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Alpträume

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04.05.2009
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Alpträume

Alpträume


Vom Waisenkind zum Psychologiestudenten


Lukas legte die DVD ein. „Michaela Cross, 20; nie gefunden“ stand darauf. Er setzte sich im Schneidersitz vor den Fernseher, Stift und Block lagen bereit für entsprechende Notizen. Es war kein Spielfilm, - den er sich jetzt lieber angeguckt hätte - sondern eine Hausaufgabe, die ihm sein Psychologielehrer aufgegeben hatte. Diese würde über seine Jahresendnote entscheiden, also musste er sich extra viel Mühe geben. „Diese Hausaufgabe handelt von der Psyche von Menschen, die den Freitod gewählt haben. Suchen Sie nach Motiven und werten Sie die Filmsequenzen nach psychischen Störungen aus“. So viel zur Aufgabenstellung. Nun saß Martin vor dem Fernseher und fragte sich, wo der Lehrer das Material überhaupt herhatte, obwohl er dies gar nicht genau wissen wollte. Er hatte wirklich keine Lust auf diese Arbeit, nur wollte er auch seinen „Bonus“ nicht aufs Spiel setzen. Im Heim und ohne Eltern war er aufgewachsen und viele schienen Mitleid mit ihm zu haben. Damals im Heim hatte man ihn eher gemieden, aber heutzutage war irgendwie alles möglich; so wie sein Psychologiestudium, welches von seinem ehemaligen Zuhause bezahlt wurde. Man hatte ihm gesagt, er wäre in einem Programm zur Verbesserung der Bildung von Waisenkindern, aber Lukas hatte irgendwie das Gefühl, dass das Heim ihn loswerden wollte. Dafür bezahlten sie ihm sogar diese Wohnung hier in Berlin, obwohl das Waisenhaus auch nicht gerade weit weg von seiner Uni war.

Lukas hatte dieses Stigma seit er denken konnte; in Heim und Schule hielt man ihn für gewalttätig und so mied man ihn. Grund dafür waren zwei parallel verlaufende Striemen, die seinen Hals zierten, seit er klein war. Man erzählte sich, dass er sich damals mit einem Jungen geprügelt und diesen sogar mit einem Messer bedroht hatte. Auf der Jagd nach diesem armen Kerl war Klein-Lukas gestolpert und hatte sich den Hals aufgerissen. Beim Aufstehen zog er sich dann die zweite Wunde zu. Lukas selbst konnte sich nicht an so was erinnern, hatte aber selbst keine Erklärung für diese Wunde … Dennoch hatten die Gerüchte ihre Wirkung und Lukas wurde geächtet. Dies lag nun einige Zeit zurück und nun wollte er beweisen, dass er es doch zu etwas bringen konnte. Deswegen sagte er auch nicht nein, als man ihm anbot, ein Studium nach seiner Wahl zu belegen. Er entschied sich schnell für Psychologie. Er wollte so die Gründe finden, warum seine Mutter ihn weggegeben und sich nie gemeldet hatte, dass sie lebte war ihm klar; wäre es anders, würde er das spüren. Ohne langes Warten wurde Lukas im Kurs aufgenommen und war mit seinen 19 Jahren der Jüngste in seinem Kurs. Er konzentrierte sich nun auf die Hausaufgabe, damit würde er allen zeigen, was das Waisenkind draufhatte!

Traum 1

Der Film begann: Ein junges Mädchen, keine 20 Jahre alt, saß auf einen Bett und schaute direkt in die Kamera. Sie hatte eine blaue Jeans an und trug einen braunen Rollkragenpullover. Man hätte sie hübsch nennen können, aber die Augen, die von ihrem langen, braunen Haar ummantelt waren, zeigten einen so deutlichen Ausdruck von Angst und schlaflosen Nächten, dass diese ihr sonst makelloses Gesicht komplett entstellten. Sie fing an zu sprechen. Ihre Stimme war klar und ihre Wortwahl schien sehr lange durchdacht worden zu sein: „Meine lieben Freunde, wenn ihr dieses sieht, werde ich für euch tot sein und ihr werdet euch sicher fragen wieso gerade ich mich selbst umgebracht habe. Ich hatte tolle Freunde, keine Frage und alles in meinen Leben war geregelt. Es ist komplizierter als es scheint und dennoch werde ich versuchen es zu erklären.“ Lukas war erstaunt über ihre gesamte Erscheinung und wurde unendlich neugierig. Er wollte unbedingt erfahren, warum sich dieses hübsche Mädchen das Leben nahm. „Alles fing vor ein paar Jahren an“, sprach das seltsame Mädchen weiter, „Ich hatte komische Alpträume von Blut und unerklärlichen Situationen, welche sich oft um irgendwelche satanischen Rituale handelte.“ Sie seufzte kurz auf und sah sichtbar gequält aus. „Ich habe denen nicht sonderlich viel Beachtung geschenkt, ein, zwei Alpträume im Monat das schien mir ganz normal und nach einer Weile hörten sie sogar ganz auf. Ich dachte gar nicht mehr an sie. Doch dann kamen die Alpträume in der letzten Zeit wieder und sie waren realistischer, wie nie zuvor in seiner ganzen Brutalität.“ Michaela schluckte, machte eine kurze Pause, in der es schien als verdrücke sie sich eine Träne, bevor sie weiter sprach: „Ich weiß, dass ich euch diese Alpträume erklären muss und dass ihr in ein paar bösen Träumen lange keinen Grund für meine Tat sieht. Aber es sind keine gewöhnlichen Alpträume! Und gerade zwei von diesen brachten mich zum Wahnsinn!

Beide spielten sich hier in Berlin ab. In einer unbedeutenden kleinen Gasse, die voll mit Graffitis war und in die man sich nicht ohne Begleitung trauen würde. Es ist nicht nur weil der ganze Abschaum Berlins auf engsten Raum dort komprimiert ist, vielmehr ist es die Abwesenheit von Licht, die den Ort so schrecklich macht. Die Häuser sind so hoch und eng zusammengebaut, dass kein Sonnenstrahl hindurch gelangen kann, Laternen, die wenigstens ein wenig Licht hätten spenden können wurden von Rowdys mit Steinen zerstört. Ich ging durch diese Gasse, vorbei an zerschlagenen Fenstern, die mit Brettern provisorisch zugenagelt worden waren. Das letzte Licht des scheuen Mondes hatte ich schon längst hinter mir gelassen und quälte mich nun durch diese dreckige, enge Straße, ohne genau zu wissen wohin. Endlich erreichte ich das Ziel meiner Füße, es war ein scheinbar normaler Hausaufgang. Er sah nicht anders aus, als die anderen hier. Der Aufgang trug die Nummer 17. Schon beängstigend, dass ich mir das bis ins kleinste Detail merken konnte. Es war ein weißer Kasten der vor ewiger Zeit bestimmt auch Licht abgegeben hat und eine schwarze Schrift verriet mir die Hausnummer. Die Tür war weiß und in der Mitte war Milchglas, welches auch schon Risse hatte. Meine Hände drückten die Tür auf. Sie war nicht abgeschlossen oder sie war kaputt, was in dieser Gegend auch nicht weiter verwunderlich gewesen wäre. Innen begann erst der richtige Alptraum: Plötzlich hatte ich das Gefühl, als sei das alles echt. Als ob dies kein Traum war, sondern die Wirklichkeit. Mir wurde bewusst, dass ich barfuss war und nur mein Nachthemd trug. Ich geriet in Panik und wollte auf denselben Weg wieder raus. Doch die Tür ging nicht mehr auf egal, wie sehr ich dran zog. Also nahm ich die Treppen und ging hinauf. Es waren normale Stufen, so wie man sie kennt, dennoch fand ich sie seltsam finster und unheimlich. Wider meines Willens ging ich Stufe für Stufe hinauf, es musste ja doch irgendwo jemand wohnen, der mir nach hause helfen kann, denn ich wusste nicht mehr wo ich hin wollte oder wo ich her kam. Als gebe es nur noch dieses Haus. Hier ist der Anfang und hier wird es zu Ende gehen und mein Ende wird der Anfang sein und dieser beginnt genau hier…“

Michaela schaute geistesabwesend an der Kamera vorbei. Rasch wurde sie sich ihrer Tagträumerei bewusst und blickte Lukas wieder direkt in die Augen: „Ich schweife schon wieder ab. Ihr werdet schon noch sehen, warum dieser Traum so bedeutungsvoll für mich ist. Mir wird immer noch ganz schwindlig, wenn ich an diese Treppen denke: Kalte Steintreppen, die unermüdlich nach oben führen. Sie waren belegt mit einem roten Samtteppich, der aber alles andere als Wärme spendete. Der ganze Ort war düster; ich fand einfach keinen Lichtschalter, also ging ich im Dunklen die düsteren Treppen hinauf. Zur Orientierung hielt ich meine rechte Hand an die Wand, ein Geländer konnte ich nicht ausmachen. Dafür aber die Decke die vielleicht nur 20 cm über meinen Kopf schon anfing. Das war nun wirklich nicht normal, nur dass ich träumte war mir immer noch nicht bewusst. Ich ging vorsichtig und langsam Stufe für Stufe hoch, bis ich ins erste Stockwerk kam. Ein wenig Licht drang nun aus einem winzigen Fenster. Es war nun hell genug, um zwei Wohnungstüren und eine Fahrstuhltür ausmachen. Nun sah ich auch das Treppengeländer deutlich: es war aus Holz und war übersäet mit seltsamen Schnitzereien. Ich erkannte Kegelformen und verschiedene geometrische Formen, die in einer Dimension zu sehen waren, die ich nicht begreifen konnte. Außerdem erkannte ich überdimensionale Tintenfische, die irgendjemanden anzugreifen schienen. Ich konnte mir dies nicht länger angucken! Ich beschäftigte mich wieder mit meinen eigentlichen Ziel: Hilfe suchen. Dazu sah ich mir die Türen genauer an. Es waren auf dem ersten Blick normale Türen, in weiß gehalten und der Umgebung entsprechend heruntergekommen. Der Blick auf das Namensschild auf der Klingel ließ mich schaudern und sofort nach unten rennen. Darauf stand ‚esoterischer Orden von Dagon’. Dies klang schon nach einer Sekte, mit der ich überhaupt nichts zu tun haben will. Als ich nach unten gerannt war, merkte ich, dass ich wieder in einem Stockwerk war und nicht am Ausgang. Ich dachte zunächst, ich wäre vorhin, ohne es zu merken, zwei Stockwerke nach oben gelaufen und nahm wieder die Stufen nach unten. Am Ende der Treppe befanden sich wieder zwei Wohnungstüren und die Fahrstuhltür. Ich schaute auf das Namensschild und wie zu erwarten, lief es mir kalt den Rücken runter. Wieder las ich den Namen dieser Sekte und war echt verwirrt. Ich nahm ein letztes Mal die Treppe nach unten. Auch jetzt änderte sich das Namensschildchen nicht.

In meinen Zorn und in meiner Verzweiflung hämmerte ich gegen die Tür. Ich schrie: ‚ Ist hier jemand? Wenn jemand da ist, so öffnen Sie doch die Tür!’. Doch so sehr ich mich auch bemühte, auf der anderen Seite der Tür blieb es stumm. Verzweifelt hatte ich meinen Kopf an die Tür gelehnt, in der Hoffnung ein Fünkchen Leben wahr zu nehmen, als mich plötzlich eine Stimme aus meiner Jammerhymne erweckte: ‚Ich nehme mal an, du suchst mich !?’ Erschrocken drehte ich mich um und sah einen jungen Mann, an der anderen Tür gelehnt, stehen. Er war so ca. 18 Jahre alt, also in etwa dem gleichen Alter wie ich. Irgendetwas tief in mir stimmte ihm zu, dass ich nur nach ihm gesucht hatte. Er kam zu mir und reichte mir seine Hand. Sie war zart und sehr blass und als er mir aufhalf, konnte ich auch sein Gesicht
sehen. Seine Augen leuchteten direkt in meine Seele. So ein eindringliches Grün hatte ich noch nie zuvor gesehen. Er hatte dunkles Haar, welches ihn überall abstand, trotzdem noch sein schmales Gesicht perfekt ergänzte. Wäre er nicht so blass gewesen, hätte er ein Südeuropäer sein können. Mit einen charmanten Lächeln, bei dem ich hinweg schmolz meinte er zu mir: ‚Du bist aber noch ein wenig zu früh dran, die Zeremonie ist noch nicht vorbereitet, da musst du dich noch ein wenig gedulden. Aber keine Angst, du bekommst noch deine Zeremonie. Und ich werde dich hindurch geleiten, aber jetzt musst du zurück. Ich kann nichts im Augenblick für dich tun.’ Er küsste meinen Handrücken sanft. Bei seiner Berührung fiel ich in Ohnmacht und erwachte endlich aus diesem Traum. Ihr fragt euch sicher, wieso dies dann so ein schlimmer Alptraum gewesen sein sollte, aber dazu komm ich noch und dieser junge Mann spielt auch noch eine wichtige Rolle.“ Michaela machte eine Pause, in der sie offensichtlich von diesem jungen Mann träumte. Lukas war ganz gespannt darauf zu hören, wie es nun weitergeht. Er fühlte sich zu diesem Mädchen hingezogen, warum das wusste er nicht, es war eine Art Seelenverwandtschaft, obwohl er genau wusste, dass er niemals Träume dieser Art hatte.


Traum 2

Lukas beobachtete, wie Michaela endlich aus ihrer Tagträumerei erwachte. Dieses Mädchen faszinierte ihn so sehr, dass er sich noch nicht mal Notizen gemacht hatte. Er nahm sich vor die DVD noch mal zu gucken und sich jetzt nur auf die Geschichte zu konzentrieren. Das Mädchen erzählte weiter: „Natürlich habe ich am nächsten Tag alles Mögliche über den ‚esoterischen Orden von Dagon’ in der Bücherei nachgeschlagen. Was ich herausfand war nicht gerade viel. Anscheinend war Dagon ein Meeresgott aus einem asiatischen Land zu einer anderen Zeit. Alles andere, was ich fand, ergab keinen Sinn: Ein paar fiktive Bücher über den Kult und nichts weiter. Ich schloss in Gedanken mit dem Thema ab und gab meinem verrückten Unterbewusstsein, das diesen Begriff sicher irgendwo aufgeschnappt hatte, die Schuld an meinen Traum. In nächster Zeit hatte ich auch keine Träume mehr über dieses düstere Haus und auch nicht von diesem unheimlichen, jungen Mann, der mich so mit seinem Blick durchschneiden konnte. Stattdessen waren meine Träume voll von blutigen Ritualen, die allesamt ziemlich verschwommen waren. Das einzige, was ich glaubte auszumachen, war eine Horde kleiner Monster mit Tentakeln statt Mündern im Gesicht, die mich umkreisten. Sie gingen mir grad bis zur Hüfte, trotzdem hatte ich schreckliche Angst vor deren Erscheinungen. Sie umkreisten mich und ließen eine Art Sprechgesang von sich. In diesen Träumen sah ich ein wahres Blutbad. Dort lagen noch blutende Torsi. Etwas weiter weg erblickte ich ein paar von diesen Biestern, wie sie Arme und Beine eines weiblichen Körpers abtrennten und das heraustretende Blut mit Eimern auffingen…“

Lukas sah ihr an, dass ihr bei ihren Ausführungen übel geworden war, auch er hatte bei dieser Erzählung ein flaues Gefühl in der Magengegend. „Na ja, diese Träume hatten vielleicht auch seinen Grund nur will ich euch noch von einem ganz besonderen Traum berichten, weil ich hoffe meine Taten dadurch erklären zu können. Ich hatte diesen ersten verrückten Traum von diesem schrecklichen Haus schon fast erfolgreich verdrängt, als ich mich im Traum schon wieder in dieser seltsamen Gasse befand. Obwohl ich diesen Ort erst einmal in meinen Träumen erblickt habe, fühlte ich ein Gefühl der Vertrautheit in mir und ich versuchte mir jetzt jedes Detail, das ich wahrnahm, genau im meinen Gedächtnis zu speichern. Es regnete; ich spürte den warmen Sommerregen auf meinen Schultern, dennoch war mir, trotz meiner kurzen Schlafbekleidung, nicht kalt. Wie beim ersten Mal war ich auch jetzt barfuss und watete durch die vom Regen aufgeweichte Straße. In der Ferne waren Straßengeräusche zu hören, wie man sie in Berlin an jeder Ecke hören kann. Die Graffitis waren keine Hinterlassenschaften von Rowdys, wie ich es bei meinen ersten Durchgang annahm, nein es waren Hilferufe: ‚Rettet uns!’ ‚Hilfe!’ oder auch ‚Verflucht sind unsere Seelen, verflucht sei Cthulhu! ’ Letzteres löste bei mir Angstschauer aus, obwohl ich nicht wusste, was dies bedeutete. Eine Laterne flackerte über mir, als ich meinen Weg fortfuhr. Ich hätte dieses Licht nicht gebraucht, um diese schreckliche Nummer 17 zu finden. Vor der Tür schaute ich nach oben; es war kein Ende des Hauses auszumachen. Dieses Gebäude musste ja schier endlos in den Himmel ragen! Im mulmigen Bewusstsein, das könnte doch kein Traum sein, verweilte ich ein wenig vor der Tür. Ich wusste genau, würde ich jetzt da hinein gehen, komme ich nicht mehr heraus. Allerdings war ich auch neugierig: Dieser junge Mann wollte mir einfach nicht aus den Kopf gehen. Und um ihn wieder zu sehen schlug ich all meine Zweifel beiseite. Und zog an der Tür. Wie beim letzten Mal ging diese sofort auf und ich ging hinein.

Im ersten Stock angekommen, blieb ich starr vor Schreck stehen. Ich war noch nicht ganz die Treppe komplett hochgestiegen, da ging die Tür des dubiosen ‚Dagon – Orden’ auf. Nicht das mich das schon genug erschreckt hätte. Es waren diese kleine Tentakelwesen aus meinen anderen Träumen. Sie gingen zum Fahrstuhl und beim Laufen machten diese Viecher schlürfende Geräusche. Etwa zehn von diesen Dingern bewegten sich auf den Fahrstuhl zu. Sie schleppten Gegenstände mit sich rum, aber im Halbdunkel konnte ich nicht genau erkennen was. Zuerst dachte ich, sie sähen mich gar nicht, doch dann blickte eins der Wesen direkt in meine Richtung. Es hatte zu seinem Tentakelmund auch ein schmales Gesicht. Seine Augen lagen sehr eng beieinander. Diese waren schwarz und ausdruckslos. Ich erschrak, denn irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass dieses Wesen trotz seiner ‚Fischmonster-Erscheinung’, menschlichem Ursprungs war. Ich verharrte in meiner Position, bis dieser Fischmensch sich endlich von mir abwandte und mit seinen Monstergefährten in den Fahrstuhl stieg. Ich atmete endlich hörbar aus, als der Fahrstuhl von mir wegfuhr. Ich hatte wohl vergessen zu atmen. Ich betrat nun das erste Stockwerk ganz und wäre fast wieder in Ohnmacht gefallen. Dort stand er im Halbdunkel, den Kopf gesenkt und seine dunklen Haare verdeckten beinahe sein komplettes Gesicht. Ein breites Grinsen, das sich auf seinen schmalen Lippen spiegelte, konnte ich dennoch ausmachen. ‚Ich habe auf dich gewartet, alle Vorbereitungen sind getroffen. Wir können anfangen’, sagte er und schaute mir nun direkt in meine Augen. Wieder einmal hatte ich das Gefühl, als würde direkt meine Seele durch seinen Blick angegriffen werden. Ich hatte keine Ahnung, wovon er eigentlich sprach, trotzdem ging ich auf seinen Wink hin zu ihm. “

„Nicht schon wieder“, dachte Lukas. Diese Art von Träumen wollte er nicht hören. Er wollte den Grund für ihr verstörendes Verhalten erfahren und hatte genug von der Geheimniskrämerei. Er war drauf und dran, die DVD vor zu spülen, besann sich jedoch des Besseren: Er durfte nicht eine Sekunde verpassen, alles könnte wichtig für seine Arbeit sein. Außerdem hätte er das nicht über das Herz gebracht, irgendwie genoss er jede Sekunde, in der er Michaela beobachten konnte, wie ihre Hände zitterten, wie ihre scheuen Augen versuchten immer in die Kamera zu blicken und wie sie trotzdem jedes Mal abschweifte. Es hatte eine unerklärliche, beruhigende Wirkung auf ihn. Er verspürte eine Art Geborgenheit, während sie ihm die Gründe ihres Ablebens mitteilte. Er redete sich ein, dass es nur höflich ist, sich die ganze Geschichte der Toten an zu hören. „Er nahm meine Hand als ich nahe genug bei ihm war und hielt sie fest vor sich und grinste mich an. ‚Was hat das alles hier zu bedeuten?’, fragte ich ihm und hoffte, dass meine Stimme genug geistige Gegenwehr zeigte, so dass er mir einfach antworten musste. Er antwortete jedoch nicht, stattdessen legte er mir einen Finger auf die Lippen und sagte: ‚Ptsch’. Sein Finger fühlte sich komisch an auf meinen Lippen. Irgendwie weicher als ich gedacht hätte. Ich verstummte sofort. Mit seiner freien Hand strich er mir nahezu liebevoll durch die Haare. So verweilten wir, bis mich ein Geräusch aufschauen ließ. Der Fahrstuhl, der vor kurzen die Monster transportiert hatte, war wieder in diesem Stockwerk angekommen. Mein Gegenüber öffnete die Fahrstuhltür und ließ mich
einsteigen. Danach stieg er selber ein. Die Fahrstuhlkabine war eng. So eng, dass ich mich fragte, wie alle Biester vorhin hier reingepasst haben. Der Junge stand mir nun direkt gegenüber. Ich schaute zu ihm hoch und sah in seine Augen. Mir fiel auf, dass sie heller waren, als es im Dunkel den Anschein hatte, außerdem zeigten sie keinerlei Ausdruck von Gefühlen. Sie waren auf meine Augen fixiert und zeigten keine Regung. Alleine sein ständiges Grinsen zeigte eine Spur Menschlichkeit. Als die Tür sich schloss und wir begangen hinunter zu fahren, wie ich unter meinen Füßen spürte, legte er seine Arme um mich. Er beugte sich vor, so dass seine Lippen knapp an meinem linken Ohr waren. Er flüsterte: ‚Egal was gleich passieren wird, du wirst dich stumm an das halten, was man die sagt. Ich wünsche nicht, dass irgendetwas heute Nacht schief läuft. Es wird dir einiges abstrakt und fremd erscheinen, aber du kannst mir vertrauen, dir wird nichts geschehen. Vertraust du mir?’. Er guckte mir wieder mit seinen leeren Augen ins Gesicht. Ich wusste nicht was mich erwartete, dennoch fühlte ich mich in seinen Armen sicher, also nickte ich. Wieder gesellte sich ein Lächeln in sein Gesicht. Wir kamen unten an und ich glaubte einfach nicht, was ich sah, als die Tür aufging.

Ich stand in der Mitte einer riesigen Höhle. Ein Ende war nicht auszumachen. Es gab hier und da eine flackernde Lichtquelle, welche von Kerzen zu stammen schien. Ich schaute hoch; die Decke war endlos weit über mir. Im Gegensatz zu der Treppenhausdecke, die diesen kleinen Viechern angepasst war. Wir traten gemeinsam aus der Fahrstuhlkabine. Er führte mich an seiner Hand in die Höhle. Unter meinen Füßen spürte ich die nasse Erde. Es fühlte sich an wie Blumenerde, wenn man sie begossen hat.

Ein Geräusch riss mich aus meinen Gedanken. Es war der Fahrstuhl, der nun wieder nach oben ging. Als ich mich umdrehte und diesen sah, fiel ich fast vor Schreck um; er war lediglich an zwei Seilen gebunden, welche die frei herumschwebende Kabine nach oben zogen. Mir wurde ganz mulmig im Magen, als ich daran dachte, dass ich eben mit dieser unsicheren Konstruktion fuhr. Mein unheimlicher Begleiter führte mich weg von diesem Schauspiel und zog mich, bis wir vor einen kleinen unterirdischen See standen. Ich staunte nicht schlecht, als ich diesen sah. Er reichte bis an das Ende dieses Raumes, das man nun in der Ferne sehen konnte. Eine Öffnung gab es an der Steinwand, die aber unmöglich groß genug sein konnte, um vernünftig dadurch zu passen. Von hier kam auch das Licht; es waren lange Fackeln, die am Ende des Sees aufgestellt worden waren. Ich konnte außerdem, nicht weit weg von mir, einen Steg ausmachen, der zu einer Art Altar direkt im Wasser führte. Vor diesem blieben wir stehen. Aus der Öffnung der Steinwand traten nun diese schrecklichen Biester und ich bemerkte, dass es nicht nur diese eine gab. Von allen Seiten kamen die! In einem plötzlichen Anfall von Furcht klammerte ich mich verzweifelt an den Jungen neben mir. Dieser löste sich aus meinen Klammergriff und man mein Gesicht in seine Hände. ‚Hör bitte auf meine Freunde und denke daran, wir wollen dir nichts Böses tun. Wir brauchen dich! Und du brauchst uns! Du weißt es nur noch nicht. Egal was jetzt passiert du darfst dich einfach nicht dagegen wehren. Sonst geht irgendetwas schief und es ist seit einer so langen Zeit geplant. Du willst doch nicht, dass alles umsonst war!?’, Er schaute mich ruhig an. Seine Augen zeigten wieder einmal keine Reaktionen. Ich verneinte und zu meinem Erstaunen meinte ich es wirklich so. In seiner Gegenwart war ich die Ruhe selbst und war für alles bereit, egal was auch kommen mag. Seine Viecher – Freunde bauten eine Art Thron auf dem Steinaltar auf. Ich beobachtete das ganze mit Ekel. Vier Biester trugen einen Stuhl aus Gold hinein. Anstatt Hände benutzten diese Dinger Extremitäten, die denen von Fröschen glichen.

Sie stellten ihn unbeholfen auf den Altar auf. Einer der Fischwesen kam zu mir rüber und nahm meine Hand. Ich würgte einen Anfall von Ekel runter und ließ mich vom diesem Wesen zum Stuhl geleiten, aber nicht ohne noch einmal auf Mister Unbekannt zu schauen. Er blieb am Ufer stehen und beobachtete mich mit seinen merkwürdig leeren Augen. ‚Solange er in meiner Nähe ist, werden die mir schon nichts antun können’ So dachte ich - naiver Weise. Nachdem ich mich auf den Thron gesetzt hatte, kam aus einer Ecke eins der Monster mit einer hohen Krone. Diese war scheinbar aus Gold und hatte komischerweise Stacheln da, wo man sie aufsetzen sollte. Die Form der Krone erinnerte an einem Kegel, der in der Mitte eine große Öffnung hatte. Dies alles erkannte ich schon von Weiten, auch wenn diese Höhle nur schwach beleuchtet war. Als dieses Viech auf den Steg zu mir lief, konnte ich noch ineinander verschlungene Symbole auf der Krone ausmachen und aus der Nähe sahen die unteren Stacheln noch bedrohlicher aus. Ich begriff schließlich, dass ich die Stachelkrone aufsetzten sollte und erwog mich gegen die Krönung zu wehren. Der Blick zum Ufer bewegte mich, nicht zu schreien und davon zu laufen. Wohin denn auch? Doch aus dem Gesicht des Unbekannten war das Lächeln gewichen, stattdessen wirkte sein Gesicht angespannt und ich wollte ihn nicht enttäuschen. Ich wurde ja schließlich vorgewarnt. Das Fischwesen hatte inzwischen den großen Stuhl erreicht. Es stellte sich auf eine Art Treppchen damit seine Froschhände über meinen Kopf reichten. Sein Tentakel – Mund war nun auf meiner Augenhöhe. Ich drückte die Augen schnell zu, um dieses schreckliche Bild aus meinen Gedanken zu verdrängen. Ich hörte wie Wörter in einer merkwürdigen Sprache gesprochen wurden. Es schien eine Beschwörungsformel fast ohne Vokale zu sein und das einzige, was ich wirklich verstand war ‚Dagon’. Mich fröstelte es bei der Erwähnung. Innerlich wartete ich nun ungeduldig auf dem Schmerz; wollte meinen Körper darauf vorbereiten, um nicht gleich schreiend aufzustehen und blindlings durch diese Höhle zu laufen.

Der Sprechgesang der Monster steigerte sich und wurde lauter. Jetzt hörte ich auch die Stimme des jungen Mannes am Ufer und das beruhigte meine angespannten Sinne. In dieser kurzen Phase, der innerlichen Ruhe spürte ich kaltes, blankes Metall an meiner Stirn. Ich fasste nach oben und bemerkte, dass die Krone auf meinen Kopf saß, ganz ohne Schmerz. Und schwer war sie auch nicht. Die Monster um mich herum jubelten oder besser gesagt ich nahm an, dass sie jubelten. Ich machte die Augen wieder auf und schaute verblüfft auf meine Hand. Wie zu erwarten war da Blut, die Stacheln drangen wirklich durch meine Stirn, doch der Schmerz blieb aus. Nach einigen kurzen Momenten kam ich dennoch auf eine logische Erklärung, die mir zuvor verborgen blieb; ich träumte; anders konnte es ja nicht sein. Ich war erleichtert über meine Feststellung, aber irgendwie ein wenig enttäuscht: Mein schöner Unbekannter war also nur eine Ausgeburt meiner Fantasie! Bevor ich dies weiter betrauern konnte ging es weiter mit der Zeremonie.

Diesmal kam er auch zu mir und blieb nicht nur am Rand stehen, einige andere der Monster aber auch, was mir missfiel. Dennoch, Ekel verspürte ich nicht mehr. Ich schätzte, dass ich mich an diesen Anblick gewöhnt hatte. Nun umgab mich eine kleine Gruppe von Monstern und er selbst, wobei er durch Aussehen und Große stark heraus stach. Der mysteriöse Herr X lächelte mich an und ich bildete mir ein auch in seinen Augen eine Spur eines Lächelns zu finden. Mein Herz war beglückt, vielleicht vergaß ich deswegen auch die Fischbiester um mich herum. Ich nahm trotzdem war, wie einer dieser einen Becher aus Gold mit dem Seewasser füllte und ihn weiterreichte, bis dieser bei mir angekommen war. Man bedeutete mir davon zu trinken und ich fühlte keine Scheu davor dies auch zu tun. Doch dann sah ich den Inhalt des Bechers und schrie auf. Ich vergas meine Vorsätze, dies durchzuziehen und wollte nur noch weg. In diesem Becher befand sich dunkelrotes Blut. Mir kamen die Erinnerungen an die vergangenen Träume wieder hoch. Ich dachte an die blutenden Torsi und den abgetrennten Extremitäten. Ich wollte das nicht trinken, um nichts in der Welt würde ich es machen! Ich riss mir die Stachelkrone vom Kopf und merkte, dass das diesmal weh tat. So schrie ich noch lauter und bekam es mit Todesangst zu tun. Den Weg zum Ufer hatte ich schon zur Hälfte geschafft, bis mein Ausbruch registriert wurde und diese Fischwesen und der Junge mir folgten. Natürlich kam ich nicht weit. Mein Unbekannter hielt mich auf und hielt mich gewaltsam fest. Den Becher hatte er jetzt in der Hand und er führte mir den gegen meinen Willen zum Mund. Ich wehrte mich, aber ich guckte ihn dabei zufällig in die Augen, die zornig waren. Es brach mir im Stillen das Herz ihm seine Feier zerstört zu haben, doch meine Abscheu gegen dieses Blut war bei weitem größer. Als ich mich immer noch dagegen wehrte, nahm er meinen Haarschopf und zog daran. Ich schrie vor Schmerz auf und dies nutzte er um mir doch dieses Blut einzuflößen. Ich spuckte es sofort wieder aus, nur ein kleiner ekelhaft süßlicher Nachgeschmack blieb und mir war übel. So verlor ich das Gleichgewicht und er zusammen mit mir. Wir fielen beide ins Wasser.

Unter Wasser merkte ich dann, dass dieser ganze See mit Blut befüllt war. Ich zappelte, wie wild um den Weg an die Oberfläche zu finden. Wo mein Unbekannter sich befand, wusste ich nicht. Aber das war mir in dem Moment auch egal. Ich wollte nur raus aus diesem …. Blut. Und da sah ich ihm plötzlich unter mir schwimmen. Durch einen Schleier aus Blut sah ich seine Gestalt auf mich zukommen. Ich spürte, wie er mich nach oben zog und weiter zog. Es schien eine Ewigkeit zu dauern und ich fragte mich, wie tief dieser See eigentlich war. Ich war erstaunt darüber, wie schnell er Richtung Oberfläche tauchen konnte, aber konnte mir keine weiteren Gedanken darüber machen, da mir die Luft ausging und ich langsam in Ohnmacht fiel.


Der Weg zur Unsterblichkeit

Als ich aufwachte, war ich nicht, wie erwartet in meinem Zimmer, sondern auf dem Boden dieser kalten Höhle. Vor mir, zu mir heruntergebeugt, stand der Junge. Er bemerkte mein Erwachen und flüsterte einem Fischwesen etwas in einer anderen Sprache zu. Dieses schien zu nicken und kroch fort vom See in eine der kleinen Höhlenöffnungen, wie ich aus dem Augenwinkel mitbekam. Mein Retter beugte sich runter zu mir, so dass er fast kniete. Mir fielen plötzlich zwei Wunden an seinem Hals auf und hoffte sehr, dass ich ihm diese nicht zugefügt hatte. Ein Teil von mir, und leider war der ziemlich groß, wünschte sich nichts weiter, dass er seine Lippen auf meine legte. In diesem Augenblick war ich mir nicht mehr so sicher, ob das wirklich nur ein Traum war. Aber konnte es sein, dass das alles wirklich existierte? Nein! Sofort verflog auch dieser Gedanke.

„Ich habe mich in dir getäuscht“, sagte er und mein Herz brach beim Ausruf dieser Worte. Hatte ich ihn wirklich enttäuscht? „Du bist noch nicht bereit für die Unsterblichkeit, aber bald wird die Zeremonie vollendet sein. Es wird anders ablaufen und dann sollst du es aus freien Stücken tun. Dir wird erklärt, was du dazu machen musst und wo du mich finden kannst, wenn du dazu bereit bist, ewig zu leben, ewig dein Leben mit mir zu verbringen und für unser Volk zu Sorgen, sobald du meine Königin bist. Ich habe so lange auf dich gewartet, da kommt es auf ein paar Tage auch nicht an.“ „OK“, war das erste, was mir wieder über die Lippen kam. Aber als er so nah über mich gebeugt kniete, fiel mir was ein, was mich störte: „Könntest du mir nicht mal deinen Namen verraten? Du redest hier von Königin und Volk und ich versteh nur Bahnhof. Was hat das alles auf sich? Und warum gerade ich?“ Nun sprudelten die Fragen, die mir so lange auf den Lippen lagen, nur so heraus. Seine Augen glitzerten, als er mir antwortete: „Mein Name ist Robert Olmstead und bin vom Geschlecht der Marsh, worauf ich sehr stolz bin. Meine Familie gehört zu den Ältesten unseres Volkes, sogar unserer Art. Mein Großvater war der erste, der diese ungeheure Fähigkeit, ewig zu leben, unter die menschliche Rasse brachte. Mit unseren Ritualen schenkt uns Dagon Unmengen an Gold und Ressourcen, mit denen man am Land handeln kann. Aber nichts geht über seine Liebe zu uns, seinen Kindern. In mir fließt göttliches Blut. Blut welches im Gegensatz zu den anderen hier, die Gabe besitzt mich menschlich aussehen zu lassen, damit ich unsere Religion und die Vorzüge daran an die Menschen weitergeben kann. Wir können unter Wasser atmen, dafür sind diese hier“, Er zeigte auf die Striemen an seinem Hals, die sich zu meinen Bewundern einklappten. „Die anderen haben schon den perfekten Körperbau, für das Leben unter Wasser. Aber es gibt einige bei denen es genauso wenig ist wie bei mir. Manche entwickeln noch Tentakel oder auch Schuppen aber einige sind verflucht ein Leben größtenteils am Land zu verbringen. So auch ich. Unter Wasser kann ich zwar gut leben, aber mit der Fortbewegung klappt es ohne Tentakel nicht so gut. Deshalb weile ich hier und warte auf jemand, der mir das ewige Leben versüßen will. Nun gibt es eine Möglichkeit doch unter Wasser zu leben und zwar wenn ich eine Königin finde, kann ich mein Erbe als Wassergott annehmen. Egal in welcher Gestalt und dafür brauche ich dich.“ Nun nahm er mich in die Arme und wollte mich nun wirklich küssen. Mein Atemreflex setzte aus. Und ich spürte, wie sich seine Lippen sacht auf meine pressten. Ich schloss die Auen und wollte nie, dass dieser Augenblick vergeht. In meiner neu entdeckten Leidenschaft, schloss ich meine Arme um ihn und umfasste seinen Kopf. Ich wollte in seinem wunderschönen Haar spielen und ihn nie mehr loslassen. Als ich in sein Haar fasste, merkte ich, wie weich es unter seinem Haar war. Es hatte nicht menschliches an sich, aber in diesem Augenblick war mir alles egal, denn ich schwebte….


Leider wachte ich in diesem Moment endgültig auf. Ich verdammte mich selbst dafür. Nur konnte ich mir nicht mehr vorstellen, dass das alles ein Traum war. Ich schloss nochmals die Augen, um diesen tollen Moment ein weiteres Mal zu erleben, doch es ging ich. Nicht mal an sein Gesicht konnte ich mich erinnern, dafür an sein Lächeln…“

Das Mädchen schien schon wieder mit ihren Gedanken weg zu sein. Lukas konnte gar nicht zählen, wie oft inmitten ihrer Leidensgeschichte sie abschweifte. Inzwischen hatte er sich daran gewöhnt und wartete gespannt darauf, dass sie weiter sprach. Er war fasziniert von dieser Geschichte und jede Minute fesselte ihn umso mehr. Es war als wäre die DVD nur dazu da, von ihm geguckt zu werden, es schien ihn als spräche Michaela nicht in eine dafür vorbereitete Kamera, sondern direkt zu ihm. Lukas hatte das Gefühl, dass diese Erzählung nur für ihn bestimmt war. Er hatte sich in der ganzen Zeit nichts notiert, sein Stift und Block lag unberührt neben ihm. Das Mädchen sprach weiter von seiner Geschichte:

„ Mir ging es schlecht nach dem Aufwachen: Ich wurde das Gefühl nicht los, dass dieser Traum etwas bedeutete. Man träumt ja nicht einfach nur so! Es hat doch immer eine Bedeutung! Als ich die Nachttischlampe anschaltete, bemerkte ich das Buch. Ich hatte es nicht dahingelegt und ich hatte es auch nie zuvor gesehen. Es war ein schweres, dickes Buch ohne Titel. Ich war mächtig verwirrt, aber ich begann darin zu lesen. Es handelte von Dämonen, die auf der Erde lange vor dem Menschen gelebt haben sollen. Sie wurden vertrieben von welchen, die im Buch mit ‚The great oldes’ betitelt werden. Die Kreaturen wurden zu einem Leben im Extremen verbannt. Es war die Rede von einer Stadt in der Antarktis, einer Wüstenstadt und was mich frösteln ließ: eine Stadt mitten unter Wasser mit Namen R’hley in der eines der fürchterlichsten Monster verbannt wurde. Dies Monster war Dagon. Und die Kreaturen aus meinen Träumen beteten ihn an. Ich musste einfach mehr darüber erfahren. Es konnte kein Traum sein! Woher hätte sonst dieses Buch her sein sollen? So fragte ich nun die Bibliothekarin nach ‚Dagon’. Sie empfahl mir ein Buch: ‚Schatten über Innsmouth’ von einem Amerikaner namens H.P. Lovecraft, 1923 geschrieben. Da ich keinen weiteren Anhaltspunkt hatte, gab ich mich damit zufrieden und begann zu lesen.

Es handelte von einem jungen Mann, der durch Umstände in einer komischen Geisterstadt landete und von seltsamen Fischwesen verfolgt wird. Zum Schluss merkt er dann selbst, dass er ein solches ist und er stellt sich seinem Schicksal. Obwohl im ganzen Buch nie der Name des jungen Mannes fiel, war ich mir sicher, dass dieser mein Olmstead war. Ich war vollkommen verwirrt: Es war doch nur eine fiktive Geschichte und ich hatte in meinem ganzen Leben nicht mal den Namen des Autors gehört und dann dieses ständige Geschreibsel über Unsterblichkeit unter Wasser und Menschenopfer für ein besseres Leben… das kam alles in meinen Träumen vor. Doch nicht mal das war das Schlimmste: Am Abend, nachdem ich aus der Bücherei kam, wollte ich nichts anderes als mir diese schreckliche Geschichte von mir zu spülen und begab mich ins Bad und sah plötzlich im Spiegel etwas was mein ganzes Leben verändern sollte“ Michaela hob die Hand und Lukas schauderte es, als er das sah. Sie hob mir ihrer Hand ihren Pony hoch und man entdeckte leichte Schrammen auf ihrer Stirn. Jetzt schrie das Mädchen fast „Es kann doch gar kein Traum gewesen sein! Ein Traum kann dich nicht verletzten! Ich begann mir mehr Gedanken über die Worte Olmsteads zu machen. Gibt es wirklich so etwas wie Unsterblichkeit? Sollte ich darauf eingehen? Hab ich überhaupt eine Wahl?
Ich hatte so viele Fragen an ihn und merkte auf einmal, dass mir der Gedanke gefiel, dass es nicht nur Träume waren, sondern Olmstead und diese ganze Welt um ihn herum wirklich existieren und ich wollte ein Teil davon sein. Was bringt ein Leben hier, wenn man ein ewiges Leben haben kann. Ich freute mich darauf ein ewiges Leben mit Olmstead zu führen, alles Gold der Welt zu besitzen und die Königin von R’lhey zu werden. Auch der Preis dafür ist mir bewusst: Menschenopfer für Ruhm und Reichtum; die Aufgabe dieses Lebens für die Unsterblichkeit. Und soll es euch erschrecken oder nicht, ich bin bereit dies einzugehen. Ich spreche hier ein letztes Mal zu euch, nachdem ich mehrere Tage über meine Entscheidungen nachdachte. Ich werde euch nicht vermissen!


Zum letzten Mal

Aber lasst mich noch erzählen, wie ich weiter vorgegangen bin. Damit ihr dummen Menschen nicht blöd sterben müsst. Nachdem ich meine Entscheidung getroffen hatte, wartete ich auf irgendein Zeichen von Olmstead, aber ich war zu ungeduldig. Also machte ich mich auf und suchte nach dieser Gasse in Berlin, wo ich mich in der Nacht schon aufgehalten hatte. Obwohl ich ziellos umherlief, fand ich diese Gasse extrem schnell, so als ob ich diesen Weg schon mal gegangen wäre. Ich bestaunte die Gegend im Tageslicht mit meinen vollen Bewusstsein: Sie befand sich in einem Elendsviertel und hier regierte der gesamte Abschaum Berlins über die Gegend. Ich merkte wie Junkies mich beäugten, gewiss aus den verschiedensten Absichten, aber ich hatte keine Angst. Schließlich bin ich die zukünftige Königin von R’lhey und von dort aus regiere ich die ganze Welt! Ich erkannte die Graffiti- Sprüche wieder und war froh auf dem richtigen Weg zu sein. Letztendlich kam ich an die Hausnummer 17 an und stellte zu meinem Bedauern fest, dass sie ganz gewöhnlich war und sich nicht von den anderen in dieser Häuserreihe unterschied. Ich zog an der Haustür und nichts bewegte sich. Ich sah mir die Klingelknöpfe an. Nichts wies auf die Richtigkeit meiner Träume hin, alle waren normale Familienname. Ich zweifelte an meinem Verstand und wollte mich schon auf dem Rückweg begeben und meine Hoffnungen aufgeben. Da überkam mich ein anderes Gefühl: Mein Wille wurde stärker und ich wollte nur noch eins: Das ewiges Leben. Ich zog nochmals an der Tür und nun sprang sie unter meiner Hand auf. Ich betrat den Hausflur, der mir nun schon so bekannt war. Auch die Kegelformen am Treppengeländer waren vorhanden, wie ich begeistert feststellte.

Mit pochenden Herzen ging ich die Stufen hinauf und hoffte Olmstead wieder zu sehen. Schließlich kam ich im ersten Stock an. Meine Enttäuschung war groß, als ich an keinen der beiden Türklingeln irgendetwas von Dagon las. Plötzlich war ich mir nicht so sicher, ob dies alles richtig war. Aber ich gab die Hoffnung nicht auf und klingelte an der Tür, wo in meinen Traum sich der Orden befand. Die Tür wurde nach einer Weile aufgemacht und vor mir stand ein Mann mittleren Alters, der mich fragte, was ich wolle. Beschämt murmelte ich nur ein „’Tschuldigung hab mich vertan“, und der Mann schloss seine Tür wieder. Ich setzte mich enttäuscht auf die Treppe und wartete darauf, dass irgendetwas passierte. Ich weiß nicht mal was ich genau geglaubt habe, was geschieht. Meine Hirngespinste hatten mir einfach nur einen Streich gespielt. Aber ich wusste nichts Weiteres mehr mit meinen Leben anzufangen. Wenn nicht als Halbgöttin in einer fantastischen Stadt unter Wasser, an der Seite von Olmstead, dann wollte ich gar nicht leben. Ich sah keinen Sinn mehr darin! So blieb ich einfach sitzen. Ich sah Leute an mir vorbei gehen, aber auch nicht viele stiegen die Treppen hoch, die meisten benutzten den Aufzug.

Langsam wurde es dunkel und ich wollte immer noch nicht weg. Ich starrte die ganze Zeit auf die Verzierungen am Treppengeländer, die mein einziger Beweis dafür waren, dass ich nicht verrückt bin. Aus der ganzen Langeweile heraus, stieg ich irgendwann die Treppen hinauf; immer mit den festen Blick auf die Kegelformen. Nach unzähligen Stufen und Treppen, die dieses Hochhaus besitzt, ging es nicht mehr höher. Im Gegensatz zu meinen ‚Traumhochhaus’ hatte dieses hier ein Ende. Um ehrlich zu sein, hatte ich mir von meinen Ausflug nach oben mehr vorgestellt und war restlos niedergeschlagen. Da ich keine Lust hatte, mir diese Treppen auch auf dem Weg nach unten anzutun, entschied ich mich für etwas, das alle faulen Leute tun: Ich holte mir den Fahrstuhl hoch. Ich hatte echt keine Lust mehr hier zu sein und wollte nur noch in mein Bett. Meine Hoffnung war natürlich von Olmstead und der Unsterblichkeit zu träumen. Auch der Aufzug war ein völlig normaler, doch erinnerte er mich daran, wie ich im Traum hier war und das schmerzte mich. Als ich auf ‚E’ drücken wollte, fiel mir doch eine Seltsamkeit auf: Neben dem ‚K’ Knopf befand sich einer mit den Aufdruck ‚D’. Voller Neugier drückte ich ihn und wartete. Der Aufzug bewegte sich langsam Richtung Erdgeschoss. Ich beobachtete derweil die Anzeige des jeweiligen Stockwerkes, auch als ‚E’ vorbei war, fuhr er weiter.

Nach ‚K’ bewegte sich der Aufzug weiter nach unten und mich überkam ein komisches Gefühl: eine Mischung aus Angst und Hoffnung. Der Fahrstuhl brauchte wirklich noch eine ganze Weile bis er endgültig zum Stillstand kam und die Anzeige auf ‚D’ stand. Als die Fahrstuhltür aufging, wurden meine stillen Gebete erhört, von welchem Gott auch immer. Ich stand inmitten dieser unheimlichen Höhle, vor der ich mich in meinen Träumen gefürchtet hatte, doch jetzt hätten mich keine Blutrituale, keine Menschenopfer davon abhalten können hier zu sein, denn das hier war mein Tor zur Unendlichkeit. Mich erwartete hier ein ewiges Leben, wovon viele nur träumen können, aber nun träume ich nicht mehr und alles was ich sah, war real, so wahr ich hier sitze! Ich lief schnurstracks geradeaus auf den Blutsee zu. Dieser würde mir schon die richtige Richtung zeigen. Auf dem Weg prägte ich mir die Grotte noch genauerer ein als zuvor. Sie wurde durch ein paar Fackeln an den Wänden am Ende der Höhle erhellt und von weit über mir schien elektrisches Licht herzukommen, welches direkt den Altar am See beleuchtete. Ich sah in einer Ecke einen weiteren kleinen Altar und erinnerte mich, dass hier die Menschen zerstückelt wurden. Man konnte sogar die Blutspuren noch erkennen. Oder es waren schon wieder neuere. Aus einer weiteren dunklen Nische drang ein Stöhnen und ein Fischwesen trat hervor. In anderen Situationen wäre ich weggerannt, egal wohin, aber jetzt war ich so verzückt, dass ich sogar zu dem Wesen hinlief, um ihn zu begrüßen. Das Viech war allerdings nichts so begeistert mich zu sehen und grunzte laut in einer Sprache, die ich nicht verstehen konnte. Ich blieb ein paar Meter vor dem Fischwesen stehen und sah verzweifelt zu diesem, welches wild gestikulierte und irgendetwas schrie. Plötzlich kam mir ein anderer Gedanke: ‚Was ist, wenn ich keine Königin sein soll, sondern nur ein weiteres Blutopfer für ihren Gott? Was ist, wenn das alles nur eine Falle war, um mich hierher zu locken, weil man niemanden im Traum töten kann?’

Ich rannte weg; wollte einfach nur weg von hier. Das Geschrei vermehrte sich; aus allen Ecken der Höhle kamen die Monster. Die, die etwas Ähnliches wie Hände hatten trugen Fackeln oder, meine Angst noch verstärkend Äxte. Ich rannte in Richtung des Aufzuges, der einzige mir bekannte Ausweg aus dieser Todesgrotte, doch genau im diesem Augenblick bewegte der, wie von einer unsichtbaren Kraft gezogen, nach oben. Ich schrie auf und rannte weiter in die Richtung, denn aus der anderen kamen die Monster. Also lief ich über den nun freigewordenen Weg in Richtung Ende dieser Höhle, bis ich schließlich an diesem angekommen war. Es blieb mir die Möglichkeit, die Wände lang rumzuschleichen, doch dies schien mir zwecklos. Sie umkreisten mich und ich vernahm ein gurgelndes Lachen von manchen dieser Wesen. Sie schlichen jetzt fast. Mir kam es so vor, als ob ihnen die Zeit jetzt eh egal ist. Ich resignierte. Ich schloss die Augen und lehnte mich an die Wand. Ich verlor jegliche Kraft in mir.

Ich hörte die schlurfenden Geräusche der Biester, die schon fast bei mir waren, als diese Viecher plötzlich anfingen zu kreischen und ich ein Geräusch vernahm, dass an Matsch erinnerte. Ich machte ein Auge auf und sah erstmal gar nichts, dann begriff ich: der Fahrstuhl war zurückgekehrt und ich befand mich in einer Nische, die sich zwischen Fahrstuhl und Wand befand. Ein paar dieser Dinger hatten weniger Glück. Sie wurden vom Fahrstuhl regelrecht zermatscht. Es dauerte etwas, dann bewegte sich der Fahrstuhl holprig wieder nach oben. Olmstead stand nun verwirrt vor dem Haufen zerdrückter Fischwesen, die, nun befreit, in ihrer neuen Form wie Kriechtiere fort schlichen. Zunächst war ich verwundert, doch dann erinnerte ich mich ihrer Unsterblichkeit. Nur bezweifelte ich, dass sie ihre alte Form zurückgewinnen könnten. Nun sah ich mit beiden Augen Olmstead an. Er starrte mich mit offenem Mund an. Der Junge, der immer so cool rüber kam, war baff von meiner Erscheinung. Er hatte wohl nicht mit mir gerechnet. Die Fischwesen, die ihre Mordinstrumente beiseite gelegt haben, drängten mich mit ihren weichen, glitschigen Gliedern zu ihm und er schien langsam seine Fassung wieder zu bekommen. Er schaute mich nur noch fragend an. ‚Ich…. Ich bin nun bereit für die Zeremonie, du meintest doch ich soll aus freien Stücken herkommen, wenn ich soweit bin’. Ich sah ihn in seine schönen, grünen Augen, während ich das sagte und hoffte, dass ich nichts falsch gemacht hatte. Er fixierte mich mit seinem fesselndem Blick: ‚Das war etwas anders gemeint, wir hätten schon gewusst, wann du innerlich mit deinem alten Leben abgeschlossen hast und für uns bereit bist. Wir hätten dich schon geholt. Und ich bin der Meinung du bist noch nicht bereit’ Ich schaute ihn traurig an und verabschiedete mich in Gedanken schon von diesem Augenblick. Er meinte dazu: ‚OK, du scheinst dazu bereit zu sein, jedenfalls ein Teil von dir. Ich werde dir nach der Zeremonie noch Zeit lassen dich zu verabschieden, bevor du ewig hier unten lebst. Glaub mir du wirst das Bedürfnis dazu haben’. Er wandte sich den Fischwesen zu: ‚Bereitet alles für die Zeremonie vor. Komplett. Los!’ Und zu mir: ‚Erinnerst du dich an meine Anweisungen, darüber alles mit zu machen, wie merkwürdig es auch sein solle?’ Ich nickte und verstand.


Die Zeremonie

Die schleimigen Wesen gaben mir ein neues Gewand zum Anziehen und wirbelten überall herum. Ich stand einfach nur dabei und schaute ihnen zu, wie sie mit ihren Tentakeln die verschiedensten Gegenstände anheben konnten. Nach einer Weile ging es dann wieder in Richtung Blutsee. Ich war nervös, aber diesmal fest entschlossen dies durchzuziehen, egal was passieren sollte. In der Nähe des Sees sah ich ein paar Fischwesen, die den Blutsee mit neuem Blut füllten. Männer und Frauen jeglichen Alters mussten dafür herhalten. Einen Moment lang wurde mir schlecht, aber die Biester waren schnell mit ihrer Arbeit fertig und ich wurde mit meinem flauen Gefühl zum Altar begleitet. Dort wartete Olmstead bereits; seine Augen direkt auf mich fixiert. Ich setzte mich auf den Altar und ließ mir die Dornenkrone aufsetzten. Wie im Traum tat es nicht weh. Die Fischwesen setzten zu ihren Choren an und die ganze Grotte war erfüllt mit ihren Geräuschen und den Schein der Zeremoniekerzen. Nun kam der Kelch mit Blut gefüllt: Im Traum hatte ich mich so sehr davor geekelt, aber jetzt würde ich daraus trinken. Damit es schnell ging, schloss ich die Augen und versuchte nicht daran zu denken, was ich da tat. Zu meiner Verwunderung tat es gut. Den ganzen Tag über hatte ich nicht viel getrunken und das Blut war wie Balsam auf meiner trockenen Kehle. Außerdem war es längst nicht so widerlich, wie ich gedacht habe: Es schmeckte, wie man auch so sagt, leicht nach Eisen mit einen süßlichen Nachgeschmack. Die Fischwesen merkten meinen plötzlichen Durst und reichten mir einen zweiten Kelch. Ein Blick zu Olmstead rüber, zeigte mir ein Grinsen in seinem Gesicht. Den zweiten Kelch leerte ich mit offenen Augen. Das Blut hatte einen benebelnden Einfluss auf mich. Den Rest der Zeremonie erlebte ich, wie durch einen Schleier. Ich weiß noch wie Olmstead zu mir zum Altar kam und mich küsste. Das hätte ich auf keinen Fall vergessen! Und ich glaube, in dem Moment schwebte ich.

Der nächste Teil der Zeremonie, der letzte an dem ich mich erinnern kann, war dass Olmstead sich auf mich legte. Ich aber bekam nur teilweise mit, dass er mit mir Geschlechtsverkehr hatte. Ich merkte gar nicht und es kam mir wieder vor, wie in einem Traum. Ich schaute zur Seite und sah wie die Fischwesen jubelten. Ich überlegte, ob ich diese Prozedur auch mit so einem Viech über mich ergehen lassen würde und stellte fest: Ja. Das würde ich für die Unsterblichkeit tun. Das nächste, woran ich mich erinnern kann, ist, wie ich wieder in meinem Zimmer aufwachte.“ Michaela war in Rage, sie hatte die letzten Eindrücke im Eiltempo erzählt und wurde ziemlich aufgeregt. „Ich weiß, was ihr jetzt denkt: Ich träumte nur und hab `ne schräge Fantasie, aber nein, es ist alles wahr! Und noch was: Ich trage den Erben in mir, das weiß ich ganz genau. Damit auch die nächste Generation unsere schöne Unterwasserwelt kennenlernen kann. Er wird die Aufgabe annehmen, das weiß ich! Und noch was damit ihr wisst wohin ich geh, wenn ich euch verlasse…“ Sie zog sich ihren langen Rollkragenpullover aus und am ihren Hals waren zwei Striemen zu sehen. Lukas erschrak. Diese DVD veränderte gerade sein ganzes Leben. „Die Verwandlung ist eingetreten und ich werde ewig unter Wasser leben und auf meinen Sohn warten.“

Die DVD war nun zu Ende. Ein weiterer Blick auf die Informationen verriet Lukas, dass dieser Abschnitt knapp 20 Jahre alt war. Und er wusste, was er zu tun hatte, mag es verrückt sein oder nicht, er musste es versuchen. Er ließ alles stehen und liegen, nahm seine Jacke und mit einem letzten Blick in den Spiegel, wo er seinen Hals begutachtete, verließ er seine Wohnung.


Zeitungsbericht

Immer noch keine Spur vom Mörder

Der mutmaßliche Mörder Lukas M. ist immer noch spurlos verschwunden. Ihm wird vorgeworfen, am Mittwoch sechs seiner Kommilitonen auf grausame Weise umgebracht zu haben. Die Polizei fand im Kellergebäude der Uni sechs zerstückelte Leichen, deren Blut in einem Eimer aufgefangen wurde. Die Polizei kann nur mutmaßen, wie sich das abscheuliche Specktakel abgespielt habe. Ein Motiv ist ebenfalls nicht bekannt. Bei einer Wohnungsuntersuchung fanden die Polizisten ein Video, welches satanistische Rituale beschreibt. Demnach geht die Polizeibehörde von einem Verbrechen mit religiösem Hintergrund aus. Wer Hinweise auf den Aufenthalt von Lukas M. oder zur Tat geben kann, melde sich bitte bei der örtlichen Polizei.

 

Ich will gar nicht fies sein, aber bitte, baue zusätzliche Zeilenumbrüche/Absätze ein. Solche irrelangen Textblöcke sind am PC wirklich kaum zu lesen.

Übrigens: Willkommen auf kg.de.

Grüße
Chris

 

So ... Ich geh mal den ersten Absatz durch.

Vom Waisenkind zum Psychologiestudent
Auch wenn es umgangssprachlich mitunter anders gemacht wird: Der Dativ von "Student" ist "Studenten".

„Michaela Cross, 20 nie gefunden“ stand darauf.
Hinter Cross fehlt wohl ein Komma ... Es sei denn, das Ganze ist irgendwie entsprechend formatiert ... das "nie gefunden" kleiner unter dem Rest abgesetzt oder so was. Das sollte dann aber auch kenntlich sein.

Er setzte sich im Schneidersitz vor den Fernseher, Stift und Block bereitliegend.
Ich kann beim besten Willen nicht sagen, ob das wirklich falsch ist oder nur eine absolute Stilblüte ... aber diese Partizipial-Konstruktion geht gar nicht. Einfach: "Stift und Block lagen bereit".

Es war kein Spielfilm, den er sich jetzt lieber angeguckt hätte, sondern eine Hausaufgabe, die ihn sein Psychologielehrer gegeben hat.
Der Satz hat drei Tücken:
- Der Relativsatz "den er sich jetzt ..." verfälscht die Aussage. Denn durch ihn bleibt offen, ob auf der DVD nicht doch ein Spielfilm ist - nur eben einer, den der Protagonist jetzt nicht lieber sehen will.
- "ihm" statt "ihn"; Dativ statt Akkusativ
- "hatte" statt "hat"; Du willst ja Vorvergangenheit, also Plusquamperfekt und nicht Perfekt. (Da die Erzähzeit Imperfekt ist.)
(Und: Eigentlich meinst du wohl "aufgegeben" und nicht "gegeben".)

Diese entscheidet seine Jahresendnote also musste er sich extra viel Mühe geben.
"entscheidet über". (Obwohl ich hier auch nicht weiß, ob das ohne das "über" komplett falsch ist oder ob es nur so klingt.) Die Zeit sollte in jedem Fall anders gewählt werden. Schlicht "entschied", um die Zeit beizubehalten oder "würde entscheiden" ...
Vor "also" fehlt ein Komma.

Diese Hausaufgabe ist über die Psyche von Selbstmörder.
"Selbstmördern"? Und "ist über" ist schon ein komisches Deutsch für einen Professor.

Nun saß Martin vor dem Fernseher und fragte sich woher der Lehrer das Material überhaupt herhatte,
Komma nach "fragte sich". Ein "her" ist zu streichen.

nur wollte er auch nicht seinen „Bonus“ nicht aufs Spiel setzen.
Da hast du zwei mal "nicht" drin.

Im Heim und ohne Eltern aufgewachsen, schienen viele Mitleid mit ihm zu haben. Damals im Heim mied man ihn eher, aber heutzutage war irgendwie alles
Dieser ganze Teil, der da kommt ... Da solltest du auch Plusquamperfekt verwenden, da es vor der Haupthandlung stattfindet. Auf Imperfekt-Level würde ich es nur heben, wenn da eine längere Handlung käme.

Dafür bezahlten sie ihm sogar diese Wohnung hier in Berlin, obwohl das Waisenhaus auch nicht gerade weit weg von seiner Uni ist.
Ja, wenn man davon ausgeht, das beide Gebäude noch stehen, kann man hier Präsenz, also "ist", verwenden. Ich würde aber doch zum Imperfekt greifen, ist einfach glatter.

Auf der Jagd nach diesem armen Kerl stolperte Klein- Lukas und riss sich den Hals auf.
Die Leerstelle vor "Lukas" raus.

Beim Aufstehen zog er sich dann dich zweite Wunde zu.
die

Lukas selbst konnte sich nicht an so was erinnern, hatte aber selbst keine Erklärung für diese Wunde….
Leerzeichen vor die drei Punkte und den danach raus.

Dies liegt nun einige Zeit zurück
lag

dass er es doch zu etwas bringen kann.
konnte

Er entschied sich schnell für Psychologie, da er so Gründe finden wollte, warum seine Mutter ihn weggab und sich nie gemeldet hat, dass sie lebte war ihm klar;
Da es um bestimmte Gründe geht, würde ich ein "die" vor dieselben setzen. Ansonsten: "weggegeben und sich nie gemeldet hatte".
(Aus Gründen des Stils würde ich aus dem Satz aber zwei bis drei machen. Das ist sonst zu viel Information für den Leser auf einen Happen.)

wäre es anders würde er das spüren.
Nach "anders" ein Komma.

Ja, das ist so dass, was ich im ersten Absatz entdecken konnte. Ich muss aber dazu sagen, dass ich wohl kein guter Korrektur-Leser bin. (In meinen Geschichten lasse ich auch immer so einiges an Fehlern stehen ...)


Gruß,
Abdul

 

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