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Alltag des Lexy K.
Ich habe immer versucht so zu sein wie die anderen Kinder im Kindergarten. In der Schule oder in meiner Freizeit. Ich habe mir alle Mühe gegeben mir nichts anmerken zu lassen. Ich habe im Sommer keine T-Shirts getragen weil ich Angst hatte man könnte die blauen Flecken sehen und mich ansprechen. Ich hatte immer Angst mir Freunde zu suchen, denn ich hatte Angst sie würden mit mir schwimmen gehen wollen. Oder sie würde mich bitten bei ihnen zu übernachten. Und beim Umziehen würden sie die tiefen Striemen sehen. Also bleib ich alleine und fande keine Freunde. Ich versuchte mit keinem zu reden und wenn jemand mich etwas fragte reagierte ich mit Hass ohne einen Grund. Schon bald wurde klar das ich nicht zu den "normalen" Kids gehörte und man beschimpfte mich. Die Erzieher sagten ich solle freundlicher zu den anderen Kinder sein. Das wollte ich nicht also sagte ich nichts mehr. Ich hörte auf zu sprechen und meinem Vater gefiel das. Er hatte vor einigen Jahren einen stummen Sohn verloren und war froh das er nun seine Fehler bei mir , seinem neuen stummen Sohn , beseitigen könnte. Doch ich war nicht wie mein Bruder und auch mein Vater merkte das. Er ließ mich spüren das ich anders war. Er verprügelte mich und schickte mich auf eine andere Schule. In der sollte ich lernen mit den Händen zu sprechen. Ich tat was ich sollte und machte keine Dummheiten , trotzdem prügelte er mich weiter. Ich wurde älter und lebte mit dem Gefühl ein Aussenseiter zu sein. Ich versuchte mich weiter von Menschen fernzuhalten und es klappte eine Zeitlang. Im Fernsehn sah ich viele Filme in denen sich Eltern um das kranke Kind kümmerten und es liebten. Ich dachte dies sei eine neue Chance für mich und ich wurde krank. Immer hatte ich Kopfweh oder Bauchschmerzen. Fühlte mich nicht gut und übergab mich. Mein Vater reagierte darauf indem er mich nicht mehr verprügelte. Ich genhoss die Zeit der Ruhe und dachte ich hätte es geschafft. Doch ich hatte mich geirrt. Mein Vater war kein dummer Mensch und erkannte meinen Streich. Ich konnte nach seiner Tracht Prügel ein paar Wochen nicht in die Schule. Als es mir wieder besser ging wusste ich, dass ich keine Chance hatte und lebte mein Leben so wie Gott es mir auferlegte. Wir zogen in eine andere Stadt und wieder wurde ich auch eine Sonderschule für Sprachbehinderte geschickt. Wieder wich ich Menschen aus und wieder wurde ich verprügelt. Innerlich begann ich mein Leben zu beenden. Manchmal konnte ich den Schmerz abschalten , ein anderes Mal schien er mich zu zerfressen. Ich lebte mein Leben und erlebte jeden Tag das selbe. Aber eines Tages kam ein Junge auf mich zu, etwas älter wie ich und sprach mich an. Er fragte warum ich so traurig schauen würde. Ich hatte Angst zu reagieren. Also ließ ich es. Ich ging einfach weiter und der Junge sah mir nach. Ich wunderte das er mir nicht folgte. Am Abend hatte ich ihn vergessen und verlebte den Tag wie den davor und den davor. Am nächsten Tag traf ich den Jungen wieder und er entschuldigte sich für das gestrige Verhalten. Ich wollte schweigen doch ich sprach ohne das es mein Gehirn es mit meinem Mund absprach. Ich sagte ihm das nicht er falsch gehandelt habe sonder ich. Es war erschreckend meine Stimme zuhören. Meine eigene Stimme. So leise und heiser. Der Junger erwiderte meine Worte mit einem Lächeln. Du sprichst ja doch, sagte er und da musste ich lachen. Ja. Ich sprach. Ich konnte sprechen. Von dem Tag an traf ich den Jungen jeden Tag. Er zeigte mir wo er wohnte und wir merkten das unsere Wohnungen nur durch einen Parkplatz und ein paar Bäume getrennt waren. Ich war weiterhin schweigsam und tat was mein Vater wollte. Auch die Prügel veränderte sich nicht. An einem Tag kam der Junge nicht und am nächsten auch nicht. Ich machte mir Sorgen und spielte mit dem Gedanken ihn zu besuchen. Am darauf folgenden Tag traute ich mich und schellte an. Ein junges Mädchen begrüßte mich durch die Sprechanlage und bat mich zu sich hoch. Zögernd und schüchtern betrat ich die Wohnung in der es stark nach Alkohol, vermischt mit Medikamenten roch. Das Mädchen war so in meinem Alter und brachte mich zu dem Jungen ins Zimmer als ich ihr erklärte weshalb ich kam. ich unterhielt mich lange mit ihm und erfuhr das nicht nur ich einen Weg der Qualen ging. Der Junge war schwer krank und musste im Bett bleiben. Er sagte ich dürfe nicht weiter schweigen und müsse endlich meinen eigenen Weg finden. Dann ging ich. Das Mädchen brachte mich zur Tür und sagte sie würde sich bei mir melden. Zuhause ging mein Alltag weiter und wieder musste ich die Prügel meines Vaters ertragen. Als er von mir abließ und sich den Schweiß von der Stirn wischte, leckte ich mir das Blut von meinen Lippen und flüsterte "Arschloch" zu ihm. Plötzlich war es still. Mein Körper fühlte sich wie aus einem Panzer befreit und ein kühler Nebel legte sich um mich. Ich kniete noch immer auf dem Boden, doch ich fühlte mich hoch oben, über meinem Vater. Er hatte mich verstanden und holte mich schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ein heftiger Schlag nach dem anderen traf mich in mein geschundenes Gesicht. Ich schaltete ab und schien den Schmerz nicht zu spüren. Ich nahm es in kauf. Auch wenn er mich nun zusammenschlug , diesen Abend hatte ich gewonnen... Ich konnte den folgenden Tag nicht zur Schule gehen. Ich lag in meinem Bett und genoss die Stille die mich umgab und meinen Sieg. In den nächsten Wochen traf ich den Jungen und seine Schwester öfter und ich verbrachte viel Zeit bei ihnen zu Hause. Ihr Vater war auch nicht gerade ein Muster-Mensch, aber ich fühlte mich in seiner Nähe sicherer wie bei mir. Mein Vater bemerkte das ich mich zu verändern begann und folterte mich von Abend zu Abend schlimmer. Ich hatte Schmerzen und Angst. Verbrachte meine Tage wieder alleine zu Hause und wollte von dem Jungen und seiner Schwester nichts mehr wissen. Ich bekam von meinem Onkel einen PC mit Internetzugang und schleuste mich ein, in die neue Welt in der nichts mehr real zu sein schien. Ich begann mein Leben nach Schulschluss in meiner neuen virtuellen Welt zu verleben und ich fühle mich gut dabei. Ging es mir schlecht rettete ich mich in meine neue Welt und es ging mir besser. Doch Gott meinte es nicht gut mit mir und ich litt mehr und mehr. Ich hatte keinen Halt mehr und auch meine neue Welt ließ mich fallen. ich erwachte am Morgen , wurde aber nie wach. Ich begriff das ich mein Leben verloren hatte. Mir ging es immer schlechter und ich wurde immer schwächer. Mein Kopf war leer und mir war kalt. Auch mein Vater merkte das es diesmal kein Streich war. Er fing an sich mit meiner Mutter über mich zu streiten und meine kleine Schwester weinte oft. Ich brauchte viel Bettruhe, doch es wurde nicht besser. Mein Vater schickte mich zum Arzt und ich wurde untersucht. Man fand einen Gehirntumor. Ich fiel in ein tiefes Loch und wusste nicht weiter. Ich fing an meine Arme aufzuschneiden, wollte somit meinen Schmerz der mir zugefügt wurde selber steuern und die Macht über den Schmerz haben. Ich kam in ein Krankenhaus wo mir der Tumor entfernt wurde. Ich wusste nicht ob ich mich freuen sollte das ich noch am Leben war , denn als ich wieder nach Hause kam war alles anders. Meine Mutter hatte uns verlassen und auch meine kleine Schwester war fort. Ich entwickelte einen Hass gegen sie, denn sie ließ mich mit meinem Vater, dem Monster alleine zurück. Als ich wieder fit war stellte sich mein Alltag wieder ein und auch das Prügeln gehörte wieder dazu. Ich hörte auf an Gott zu glauben und auch meine schulischen Leistungen waren mir egal. Der Junge nahm nie wieder Kontakt zu mir auf und bald erfuhr ich durch seine Schwester das er nicht mehr am Leben sei. Ich war traurig und fertig. Ich hatte keine Lust mehr und trank immer wieder einige Schlücke vom Alkohol meines Vaters. Bald erwischte er mich und zwang mich vor seinen Augen so viel Ouzo zu trinken bis ich mit einer Alkoholvergiftung und einem Filmriss eingeliefert wurde. Wieder verbrachte ich eine Zeit im Bett und dann wiederholte sich das ganze mit Zigaretten. Ich rauchte heimlich auf meinem Balkon. Aber nur so lange bis mein Vater mich auch dabei erwischte. Am nächsten Tag brachte er mir Zigarren mit und ich musste sie rauchen. Schon nach kurzer Zeit brach ich ohnmächtig zusammen. In der Nacht kotzte ich mir fast die Seele aus dem Leib. Mein Vater fühlte sich immer einsamer und machte sich auf die Suche nach einer Frau. Er schien keine gefunden zu haben als er eines Nachts in mein Zimmer kam und sagte er müsse mich um einen großen gefallen bitte. Er bat nicht er schlug zu. Wie ein Urmensch schlug er immer wieder auf meinen schlaftrunkender Körper ein. Mich zu schlagen hatte ihn erregt und er schlief mit mir. Ich bin mir sicher ... an dem Tag starb ich. Doch leider starb mein Körper nicht mit mir und ich war mir sicher ich würde das Richtig tun wenn ich ihm helfen würde. Er ließ mich für ein Wochenende alleine, um eine Frau zu finden, und mein Onkel verbrachte die Nächte mir fremden Frauen bei uns in der Wohnung. Ich saß auf dem Balkon und trank Bier. Ich bin mir nicht mehr sicher wie viele Dosen ich schon geleert hatte als ich das Blech einer Dose zertrennte und es schmerzhaft in meinen Arm eindrang. Ich beobachtete das Blut , wie es in feinen Bahnen den Weg über meinen Körper fand. Mir wurde schwindelig...es wurde dunkel. Das letzte was ich spürte war der Aufprall meines Kopfes auf dem kalten Boden und mein letzter Blick zu den Sternen in der kalten Nacht. Leider war es nicht das letzte Mal das ich meine Augen schloss. Ich überlebte durch meinen Onkel und mein Suizidversuch blieb beim Jugendamt nicht ungemeldet. Nun sitze ich in einer Jugendpsychatrie und lebe wieder von Tag zu Tag meinen Alltag. Noch immer habe ich keine Freunde, bin still und fühle mich leer und kalt. Doch mir wird keiner mehr weh tun, denn sie werden mich nicht zurück zu meinem Vater lassen. Ich bin mir nicht sicher ob ich jemals wieder gesund werde, doch ich hoffe ich werde es, denn ich möchte den Menschen zeigen das man nicht alleine ist und man auch aus so einer Hölle einen Ausweg finden kann. Doch das wichtigste Gebot dabei ist : Brich dein Schweigen , rette dich durch Reden vor deinem seelischen Zerfall ... bevor es zu spät ist.