Was ist neu

Alle interessanten Ideenkombinationen schon ausgelaugt?

Mitglied
Beitritt
13.08.2004
Beiträge
49

Alle interessanten Ideenkombinationen schon ausgelaugt?

Als ich durch die Textkritiken blätterte, fiel mir auf, dass viele Texte als "klischeehaft" und "voraussehbar" abgestempelt wurden, die mir persönlich doch recht gut gefallen haben.
So stellte sich mir die Frage, ob denn alle interessanten Ideenkombinationen schon ausgelaugt sind? Gibt es gar nichts mehr, was es nicht schon gibt? Kann man aus Autor nichts mehr vollkommen Neues konstruieren?
Mir passierte es häufig, dass ich irgendeinen genialen Einfall hatte und einige Wochen später irgendwo eine Geschichte las, die ähnliche oder sogar genau die gleichen Grundideen hatte. In solchen Situationen war ich schon ein wenig enttäuscht.
Eure Meinung ist gefragt... ^^

 

Es stimmt, dass es ziemlich schwer ist, etwas zu schreiben, was noch nie da war. Aber selbst ein "klassischer" Plot, also einer, der in seinen Grundstrukturen schon ganz oft da war, kann unter Umständen doch noch zu einer weiteren lesenswerten Geschichte werden, wenn der Autor gut schreiben kann - wenn er es also schafft, die Geschichte lebendig und anschaulich erzählen. Dann liegt das "vollkommen Neue" eben nicht unbedingt in der Handlung, sondern in der Art des Erzählens. Und ich habe schon einige Geschichten gelesen, wo das der Fall war.
Wenn eine Geschichte als klischeehaft und voraussehbar abgestempelt wird ... Es muss nicht immer Hochspannung sein, aber normalerweise - auch hier gibt es Ausnahmen - möchte ich als Leser doch ein bisschen überrascht werden. Ich lese vielleicht noch weiter, wenn ich nach den ersten Sätzen schon weiß, wie die Geschichte endet - weil ich dann noch erfahren möchte, warum genau sie so enden wird. Als Beispiel (vielleicht fehl am Platz) fällt mir García Márquez' "Chronik eines angekündigten Todes" ein, wo der Leser von Anfang an weiß, dass der Protagonist sterben wird. Trotzdem ist es insgesamt noch eine spannende Geschichte, die man vom Anfang bis zum Ende liest, denn das Anfangswissen enthüllt uns noch nicht alle anderen relevanten Details. Bei extrem klischeebeladenen Geschichten ist das anders, weil man da relativ schnell nicht nur das Ende an sich, sondern auch die wichtigsten Umstände errät. Und dann bleibt man als Leser unbefriedigt zurück, weil der Autor einem nichts geboten hat, wofür sich das Lesen gelohnt hätte. So geht es mir jedenfalls, wenn ich eine Geschichte lese und ihr Klischeelastigkeit vorwerfe.
Das Rad völlig neu erfinden wird man vermutlich bei kaum einer Geschichte, aber relativ nützlich ist es doch, wenn man Klischees - so man mit ihnen arbeitet - gezielt durchbricht. Wenn man sich von vornherein mit "viel Liebe" um die eigenen Figuren kümmert, sie also möglichst lebendig gestaltet, dann ist schon viel gewonnen. Die Erfahrung habe ich zumindest gemacht. Genauso beim Plot. Wenn die junge Frau, die nachts allein im Spukhaus Ketten rasseln hört, ein einziges Mal nicht mit dem Kerzenleuchter auf den Dachboden steigt, ist ein Klischee durchbrochen und der Plot verliert seine Vorhersehbarkeit.

Also: Klar, es gibt noch immer Ideen, die keiner hatte - oder die zumindest noch keiner in eine Geschichte gepackt hat - oder zumindest nicht in eine, die man kennt. Aber selbst, wenn man auf "alte" Ideen zurückgreift, muss das nicht zwangsläufig schlecht sein. Mir geht es so: Wenn ich eine Geschichte schreibe, habe ich das dringende Bedürfnis dazu, und im Notfall kümmert es mich dann auch nicht, ob die Idee an sich oder der Grundplot schon einmal da waren. Gerade, wenn ich das weiß, will ich aus meiner ähnlichen / gleichen Idee umso intensiver etwas Eigenes machen.

 

Eine enorm spannende Frage, die ich mir selbst immer wieder stelle, die sich wohl jeder, der in irgendeiner Form künstlerischen Ausdruck sucht, immer wieder stellt.

Zuerst einmal glaube ich nicht, daß es ohne weiteres möglich ist, etwas neues einfach aus dem bestehenden zu extrapolieren. Das macht eine neue Idee schließlich aus, daß sie nicht vorherzusehen ist. Sonst hätte jeder darauf kommen können.
Wo sie dann herkommt?
Tja.
Ich wünschte, ich wüßte es.
Ich glaube allerdings, daß es da, wo sie herkommt, noch mehr von der Sorte gibt, es fällt mir schwer zu glauben, daß schon alles gesagt oder gedacht worden sein soll.

Dann ist es natürlich ein kaum erfüllbarer Anspruch, etwas neues produzieren zu müssen. Oft kommen dabei Sachen heraus, die nach dem Motto worauf ist vor mir noch keiner gekommen lediglich gezwungen originell sind, oder selbstreferentielle, ironisierende Postmodernismen.

Ich glaube inzwischen, man darf weder zuviel darüber nachdenken, wie andere geschrieben haben (dann rutscht man ins Nachahmen und ins Klischee) noch darüber, wie andere noch nicht geschrieben haben.

Natürlich kann es immer passieren, daß irgendjemand schon auf dieselbe Idee gekommen ist, wie man selbst. Ich halte es in dem Fall so, wenn ich unabhängig auf die Idee gekommen bin, ist es trotzdem meine eigene.

 

Wenn ich eine Idee habe, dann möchte ich diese Geschichte auch erzählen - unabhängig davon, ob der Plot. schon da war.
Selbst bei gleichem Plot. können völlig unterschiedliche Geschichten entstehen, weil andere Charaktere agieren, der Ablauf, der Schreibstil etc. ein anderer ist.
Ich persönlich habe keine Lust mir wochenlang Gedanken zu machen, ob irgendjemand schon meine Idee verarbeitet hat, die Geschichte doch zu schreiben und schließlich zu erfahren, dass etwas Ähnliches doch schon da war.
Zumal die meisten Geschichten schon seit Jahrhunderten nach den gleichen Motiven funktionieren - Geschichten die anders sind, finde ich ab und zu mal ganz nett, sie nerven mich persönlich aber auf Dauer.

Es gibt natürlich Themen, wie z.B. Selbsmord um Freiheit zu erlangen etc., die ich schon auf KG.de hunderte Male gelesen habe und die mir echt zum Hals heraushängen und auf deren Verarbeitung ich absolut keine Lust mehr hätte.

 

Weil es also keine neuen Ideen mehr gibt, rufe ich hiermit zum ultimativen Klischee-Wettbewerb auf: Je mehr KG.de Klischees in einem Plot kombiniert werden, desto besser :D

Meine Vorlage:

Eine junge Vampirfrau verliebt sich unsterblich in einen stattlichen Werwolf eines verfeindeten Clans. Sie treffen sich heimlich, um den Jahrhunderte andauernden Krieg zu beenden. Dann jedoch hintergeht er sie mit ihrer besten Freundin, ihrer Blutsschwester.
Da sie keinen Ausweg findet, bleibt ihr nur der Selbstmord, was für eine unsterbliche Vampirfrau nicht so leicht ist. Also stiehlt sie von einem irren Professor, der allein in einer Waldhütte lebt, eine Zeitmaschine und reist zurück in die Zeit, bevor sie ein Vampir wurde, um ihr früheres selbst zu töten. Bei der Landung mit der Maschine zerdrückt sie aber zufällig nicht nur den Vampirfürsten, der sie einst biss, sondern auch den Werwolf, der gerade mit selbigem kämpfte. Dieser erweist sich als genau der Wolf, der ihren Liebsten biss.
Daraufhin erwacht sie und stellt fest, dass alles nur ein Traum war und ihr Liebster friedlich neben ihr schläft.

Mich würgt es jetzt schon bei der Vorstellung, dass jemand eine solche Geschichte tatsächlich schreiben könnte. ;)

 

Also Naut... bis auf das Ende fand ich deine story eigentlich ziemlich spannend. Ich glaube nicht, dass es eine Geschichte in der Form schon gegeben hat.

Das ist es doch, was Künstler machen: Sie kombinieren Altes zu Neuem. Oder was ist an einer grinsenden Frau so neu, selbst wenn sie Mona Lisa genannt wird?

Und Romeo und Julia war schon zu Shakespeares Zeit ein alter Hut.

Texter

 

Texter schrieb:
Also Naut... bis auf das Ende fand ich deine story eigentlich ziemlich spannend. Ich glaube nicht, dass es eine Geschichte in der Form schon gegeben hat.
Ich glaube doch: Das Buch heißt "Der entfesselte Dracula" und ist von Brian W. Aldiss. Na ja, zumindest ist die Story ähnlich, Dracula, Professor, Zeitmaschine. Aber lass Dich nicht abhalten, der Entwurf gehöre Dir. :)

 

Das leidige Klischee... :rolleyes:

Von was kann man schon behaupten, dass es 'neu' ist? Gilt eine Idee als neu, wenn sie inzwischen so alt geworden ist, dass sich niemand mehr an sie erinnern kann?
Ich werf jetzt mal das Beispiel StarWars Episode 3 in den Raum. Gut-Böse-Konflikt a la Anakin Skywalker und Darth Vader. Es müssten viele Monate (Jahre?) vergehen, bis sich Autoren wieder trauen dürften, die Versuchung durch das Böse zu thematisieren, hätten sie Angst als Nachahmer beschimpft zu werden.
Sobald die Euphorie alsbald verflogen ist, (ja, das wird noch dauern) käme dieser Vergleich keinem mehr in den Sinn.

Zudem: Nicht jeder Mensch kennt alles.
So kann es passieren, dass man unbewusst (unertappt?) nach einer Klischeevorlage schreibt und dann an manche gerät, die dieses Klischee nicht kennen.
"Was für eine wunderbare, neue Idee!"

Es gibt da einen Fluch, geannt AWD-SPUMI (Alle Welt dreht sich plötzlich um meine Idee). Überall tauchen Objekte und Ideen auf, die man für die eigene Geschichte verwenden will! Ganz plötzlich! Als werden man von unsichtbaren Spionen verfolgt, die jede Kleinigkeit sofort weiterleiten und veröffentlichen.
Mysteriös.
Unheimlich.
Aber wie immer mit einer simplen, wissenschaftlichen Erklärung:
Das Gehirn sieht das, womit es sich beschäftigt. Die Themen unserer Umwelt bleiben dieselben, nur fällt einem gerade das besonders auf, was einem selbst im Kopf herumgeistert. Andere Dinge übersehen wir.

Das ist nicht nur eine These! Ich habe Dutzende Beispiele von Freunden und Bekannten, denen es genau wie beschrieben erging. Nur dass die meisten trotzdem felsenfest behaupten: Die Welt würde sich plötzlich nur noch um das eine Thema drehen.

(Sind wir also doch alle Egoisten?)​
:lol:
Gruß, Reddayk

 

Ich werf jetzt mal das Beispiel StarWars Episode 3 in den Raum. Gut-Böse-Konflikt a la Anakin Skywalker und Darth Vader. Es müssten viele Monate (Jahre?) vergehen, bis sich Autoren wieder trauen dürften, die Versuchung durch das Böse zu thematisieren, hätten sie Angst als Nachahmer beschimpft zu werden.
George Lucas ist also auch nur ein Nachahmer von Goethe. Schön, dass ihn mal jemand derartig relativiert. ;)

Es gibt keine neuen Stoffe, es gibt neue Umgebungen. Ob Romeo und Julia nun im Hip Hop Ambiente oder im Verona um 1400 spielt, es bleibt der Stoff um Liebe bis in den Tod, um Familienfehden und um Ränkespiele und Intrigen.
Wichtig ist es, der Zeit ins Herz zu schauen und Menschen zu schildern.

Lieben Gruß, sim

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom