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Serie Alles in Socke: RedSock

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23.05.2003
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Alles in Socke: RedSock

RedSock

„Drängle doch nicht so.“
„Laßt die kleinen doch auch mal nach vorn.“
„Die kleinen haben hier nichts verloren.“
„Ach, ja? Und was sollen sie deiner Meinung nach tun? Sich aufribbeln?“
„Ruhe da hinten, sofort!“ Donnerte die rauchige Stimme der Wollne. Augenblicklich trat Stille ein. Wenn die Wollne etwas sagte, war es ein Befehl!
Sie war alt, hässlich und dick. Aber sie hatte den besten Platz in der Schublade. Direkt vorne an der Blende. Dort, wo sich durch Austrocknung ein kleiner Spalt im Holz gebildet hatte. Von hier aus hatte man einen guten Überblick über das restliche Zimmer. Nicht zuletzt dadurch zollten ihr die übrigen Insassen großen Respekt. Aber auch die vielen Mythen und Geschichten, die sich um die Wollne rankten gaben ihr so etwas Unnahbares, etwas Autoritäres.

Man erzählte sich, dass die Wollne noch die 70er miterlebt hätte. Das war wohl etwas übertrieben. Tatsache aber war, dass sie eine Selbstgestrickte war. Eine, die man gerne an kalten Winterabenden vor dem Kamin anzog. Deshalb umgab sie oft ein verwegener Geruch von Rauch und Freiheit.
Und wenn sie „Ruhe“ sagte, dann hieß es auch „Ruhe“! Schließlich durften die Menschen nie erfahren, was sich in der Sockenschublade alles abspielte. Dabei ging es hier, im Vergleich zum Kleiderschrank, relativ ruhig zu.

Die Tür ging auf, das Licht ging an, ein paar Schritte waren zu hören, die Schublade wurde geöffnet. Mit wenigen geübten Handgriffen wurden weitere Socken an ihren Platz gelegt. Die Schublade schloß sich. Man hörte sich entfernende Schritte, der Lichtschalter wurde betätigt, die Tür ging zu.

„Paß doch auf, wo du liegst.“ Als diese Fistelstimme erklang, verdrehten die anderen verächtlich die Augen. Die Stimme gehörte der Seidenen, oder auch ‚Halbseidenen’, wie sie von den anderen heimlich genannt wurde. Sie war weiß und trug eine Borde aus Spitze, aus echter, wie sie immer betonte.
Sie lag stets in der hinteren linken Ecke. Ein einziges Mal nur wurde sie getragen. Deshalb konnte sie auch nie mit Neuigkeiten prahlen. Und das, was sie erlebt hatte, kannten die anderen schon auswendig. Aber jeder Neuzugang bekam, ob er nun wollte oder nicht, eine detaillierte Beschreibung jenes außergewöhnlichen Tages, an dem sie doch so maßgeblich dran beteiligt war. „…und alles in weiß. Das musst du dir mal vorstellen. Kleid, Schuhe, Handschuhe, Schleier. Und ICH.“
Aber keiner wollte ihre Geschichte mehr hören, und so lag sie die meiste Zeit teilnahmslos in ihrer hinteren linken Ecke und rümpfte die Nase über das gewöhnliche Volk.

„Verzeihung, Madame,“ näselte die Tennissocke gekünstelt. „Ich habe mich wohl von ihrer Schönheit hinreißen lassen.“
Grölendes Gelächter von allen Seiten (außer aus der hinteren linken Ecke). Obwohl die Tennissocke alles andere als ansehnlich war, wurde sie von allen (außer von der in der hinteren linken Ecke) als guter Kumpel und lustiger Geselle geschätzt.

Anfangs versuchte die Tennissocke jedem zu erklären, dass sie eigentlich weiß sei. Daraufhin brach jedes Mal ein Gelächtersturm über sie herein. Aber dafür, dass sie die rote Farbe auch nach der Wäsche nicht loswurde, konnte die Socke nichts. Ihr war es peinlich, dass sie nicht so schön sauber wie die anderen Socken aus der Waschmaschine kam. Dann erklärte sie den anderen, dass dieser Effekt durchaus gewollt und sehr schwer zu erzielen sei. Es wäre mit ihr, wie mit Kupfer. Das roste ja auch nicht, sondern würde Patina ansetzen. Und das sei etwas Edles. Man einigte sich mit der Zeit darauf, dass die Tennissocke eben rot-weiß meliert sei.

„Da ist was los“, begann einer der Frischgewaschenen. „Ich kann euch sagen: das gibt noch Ärger.“
„Nun erzähl schon,“ drängte die Hellblaue. „Laß dir doch nicht jedes Wort einzeln aus dem Hacken ziehen.“
Es war mucksmäuschen still in der Schublade. Jeder wollte hören, was sich in der Waschküche ereignet hatte.
„Ihr kennt doch RedSock,“ fuhr der Frischgewaschene fort. „Der hatte sich doch so in die Damasttischdecke verknallt.“
„Armer Kerl,“ seufzte die Wollne. „Seine erste große Liebe und dann wird nichts draus.“
„Schon seit Wochen überlegte er, wie er ihr näher kommen könnte,“ erzählte der Frischgewaschene weiter. „Dann hat er mir von seinem Plan erzählt. Ehrlich Leute, ich hab versucht ihn davon abzubringen. Aber ihr wisst ja, wie er ist.“
„Nun mach es nicht so spannend,“ die Hellblaue platzte fast vor Neugierde.
„Er hat sich heimlich in die Kochwäsche geschlichen.“ flüsterte der Frischgewaschene.
„Ach das bringt doch nix,“ unterbrach ihn die Getupfte. „Spätestens beim Befüllen der Maschinen merkt die Frau doch, dass er da nix zu suchen hat.“
„Eben nicht,“ trumpfte der Frischgewaschene auf.
Entsetztes Aufschreien der gesamten Sockenschaft.
„Ist der denn wahnsinnig?“
„Das überlebt er nicht.“
„Der wird endgültig ausgemustert.“
„Oder er endet als Kindersocke.“
„Die haben doch keine Kinder,“ sagte die Hellblaue traurig.
Die Tür ging auf, das Licht blieb aus, Gekicher, Stille, merkwürdige Geräusche.
„Noch nicht,“ hauchte die Wollne verschmitz, „noch nicht.“

 

Kommentare bitte nicht in die Geschichte selber, sondern in ein einzelnes Posting :)

Babsy schrieb:
Hallo an alle,

hatte hier vor einiger Zeit die Geschichte 'Sockenparade' veröffentlicht. Ein paar nette Leser haben dazu Vorschläge gemacht. Daraufhin entstand die Geschichte.

Ich hoffe sie gefällt euch

Gruß
Babsy

 

Ich fand die Geschichte witzig ! Ich musste einige Male schmunzeln. Ich mag deinen Stil. Er liest sich angenehm und flüssig.
Schön, dass du trotz nicht nur positiver Reaktionen auf deine letzten Geschichten, weitergeschrieben hast und mit diesem Beitrag, wie ich finde, deinen Besten geschrieben hast.

Morgen werde ich die Sockenschublade jedenfalls mit mehr Gefühl öffnen…und der kleinen, löchrigen eine Chanche geben…:)

Ich freue mich auf deine nächste Geschichte !

Gruss Rolf

 

Hallo Rolf,
danke für die nette Antwort. Das tut meiner Seele gut :) .
Mit den angesprochenen Kritiken gehe ich ganz egoistisch :) um. Konstruktive werden gerne angenommen und mit ein wenig Übung auch umgesetzt ;) , destruktive landen in Ablage 'P'. Aber egal wie die Kritik ausfällt, ich lerne IMMER daraus. Sei es, daß der Stil verbessert wird oder man Anregungen bekommt, oder einfach nur Demut :D .

Verfügst du über telepatische Kräfte? In der nächsten Geschichte kämpft die kleine Löchrige nämlich um eine Chance. Verrate es aber bitte nicht weiter, soll doch eine Überraschung werden :D . Drück mir bitte die Daumen, daß ich noch einen netten Schluß finde, dann kann die nächste Geschichte bald veröffentlicht werden.

In diesem Sinne
Babsy

 

Hallo Babsy
Hat mir gefallen. Interessanter Schauplatz, witzig beschriebene Charaktere.
Feiner Humor zum Schmunzeln. Ein Abbild der Gesellschaft reduziert auf eine Sockenschublade.

Ein paar Dinge, die mir auffielen:
Entferne bitte die Zeilenumbrüche, meine Auflösung des Bildschirms schafft die Breite der künstlichen Umbrüche nicht und dadurch stehen dann einzelne Wörter auf der nächsten Zeile, was den Lesefluss enorm hemmt.

Ein paar Löcher in den Socken:

näselte die Tennissocke gekünzelt.
- gekünstelt

„Armer Kerl,“ seufzte die Wollnen
- die Wollne

Ehrlich Jungs, ich hab versucht ihn davon abzubringen. Aber ihr wisst ja, wie er ist.“
„Nun mach es nicht so spannende,“ die Hellblaue platzte fast vor Neugierde
- Jungs und die Hellblaue passt geschlechtermässig irgendwie nicht so.
- Vieleicht besser: Ehrlich Leute, ich hab...

Hoffentlich hilfts, weiter so.
Gruss dotslash

 

Hallo dotslash,

danke für die Tips, werde die Zeilenumbrüche gleich bearbeiten (hoffe, daß ich es hinbekomme).

Auf die Geschlächtertrennung innerhalb der Schublade hab ich gar nicht drauf geachtet ;) . Mal sehen, was ich da machen kann.

Bin für jeden Hinweis offen.

Gruß
Babsy

 

Moin babsy,

Ja, hat mir auch gut gefallen. Originelle Idee, flott geschrieben und mit einer guten Portion augenzwinkerndem Humor. Witzig und unterhaltsam.

Ein paar Flüchtigkeitsfehler hab ich gefunden (ohne Gewähr, daß meine Korrektur wirklich richtig ist)

„Drängle doch nicht so.“
Ich würde hier - rein aus dem Bauch heraus und ohne Garantie einer grammatikalischen Richtigkeit - "drängel" schreiben. Klingt mMn einfach besser.
„Ruhe da hinten, sofort!“ Donnerte die rauchige Stimme der Wollne.
sofort!", donnerte
Und "der Wollnen"
Anfangs versuchte die Tennissocke jedem zu erklären
hatte versucht
„Nun mach es nicht so spannende,“ die Hellblaue
spannend." Die Hellblaue
„Eben nicht,“ trumpfte der Frischgewaschene auf.
Hier könntest du evtl noch einen kleinen Gag rausholen, indem du vielleicht beschreibst, wie er sich versteckt hat.
Noch nicht,“ hauchte die Wollne verschmitz, „noch nicht.“
Noch nicht", hauchte die Wollne verschmitzt

 

Hallo gnoebel,

die Änderung von 'drängle' in 'drängel' find ich sehr sympathisch. Zumal mir mein Bauch das gleiche sagt. Aber die Rechtschreibprüfung von Word hat da Einspruch eingelegt. Wegen der Rechtschreibreform habe ich schließlich nachgegeben. Wer nun Recht hat, die Software oder ich, weiß ich nicht. Aber da du der gleichen Meinung bist wie ich, steht es 2:1 für die Menschheit. Und deshalb werde ich es auch ändern. ;)

Bei der Reihenfolge der Satzzeichen bei wörtlicher Rede bin ich immer recht 'kreativ'. Sollte mich mal auf eine Reihenfolge, nach Möglichkeit der richtigen, festlegen :)

Ich finde es prima, wenn ich auf so etwas aufmerksam gemacht werde. (kein Sarkasmus, sondern ehrlich gemeint). Schließlich kommt im Februar mein erstes Buch auf den Markt, da sollten mir solche Fehler nicht passieren.

Gruß
Babsy

 

Hallo,

ich nochmal.

Die Geschichte RedSock hat um Längen bessere Kritiken von euch erhalten, als meine ersten Geschichten. Lob hört man als Autor immer gern. Darum möchte ich diese Lob an die jenigen weitergeben, die für diese Geschichte eigentliche 'verantwortlich' sind.

lakita und Blanca haben mich durch ihre Postings erst auf die Idee gebracht. Ich habe es im Prinzip nur aufgeschrieben. Wenn man so will, dann war es Teamwork von Lesern der kurzgeschichten.de

In diesem Sinne, auf gute Zusammenarbeit
Babsy

 

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