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Allahs Dank
Es war geglückt, das Land des Bösen war schwer getroffen. Immer wieder schweiften seine Gedanken von seinem Dankesgebet zu den Fernsehbildern ab. Wie herrlich fand es Osama, dass er diesen Moment sehen durfte, dem Triumph seiner heiligen Krieger mit eigenen Augen beiwohnen konnte.
Lebhaft waren die Bilder in seinem Gedächtnis wie die Flugzeuge, vollgepfercht mit Ungläubigen, gegen die riesigen Türme krachten, dieses Symbol des dekadenten Lebens der Amerikaner. Wie wunderbar mit anzusehen wie kurze Zeit später die Türme in sich zusammen stürzten, unzählige der Unwürdigen in den Tod reißend. Ein wohliger Schauer der Freude fuhr ihm über den Rücken.
Großer Allah, dein unwürdiger Diener Osama Bin Laden lenkte das Geschick der Männer die dir zu gefallen heute Tausende ungläubiger vernichtet haben. Dein heiliger Krieg hat einen großen Sieg davongetragen. Nimm dies als Geschenk deiner Diener, die dein Reich mit ihren Herzen in die Welt tragen.
Wieder schweiften seine Gedanken ab. Fast sah er vor seinen Augen die Flammen, die Allah zu Ehren gierig am verhassten Pentagon leckten. Hörte beinahe die Schreie der Sterbenden, die ihn erneut den wohligen Schauer spüren ließen. Was würde er nicht dafür geben dieses Siegesgefühl immer wieder zu erleben, den Geschmack dieses Triumphs erneut auszukosten.
Etwas geschah. Bin Laden spürte wie etwas in seinem Geist sich zu formen begann. Seine Seele schien sich von seinem Körper zu lösen, schien aufzusteigen, schwerelos. Eine gewaltige Stimme formte sich in den Tiefen seiner Seele.
„ICH BIN ALLAH, DEIN GOTT. DU HAST MIR EIN GESCHENK GEMACHT DESSEN ICH MICH SCHÄMEN MUSS!“ Die Worte wurden nicht gesprochen und waren doch da, brachten Osamas Geist zum Beben.
Er war unfähig sich zu bewegen, zu sprechen, ja sogar zu atmen.
„ICH WERDE DIR DEINEN WUNSCH ERFÜLLEN, DU SOLLST BIS IN ALLE EWIGKEIT DEINEN SIEG AUSKOSTEN KÖNNEN!“
Die Worte dröhnten, formten einen Strudel der Bin Laden mit sich riss, immer tiefer zog und ihn schließlich einfach auszuspucken schien.
Langsam begann er seinen Körper wieder zu spüren. Seinen Körper?
Er öffnete die Augen. Was er sah ließ ihn erstarren.
Aus dem kleinen Flugzeugfenster konnte er Straßenschluchten, die von Titanen aus Stahl, Glas und Beton gesäumt waren, erkennen.
„Für Allah!“ der Ruf in arabischer Sprache drang schwach durch das ihn umgebene Geschrei. Er drehte den Kopf, sah den angespannten Gesichtsausdruck seines Landsmanns der mitten im Flugzeuggang stand, die Hände mit dem blutigen Messer beschwörend erhoben. Er wollte ihn ansprechen, ihn fragen wo er sei, was geschehen war aber bevor er den Mund öffnen konnte ging die Welt unter. Er wurde von seinem Sitz geschleudert, stürzte in den alles umgebenen Feuerball. Er spürte wie die Hitze seine Haut verbrannte, fühlte wie die Druckwelle seinen Körper in Stücke riss, ihn in einen unvorstellbaren Schmerz verwandelte. Warum starb er nicht? Er musste doch schon längst tot sein. Allah erlöse mich schoss es ihm durch den Kopf.
Plötzlich war es vorbei. Verwundert betrachtete er die Kaffeetasse in seiner schwarzen Hand, nicht schwarz vom Feuer sondern von Geburt an.
Noch bevor er verstand was geschehen war ließ ihn ein schriller Schrei herumfahren. Durch die riesigen Fenster des Großraumbüros sah er das Flugzeug, sah dass es auf ihn zuhielt. Wie gelähmt starrte er auf den schnell näher kommenden Bug der Maschine, sah wie sie gegen die Glasfront des Büros krachte. Er spürte wie er von den Füßen gerissen wurde, wie der Feuerball ihn wieder verschlang und die Druckwelle ihn in Stücke riss. Wieder dieser unsagbare Schmerz, wieder keine schnelle Erlösung durch den Tod.
Er hustete, der Feuerball war verschwunden. Durch den Rauch sah er auf seine blutigen Hände, nicht mehr schwarz sondern unter dem Blut und dem Schmutz schneeweiß. Lange, schmale Finger mit lackierten Nägel.
Hände einer Frau, dachte er noch als er schon den Krach über sich hörte. Titanische Stahlträger jagten durch die Decke, gigantische Betonteile mit sich bringend die ihn trafen, zerquetschten. Knochen brachen. Splitter durchbohrten Haut und Eingeweide. Schmerz, keine tödliche Erlösung. Der Boden gab nach, verwandelte alles in eine Lawine aus Staub und Zerstörung, ließ ihn fallen.
Wieder der arabische Ruf, wieder der Landsmann mit dem Messer, das Bild der Straßenschluchten nur diesmal von einem anderen Platz aus betrachtet. Erneut die Explosion, der Schmerz, keine schnelle Erlösung.
Immer weiter sprang sein Geist von einem der Opfer zum nächsten, erlebte den Tod jedes einzelnen, litt verstärkt die Qualen der sterbenden.
Waren endlich die Torturen des letzten Opfers ausgestanden, so begann der Reigen des Todes erneut. Kein Ausweg. Immer wieder begann es von vorn, das Sterben, das Leiden. Mal wurde er zerquetscht, mal verbrannte er. Er stürzte aus Fenstern, wurde zerrissen, erstickte.
Als Osama Bin Laden zum unzähligsten Male im Körper eines Mannes aus einem der oberen Stockwerke aus dem Fenster sprang, begriff er endlich dass Allah seinen Wunsch wirklich erfüllt hatte. Er erlebte seinen vermeintlichen Triumph immer von neuem. Seinen Triumph des Wahnsinns, der Qualen und des sinnlosen Sterbens. Immer wieder und wieder, bis in alle Ewigkeit gefangen in einem Reich das er sich für die Ungläubigen gewünscht hatte. Eine Welt aus Trümmern und Staub, Blut und Schmerz, Feuer und Tod. Eine Welt des Terrors.