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Als Koslowski mit Dreifuffzich die Welt rettete

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14.05.2005
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Als Koslowski mit Dreifuffzich die Welt rettete

Als Koslowski mit Dreifuffzich die Welt rettete

„Aussehen? Größe? Wann und wo verloren?“ Amtsinspektor Ackermann brachte die Angaben des Petenten zu Papier ohne aufzublicken. Jenseits der Sicherheitsglasscheibe in der Fundbüro-Außenstelle Altona-Süd trat Gott verlegen von einem Fuß auf den anderen und versuchte, die Erinnerungsfetzen der letzten Nacht in Einklang zu bringen. Vergeblich.
Trotz der Ermahnungen seines Torwächters Petrus war er am Vorabend mit einigen Heiligen auf Sauftour gegangen. Der Barmherzige Atergo, Schutzpatron der Hafendirnen und Gehenkten, hatte sie in einige üble Kaschemmen geschleppt und auf Teufelkommraus Lokalrunden geschmissen. Dann hatten sie die Zeche geprellt und waren weiter um die Häuser gezogen. Was soll’s hatte sich der Liebe Gott gedacht. Immer nur ehrbar sein is flau wie Engelsfürze.
In der ersten Kneipe hatte Gott sich noch ein bißchen geziert. Aber dann hatte ihn der Heilige Brandisius, der einst von seinen Peinigern im Zirkus Maximus in Avernerschnaps eingelegt und angezündet worden war, und deswegen auch nach zweitausend Jahren noch immer wie ein Straßenpenner der besonders penetranten Art roch, in die süße Welt des billigen Fusels eingeführt.
Beim fröhlichen Stiefelsaufen waren sie sich dann näher gekommen: Der Liebe Gott und die dralle Erika, die mit ihrem pudelblonden Falschhaar und den viel zu langen Wimpern auf Vierzig machte, während die Jahresringe unter ihren Augen ihr wahres Alter in die Welt schrieen.
Gott hatte Erika von den Schwierigkeiten erzählt, ein ganzes Universum zu erschaffen, was er so über den Nahostkonflikt dachte und wieso er Bayern München hasste. Und Erika hatte Gott vom letzten Winter berichtet, den sie mit ihrem bierbäuchigen Manchmal-Lebensgefährten auf einem Campingplatz bei Allicante verbracht hatte. Dann waren sie abgezogen und Gott hatte draußen auf der Straße noch ein paar Choräle geschmettert und dazu mit einem alten Besenstiel den Takt des River-Kwai-Marsches auf Mülltonnen intoniert – viel zu laut für die späte Stunde und leider in hörbar falscher Tonlage. Und weil Gott nicht gleich um die Ecke wohnte, waren sie zu Erika gegangen. Das war alles, was der Herr der Himmels noch wußte. Irgendwo hier oder bei Erika musste er sie also verloren haben.
Ackermann blickte von seinem Formular auf. „Dann werden wir einmal die Neuzugänge der letzten Nacht sichten. – Wenn Sie bitte so lange warten wollen.“ Der Beamte rückte seine Brille zurecht und ging gemessenen Schrittes und mit der Würde seiner Besoldungsgruppe in die benachbarte Fundsichtungsstelle um sich dort in aller Ruhe sein zweites Frühstück zu gönnen: Butterstullen mit doppelt Leberwurst und dazu lauwarmen Hagebuttentee.
Kaum zwei Stunden später – der liebe Gott hatte sich zwischenzeitlich nervös Finger- und Fußnägel heruntergekaut – kam Ackermann wieder zum Vorschein. In einem halbdurchsichtigen Plastikbeutel trug er die Erde vor sich her. „Ist sie nicht strahlend schön?“, dachte der liebe Gott. Noch immer war er stolz auf sein Jugendwerk, mit dem er einst den Künstlernachwuchspreis beim großen Kreatoren-Happening gewonnen hatte.
„Das macht dann Dreifuffzich Bearbeitungsgebühr.“ Mit einem kräftigen Ruck schob Ackermann die Geldaufnahmeschublade unter dem Sicherheitsglas nach vorn und wies auf das darunter liegende Formular. „Und hier, hier und hier bitte unterschreiben.“
Gott erbleichte. Der Schöpfer des Himmels und der Erde hatte auch seine Geldbörse verloren. Wahrscheinlich war sie ihm irgendwo zwischen Reeperbahn und Blauem Klaus aus den unpraktisch großen Taschen seines Kittels entglitten oder von einer diebischen Bordsteinschwalbe bei einer flüchtigen Umarmung entwendet worden. Verlegen tastete Gott seine Hemdtaschen ab und nuschelte schließlich mit erkennbarer Röte im Gesicht: „Habbich nich“. Hinter ihm hatte sich bereits eine Schlange gebildet, ungeduldiges Räuspern war zu hören.
Ackermann zog mit kühler Geste die Geldaufnahmeschublade zurück auf seine Seite der Glasscheibe. „Annahme durch Eigentümer verweigert“, kreuzte er auf dem Formular an. In kleinen maschinengedruckten Lettern stand darunter. „Fundgegenstand fällt an den Finder der Sache.“ Ackermann winkte einem Herrn der sich bisher im Hintergrund gehalten hatte und nun herüber humpelte: „Nehmen Sie als Finder den Fundgegenstand an? Dann müssten Sie allerdings noch einige Formulare ausfüllen“ – „Klar“, sagte der Teufel und wollte gerade umständlich seine Krokodilslederbörse zücken, als Koslowski, der direkt hinter Gott in der Schlange stand, der Kragen platzte.
„Nun geben’se dem alten Mann doch seinen Beutel“, schnaufte er. „Sonst stehen wir morgen noch hier.“ Mit Gönnermiene zog er einen 5-Euro-Schein aus dem Portmonee und drückte ihn Gott in die Hand. Überglücklich nahm Gott den Schein, reichte ihn Ackermann hinüber und nahm im Gegenzug die Welt in Empfang. Und während der Teufel sich wutschnaubend in einer Wolke aus Dreck und Schwefel in den Orkus verabschiedete, kullerten Gott Freudentränen über die Wangen. Dankbar und gerührt ernannte er Koslowski spontan zum Erzbischof von Abessinien.
Schade. Koslowski war Atheist.

 

Hallo Karendric,

ich kann mich FlicFlac nur anschließen.

Man kann ihr verschiedene Aussagen entnehmen. Ich für meinen Teil finde das der Bürokratismus tatsächlich in der Lage ist die Welt zu zerstören.
Ich hoffe nur das du das auch gemeint hast, sonst habe ich ein Verständnisproblem :D

netten Gruß
Michael

 

Hallo Michael,

doch, doch. Du hast die zentrale Aussage schon richtig verstanden. Auch wenn ich hier zugegebenermaßen weniger den Zeigefinger erheben, als vielmehr das verehrte Publikum ein wenig mit der Geschichte unterhalten wollte. Das ist doch erlaubt bei Satire, oder?

Welche Aussagen hast du denn noch im Text gefunden, wenn ich fragen darf?

Gruß,
Karendric

 

Genial!
Hab die Geschichte grad Kit vorgelesen. Absolute Weltklasse, kann ich nur sagen.

 

Hallo Karendric!

Naja, viel mehr habe ich auch nicht anzufügen: Sehr tolle Geschichte, Respekt.
Genau wie ich es mag.

In diesem Sinne
c

P.S.: Der Titel ist super.

 

Hallo Karendric!

Mit Gott hastes wohl, hm? :D

was der Herr der Himmels
des

mit dem er einst den Künstlernachwuchspreis beim großen Kreatoren-Happening gewonnen hatte.
:rotfl:

Herrlich geschrieben! Mensch hab ich mich unterhalten gefühlt! :thumbsup:
Der Schluß ist großartig!

Gruß

 

:rotfl:

Ganz so euphorisch wie der Webmaster, auf dessen Empfehlung hin ich die Geschichte überhaupt erst gelesen habe, bin ich zwar nicht, aber ich finde auch, dass die Geschichte sehr gut geschrieben ist, mit genau dem richtigen Schuß Humor. Dein Absicht, das Publikum unterhalten zu wollen, ist dir zumindest bei mir geglückt :thumbsup:
Tja, und wenn sie nicht schon empfohlen worden wäre, würde ich das jetzt tun :D

Gruß
George

 

Auch wenn ich hier zugegebenermaßen weniger den Zeigefinger erheben, als vielmehr das verehrte Publikum ein wenig mit der Geschichte unterhalten wollte. Das ist doch erlaubt bei Satire, oder?

Doch, doch! Wenn eine Satire zufällig mal auch unterhaltend ist, dann nehmen wirs gerne hier auf dem Satireboard hin. Da ergeben wir uns in unser Schicksal. :D

Gut, mit deiner süffisanten Art, unser Beamtentum aufs Korn zu nehmen, hast du zwar keinesfalls einen besonders innovativen Plot gewählt, jedoch die Umsetzung ist dir dafür um so interessanter gelungen. Deine Geschichte ist insoweit ein beredtes Beispiel dafür, dass man ein althergebrachtes Thema durch eine frische und stilistisch gute Verpackung jederzeit neu auf den Markt bringen kann. :thumbsup:

Nachdem unser aller Webmaster deine Story nicht nur gelobt, sondern aus dem Stand
in die Empfehlungsliste gehievt hat, im übrigen sehr verdientermaßen, bleibt dem Fussvolk allerdings nicht mehr viel Spielraum an deinem Text zu kritteln. Blöderweise gibt es auch nichts zu bemängeln. :D

Tja, von dieser Sorte Texte nehm ich gerne hier auf!

Lieben Gruß
lakita

 

Ja, man kann wirklich niy bemängeln...DAS HASSE ICH!!!!!!!!!!!!!!!!!!! ;-) Scherzle

 

Wäre ich ein strenger Christ,
würd ich sagen "Großer Mist!"
Zuviel der Blasphemie
verdrängt Bürokratie.
Doch wenn auch Gott darüber lacht,
dann hastes doch ganz gut gemacht!

 

Hi Karendric,

ich denke, dass auch Christen über deine Geschichte schmunzeln können. Ich jedenfalls konnte es.
Man könnte natürlich in der geschichtsinternen Logik fragen, wo die Geschichte überhaupt spielt. Es ist ja fast ein Paradoxon, dass Gott auf der Erde die Erde verloren und in einem Fundbüro für 3,50€ wieder abholt. Aber vielleicht fällt mir das auch nur so auf, weil ich mir diesen Hang zur Bürokratie halt bei niemandem anders als bei den Erdenmenschen vorstellen kann. ;)

Lieben Gruß, sim

 

Wunderbar :lol: :lol: :lol:

Normalerweise hasse ich es, mich in irgendwelche Lobesschlangen einzureihen, aber bei dem Text kann ich nicht anders :D

Und beinahe hätte ich noch rumkritisiert, dass der Text gut und gerne schon hinter

zog er einen 5-Euro-Schein aus dem Portmonee und drückte ihn Gott in die Hand.
hätte enden können, aber dann wäre uns dieser wahrhaft gelungene Abschlussgag entgangen.

sehr schön... *dummgrinsenddavonschreit*

lg
Hagen

 

Hallo Karendric,

die Geschichte ist super, aber das wurde ja schon zur Genüge kundgetan. Ich wollte eigentlich nur noch hinzufügen, dass ich mich bei dem Begriff "Gönnermiene" in dem Zusammenhang gar nicht mehr einkriegen konnte.

Freue mich schon auf weitere Geschichten von dir. :)

Gruss
kaipi

 

Hallo Karendric,

Juhuu, ein Hamburger!
Da sage noch einmal wer, die hätten keinen Humor!
Zum brüllen lustig die Geschichte, und zielt auf meine beiden Lieblingsfeinde: Religion und Beamtentum!

Nur zwei Dinge fand ich nich so dolle - der Bayern München Gag war mir dann doch zu platt, für den feinen Schliff des restlichen Textes!
Und den Blauen Klaus kenn ich nicht, allerdings den Blauen Peter...
Fehler deiner-, oder Unkenntnis meinerseits?

Ansonsten wie gesagt: Very funny, danke für die Lachsalven!

Gruß,
Huutini!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Huutini,

den Gag mit Bayern München habe ich verwendet, um zu zeigen, dass Gott auch ganz alltäglich Gefühle hat. Ich selbst habe eigentlich nichts gegen den Club, bin nicht mal Fußballfan.

Der Blaue Peter ist bei mir um die Ecke. Wenn ich morgens zur Arbeit gehe, torkeln mir die Gäste immer entgegen. Aber ich hab' den Kneipennamen ein bißchen verfremdet. Nicht dass mich der Kneipier eines Abends besucht und zur Rede stellt. :Pfeif:

Gruß,
Karendric

 

Karendric schrieb:
Der Blaue Peter ist bei mir um die Ecke. Wenn ich morgens zur Abend gehe, torkeln mir die Gäste immer entgegen.
Hey, dann hast du mich ja schonmal gesehen! :D

 

sim schrieb:
Freud? ;)

LOL. Ist korrigiert. Vielleicht sollte ich mir einen Job suchen, in dem ich wirklich früh aufstehen muss. Wir Medienfuzzis pennen ja tatsächlich bis in die Puppen. :)

Huutini schrieb:
Hey, dann hast du mich ja schonmal gesehen! :D

Werde ab sofort alle Menschen umarmen, die mir aus dem Blauen Peter entgegenwanken. Wer mir dann im Gegenzug keine klebt :aua: , ist entweder Huutini - oder ist entweder Huutini nicht (je nachdem, ob du Bayern-Fan bist, oder nicht). :confused:

Gruß,
Karendric

 

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