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Alleine zu zweit

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02.11.2024
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Alleine zu zweit

„Erinnerst du dich noch an all die Abende? Wir haben Chopin gehört, schwenkten im Wohnzimmer. Ich erinnere mich an den Geruch deiner Haare, an die Wärme deiner Wangen und wie ich mich fühlte.“
„…“


Er packte den Korb: zwei Teller, zweimal Besteck, zwei Gläser und einen Wein. Über zehn Jahre lebte er schon hier. Auf dem Weg zum Park beobachtete er seine Umgebung. Nichts hatte sich verändert, die Sonne strahlte gleich, das Getose der Straßen war noch immer beruhigend und unangenehm zugleich.
Es brauchte ein wenig bis er einen geeigneten Platz im Park fand, auch das hatte sich nicht verändert. Schon immer war er ein bisschen zu perfektionistisch gewesen, eines der Dinge, die sie an ihm liebte. Den rennenden Kindern schenkte er keine Aufmerksamkeit. Das Sonnenlicht befleckte den Rasen, hier und da ein Schimmern.
Sie hatten noch keinen Hunger, weshalb er die Gläser herausholte und hineinblies, um sie von den Fusseln zu befreien. Er hörte ihr Kichern: „Sowas macht man doch nicht.“ Der Wein gluckerte, Bordeaux füllte das Glas.
Ihre Haare glänzten im Wind, das Lächeln war noch das gleiche wie am ersten Tag. „Manche Dinge kann man sich eben nicht abgewöhnen.“ Es klirrte und er trank.
„Könnte man nur immer in solchen Momenten versinken.“ Er spürte, wie sie mit ihrer Hand über seine Stoppeln fuhr. Ihr Kuss war leicht wie ein Windzug, ihr Geruch nicht mehr als eine Erinnerung. Es brauchte alles, um sie zu spüren, alles, um sie zu riechen.
„Erinnerst du dich noch an das eine Mal, als wir dort drüben lagen?“ Sein Finger zeigte auf eine kleine Eiche. Ein junges Pärchen neckte sich dort, er blendete sie aus.
„Du trugst das weiße Sommerkleid, das ich dir gekauft hatte. Ich las dir eine meiner neuen Geschichten vor und wusste, sie war nichts Besonderes, doch du warst begeistert. Sie handelte von einem Jungen, der sein ganzes Leben noch vor sich hatte und einer Straße folgte, dessen Ende er nicht kannte.“ Seine Stirn schlug Falten.
„Nein, es war der alte Mann! Sie handelte von einem alten Mann, der sein Leben schon hinter sich hatte und über eine Schneelandschaft wanderte. Ich kann mich an seine Gedanken erinnern, die vergangenen Momente, an die er im Schnee dachte.“
Zwei Mädchen liefen an ihm vorbei. Eine schaute bedrückt zu ihm, doch ihre Freundin zog sie weiter. Er beachtete sie nicht.
Sein Weinglas war schon halbleer, als würde sie ihn umarmen, wurde ihm ganz warm.
„Wir müssen uns das nächste Mal in die Sonne setzen, hier im Schatten wird dir bestimmt kalt.“ Mit einem letzten Zug trank er aus.
Ein Apfel löste sich vom Ast und fiel neben ihn. Das Gras fing ihn dumpf auf. Er rollte zum zweiten Glas, nicht ein Tropfen fehlte.

 

Hallo @L. Sauer,

du meinst am Ende bestimmt Glas und nicht Gas. "Besonderes" hätte ich groß geschrieben.

Verstehe ich es richtig, dass der Mann in Wahrheit alleine an dem Ort ist?

Also ich muss sagen, die Geschichte hat einen sehr guten Flow, die Atmossphäre packt mich.
Die Message bzw. die Situation ist mir noch nicht ganz klar. Ob das intentioniert ist, bleibt mirein Rätsel.
Man merkt, dass du Schreiberfahrung haben könntest.

Viele Grüße
Jizzle

 

Guten Morgen Jizzle,

Vielen Dank für den Kommentar, die zwei Anmerkungen habe ich korrigiert. Es sollte "Gras" heißen.

Prinzipiell finde ich es schade eine Art Auflösung zu geben, aber ja du hast recht, er ist in Wahrheit alleine vor Ort. Das Rätsel um die Situation ist gewollt konstruiert.

Viele Grüße,
L. Sauer

 

Hallo @L. Sauer!

Anbei ein paar Dinge, die mir aufgefallen sind:

Er packte den KorbDOPPELPUNKT zwei Teller, zweimal Besteck, zwei Gläser und einen Wein.
Falls zwei, zwei, zwei, eins beabsichtigt ist, okay – ansonsten würde ich den Wein schreiben.

Schon immer war er ein bisschen zu perfektionistisch gewesen, eines der DingeKOMMA das sie an ihm liebte.

Das Sonnenlicht befleckte den Rasen, hier und da ein Schimmern.
Gefällt mir gut!

Sie hatten noch keinen Hunger, weshalb er die zwei Gläser herausholte und jeweils einmal in sie blies, um sie von den Fusseln zu befreien.
Ist auch ohne die unschönen Zusätze klar.

Der Wein gluckerte, bordeaux erfüllte das Glas.
füllte – unter Erfülling verstehe ich etwas anderes ...

Es brauchte allesKOMMA um sie zu spüren, allesKOMMA um sie zu riechen.

Ich las dir eine meiner neuen Geschichten vor und ich wussteKOMMA sie war nichts Besonderes, doch du warst begeistert.
Ich las dir meine neue Geschichte vor und wusste, ... fände ich schöner.

Seine Stirn schlug Falten.
legte sich in – Faltenschlagen klingt eigenartig.

Eine schaute bedrückt zu ihm, doch ihre Freundin zog sie weitePUNKT Er beachtete sie nicht.

Sein Weinglas war schon halbleer, als würde sie ihn umarmenKOMMA wurde ihm ganz warm.

„Wir müssen uns das nächste Mal in die Sonne setzten, hier im Schatten wird dir bestimmt kalt.“

Mit einem letzten Zug trank er auf.
aus – man kann aufessen aber nicht auftrinken, oder?

Ein Tannenzapfen flog auf ihn zu, das Gras neben ihm fing ihn dumpf auf. Er rollte zum zweiten Glas, nicht ein Tropfen fehlte.
Oft ist von fallenden Tannenzapfen die Rede. Dabei fallen die so gut wie nie vom Baum. Es handelt sich fast immer um Fichtenzapfen. Tannen lassen nur die Samen fallen, nicht den ganzen Zapfen.

Nicht neu, aber gut umgesetzt. Vielleicht kannst du etwas von dem gebrauchen, was ich angemerkt habe.

Gruß und herzlich willkommen hier,
Sammis

 

Guten Abend @Sammis,

Danke für deinen Aufwand und das Willkommenheißen. Solche Anmerkungen helfen mir enorm weiter. Ich fürchte Kommasetzung ist meine größte Schwäche, an der ich mit solchen Kommentaren arbeiten kann. Die meisten Dinge habe ich verbessert. "Einen Wein" ist bewusst gewählt, da ich es sinniger im Sprechen fand.

Zum Logikfehler mit den Tannenzapfen: du hast absolut recht! Ist mir nicht aufgefallen. Ich schätze diesen Irrglauben muss man hier vorerst dulden. Fichtenzapfen hat meiner Meinung nach im Titel keinen schönen Klang.

Viele Grüße,
L. Sauer

 

Hallo @L. Sauer ,

deine Geschichte fand ich sehr schön! Besonders, wie du die Umgebung aufgebaut hast, war sehr lebhaft. Hat mir gut gefallen. Mir gefällt auch, wie du schon während dem Erzählen immer wieder auf das Ende hindeutest, wie hier:

Ihr Kuss war leicht wie ein Windzug, ihr Geruch nicht mehr als eine Erinnerung. Es brauchte alles, um sie zu spüren, alles, um sie zu riechen.
Das hast du schön aufgebaut.

Ein paar Kleinigkeiten, die mir aufgefallen sind:

bordeaux füllte das Glas.
Bordeaux groß.
„Wir müssen uns das nächste Mal in die Sonne setzten,
setzen,
Ein Tannenzapfen flog auf ihn zu, das Gras neben ihm fing ihn dumpf auf. Er rollte zum zweiten Glas, nicht ein Tropfen fehlte.
Vielleicht klingt "auf ihn herab" etwas besser? So klingt es für mich, als hätte ihn jemand auf ihn geworfen, oder er kam angeflogen, wie ein Vogel.

Alles andere wurde von meinen Vorgängern bereits erwähnt.

Alles in einem, eine schöne, kurze Geschichte!

Liebe Grüße,
Pachuses

 

Hallo @L. Sauer,

mir gefällt, wie viel du mit wenig erreichst. Ich allerdings hätte mir noch ein bisschen mehr Melancholie gewünscht.

Hier noch ein bisschen Korrektur:

Über Zehn Jahre lebte er schon hier.
zehn Jahre (klein)

Schon immer war er ein bisschen zu perfektionistisch gewesen, eines der Dinge, das sie an ihm liebte.
eines der Dinge, die sie an ihm liebte. Das bezieht sich ja auf Dinge.
Sie hatten noch keinen Hunger, weshalb er die Gläser herausholte und in sie blies, um sie von den Fusseln zu befreien.
hört sich holprig an. Vielleicht: und hineinblies
Er hörte ihr Kichern „Sowas macht man doch nicht.“ Der Wein gluckerte, Bordeaux füllte das Glas.
Hier fehlt ein Satzzeichen nach Kichern. ich würde einen Doppelpunkt setzen.
Ihre Haare glänzten im Wind, das Lächeln war noch das gleiche wie am ersten Tag.
Bin mir nicht sicher, ob es hier dasselbe heißen müsste.
„Erinnerst du dich noch an das eine mal, als wir dort drüben lagen?“
Mal
Ich las dir eine meiner neuen Geschichten vor und ich wusste, sie war nichts Besonderes, doch du warst begeistert.

Sein Weinglas war schon halbleer, als würde sie ihn umarmen, wurde ihm ganz warm.
Der Satz klingt auch sehr hoplrig. Ich würde zwei draus machen und umstellen:
Sein Weinglas war schon halbleer. Ihm wurde ganz warm, als würde sie ihn umarmen.
„Wir müssen uns das nächste Mal in die Sonne setzen, hier im Schatten wird dir bestimmt kalt.“ Mit einem letzten Zug trank er auf.
aus

Und somit herzlich willkommen im Forum!

Viele Grüße
Kerzenschein

 

Hallo nochmal @Kerzenschein,

Danke für deinen Kommentar. Dabei gebe ich dir recht. Wenn man in Melancholie versinken möchte, dann kommt man hier nicht auf seine Kosten und das ist okay. Die Geschichte ist bewusst sehr kompakt gehalten.

Bin mir nicht sicher, ob es hier dasselbe heißen müsste.
Ich denke beides funktioniert, nur mit unterschiedlichen Begründungen. "Dasselbe" würde bedeuten, dass er ihr Lächeln von früher eingefangen hat und es sich vorstellt. "Das gleiche" würde wiederum bedeuten, dass er mit einer Illusion von ihr lebt. Vielleicht merkt er garnicht, dass sie nicht bei ihm ist. Er schaut sie an und als sie lächelte (obwohl es nur eine Erinnerung ist), dachte er sich, dass sie aussieht wie früher.
Aber ein interessanter Hinweis, danke!

Die Anmerkungen zur Rechtschreibung usw. habe ich im Text verbessert, danke für dein Herausarbeiten.

Viele Grüße,
L. Sauer

Hallo @Pachuses,

Danke für dein Lob! Ich hab mich echt über deinen Kommentar gefreut, auch dass dir die Andeutungen aufgefallen sind. Deine Anmerkungen hab ich soweit verbessert, danke auch hierfür.

als hätte ihn jemand auf ihn geworfen
Hier musste ich lachen, da hast du natürlich recht.

Viele Grüße,
L. Sauer

 

Hallo @L. Sauer,

schön, dass zu den Wortkriegern gefunden und gleich eine atmosphärisch dichte Geschichte beigetragen hast!

schwenkten im Wohnzimmer.
Ist mit 'schwenken' Tanzen gemeint? Kenne den Ausdruck so nicht, aber dafür mag es regionale Gründe geben.

Das Sonnenlicht befleckte den Rasen, hier und da ein Schimmern.
"Beflecken" ist eigentlich negativ konnotiert. Ist das in deinem Sinn?

Eine schaute bedrückt zu ihm, doch ihre Freundin zog sie weiter. Er beachtete sie nicht.
Das ist geschickt gemacht - eine erste Andeutung, dass da etwas nicht ganz so idyllisch ist.

Ein Tannenzapfen flog zu ihm herab, das Gras neben ihm fing ihn dumpf auf. Er rollte zum zweiten Glas, nicht ein Tropfen fehlte.

Wie @Sammis schon erwähnte, ist der Tannenzapfen unwahrscheinlich, zum Sommer passt doch eigentlich auch eine Frucht besser.
Ansonsten finde ich anstelle von "flog" das günstiger: 'Ein Tannenzapfen fiel neben ihn, das Gras fing ihn dumpf auf'. (Wobei 'dumpf auffangen' eine interessante Formulierung ist).

Vielleicht magst du am Titel deiner Geschichte ein wenig rumbasteln: "Wenn die Tannenzapfen fallen" - ja, was dann? Und wenn nicht? Da der Titel gewissermaßen die Eintrittskarte eines Lesers für den Text ist, finde ich ihn zu unbestimmt, mit zu wenig Bezug zur Essenz des Textes.

So, jetzt genug Kleinkram:
Mir hat deine Verpackung des Themas Verlust/Einsamkeit/Kompensation gut gefallen. Du sagst mit wenig viel, bereitest die Auflösung des Textes behutsam vor.

Besonders geschickt finde ich diese zwei Stellen:

Sie handelte von einem Jungen, der sein ganzes Leben noch vor sich hatte und einer Straße folgte, dessen Ende er nicht kannte.“

Nein, es war der alte Mann! Sie handelte von einem alten Mann, der sein Leben schon hinter sich hatte und über eine Schneelandschaft wanderte. Ich kann mich an seine Gedanken erinnern, die vergangenen Momente, an die er im Schnee dachte.“
Dieser Gegensatz der Sichtweisen, eigentlich ein innerer Konflikt ist gelungen. Einmal die Hinwendung zur Zukunft, dann das Gegenwärtige, Rückwärtsgewandte.

Er rollte zum zweiten Glas, nicht ein Tropfen fehlte.
Wie durch einen Fingerzeig von etwas Übermächtigen wird die Realität be-deutet.

Habs gerne gelesen,

l. G.

Woltochinon

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Woltochinon,

bitte entschuldige mein spätes Antworten, ist zur Zeit etwas stressig bei mir und da kam ich nicht dazu ins Forum zu schauen.

Zuerst einmal tausend Dank für deinen Kommentar. Ich hab mich unheimlich über dein Lob gefreut, dass du dich, oder andere hier, mit meinem Text so im Detail auseinandersetzt, schmeichelt mir sehr.

Ist mit 'schwenken' Tanzen gemeint? Kenne den Ausdruck so nicht, aber dafür mag es regionale Gründe geben.
Das kenne ich aus dem Paartanz. Ich habe mehrere Jahre lang getanzt und mit "schwenken" meinten wir eine bestimmte Bewegung. Wenn man in einem Walzer, aber vor allem in einem Wiener Walzer nur nach rechts und links schaukelt. Sich also eigentlich nicht großartig bewegt, weil man sich lieber auf ein Gespräch, oder den Moment im ganzen konzentrieren möchte.

"Beflecken" ist eigentlich negativ konnotiert. Ist das in deinem Sinn?
Da hast du vollkommen recht! Ich habe die Geschichte einfach runtergeschrieben. Das Resultat sind solche Kleinigkeiten, die unstimmig sind. Ich denke ich werde es aber trotzdem so behalten. Die Stimmung sollte sowieso einen trüben Unterton bekommen.

Das ist geschickt gemacht - eine erste Andeutung, dass da etwas nicht ganz so idyllisch ist.
Danke, finde ich schön, dass es dir aufgefallen ist :)

Vielleicht magst du am Titel deiner Geschichte ein wenig rumbasteln:
Das muss ich. Die Frage "Was passiert überhaupt, wenn sie fallen?" bleibt unbeantwortet und die Aussage "Tannenzapfen fallen" ist an sich schon falsch. Demnach muss der Titel weg. Dazu kam ich leider noch nicht, weil sich momentan andere Dinge in den Vordergrund drängeln.

um Sommer passt doch eigentlich auch eine Frucht besser.
Schöner Tipp, behalte ich im Hinterkopf :)

Dieser Gegensatz der Sichtweisen, eigentlich ein innerer Konflikt ist gelungen. Einmal die Hinwendung zur Zukunft, dann das Gegenwärtige, Rückwärtsgewandte.
Ich kann mich hier nur wiederholen: Es ist toll, dass jemand dem Text solch eine Aufmekrsamkeit gibt. Danke dafür und danke fürs Lob!

Habs gerne gelesen,
Das freut mich.

In einem Nachwort würde ich nur gesagte Dinge wiederholen, also in dem Sinne.

Freundliche Grüße
L. Sauer

 

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