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Alles wird gut

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19.06.2001
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Alles wird gut

ALLES WIRD GUT


Chinky Winky

"Das macht dann genau vier Dollar, Sir." Das Mädchen in der grün-blau gestreiften Dienstkleidung, mit einem Chinky-Winky-Hütchen auf dem Kopf, lächelte ihr bestes 'Ich tret Ihnen gleich in den Arsch, Sir!' Lächeln. Das erste, was einem bei Chinky-Winky eingetrichtert wurde, war Geduld im Umgang mit den Kunden. Das Mädchen schielte zu den anderen Leuten, die in der Schlange zu ihrem Servicebereich anstanden. Einige sahen bereits ungeduldig aus und verzogen ihre Gesichter. "Sir?", fragte sie den Mann vor sich, der nervös in seinen Taschen kramte. Es war zwanzig Minuten nach Zwölf, Hauptgeschäftszeit in der kleinen Filiale des großen Fast-Food-Anbieters, der doch nur einer unter vielen in der Stadt war. "Sir, vielleicht lassen Sie die anderen Kunden erst einmal...?"
Der Mann sah kurz zu dem riesigen Namensschild, das über der rechten Brusttasche befestigt war. "Hören Sie, äh... Sheila... Ich weiß ganz genau, dass hier irgendwo die verdammte Brieftasche sein muß." Trotz seiner Nervosität blieb er ruhig und gelassen. "Ich hab sie bestimmt gleich, okay?" Er sah sich um und nickte den wartenden Menschen in der Schlange freundlich zu. "Entschuldigung, dauert nicht mehr lange." Kaum, dass er die Worte ausgesprochen hatte, presste er seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen und runzelte die Stirn. Jedem war klar, dass seine Anstrengungen erfolglos bleiben würden. Resigniert ließ der Mann die Arme sinken und seufzte: "Ich find sie nicht..."
Sheila tat so, als ob sie Mitleid für den Mann empfinden würde, stellte das Tablett mit den zwei Cheeseburgern und dem Milchshake zur Seite und sagte: "Bedauerlich, Sir". Dann holte sie tief Luft, setzte ihr bestes Sonntagslächeln auf und winkte den nächsten Kunden zu sich. Der Mann sagte irgendwas, aber das ignorierte sie.
"Ja..." Der Mann senkte den Kopf und schlich sich an der Schlange vorbei nach draußen. Beschämende vierzehn Meter voller spöttischer Blicke und Beschimpfungen, die er zwar nicht hören, aber irgendwie doch fühlen konnte. Kaum, dass er die Chinky-Winky-Filiale verlassen hatte, zündete er sich mit zittrigen Händen eine Zigarette an. Tief inhallierte er den Qualm und stieß ihn stoßweise wieder aus. Es war drückend heiß, und es stank nach Abgasen und anderen Sachen, die man jedoch unmöglich identifizieren konnte. Autos veranstalteten im dichten Verkehr ein unharmonisches Hupkonzert. Ganz weit oben kreisten die allgegenwärtigen Hubschrauber der Polizei in Konkurrenz mit denen von den Sendern, jeder auf der Jagd nach dem nächsten Mord, dem nächsten Crash, dem nächsten O.J. Simpson eines neuen Jahrtausends. Die Zigarette tat gut, wirkte entspannend. Die misstrauischen Blicke der Passanten, die an ihm vorbeigingen, ignorierte er tapfer. Es war schon merkwürdig. Verstieß man gegen die unausgesprochenen Regeln, die den steten Strom der Menschenmassen in den Straßenschluchten des Molochs lenkten und standardisierten, galt man fast als Kriminieller. Ihm war klar, dass man hier nicht rauchen durfte, aber nach der verheerenden Szene in dem Fast-Food-Laden war ihm das egal. "Wo ist nur die verdammte Brieftasche?" Hatte er sie im Büro zwischen den zahlreichen Dokumenten liegengelassen, die noch geprüft werden mußten? Über sich selbst wütend schnippte er die Zigarette achtlos weg. Oder in dem alten Honda Civic? Oder etwa zu Hause? "Mist!", fluchte der Mann leise und machte sich hungrig auf dem Weg zurück ins Büro. In zehn Minuten war die Mittagspause vorbei. Vier lange Stunden nervenzehrende Routine standen ihm noch bevor.


Büro

Der U.L.Y.-Tower unterschied sich von den anderen Business-Komplexen dadurch, dass er anstatt möglichst bis an die Grenzen des Himmels zu stoßen, eher flach, dafür aber unglaublich breit angelegt war. Zwar empfang die Radar- und Antennenanlage in stolzen dreihundert Metern Höhe problemlos wichtige Nachrichten aus aller Welt, aber das lag immer noch weit unterhalb der anderen Türme, die wie gigantische Termitenbauten das Stadtbild prägten. Nach einer zweifachen Sicherheitskontrolle, Augenscann inklusive, durch bullige Typen in auffälliger Dienstkleidung, betrat der Mann den Eingangsbereich des U.L.Y.-Towers. Sein Weg zu den Fahrstühlen führte vorbei an künstlichen Springbrunnen; Plasma-Leinwänden, die unaufhörlich Werbung für den Konzern brachten; Menschenschlangen an Geldautomaten; menschlich aussehenden, ewig grinsenden Robotern, die nichts weiter zu tun hatten, als Prospekte zu verteilen... Endlich hatte der Mann einen der dreiundzwanzig Fahrstühle erreicht. Sekunden später betrat er die Kabine und wurde von altmodischer Musik berieselt. Trotzdem war es erholsam. Besser als das unübersichtliche Gewusel in der Empfangshalle. Es war kaum was zu hören, als die Kabine von ausgeklügelter Technik bewegt wurde. Der Mann schloss die Augen und atmete tief durch. Bis zum vierzigsten Stock dauerte es zwanzig Sekunden. Genug Zeit, um über den Verbleib der Brieftasche nachzudenken. Die Kabine war mit großen Spiegeln verkleidet. Der Boden hatte einen beruhigend wirkenden Granitsteinfarbanstrich, und die Decke leuchtete überaus hell, fast zu hell. Der Mann blinzelte mit den Augen und betrachtete sich dann im Spiegel. 'Hast du zugenommen?' Er hatte schon immer Übergewicht gehabt, dass jedoch gut am Körper verteilt war. Nun wölbte sich der Bauch doch erheblich, und der Mann stellte fest, dass das Hemd sich schon spannte. 'Du brauchst neue Hemden', dachte er verbittert. 'Was das wieder kosten wird.' Der Fahrstuhl hielt und leise summend schob sich die Kabinentür zur Seite. Vierzigster Stock des U.L.Y.-Towers. Buchhaltung.

Sein Arbeitsplatz war weder der kleinste, noch der größte des Großraumbüros. Gutes Mittelmaß. Auf dem ordentlich aufgeräumten Schreibtisch stand ein Computer, daneben zwei Ablagen für Ein- und Ausgänge, auf dem schmalen Regal über dem Schreibtisch standen vier Aktenordner, dazwischen eine leicht verstaubte Auszeichnung 'Mitarbeiter des Monats' und ein eingerahmtes Portrait seiner Frau Claudine samt den Kindern Francis und Justin. Auf dem Monitor des PCs klebte eine kleine Memo. Irritiert sah sich der Mann um. Das hatte es vorher noch nie gegeben. Zögerlich setzte er sich auf den perfekt auf ihn abgestimmten Holzdrehstuhl. Er beugte sich leicht nach vorn, kniff die Augen zusammen und überflog die wenigen Zeilen des gelben Zettels. Als er fertig war, lehnte er sich überrascht zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf und sah sich verstohlen um. Die Trennwände bestanden aus dünnem Glas. Alles war wie immer. Kühle Atmosphäre, kaum Lärm, behäbiges, aber niemals desinteressiertes Arbeiten der Angestellten. Einer der Mitarbeiter nickte ihm freundlich zu. Kevin Pollocks, zuständig für die Rechnungslegungen an die Privatkunden vierter Klasse. Der Mann nickte zurück und lächelte kurz. Dann schüttelte er den Kopf, entfernte den Zettel vom Monitor, knüllte ihn zusammen und warf ihn in den Papierkorb. Er schnappte sich eine dicke Mappe aus der Ablage. 'Christo Inc.' Großes Kaliber in der Rüstungsindustrie, zuständig für die Exporte veralteter Waffensysteme in Staaten der dritten Welt. Länder, deren Namen man zwar las, aber sofort wieder vergaß. Als er die Mappe öffnen wollte, stand plötzlich die zweite Sekretärin im Eingang zu seiner Kabine. Sie hielt etwas in ihrer Hand, die sie triumphierend vor ihm hin und her schwenkte. Es war seine Brieftasche.
"Hat man vorhin hier abgegeben. Sie sollten besser aufpassen!", sagte sie verächtlich und legte die Brieftasche auf den Tisch."
"Wer..?" Doch sie war bereits wieder verschwunden. Seufzend kontrollierte er, ob noch alles da war. Kreditkarten... Führerschein... Ausweis... "Ein Glück!", murmelte Russel Smith erleichtert. Der Fünzig Dollar Schein und die beiden Zwanziger waren natürlich weg. Aber ansonsten war alles noch da. Schade, dass er nicht wußte, wer die Brieftasche abgegeben hatte, vielleicht hätte er dann... Das Telefon klingelte. Schnell steckte er die Brieftasche weg, schob die Christo-Mappe zur Seite und nahm den Hörer ab. "Smith."
"Russel Smith?"
Unwillkürlich nickte er mit dem Kopf. "Ja. Was kann ich für Sie tun?"
"Haben Sie Ihre Brieftasche zurückbekommen?"
Smith fiel der Hörer fast aus der Hand. "Was?"
"Ihre Brieftasche. Haben Sie sie wieder?"
Für einen Moment verschlug es Smith die Sprache. Er mußte kräftig durchatmen. Dann fasste er sich und fragte: "Wer sind Sie? Haben Sie die Brieftasche der Sekretärin gegeben?"
"Erste Frage: John Doe. Zweite Frage: Nein."
'John Doe?' Russel war irritiert. "Wie meinen Sie das? Was wollen Sie? Finderlohn? Hören Sie, den haben Sie sich offensichtlich schon genommen. Neunzig Dollar!" Vielleicht sollte er einfach auflegen, das Gespräch beenden, sich endlich um den Christo-Vorgang kümmern...
"Mit Claudine haben Sie ja einen großen Fang gemacht, Russel!"
Plötzlich spürte Smith nur noch eine große Leere in sich und um ihn herum. Claudine? Was war mit Claudine? Wer war das am anderen Ende der Leitung? "Was... Was haben Sie gesagt?", stammelte er. Schweiß lief ihm über das Gesicht. Aus den Augenwinkeln heraus konnte er sehen, wie einige Mitarbeiter zu ihm starrten. Ihre Gesichter verrieten ihm, dass sie sich fragten, was hier geschah.
"Eine hübsche Frau, Russel. Wir wollen doch nicht, dass ihr was zustößt, oder? Wir wollen keine hässlichen Narben in Claudines Gesicht, oder? Russel? Das wollen wir doch nicht?"
Smith duckte sich etwas ab, um sich hinter den großen Monitor zu verstecken, ganz egal, ob es was nütze. "Ich... Um Himmelswillen! Bitte! Tun Sie Claudine nichts! Ich..."
"Einen Moment, Russel..."
"Was?" Er war kurz davor, gleichzeitig in den Hörer zu brüllen und sich zu übergeben. In seinem Magen rumorte es. Er zitterte am ganzen Körper und sein Hemd war bis auf die letzte Kunstfaser von kaltem Angstschweiß durchnässt. "Hallo?", flüsterte er in den Hörer. Seine Kehle war vollkommen ausgetrocknet. Das Sprechen tat weh. "Ha... Hallo?" Er hörte Geräusche. Scheppern. Schreie. Dumpfe Laute. 'Großer Gott!' "Hallo!" Verzweifelt versuchte Smith, den dicken Klos in seinem Hals herunterzuwürgen. "Verdammt!" Und dann hörte er endlich die verzerrt klingende Stimme.
"Francis und Justin sind gute Kinder. Sie lernen schnell, einer geladenen Waffe den nötigen Respekt zu erweisen. Ich bin richtig stolz auf Sie, Russel!"
Er hörte sich selbst stöhnen, und vermied es gerade so, durch die ganze Büroetage zu brüllen. 'Du mußt die Polizei rufen! Alarmiere verdammt nochmal die Polizei!' Aber irgendetwas hinderte ihn daran, einfach aufzulegen, oder die Mitarbeiter zu verständigen. Ein kurzer Gedanke, ein merkwürdiges Gefühl... 'Nein! Dann sind sie tot!'
"Russel? Ihre Schrecksekunde ist vorbei, würde ich sagen. Russel? Los, sagen Sie was!"
"Ich... Was... Was wollen Sie?" Smith hatte Angst. Große Angst. Vor seinem geistigen Auge sah er drei Leichname, einen großen und zwei kleine. Alle drei barbarisch abgeschlachtet, die Augen weit aufgerissen. Kalte, glasige Augen. Tote Augen. Die Augen von Claudine, Francis und Justin. "Sagen Sie mir, was ich tun soll. Bitte!"
"Sie müssen etwas für mich holen, Russel.", sagte die Stimme. Sie klang weder männlich, noch weiblich. Fast mechanisch, verzerrt. Unheimlich.
Er ballte beide Hände zu Fäusten. Das Plastik des Hörers begann zu knacken. Smith war mehr als angespannt. "Was? Was soll ich holen?"
"Haben Sie den Zettel noch?"
"Zettel?" Er runzelte verwirrt die Stirn. 'Was für ein Zettel', fragte er sich.
"Eine kleine Memo, die an Ihrem Bildschirm befestigt war..."
Smith legte den Hörer auf den Tisch und beugte sich zum Papierkorb hinunter. Panisch durchwühlte er zusammengeknülltes Papier, Plastikflaschen, Essensreste und allerlei Kleinkram, den er in den letzten zwei Tagen weggeworfen hatte. 'Zettel! Zettel' Komm schon! Ich weiß, dass du da bist!' Dann hatte er das Memo gefunden und faltete es unbeholfen auseinander. Kopfschüttelnd griff er nach dem Hörer und keuchte: "Hallo? Ich... Ich hab das Memo!" Nur Stille am anderen Ende der Leitung. "Hallo! John Doe!"
"Das ist gut, Russel! Einen Moment lang dachte ich, Sie würden noch ewig im Papierkorb kramen..."
Smith zuckte zusammen. Was hatte dieser elende Mistkerl gerade gesagt? Konnte man ihn etwa sehen?
"Lächeln Sie, Russel! Und damit wir nicht unnötig Zeit verschwenden: Die Kamera ist an der linken Seite des Monitors befestig. Sehen Sie die kleine Stecknadel? Sehen Sie sie, Russel?"
Sie war so klein und so unwahrscheinlich, dass man sie nur sehen konnte, wenn man wirklich danach gesucht hätte. "Ja. Ich sehe sie."
"Sie lächeln ja gar nicht."
"Da ist mir im Moment nicht so danach."
"Auch gut. Also, prägen Sie sich gut ein, was auf dem Zettel steht."
"Ja." Er überflog ein paar mal das Memo. "Okay."
"Gut. Jetzt schlucken Sie den Zettel bitte hinunter. Ich wünsche guten Appetit."
"Ich soll was?", fragte Russel entsetzt.
"Denken Sie an Ihre Familie, Russel. Tun Sie es für mich, Claudine, Francis und Justin!"
'Krank! Der Typ ist ein perverser Spinner!' Er rollte das Memo zu einer kleinen Papierkugel zusammen und steckte sie sich dann in den Mund. Dann holte er tief Luft und zwang sich, die Kugel hinunterzuschlucken. 'Widerlich!' Er sah zu der kleinen Stecknadel. "Okay."
"Machen Sie den Mund auf!"
Russel beugte sich nah an den Monitor heran und öffnete den Mund.
"Sehr gut, Russel. Ihre Familie ist stolz auf Sie. Und ich natürlich auch."
"Hören Sie..." Er war mit seinen Nerven am Ende. "Um was geht es Ihnen, John Doe?"
"Kennen Sie den Lakehurst-Park in Lower End?"
Jeder kannte den Park. Und jeder, der ihn kannte, mied ihn. Der Lakehurst-Park war das Zentrum von Lower End. Und Lower End war... Smith bekam eine Gänsehaut. "Ja...", stammelte er leise. "Kenne ich." Er kämpfte dagegen an, sich übergeben zu müssen.
"An Ihrem Honda Civic, unter dem linken Scheibenwischer... Da klemmt ein grauer Umschlag. Es ist eine Wegbeschreibung, wie Sie am schnellsten zum Lakehurst-Park kommen. Wenn Sie sich beeilen, könnten Sie in knapp dreißig Minuten an der Stelle sein, die ich Ihnen auf der Karte markiert habe."
"Ja..."
"Worauf warten Sie noch, Russel? Oder soll ich erst das Herz von Justin herausreißen, bevor Sie Ihren Arsch in Bewegung setzen?"
Smith ließ den Hörer fallen, stemmte sich aus dem Stuhl und lief den langen Gang entlang zu den Fahrstühlen. Er achtete nicht auf die irritierten Blicke der anderen, ignorierte das Getuschel. Eine Fahrstuhltür ging auf, er drückte die Taste für die 'Empfangshalle' und wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Und dann fiel ihm plötzlich der Mann ein, der ihn am frühen Morgen ohne ersichtlichen Grund angerempelt hatte. Ohne Zweifel. Das mußte John Doe gewesen sein.


Honda Civic

Er bog, wie auf der Karte vorgegeben, nach links in eine dunkle Seitenstrasse ein. Lower End rückte immer näher. Die Häuser wirkten von Kilometer zu Kilometer trister und verfallener. Der Dreck türmte sich meterhoch an den Straßenrändern, und dazwischen lagen Menschen, bei denen man nicht wußte, ob sie nur ihren Rausch ausschliefen, oder bereits tot waren. Polizeihubschrauber flogen unablässig ihre Runden. Alles wirkte düster. Endzeitstimmung. Russel Smith hatte die Hände fest um das Lenkrad geklammert. Er versuchte, möglichst unauffällig zu wirken. 'Bloß nicht anhalten!', schärfte er sich ein. Trotz des ständig präsenten Polizeiaufgebots in der Luft war Raub und Mord hier allgegenwärtig. Und dabei hatte er Lower End noch nicht einmal erreicht. Seine Gedanken schweiften zu John Doe. Dieser Typ, der ihn angerempelt hatte... 'Dabei hat er sich noch freundlich entschuldigt! Und wer hat die Brieftasche der Sekretärin gegeben? Ein Komplize von John Doe? Und warum ausgerechnet ich? Das ergibt keinen Sinn! Das ist geradezu...' Smith trat stark auf das Bremspedal. Der Civic gab ein merkwürdiges Geräusch von sich und blieb stehen. Eine alte Frau schüttelte wütend mit der Faust und gab wüste Beschimpfungen von sich, die Russel nur zur Hälfte verstand. 'Gott, du hättest diese Frau beinahe überfahren...' Entschuldigend hob er seine Hände etwas nach oben und lächelte verlegen. Die Frau ging weiter. Smith beschleunigte den Civic. Bald hatte er es geschafft. Lower End war nun schon in Sichtweise. Aus hunderten Schornsteinen schlängelte sich grauer Rauch bis hoch zu den Wolken. 'Lower End', dachte Russel und schluckte schwer. Lower End war die Müllhalde der Stadt. Wen es hierher verschlug, war mit dem Leben fertig. Smith hoffte, heil aus der Sache wieder herauszukommen. Er dachte an seine Frau und an die Kinder. "Du schaffst das! Einmal wenigstens in deinem Leben schaffst du etwas!" Feine Asche setzte sich auf der Frontscheibe fest. Die Scheibenwischer leisteten Schwerstarbeit. "Willkommen im Nirgendwo", murmelte Smith. Er bekam wieder eine Gänsehaut. Noch stärker, noch unangenehmer, als es im Büro gewesen war.


Lakehurst-Park

Auf dem Rücksitz hatte ein Päckchen gelegen. John Doe´s Anweisungen nach, öffnete Russel es und holte eine verdreckte Jeans, ein paar ausgelaufene Nike´s und ein verwaschenes Sweetshirt heraus. Offensichtlich hatte Mister Doe an alles gedacht. Ein Mann wie Smith, in einem Anzug gekleidet, würde in dieser Gegend den Abschaum geradezu magisch anziehen. Russel zog sich im Wagen um. Er hatte noch etwa fünf Minuten, um an den Punkt zu gelangen, der auf der Karte mit einem roten Kreis umrandet war. Er hatte schon viel über Lower End gehört, aber das, was er sah, übertraf bei weitem das, was er bis jetzt gekannt hatte. Der Ascheregen reduzierte die Sicht drastisch. Vielleicht zehn Meter, und man sah auf eine graue, sich bewegende Masse. Russel hustete. 'Du schaffst das! Denk an deine Familie!' Er kämpfte sich durch den Regen, wiech düster aussehenden Gestalten aus, umging brennende Tonnen, um denen alte Männer standen und noch ältere Lieder sangen, die von einer Welt berichteten, in der alle Menschen gleich waren. Eine Illusion. Die vergangenen Jahrzehnte hatten vor allem eines gezeigt: Die Reichen wurden noch reicher, die Armen noch ärmer. Und der Moloch, der hinter Smith lag, verdeutlichte das auf geradezu perverse Art und Weise. Russel genoss das Privileg, etwas über der jedes Jahr neu definierten Grenze zu liegen, die ihn jedoch unweigerlich irgendwann mit denen gleichstellen würde, denen er nun ängstlich aus dem Weg ging. Wenn er nicht in absehbarer Zeit eine Gehaltsstufe höher steigen würde, dann... 'Denk nicht dran! Denk nicht jetzt dran!' Er hatte den Park erreicht, konnte aber niemanden sehen. Irgendwo klingelte ein Telefon. "Verdammt!" Er horchte angestrengt, aber zu viele Geräusche störten ihn. Und dann kam plötzlich eine Gestalt aus dem Ascheregen auf ihn zu. Er ging einen Schritt zurück. Erneut klingelte ein... 'Es ist ein Mobiltelefon!' Die Gestalt kam näher, und das Klingeln wurde lauter. Smith nahm all seinen Mut zusammen und blieb stehen. Die Gestalt entpuppte sich als ein kleines Mädchen, vielleicht zehn Jahre alt. Sie streckte ihm das Mobiltelefon entgegen. Zögernd nahm Smith das Telefon in die Hand, das kaum größer als eine Streichholzschachtel war. Das Mädchen nickte ihm zu. Smith atmete ein paar mal durch und drückte einen kleinen Knopf. "Ja? Hallo?"
"Sie haben es also geschaff, Russel."
'John Doe...', dachte Smith gequält. "Ja. Was ist mit meiner Familie?"
"Der geht es hervorragend. Francis und Justin schlafen. Und Claudine hat ein bezauberndes Lächeln im Gesicht."
"Was?", schrie Russel und schnappte nach Luft. "Was haben Sie getan?"
"Beruhigen Sie sich, Russel. Nichts ist passiert. Glauben Sie mir."
"Sie... Ich!"
"Hören Sie mir zu!"
"Nein!", schrie Smith und packte das kleine Mädchen an dessen Arm. "Ich weiß, wer Sie sind!" Das Mädchen öffnete den Mund, schien zu schreien, aber kein Laut war zu hören. "Hallo?"
"Sie wissen, wer ich bin?" Sekunden waren vergangen.
Das Mädchen begann auf Smith einzuschlagen, der trat ihr mit dem Knie in den Unterleib und ohne ein hörbares Geräusch ging das Mädchen zu Boden. "Sie sind der Kerl, der mich heute morgen angerempelt hat, nicht wahr?"
"Sie wissen absolut nichts, Russel! Sie wissen absolut gar nichts... Hat das Mädchen Ihnen den Koffer gegeben?"
"Den was?" Russel zerrte das Mädchen hoch. "Wo ist der Koffer? Los! Der Koffer!" Das Mädchen weinte, aber das war ihm egal.
"Wer weint da?"
"Hier weint keiner!" Kurz hielt Russel inne. Sollte er nicht voller Angst sein? Das war er. Aber etwas hatte sich eingeschlichen. Wut. Endlose Wut... Er gab dem Mädchen eine Ohrfeige. "Der Koffer!" Das Mädchen übergab sich. Angewidert ging Smith einen Schritt zurück. Er bemerkte im Ascheregen schemenhafte Gestalten. 'Oh nein!' "Bring mir den verdammten Koffer!"
"Bewahren Sie Ruhe, Russel!"
"Ich bin ruhig!" Das Mädchen deutete zu einer albern aussehenden Statue, die überhaupt nicht zum Park passte. Sie wirkte geradez grotesk... "Ist er da? Der Koffer? Ist er dort?" Das Mädchen nickte. Smith rannte los. Trotz der begrenzten Sichtweise konnte er den Koffer schon nach wenigen Metern sehen. Er glänzte silbern. Ein silberner Aktenkoffer. Für den Moment ignorierte er die Gestalten, die um ihn herum waren. Er konnzentrierte sich. Nur noch er. Nur noch das Mobiltelefon mit John Doe am Ende der Leitung. Nur noch der silberne Aktenkoffer. Jetzt gab es einfach keinen Lakehurst-Park mehr, keine Asche, keine Leichen, keine Horrorgestalten, die man nicht erkennen konnte... "Okay. Ich hab den Koffer. Was jetzt?" Der Aktenkoffer hatte ein Zahlenschloss.
"Wissen Sie noch, was auf der Memo stand? Die auf Ihrem Monitor?"
'Oh Scheiße!', durchfuhr es Smith. Der gelbe, kleine Zettel. Er hatte es sich eingeprägt. Er mußte nur noch den Hebel finden, um diese Information wieder aus seinem Gedächtnis abzurufen. "Ja. Warten Sie, gleich..."
"Was ich noch sagen wollte, Russel... Sie wissen einen Scheißdreck! Sie wissen nichts von den Dingen, die um Sie herum geschehen. Das System, was uns knebelt, uns gefangen hält..."
'Erinnere dich! Erinnere dich, verdammt!' Smith kniete vor dem Koffer und überlegte fieberhaft, wie die Zahlenkombination lautete, die auf dem Zettel gestanden hatte. Was John Doe sagte, bekam er kaum noch mit. Er sah kurz zur Seite. Die Gestalten kamen immer näher. Und es waren keine kleine Mädchen... "Großer Gott!"
"Dieser Moloch, dem man uns zumutet... Dieses Geschwür, das uns impliziert, dass es nur auf Normen ankommt. Ich scheiße auf diese Normen, Russel! Ich will der Welt zeigen, dass es so nicht geht. Sie haben uns alles genommen. Alles! Sie haben..."
Smith schloss die Augen und legte das Mobiltelefon auf den Boden. Er hatte die Zahlenreihe vor sich, zum Greifen nahe... Und dann... "Eins! Sieben! Null! Drei! Neun! Fünf!" Das war es! Es war so einfach. Sein Geburtsdatum. Er nahm das Telefon wieder zu sich. "Doe? Ich hab es! Was jetzt?" Vorsichtig berührte er das Zahlenschloss, bereit, an dem ersten Rad zu drehen. "Doe!" 'Gott, wenn er meiner Familie etwas antut, dann bring ich ihn um. Ich schwöre, ich bringe ihn um!'
"Es wird ihnen eine Lehre sein, denen da oben, die über uns bestimmen. Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Das Schicksal eines Menschen darf nicht durch einen anderen Menschen entschieden werden!"
"Verdammt!", schrie Smith. "Sagen Sie mir, was ich tun soll!"
Stille, und dann: "Öffnen Sie den Koffer, Russel."
Er hatte die ersten Zahlen bereits in die entsprechende Position gedreht. Nur noch die letzte fehlte. Die Zahl Fünf. Aber hier war es ihm zu gefährlich. Er nahm den Koffer und das Mobiltelefon, stand auf und rannte davon. "Ich muß hier weg!"
"Ja, das ist okay. Laufen Sie, Russel. Laufen Sie!"

Es hatte nicht lange gedauert, und ohne Probleme hatte Russel seinen Civic erreicht. Im Inneren des Wagens atmete er tief duch. "Okay. Was wird passieren, wenn ich den Koffer öffne?"
"Dann wird alles gut werden, Russel!"
"Das glaube ich nicht. Was ist mit meiner Familie?"
"Öffnen Sie den Koffer!"
Eine innere Stimme sagte ihm, dass er es nicht tun sollte. 'Alles wird gut werden?' Russel Smith sah nach oben. Dunkler Himmel über Lower End. Und dann begriff er... "Mein Gott!" Fünf... Er schloss die Augen und alles wurde gut.


Atlanta, zwei Wochen später...

Den kleinen, gelben Zettel hatte er achtlos in den Papierkorb geworfen. Der Radiosender brachte stets die gleichen Meldungen: "Die Stadt Seattle existiert nicht mehr. Neuesten Informationen nach handelt es sich wohl um den bislang spektakulärsten Anschlag der als..." Gelangweilt schaltete George Hansom das Radio ab und widmete sich den Unterlagen, die er prüfen mußte. Während er ein Plus oder ein Minus auf Dokumente kritzelte, überlegte er, wer wohl die verdammte Brieftasche bei der Sekretärin abgegeben hatte. Das Telefon klingelte. Seufzend griff er zum Hörer. "Hansom."
"George Hansom?"
Unwillkürlich nickte er mit dem Kopf. "Ja. Was kann ich für Sie tun?"
"Haben Sie Ihre Brieftasche zurückbekommen?"


ENDE


copyright by Poncher (SV)
23.05.2003

 

Hi Poncher,
Die Geschichte hat mir gut gefallen. Eine Mischung aus Alltagseinerlei, Großstadtbeschreibung und etwas Endzeitstimmung...

Aber am Schluß bin ich ausgestiegen: Ich hab die Story jetzt zweimal gelesen, aber dennoch ist mir nicht klar was in dem Koffer war und warum am Ende alles wieder von vorne anfängt. Hab ich da irgendwas überlesen?

lg Hunter

 

Alda Wutz! :bib:

Wenn du die Geschichte zweimal gelesen hast und du dir nicht vorstellen kannst, was wohl passiert ist (und was passieren wird), dann hab ich wohl einen Fehler gemacht. :hmm: Vielleicht rafft sich noch jemand auf, den Text zu lesen. Warten wir´s mal ab.

Danke fürs Lesen! :)

Gruß,
Poncher

 
Zuletzt bearbeitet:

Ersteinmal einige spezielle Punkte:
"Hubschrauber der Polizei in Konkurrenz mit denen von den Sendern,"; Blah, Genitiv, 'mit denen der Sender'

"Trotzdem war es erholsam. Besser als das unübersichtliche Gewusel in der Empfangshalle. Es war kaum was zu hören, als" - besser: kaum ETwas zu hören.

"Länder, deren Namen man zwar las, aber sofort wieder vergaß." - der Reim fiel mir unangenehm auf, ist aber sicher Geschmackssache.

"Der Fünzig Dollar Schein " - Bindestriche, oder?

"Eine hübsche Frau, Russel. Wir wollen doch nicht, dass ihr was zustößt, oder? Wir wollen keine hässlichen Narben in Claudines Gesicht, oder? Russel? Das wollen wir doch nicht?" - Finde ich perfekt so!

"Oder soll ich erst das Herz von Justin herausreißen," - ich wäre eher für "Justin die Ohren abschneiden", oder "Justin mit seinen eigenen Fingern füttern", aber das ist wohl, äh... Geschmackssache ;)
'Herz rausreissen' klingt wie eine Opferung, wie ein dunkles Ritual, weniger wie eine Erpressung.

"verwaschenes Sweetshirt heraus." - Schweissshirt, nicht Süssshirt.

"Er kämpfte sich durch den Regen, wiech düster aussehenden Gestalten aus, umging brennende Tonnen, um denen alte Männer standen und noch ältere Lieder sangen, die von einer Welt berichteten, in der alle Menschen gleich waren."
wich aus; 'um DIE ältere Männer standen' oder 'vor DENEN alte Mänenr standen'.
Sonst ist das wieder ein klasse Satz, finde ich.

///

Mh. Ich wage jetzt einmal eine Deutung des tatsächlich geheimnisvollen Endes: Es fängt gegen Ende NICHT von vorne an; stattdessen geschieht etwas ähnliches nocheinmal, die Terroristen wenden die in dieser Geschichte beschriebene Methode, mit der sie Seattle ausgelöscht haben, nun bei Atlanta an... In dem Koffer war anscheinend eine mächtige Bombe, oder soetwas.
Demzufolge ist auch 'Doe' jetzt tot- WENN er wirklich bei der Familie des Protagonisten war, die ja sicherlich in Seattle lebte.

Wenn ich jetzt davon ausgehe, das meine Deutung stimmt- dann ist die Geschichte etwas Ziellos; ich habe jetzt ja keine Ahnung, was die beschriebene Ereignisse bewirken werden. Bringt es jetzt etwas? Oder war dieses 'Millionenopfer' (Seattle, und danach Atlanta) nutzlos wie so viele Kriege, die auch im Namen einer besseren Welt geführt wurden? Oder eskaliert das ganze, am Ende sind wir alle tot? Hm... Etwas ziellos damit, etwas leer.

Die Geschichte an sich ist aber sehr gut lesbar, spannend; am allerbesten gefiel mir die eindrückliche Charakterisierung der beiden Hauptfiguren, des Buchalters und 'Does'. An Doe ist natürlich besonders witzig, das er in der Geschichte nur über das Telefon auftritt.

Stilistisch einige wenige holprige Stellen (im Vergleich zum Rest)- sonst natürlich... Sauber, temporeich, klar.

Hm. Jetzt bin ich gespannt auf die Auflösung.
Grüße
All-Apologies

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Poncher!

Tja, ich hab's jetzt auch gelesen und, tja, ich hab's auch nicht verstanden. :(
Die Geschichte ist sehr gut geschrieben und es ärgert mich richtig, dass ich auch nicht begreife, was denn nun genau am Ende passiert. Der Typ am Telefon, "John Doe", rächt sich vermutlich am System auf irgendeine Art, aber ... nein, ich hab keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob ich vorher etwas überlesen habe ... dieser Abschnitt:

Eine innere Stimme sagte ihm, dass er es nicht tun sollte. 'Alles wird gut werden?' Russel Smith sah nach oben. Dunkler Himmel über Lower End. Und dann begriff er... "Mein Gott!" Fünf... Er schloss die Augen und alles wurde gut.
will sich mir einfach nicht erschließen.
Hat das alles etwas mit dieser Radiomeldung zu tun?
"Die Stadt Seattle existiert nicht mehr. Neuesten Informationen nach handelt es sich wohl um den bislang spektakulärsten Anschlag der als..."
Löscht dieser Unbekannte irgendwie die Städte nacheinander aus? Oder hat das jetzt gar nichts mit der Pointe zu tun? :confused: :confused: :confused:
Frustrierend, weil der Rest mir wirklich gut gefällt. Hab's in einem Rutsch durchgelesen und war gespannt was zum Schluss passiert. Und dann das ... :dozey:

Ein paar winzige Details:

"Hat man vorhin hier abgegeben. Sie sollten besser aufpassen!", sagte sie verächtlich und legte die Brieftasche auf den Tisch."
Anführungszeichen zuviel am Ende.
Smith duckte sich etwas ab, um sich hinter den großen Monitor zu verstecken
Abducken? Kenne ich nicht, den Ausdruck ... nur "sich ducken".
Sie wirkte geradezu grotesk...
Dieses Geschwür, das uns impliziert, dass es nur auf Normen ankommt
Der Ausdruck "impliziert" gefällt mir hier nicht. Passt es überhaupt? Ich kenne das Wort nur in der Bedeutung "beinhalten" ... sinngemäß passt mM nach eher etwas wie "indoktriert" oder "einredet".

Tja, bis auf das für meine Begriffe zu kryptische Ende eine gute und sehr lesbare Geschichte ...

Ginny

 
Zuletzt bearbeitet:

Um mal all-apologies aufzugreifen ...

Es fängt gegen Ende NICHT von vorne an; stattdessen geschieht etwas ähnliches nocheinmal, die Terroristen wenden die in dieser Geschichte beschriebene Methode, mit der sie Seattle ausgelöscht haben, nun bei Atlanta an... In dem Koffer war anscheinend eine mächtige Bombe, oder soetwas.
So in etwa meinte ich das auch.

Wurde aber vorher überhaupt explizit gesagt, dass die Story in Seattle spielte? Ich hatte nämlich die Befürchtung, dass diese Radiodurchsage nur diese düstere Endzeitstimmung untermalen sollte und kein Hinweis auf das Vorherige. Mich irritierte nämlich außerdem, dass die Radiodurchsage "Zwei Wochen später" kommt - klang jetzt so, als sei das Ereignis dass Seattle nicht mehr existiert sehr neu ... ein, zwei Tage her, oder so.

Ich vermute aber, das es wohl wirklich so ist, dass John Doe nacheinander sich auch die nächsten Orte vornimmt.

Demzufolge ist auch 'Doe' jetzt tot- WENN er wirklich bei der Familie des Protagonisten war, die ja sicherlich in Seattle lebte.
Glaube nicht, dass er tot ist ... eher, dass er die Familie vielleicht gekidnappt hatte.
Wenn er selbst bereit gewesen wäre dabei zu sterben, hätte er die Bombe doch auch selbst zünden können. Diese Aufgabe hat er doch gerade Smith übertragen damit er in Sicherheit ist, wenn die Stadt hopps geht, oder?
So hab ich's zumindest verstanden. :shy:

 

Nun, die NAtur der Bombe ist uns ja verborgen, ich BEHAUPTE jetzt einfach mal so, realistischerweise hätte sie auch ferngezündet werden können; wie moderne Bomben ja auch. Aber sonst, stimmt, die Familie des Protagonisten kann ja in Seattle wohnen, muss sich aber nicht gerade dort befinden. Abgesehen davon, dass der Protagonist (und damit in diesem Falle auch wir) nicht wissen, ob die Familie sich überhaupt in der Gewalt Does befindet... Trptzdem meine ich, das Doe mit der Familie in Seatlle war und dort starb- John Doe deutet ja auf eine gewisse Ersetzbarkeit hin, und fanatisch genug scheint er ja gewesen zu sein.

Stichwort Städte- es ist natürlich durchaus möglich, dass Atlanta nicht die zweite, sondern die fünfte Stadt sein wird, und dass vor Seattle noch andere Städte, zum Beispiel die, in der die se Geschichte spielt, verschwanden. Andererseits können wir uns sicher alle an die Medienabdeckung nach den WTC - Attacken erinnern- Monatelang das selbe. Und Seattle hat im Jahre (1995 + Alter des Protagonisten) sicher einige Millionen Einwohner mehr als das WTC...

Alles in allem, die Geschichte gibt Rätsel auf. Vielleicht würde alles verständlicher werden, wenn am Anfang eindeutig klar gemacht werden würde, das die Geschichte in Seattle spielt etc.

Spekulierend
All-Apologies

 

Ich habe es auch nicht geschnallt. Zumindest nicht, warum alles gut wird, wenn eine Stadt wie Seattle weggepustet wird.
Ist mir auch etwas zu sehr an Heute ran, auch wenn der Geburtstag 170395 und die Methode eine Stadt auszuradieren, wenn man einen Koffer oeffnet, auf die Zukunft deutet. Nur, es ist sicher auch heute moeglich,
eine Bombe zu zuenden, die verheerende Wirkungen hat.
Oder wird die Stadt in eine andere Zeit transportiert?

Was ich seltsam fand, ist folgender Satz: Gelangweilt schaltete George Hansom das Radio ab und widmete sich den Unterlagen, die er prüfen mußte.

Gerade hat er gehoert, dass Seattle verschwunden ist.
Ist das nichts besonderes, dass Hansom sich so langweilt?

Die Geschichte ist vom Stil her Klasse geschrieben.

Gruss,
Claudio

 

Nachdem wir jetzt alle die Geschichte durchidbattiert und analysiert haben, jeder seine Vermutungen abgegeben hat, wäre es jetzt aber mal nicht schlecht, den Autor zu hören?
Was stimmt denn jetzt? Oder liegen wir alle vollkommen flasch?

lg Hunter

 

Hi Ihr und Danke fürs Lesen. Ja, es handelt sich um eine Kofferbombe. Und meint Ihr, ich sollte aus den "2 Wochen" am Ende vielleicht "2 Stunden" machen? Käme dann, glaube ich, verständlicher rüber, oder?

Gruß,
Poncher

 

Hi Poncher,

wie immer lasse ich alle Stil- und Rechtschreibfehler
die "Sorgen anderer Leute" sein und gebe nur meine emotionellen Eindrücke zur Geschichte wieder.

Zunächst mal ganz allgemein:
Ich bin beeindruckt, wie gut du deinen Schreibstil verbessert hast.
Die Personenbeschreibungen sind wirklich gut.
Der besser situierte Durchschnittsbürger mit all seiner
"was sollen die Leute denken"-Angepasstheit, der letztendlich seine Angst und hilflose Wut ganz selbstverständlich an einer "Untermenschgöre" ausläßt, hat mich überzeugt. Genau so ein Menschentyp ist für so eine Aktion, wie sie der Terrorist gestartet hat, prädestiniert. Auch der Terrorist ist meiner Meinung nach überzeugend rübergekommen.....nicht übertrieben, nicht untertrieben.

Kritiesieren muß ich mal wieder deinen Hang zum übertrieben Geheimnisvollen, den du auch in dieser Geschichte noch nicht ganz in den Griff bekommen hast.
Meiner Meinung nach neigst du dazu, deine Geschichten undurchsichtig und auslegungsoffen zu halten, was vom Grundsatz her auch ganz in Ordnung ist.
Du kannst es dir aber nie verkneifen, eine eigene, meist verschlüsselte Auslegung in die Geschichte einzuarbeiten, die natürlich niemand verstehen kann, da deine dazugehörenden Gedanken dem Leser ja nicht bekannt sind. Der Effekt ist, daß der Leser zwangsläufig an deiner eigenen Auslegung herumrätselt und so der Möglichkeit beraubt wird, eigene Phantasien zu entwickeln.

"Das glaube ich nicht. Was ist mit meiner Familie?"
"Öffnen Sie den Koffer!"
Eine innere Stimme sagte ihm, dass er es nicht tun sollte. 'Alles wird gut werden?' Russel Smith sah nach oben. Dunkler Himmel über Lower End. Und dann begriff er... "Mein Gott!" Fünf... Er schloss die Augen und alles wurde gut.

Öffnen Sie den Koffer....ENDE DES ABSATZES

Der nächste Absatz erklärt dann genug....deine eigene geheimnisvolle Auslegung kannst du ja deinem Frisör erzählen :D

Der Satz:

umging brennende Tonnen, um denen alte Männer standen und noch ältere Lieder sangen, die von einer Welt berichteten, in der alle Menschen gleich waren.
hat mich auch irgendwie gestört...ist mir zu ????*keine Ahnung, was.

Der Zeitraum von 2 Wochen später ist okay....du könntest vielleicht die Radionachricht etwas anders formulieren....aus "stets" zum Beispiel "immer noch" machen....sinngemäß, meine ich damit.

Ich hab diese Geschichte gerne gelesen, hab sie allerdings nicht als Science Fiction empfunden.....ist die Welt nicht heute schon so???

Gruß.....Ingrid

 

Keine Ahnung, was so schwer an der Story zu verstehen ist. Echt nicht.

Habe aber eure Kommentare auch nur überflogen.

Ich finde den Protagonisten an mancher Stelle übertrieben durchschnittlich dargestellt. Du bemühst Dich so sehr darum, einen normalen Typen darzustellen, dass er für mich an Gesicht und Kontur verliert. Es ist für mich nur ein andauerndes Wiederholen von "Er ist genauso wie andere und nicht anders..."
Aber wie ist er denn?

Der Titel ist ironisch, soll vielleicht an die beschwichtigenden Worte des/eines Entführers erinnern. Mir jedoch zu platt. Ich finde das zu plakativ ausgedrückt.

Tiefe. Neue Gedanken. Neue Ideen. Das fehlt mir an der Story. Du beschreibst wirklich etwas, was man in jede Zeit transportieren kann. Es hat zu wenig Farbe. Zu wenig Hintergrund. Es sind die Worte eines jeden Unterdrückten. Da formt sich kein Bild bei mir. Ich fühle mich eher an all die bekannten Erklärungsversuche erinnert.

Insgesamt finde ich das Thema zu oberflächlich behandelt. Kryptisch ist die Story bestimmt nicht. Man braucht eigentlich nicht viel, um 1 und 1 zusammen zu zählen.
Versuch da doch mal Elemente hineinzubringen, die das Problem neu beleuchten. Der Kontrast Titel und Ausgang der Story funktioniert alleine nicht.

Naja, ich gehe ins Bett... Gute Nacht!

 

Hallo Poncher,

deine Geschichte hat mich inhaltlich sehr angesprochen und ich habe sehr gespannt und erwartungsvoll dem Ende entgegengelesen und mit deinem Protagonisten gefiebert. Besonders gefiel mir dabei, dass der Inhalt "wie ein Film" am geistigen Auge des Lesers vorbeiläuft.

Allerdings muss ich zugeben, den Schluss nicht verstanden zu haben. Ich hatte weder eine Idee was in dem Koffer sein könnte noch konnte ich etwas mit dem letzten Absatz "Atlanta, zwei Wochen später ..." anfangen.

Hab die anderen Kritiken gerade mal überflogen – gut, dass ich nicht der einzige bin, der nicht durchblickt. :)

Dass eine Bombe in dem Koffer war, weiß ich durch das Lesen der anderen Antworten jetzt, trotzdem hätte ich mir ein anderes (spektakuläreres) Ende gewünscht.

Ansonsten finde ich die Geschichte sehr gut. Der Schreibstil und die (Personen-)Beschreibungen sind, wie itschi bereits erläutert hat, wirklich beeindruckend.

Hab mich trotz des etwas enttäuschenden Ausgangs der Kurzgeschichte sehr gut unterhalten.
Am besten gefällt mir von deinen Storys, die ich gelesen habe, aber noch immer "Wenn der Wind weht".

Viele Grüße,

Michael :)

 

Ja also, der John Doe erregt sich ja ziemlich über die Gesellschaft, und will er ihr heimzahlen. Im letzten Absatz gibts dann eine kurze Radiomeldung über einen spektakulären Anschlag.

Naja, okay. Nicht verständlich genug.

Jedenfalls Danke fürs Lesen. :)

Gruß
Poncher

 

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