ja beinahe jeden Tag hier unten gewesen. Hatte dafür gesorgt, dass der Zeitplan eingehalten wurde. Manchmal mußte man seine Arbeiter schon ein wenig antreiben. Für ausreichend Motivation sorgen. Er hielt nicht viel von seinen Angestellten. Er war ein Mensch, der lieber immer alles alleine machte. Er vertraute niemals auf die Arbeit eines Anderen. Darum war er ja heute auch nochmal hier - um zu sehen welche Schusseligkeiten sich seine Jungs erlaubt hatten. Morgen würde die ganze verdammte Lokalpresse da oben stehen und zusehen wie seine Maschinen das Erdreich füllten. Da durfte nicht das Geringste schiefgehen.
Nach der Biegung nahm der Gang einen halbrunden Verlauf, bis er nach weiteren zwanzig Metern in den ersten größeren Raum führte. Es handelte sich um einen Lagerraum für Trinkwasser. Hier stand an der hintersten Wand noch ein alter Wasserkessel, den man aus Kostengründen nicht demontiert hatte. Als die Lampe den Tank traf, dachte er noch, wie gewaltig diese Konstruktion war. Wieviel Arbeit Menschen sich hier gemacht hatten und das zu einer Zeit, die wir uns heute kaum mehr vorstellen können. Eine Zeit voller Entbehrungen und des Mangels.
Er schritt bis in die Mitte der grossen Halle und nahm den Kopf in den Nacken. Mit der MagLite leuchtete er die Decke ab. Das Licht fiel auf die Unterseite der ersten Stahlverplombung. Da oben würde morgen ein gewaltiger Schlauch eingeführt werden und diesen Raum mit einem schnell härtenden Beton füllen. Langsam ließ er seinen Blick herumschweifen, der starke Strahl der Lampe folgte ihm.
Der Lichtkegel fiel über alte Rohre, hölzerne Sitzbänke an den Wänden und einem roten Schriftzug an der Wand, welcher noch erstaunlich gut zu lesen war. Dort stand in Sutterling geschrieben „Wasserversorgung 1- Abschnitt 1“.
- Hervorragend - dachte er. Hier war alles sauber. Leise glitt ihm ein Lob für seine Arbeiter über die Lippen. Alles war so vorbereitet wie in der Projektplanung besprochen. Die Verbindungstüren hatte man alle entfernt, damit die zähflüssige Masse morgen ungehindert von einem Bereich zum Nächsten kriechen konnte.
Er richtete die Lampe wieder nach vorne und schritt in den nächsten Verbindungsgang. Dieser war die Primärverbindung, die einmal um den gesamten Komplex führte. Von hier zweigten viele Gänge ab, die in den inneren Bereich führten, wo sich die Luftversorgung befand. Nach einigen Minuten, die er vorbeilief an nackten Türöffnungen, die wie gähnende Schlünde aussahen, kam er erneut an eine Stelle, an welcher über ihm ein weiterer Stahlverschluss war. Wieder richtete er das Licht der Lampe nach oben und begutachtete die Bohrung. Sie war zu seiner Zufriedenheit mit großer Präzision ausgeführt worden.
„Wenn das hier alles reibungslos klappt, dann kriegen die Jungs n` Bonus von mir“, entfuhr es ihm leise.
Wieder drehte er den Kopf in Richtung der nächsten Vebindung, als er wie angewurzelt stehen blieb.
Er hatte plötzlich ein deutliches Summen vernommen. Ein Summen, wie von einer alten Leuchtstoffröhre - aber das konnte hier unten unmöglich sein. Er versuchte gerade die Richtung zu orten, als dieses Geräusch wieder verschwand. Die innere Anspannung war mit einem Mal wieder vollends erwacht.
Er spürte wie sich seine Nackenhaare aufrichteten und ein kühler Schauer durch seine Glieder lief.
Es war jedoch nichts mehr zu hören. Eine bedrückende Stille machte sich wieder in dem dunklen Gang breit.
„Jetzt fängst du auch noch zu spinnen an.“ sprach er leise zu sich selbst. Der Klang seiner eigenen Stimme begann gerade ihm wieder etwas Sicherheit zu geben, als der seltsame Summton erneut erklang - deutlicher noch als zuvor.
„Scheisse Mann! Was ist das ?“ entfuhr es ihm nun deutlich lauter. Er drehte den Kopf in alle Richtungen, versuchte angestrengt zu horchen, von wo dieses Geräusch kam. Die Quelle des Summtons schien ein paar Meter hinter ihm zu liegen. Langsam schritt er den Gang wieder zurück. Das Summen wurde etwas lauter, schien nun direkt aus der Wand vor ihm zu kommen. Er fragte sich, warum keinem seiner Arbeiter das aufgefallen war, als sie hier unten die Türen entfernt hatten. Andererseits war es natürlich möglich, dass die eingesetzten Generatoren zur Lichterzeugung, dieses Geräusch übertönt hatten. Mit einem Mal trat wieder Stille ein. Es schien ein bestimmter Intervall zu sein, in welchem sich das Phänomen wiederholte.
Er nahm die MagLite von seinem Gürtel und begann damit vorsichtig die Wand abzuklopfen - und tatsächlich - mit einem Mal klang es seltsam hohl. Dieser Teil der Tunnelverschalung war eindeutig nicht massiv. Jetzt wich die Angst zunehmend einer untriebigen Neugier.
Er öffnete den Werkzeugkoffer, den er neben sich auf den kalten Boden gestellt hatte und began nach einem passenden Utensil zu suchen. Ein schweres kurzes Stahlrohr mit einem abgeflachten Ende, welches er normalerweise als Brecheisen verwendete, fiel ihm sofort ins Auge. Mit dem Stahlrohr in seiner rechten Hand begann er auf die Wand einzuschlagen. Eigentlich dachte er, dass das nicht allzu viel bringen würde. Da schien zwar ein Hohlraum vorhanden zu sein, aber die Bauschicht davor konnte durchaus noch mehrere Zentimeter dick sein. Bereits der erste Schlag liess jedoch einen großen Teil des Putzes wegbrechen und gab den Blick auf ein darunterliegendes Stück Holz frei. Hier hatte irgendjemand offenbar eine vorhandene Öffnung in der Wand einfach mit einer Holzabdeckung versehen und anschliessend verputzt und überstrichen, damit das ganze dann wie ein Stück der Tunnelstruktur aussah. In diesem Moment setzte auch wieder das Summen ein. Es war nun eindeutig - der Ursprung des Geräusches schien hinter der Holzverkleidung zu liegen.
Immer und immer wieder drosch er auf das alte Material ein. Die Verkleidung war schon ziemlich ausgetrocknet und brach in immer größer werdenen Stücken ab. Dann war eine kleine Öffnung entstanden, durch die ein kalter Luftzug fiel. Wie konnte es hier unten einen Luftzug geben ? Nach weiteren zehn Minuten war die Öffnung gross genug, dass er hineinfassen konnte. Er griff mit beiden Händen hinein und legte sich mit seinem gesamten Körpergewicht nach hinten. Das Holz begann bedächtlich zu knarren und zu stöhnen, dann gab es mit einem lauten krachenden Geräusch nach.
Putz rieselte auf ihn herab, als er wie ein nasser Sack nach hinten fiel und es ihm erst im allerletzten Moment gelang sich abzustützten. Vorsichtig hob er den Blick auf die Öffnung in der Wand. An den Seiten waren noch die Überreste eines Türrahmens zu erkennen. Hier war also ursprünglich ein Durchgang gewesen, den man in aller Eile verschlossen hatte. Hinter dem aufgestemmten Loch war es stockdunkel und der leichte Lufthauch roch alt und modrig. Kaum hatte er sich aufgerappelt,nahm er die Stablampe wieder in die Hand, deren Lichtschein unter einem der grossen Bretterstücke hervorleuchtete. Die Lampe war -Gott sei Dank- unbeschädigt geblieben. Ihm wurde erst jetzt bewusst, dass er in völliger Dunkelheit hier wahrscheinlich nicht mehr herausgefunden hätte. Diese Vorstellung fuhr ihm tief in die Magengrube, jedoch nicht so tief, wie der Anblick, der sich ihm wenige Sekunden später bot. Er hatte den Lichtkegel der MagLite auf die entstandene Öffnung gerichtet und blickte nun vollkommen entsetzt in die weit aufgerissenen Augen eines Menschen.
Das Licht seiner Lampe hatte ein Gesicht aus dem Dunkel gerissen, welches jenseits der Öffnung herrschte. Er stand völlig regungslos da - konnte seinen Blick nicht von dieser grauenhaften Szene abwenden. Alles was ihn umgab schien in den Hintergrund zu treten. Da stand tatsächlich ein junger Mann in dem Raum hinter dem aufgestemmten Loch. Das Gesicht des Unbekannten wirkte wie eingefroren. Die Augen waren entsetzlich weit aufgerissen, sie schienen ihn in blanker Panik anzusehen - aber keinerlei Regung ging von diesem Blick aus. Langsam liess er den Lichtstrahl nach unten gleiten und sah, dass der Körper des Unbekannten in eine Wehrmachtsuniform gekleidet war.

Dann setzte das Summen wieder ein - und diesmal war es laut, sehr laut. Die Luft in dem anderen Raum, die durch den Strahl seiner starken Lampe durchschnitten wurde, schien mit einem Mal zu flimmern und leicht zu glühen. Das war unglaublich was hier geschah. Etwas nicht fassbares schien noch auf der anderen Seite zu sein.
Vorsichtig näherte er sich dem Durchgang, vermied es jedoch nocheinmal in das Gesicht des jungen Soldaten zu sehen - der Blick dieser Augen war einfach zu entsetzlich. Dann sagte er leise : „Hallo - Hallo, wer sind Sie ?“. Es erfolgte keinerlei Reaktion. Da stand ein Mensch aufrecht vor ihm und rührte nicht den kleinsten Muskel, als wäre er zur Statue erstarrt - und immer wieder dieser grauenhafte Ton, der einem durch Mark und Bein ging. „Hallo, sagen Sie doch was. Was ist mit Ihnen ? Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“. Vergeblich, nichts rührte sich. Der Summton verschwand wieder. Langsam kletterte er durch die Öffnung und bewegte sich auf den reglosen Körper zu.
Den Strahl der MagLite vor sich herschwenkend bewegte er sich dicht an der Wand entlang. Wie gross mochte dieser Raum sein ? Es war schwer abzuschätzen, aber offenbar gab es von hier keine weiteren Abzweigungen. Die Wände dieses Zimmers waren auch nicht verputzt worden, man konnte den rauhen Stahlbeton sehen, aus dem sie gegossen wurden. Der Soldat stand in der Nähe des Einganges, den man unter so seltsamen Umständen wieder verschlossen hatte. Warum hatte man ihn hier zurückgelassen ? Wieso rührte er sich nicht und was noch seltsamer war - warum war er überhaupt nicht gealtert ? Er spürte dass mit jeder Frage, die er sich stellte, das Grauen größer wurde, das er empfand. Dann jedoch fasste er seinen gesamten verbleibenden Mut zusammen und ging näher an den Soldaten heran. Vorsichtig streckte er seinen Arm aus. Noch wusste er nicht genau was er tun sollte, aber vielleicht würde sich ja eine Reaktion ergeben, wenn er den reglosen Körper berührte.
Eine Reaktion erfolgte tatsächlich - noch bevor seine Fingerspitzen den Stoff der Uniform erreicht hatten.
Jedoch betraf der folgende Vorgang mehr seinen eigenen Körper, als den des Unbekannten.
Plötzlich überkam ihn eine überwältigende Übelkeit. Alles in ihm schien sich zusammenzuziehen, er wurde von einem Schwindelgefühl erfasst, dass er so noch nie verspürt hatte. Dann setzte der durchdringende Ton wieder ein - die Luft im Raum begann erneut zu flimmern.
Eine eisige Kält erfasste seinen gesamten Körper. Er hatte gerade seinen Blick wieder auf das Gesicht des jungen Soldaten gerichtet, als eine bleiernde Schwere in seine Glieder kroch. Er konnte sich nicht mehr rühren. Keinen Finger, nicht einen einzigen Lidschlag.
Die MagLite, welche ihm aus der Hand gefallen war blieb in der Luft stehen, als wäre sie an unsichtbaren Schnüren aufgehängt worden.
Langsam begann er zu begreifen, aber die Erkenntnis kam zu spät für ihn. Ein letztes Mal gelang es ihm unter größter Anstrengung seinen Kopf zu senken und einen Blick auf seine Uhr zu werfen. Die digitale Anzeige stand starr auf 16:50 Uhr und 32 Sekunden.
Er steckte mitten in einer zeitlosen Zone. Hier konnte sich nichts bewegen. Innerhalb dieses Feldes existierte die Zeit einfach nicht. Vermutlich gab es dieses Naturphänomen hier schon immer - tief unter der Erde verborgen. Die Baumeister dieser Anlage hatten es freigelegt und dieser Soldat war das erste Opfer geworden.
Viele Jahre lang wurde dieses Geheimnis gehütet - in aller Eile wieder verscharrt hinter einer ordinären Holzwand. Jetzt steckte er hier drin - unfähig sich zu rühren.
Eine tückische Falle, denn jeder, der versuchte ihm zu helfen - wenn jemand hier herunterkommen würde - würde ebenfalls in dieses Spinnennetz geraten.
Er spürte wie sein Bewußtsein träge wurde. Sein Stoffwechsel kam zum Erliegen. Seine Körperfunktionen wurden auch nicht weiter benötigt, denn da sich die Zeit hier ja nicht bewegte, konnte er auch nicht an Organversagen sterben.
Die letzten Gedanken, die sich durch sein erstarrendes Gehirn quälten, waren: Wie lange dieser Soldat hier schon gefangen sein mochte und welche Qualen dies bedeutete.
Dann setzte sein Denken aus. Nur noch einzelne Eindrücke erreichten ihn. Er sah das Licht seiner Stablampe, dass in Richtung des Durchganges leuchtete - vermutlich bis in alle Ewigkeit, da sich auch die Batterien nicht mehr entladen würden. Erst jetzt wurde im bewußt was es heissen sollte - bis in alle Ewigkeit - und diese Erkenntnis war in ihrer Konsequenz eine alles auslöschende Furcht. Er existierte nur noch in einem einzigen Augenblick - für immer.

Die Nacht kam und ging. Draussen brach der Morgen wieder an. Vereinzelt drangen dröhnende Geräusche an sein Ohr - die Pumpen kamen.
Überall innerhalb des Bunkers flutete mit einem Mal Tageslicht durch die engen Gänge. Die Stahlplatten wurden entfernt und riesige Schläuche angeschlossen.
Ganz undeutlich erreichten ihn Stimmen von der Oberfläche. „Hiermit übergeben wir dieses Bauwerk einer neuen Zeit. Das Alte endet heute, damit wir sorgenfrei in eine bessere Zukunft blicken können.“ Dies war die Stimme des Neusser Bürgermeisters Herbert Napp, die sonor durch die Tunnel hallte.
Dann setzte ein Lärm wie von tausend Flugzeugmotoren ein, der von überall zu kommen schien.
Langsam quoll eine zähflüssige Masse durch die freigelegte Öffnung in der gegenüberliegenden Wand.
Die Verfüllung der alten Bunkeranlage begann. Angst - blinde ausfüllende Panik war alles was er noch zu fühlen imstande war. Der graue Tod kroch durch die Gänge.

 

Hallo KlatuVerataNectu!

Deine Geschichte beginnt spitzenmässig, und ich finde sehr wohl, dass sie spannend ist, und zwar sehr. Auch das mit dem Hohlraum und dem erstarrten Soldaten ist gruselig. Man weiss als Leser zwar, dass den Mann irgendwas holen wird, aber halt nicht, wie.
Ich fand die Geschichte fast perfekt und habe mich schon darauf vorbereitet, sie zu empfehlen, dann hast du aber leider alles verdorben, und zwar mit dieser Erklärerei über Zeitlöcher. Wie soll dieser Betonbaumensch denn eine Ahnung von sowas haben? Besonders, wenn die Wissenschaft derlei noch nicht entdeckt hat. Und auch sonst ist es mir nicht ganz klar, wieso nur sein Körper eingefroren wird und nicht auch die Gedanken. - Und warum sucht ihn keiner, bevor man den Beton anfängt, da reinzupumpen? In der Hinsicht wäre es ein interessanteres Ende, wenn er ohnmächtig wird und zehn Millionen Jahre später von intelligenten Insekten-Wissenschaftlern wieder "aufgetaut" werden würde, hihi. Die können ihm dann ja das Phänomen mit dem Zeitloch erklären.
Jaja, ist gut, ich halt ja schon meinen Mund...

Liebe Grüsse
Arry

 

Ja hallo erstma an dieser Stelle (vorab muss ich mich entschuldigen, dass ich so selten dazu komme hier reinzusehen und mal eine Antwort zu schreiben-das ist aber net bös gemeint)

Das mit dem Spannungsaufbau scheint mir so ein wenig von dem abzuhängen was man beim Lesen der Geschichte erwartet - so deute ich jetzt mal die zwei verschiedenen Meinungen (aber ich gebe zu, da hätte ich auch noch mehr versuchen können. Aber es war mir wichtig, die Geschichte nicht so lang werden zu lassen, da ich versucht habe den Plot wirklich noch als Kurzgeschichte unterzubringen. Hierzu gehört auch das Phänomen, dass mein Prot eben unbekannt bleibt und nur die nötigsten Charaktereigenschaften erklärt werden.)
Vielleicht hätte das Thema mehr hergegeben-aber naja - ich versuchs halt mal in meiner nächsten Geschichte, da ein wenig mehr rauszuholen - aber ich bin halt nur Gelegenheitsschreiber.
Die Sache mit den Rechtschreibfehlern ist noch schwer verbesserungswürdig, aber ich habe das Problem, je öfter ich meine Geschichten selber durchlesen muss (um sie zu korrigieren) - umso schlechter gefallen sie mir nachher und dann überleg ich mir immer, ob ich sie dann noch hier reinstellen soll, deshalb lese ich sie immer nur so oft wie absolut nötig.
Aber kurz möchte ich noch Stellung nehmen, woher der Prot wußte, dass es ein Zeitphänomen ist und warum keiner nach ihm suchen wird:
Zu ersterem ist zu sagen, dass der Blick auf seine Uhr und die schwebene Taschenlampe diese Erkenntnis in seinem Kopf verfestigt haben - ich bin da mit der Formulierung ein bischen zu weit gegangen, geb ich ja zu.
Suchen wird ihn ferner deshalb keiner, weil keiner weiss, dass er noch da unten ist - denn es war ja seine eigene Schmarotte, sich seine Baustellen immer nochmal allein anzusehen, bevor sie abgeschlossen wurden. Vermutlich wurde er bei der Einweihungsfeier an der Oberfläche vermißt, aber das war halt nicht Bestandteil der Geschichte - ich wollte den Plot unten im Bunker beenden und nicht oben bei den Gästen - ich fand das irgendwie spannender.

Naja, jedenfalls hab ich mich sehr über die Kritiken gefreut. Und wie gesagt - Sorry, dass ich mich erst so spät gemeldet habe.

 

PS: Die Insektenwissenschaftler konnten von ihrem Fund nicht mehr berichten, sie haben sich zu den anderen Beiden im Beton gesellt - hehehe...

 

Hallo KlatuVerataNectu!

Zunächst mal herzlich willkommen auf kg.de! :)

Ich möchte mal nicht mit der Geschichte beginnen, sondern mit deiner Aussage darunter:

Die Sache mit den Rechtschreibfehlern ist noch schwer verbesserungswürdig, aber ich habe das Problem, je öfter ich meine Geschichten selber durchlesen muss (um sie zu korrigieren) - umso schlechter gefallen sie mir nachher und dann überleg ich mir immer, ob ich sie dann noch hier reinstellen soll, deshalb lese ich sie immer nur so oft wie absolut nötig.
Sei mir bitte nicht böse, aber genau das hast du hier meiner Ansicht nach nicht gemacht. Es sind noch sehr viele Fehler im Text und auch etliche unschöne Formulierungen. Weiteres Korrekturlesen bzw. Überarbeiten wäre dringend nötig gewesen.
Wenn dir eine Geschichte beim Überarbeiten nicht gefällt, dann überleg dir doch, warum sie dir nicht gefällt. Vielleicht kommst du dabei auch mal zu dem Ergebnis, dass eine Geschichte nur für den Papierkorb taugt – das gehört zum Schreiben dazu.
Wohlgemerkt: Diese Geschichte taugt nicht nur für den Papierkorb, aber überarbeiten solltest du sie schon noch mal, vor allem sprachlich.

Und nun zur Geschichte:
Der Plot ist nicht gerade ein Reißer, aber allemal interessant genug, um daraus eine passable oder gute Kurzgeschichte zu machen.

Den Aufbau fand ich eigentlich ganz okay. Was mir ein bisschen gefehlt hat, war das Mitfühlen mit dem Protagonisten. Wenn du ihn zu Beginn der Geschichte ein wenig charakterisiert und vielleicht sympathisch dargestellt hättest, wäre das mir persönlich leichter gefallen.

Deine Sprache ist manchmal etwas umgangssprachlich. Daran könntest du noch ein wenig arbeiten.
z.B. „da hoffentlich nirgends mehr ein Generator von ihm in der Gegend rumstand.“
>>> „da hoffentlich keiner seiner Generatoren mehr in der Gegend herum stand.“

„Dort hinten schien der Tunnel in einer T-Kreuzung zu münden.“
>>> in eine T-Kreuzung

„Er schritt los.“
>>> „schreiten“ würde ich hier nicht verwenden. Man „schreitet zur Tat“ , aber man geht los oder läuft los oder rennt los.
„Schreiten“ verwendest du außerdem recht häufig:
„Er schritt bis in die Mitte der grossen Halle und nahm den Kopf in den Nacken. ...
Er richtete die Lampe wieder nach vorne und schritt in den nächsten Verbindungsgang.“

Deine wörtliche Rede passt auch nicht immer:
„ „Jetzt fängst du auch noch zu spinnen an.“ sprach er leise zu sich selbst.“
>>> So ist es richtig:
„Jetzt fängst du auch noch zu spinnen an“, sprach er leise zu sich selbst.

Mit einem Mal trat wieder Stille ein. Es schien ein bestimmter Intervall zu sein, in welchem sich das Phänomen wiederholte.
Er nahm die MagLite von seinem Gürtel und begann damit vorsichtig die Wand abzuklopfen - und tatsächlich – mit einem Mal klang es seltsam hohl.“
>>> Formulierung wiederholt sich in kurzem Abstand
(Sowas erkennt man am besten, wenn man vor der Überarbeitung etwas Zeit verstreichen lässt und damit Abstand zum eigenen Text gewinnt.)

„Er stand völlig regungslos da - konnte seinen Blick nicht von dieser grauenhaften Szene abwenden.“
>>> anstatt zu sagen, dass die Szene grauenhaft ist, solltest du versuchen, die Szene so zu beschreiben oder zu gestalten, dass der Leser das Grauen selbst spürt. Das ist bei Horrorgeschichten sehr wichtig, sonst wirken sie nicht.

Und was die vielen Fehler betrifft:
Wenn du deine Geschichten im WORD schreibst, könnte dir die Rechtschreibprüfung helfen. Ich hab deinen Text ins WORD kopiert – und aufgrund der vielen roten Unterstreichungen sofort gesehen, dass es da einiges zu tun gibt. ;)

Also nicht entmutigen lassen und bitte bitte Geschichten immer sorgfältig überarbeiten – ohne das geht’s nicht.

Viele Grüße
Christian

 

Ja ja - ich sehe schon unter welch gestrengen Augen, die Blüten meiner Phantasie zerpflückt werden...
(nee Scherz beiseite);
Klar sind nicht immer alle Geschichten gut, ich habe ja auch schon etliche wieder verworfen, oder zigmal neu begonnen. Ich werde mir die Kritik zu Herzen nehmen und die Geschichte nochmal gründlich unter die Lupe nehmen.
Jetzt am Wochenende hab ich auch wieder etwas mehr Zeit hier reinzuschauen. Auch bei Dir möchte ich mich entschuldigen - criss, dass ich mir solange Zeit genommen habe zu antworten, aber ich komm da im Moment kaum zu.
Gruss - Klatu

 

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