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All-Tag

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15.03.2008
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All-Tag

„Ey!“, riefen sie, „Fette Kröte, Priva!“ Der hob die Arme wie ein Marathonläufer, der gerade das erste Mal durchs Ziel läuft: todmüde und sauglücklich. „Ich bin auch todmüde und sauglücklich, habe aber schon das nächste Ziel im Visier: aus dem gemachten Nest flüchten! Das wird der Coup des Jahres", brüllte er ihnen entgegen, was naturgemäß niemand verstand, weswegen Privas Gedanken die Richtung wechselten: „ Stehen die Nuttenkinder wieder faul in der Gegend rum. Und für Kruppzeug wie euch geh ich arbeiten.“
Er grüßte die einen per Handschlag, die anderen mit Kopfnicken, manche übersah Priva absichtlich und die taten, als hätten sie das übersehen. Nach dem kleinen großen Hallo nahm er einen Rucksack von der Bank, um sich dahinzusetzen. Als wäre der Rucksack mit einem Stolperdraht gesichert oder als wäre darin alles, was ihm lieb und teuer und übrig geblieben war auf dieser Welt, kam sofort nach Hochnehmen des Rucksacks ein Typ angelaufen, schmutzigblonder Bart und rissige Weißhaut, und fragte mit leichtem Kieksen in der Stimme, was Priva mit dem Rucksack machen wolle. „Den wegnehmen, um da zu sitzen“, kommentierte der seine Handlung und dankte dem Herrn, dass ihm ein so großes Herz mitgegeben worden war. „Gib den sofort her“, sagte der abgerissene, aufgebrachte Penner und Priva gab den sofort her. „Wollte den nicht behalten, keine Sorge, kannst dich wieder abregen.“ Tat der aber nicht, sondern fing an von wegen sich korrekt zu verhalten und dass das nicht gehe, einfach irgendwo dazukommen und am Rucksack rummachen. Priva dachte, dass eher das Gegenteil der Fall ist und es fast überall völlig unproblematisch ist, sich irgendwo hinzusetzen und einen Rucksack beiseite zu stellen, sagte aber nichts, blickte den Dröhner nur kurz an und setzte sich auf die jetzt freie Bank. Der andere stand weiter vor ihm und machte sich Luft. „Jetzt reiß dich mal zusammen“, sagte Priva drei Sätze später, „ich hab heute frei und werde meinen Tag bestimmt nicht damit beginnen, bei dir Trauerarbeit zu leisten."
"Trauerarbeit?", fragte der Typ.
"So wie du Schwuchtel hier rumningelst", sagte Priva.
„Die Schwuchtel!“, sekundierte Maksym und die Runde lachte und der Typ hielt die Fresse und ging ein paar Schritte zurück mit dem Rucksack in der Hand, kuckte noch verbissen, bis sich seine Kauleiste in ein schmieriges Grinsen auflöste, das im feuchten Boden versickerte.
Tea vertickte gerade die letzten Subutex und fragte, ob Priva noch welche habe, der schüttelte den Kopf und sagte, dass nun Schluss sei, er habe frei und gerade keinen Bock mehr auf nen Zweitjob mit so hohem Organisationsaufwand. „Der Markt ist offen und das Bett gemacht. Digger! Biste Käufer oder Ticker?“
„Beides“, sagte Maksym.
Priva musste erst mal verdauen, dass ihm jemand tatsächlich zugehört und geantwortet hatte, nickte dann, stolz auf sich, auf eine Reaktion angemessen zu reagieren „zugegeben. Trotzdem liegt es jetzt an euch. Wer will sich ins gemachte Nest setzen. Ich verkaufe meinen Kontakt in Berlin für 500, istn Schnäppchen. Mein Ali ist der einzige, den ich in monatelanger Suche finden konnte, der in Berlin wenigstens mittlere Mengen am Start hat.“
Keiner reagierte. Die meisten hatten ihn auch gar nicht gehört. Alles andere hätte ihn auch gewundert, aber er wollte das mal gesagt haben. Priva tauchte in sich selbst zurück, ließ seine Gedanken mit den Gesprächsflüssen der Umgebung mitschwimmen, hörte davon, wie sie über Butterpreise sprachen und dass die im Kaufland jetzt zwei Euro kostete. Ein anderer warf ein, dass er letztens gesehen habe, wie einer zwölf Stück Butter mitgenommen habe, und Priva fiel wieder auf, dass dem zu jedem Gesprächsthema eine eigene Geschichte einfiel, in der er die Hauptrolle spielte als Akteur oder scharfer Beobachter. Manchen fliegen die Stories halt einfach so zu, dachte er und hörte, wie der zugehackte Skin sagte, dass man nur handelsüblichen Mengen der Butter mitnehmen dürfe. „Und nicht in szenetypischer Stückelung!“, unterbrach Priva ihn laut. Keiner lachte und es fing an zu nieseln. „Aber von dir“, sagte er dann, stand auf und ging zu König rüber, „haste Braunes?“. Der nickte und holte seine Dose raus und kramte vollgekritzelte Briefchen hervor, „hier ist ein Plus drauf“, sagte er, „da ist das richtig Gute drin“, und er fummelte mit seinen fetten Fingern am Briefchen rum und versuchte es zu öffnen und erzählte zwischendurch, was er alles in welchen Geschmackssorten und Härtegraden hatte und Priva zog Grimassen und kommentierte die Geschichten mit seiner Mimik und jetzt lachten alle, aber König war so beschäftigt mit seiner Marketingkampagne, dass er nicht bemerkte, dass sein Kunde aus dem Verkaufsgespräch gefallen war. „Du bist jetzt das erste Mal bei mir, deswegen kriegste für 10 das, wo 15 draufsteht und eine Plus.“ Frickelte drei Briefchen auf, wobei er sich fast die Finger brach, was verdammt lange dauerte, bestimmt zwanzig Sekunden, in denen Priva unruhig warten musste und diesen Snacker verfluchte und an das Gedicht von Brecht denken musste, wo der unruhig auf den Reifenwechsel wartete, obwohl er da, wo er herkam, nicht sein wollte, und dort, wo er hingefahren wurde, nicht hin will. König zeigte endlich Inhalte. Szenetypische Stückelungen des hell- bis dunkelbraunen Pulvers. Priva nickte. „Halt mehr oder weniger Manithol, ja. Ist gut. Gib her jetzt.“
König reichte ihm das rüber und gab noch mit auf den Weg, dass er wenigstens eine kleine Nase ziehen solle, das rieche wie in den Neunzigern, und ob er noch C wolle, das könne er auch auf dem Blech laufen lassen. Dafür dass der meinte, ich kaufe das erste Mal bei ihm, scheint der mich aber gut zu kennen, dachte Priva und hatte König kurz in unbestimmtem Verdacht, bis er sich selbst verdächtig wurde und er den Verdacht gegen König in einen Verdacht gegen sich umprägte und dann aber die ganze Scheiße abhakte und schlicht als weiteres Indiz für Paranoia im Anfangsstadium verbuchte, was okay war, die hatte er sich verdient.
„Nee, kein C. Ich nüchtere gerade aus. Momentan nur Heroin.“ Und wieder lachten die Bastarde. König sprach noch davon, vielleicht noch H und D auf die Päcken zu schreiben, damit er wisse, wo das helle und wo das dunkle Pulver drin sei. Priva lachte nur, grüßte in die Runde, latschte mit Schmackes in eine schlammige Pfütze, ignorierte den ständigen Warnruf seiner Kollegen, „Schnürsenkel!“, nahm billigend in Kauf, dass seine Schnürsenkel durch den Matsch schleifen, legte sich die Hörer wieder auf die Ohren, tippte auf Play und hörte weiter rock on von den Beginnern, erinnerte sich an sein Leben vor 18 Jahren, als er morgens auf dem stets schwankenden Weg zum Schulbus dieses Lied gehört hatte, nachdem der morgendliche Bongblast mit Vollgas in den Kopf gerauscht war, und dass er dieses Album seitdem tatsächlich mittlerweile tausende Male gehört haben musste, aber ihm erst letzte Woche aufgefallen war, dass Denyo davon rappte, sein Geld in die Beginner zu investieren, nicht in die Gewinner, wie er das so ungefähr die letzten zwanzig jahre lang verstanden hatte.
Auf dem Weg zurück vom Knochenpark dachte Priva an Omar von The Wire und dass der eigentliche Rausch darin bestand, sich diese Umwelt zurechtzuschnitzen, sich in diesem feindlichen Milljöh durchzusetzen, und dann erst zu gehen, auch wenn alles in einem ruft, das nicht zu tun. "Er hat sich ganz ganz dolle gewünscht, der sympathischste Heroinhändler der Stadt zu werden und wir freuen uns, ihm jetzt zu seinem Nummer-1-Move gratulieren zu können: ein ganz großer Applaus für Priva, der sich ganz ganz fest vorgenommen hat, aus dem Nest zu fallen, in dem so viel harte Arbeit steckt, was wahrscheinlich nie jemand angemessen würdigen können wird", kommentierte seine innere Showmasterin.
Bis jetzt hatte er alle Teile seines Plans umgesetzt, sich in den belly of the beast abgeseilt und war mit dem Monster mitgereist, wie Jonas oder Jason im Wal. Der Wal ist bekanntermaßen eine Metapher, wie der Bus, aber die Metapher ist gleichfalls ein Bus oder ein Wal, die andere Möglichkeiten der Fortbewegung bieten. Zu manchen abgelegenen Gegenden führen nur wenige Wege, die schwerer zu bereisen sind, was wahrscheinlich der Grund ist, weswegen sie noch immer abgelegen sind.
Wieder alles aus dem Nichts aufgebaut, organisiert und hingekriegt und Geld verdient und verprasst. Schulden aus den letzten zwei Jahren getilgt, die sich angesammelt hatten, als er einen Ort zum Leben suchte und haltlos durch die Zeitgeschichte tingelte, immer wieder gegen die Seile taumelte und nicht zu Boden ging, immer wieder zu Boden ging und immer wieder aufstand, immer wieder KO ging und weiterkrabbelte, bis er wieder OK war.
Sieben Wohnungen und drei Städte in den letzten zwei Jahren, resümierte Priva. Was wahr war, aber sich mittlerweile schon wieder so weit weg anfühlte, dass man die Realität dieser Erinnerungen bezweifeln könnte.
An der Haltestelle Koehlerstraße kam ein Punker mit Kötern auf ihn zu. Wie immer bei Sichtkontakt, seitdem das erste Mal gefaltetes Kleingeld im Klingelbecher gelandet war. „Ein letztes Mal auf dicke Hose machen, bevor ich wieder ins geldwertschätzende Denken zurückfinde“, sagte Priva und faltete einen Fünfer.
Boah nee Mann, das sei jammerschade, sagte der Punk, aber er habe diese Lebensphase gern begleitet und wäre auch beeindruckt gewesen und habe sich noch Stunden später in nächtlichen Stunden bisweilen fragen müssen, was es mit diesem Priva nur auf sich habe. Der täuschte einen linken Haken an, knuffte dann aber doch mit ner rechten Geraden die rechte Schulter des Punks, spielte seine Rolle ordnungsgemäß und wie vorgesehen zu Ende. Die Köter kläfften, der Punker lachte wie über einen gelungenen Scherz, drückte in vielen Worten seine Dankbarkeit aus, wozu Priva sein ernstes Das-ist-doch-nicht-nötig-Gesicht anzog, ohne die er aber nie wieder auch nur einen verdammten Pfennig in des Punkers Becher klingeln ließe.
Die Bahn kam, Priva stieg ein. Wie immer kuckten ihn die Menschen an wie eine Erscheinung, eine Frau beobachtete ihn in der Spiegelung der Scheibe. Kann sein, dachte er, kann sein. Priva suchte sich einen Platz, zog das Buch des Schreibkollegen raus, der im Gegensatz zu ihm was auf die Kette kriegte und übte sich lesend in neidfreier Mitfreude, was er vor Jahren bei Polylove gelernt und noch nie gekonnt hatte.

Er konnte sich gerade ohnehin nicht aufs Buch konzentrieren oder auf irgendwas außerhalb seiner Selbst. Überlegte, dass er gestern Karl das letzte Mal dieses Jahr eingeladen hatte und gesagt, dass er künftig nurmehr vom Gehalt leben wolle, sonst werde er das kräftemäßig nicht hinkriegen auf Dauer und wie Karl genickt hatte beim Inder im Hauptbahnhof und Priva auslachte und meinte, er solle ruhig mal die anderen wieder zahlen lassen, und dass er gespannt sei auf Privas nächste Gestaltwandlung. Über Fettliebe, Verlagsgründung und Karls neueste Oper, die diesmal für noch nen Tausender mehr nach Esslingen verkauft worden war, hatten sie nicht geredet. „Kuck mal, die Rache des Patriarchats“, hatte Karl mittenrein gesagt und auf die Werbung für Sultan gezeigt, dutzende Ausschnitte des Films: wie Sultan mit Hanteln ein paar Boxbewegungen übt, Traktoren zieht, sich mit einer Frau ins Maisfeld legt, der nächsten die teure Bluse aufknöpft, einen Gegner im Käfig niederschlägt, tanzt und singt und all das immer wieder aufs Neue in variierten Bildern. Priva hatte gefragt, ob Karl jetzt ne Antwort erwarte oder er auch was ganz anderes sagen könnte. Karl hatte leicht lächelnd genickt und gemeint, dass es Priva wahrscheinlich auch einfach schwerer falle, sein Geld zu verprassen, wenn es wieder stundenweise verdient werden musste und Sozialabgaben und Steuern abgezogen werden. „Meinst du“, hatte Priva geantwortet, „wo hast du das denn aufgeschnappt?“
Und Karl hatte gelächelt und genickt und Priva spürte Liebe in sich aufsteigen, die wie eine Welle allen Ärger fortspülte und er freute sich sekundenlang einfach nur. In der ersten Welt zu leben als überprivilegierter Egomane, von Mama geliebt, vom Vater gefürchtet. Dass sie ziemlich exakt das Leben lebten, was sie immer gewollt hatten. Was angesichts ihrer Vorstellungen schon für die Offenheit und Toleranz und Freiheitlichkeit ihrer Gesellschaft sprach, „wenn Freaks wie wir nicht in KZ’s gesperrt werden, sondern bezahlte Beschäftigung über dem Subsistenzlohn finden.“ Karl schielte aus dem Augenwinkel zu Priva und fragte, ob er mit ihm geredet habe. Der räumte ihr Geschirr zusammen, nickte und sagte, „haben wir das jetzt auch“, ging zum Bezahlen, gab keinen Zehner Trinkgeld, weil er die Bedienung unfreundlich fand, wie beim Asiaten nebenan, und redete sich gut zu, sich darüber mal nicht aufzuregen. „Wärest du freundlich, wenn du dir den ganzen Tag in so nem Imbiss die Beine in den Bauch stehen würdest, für kleines Geld den besten Teil des Tages vom Boss gehetzt wirst und du vielleicht noch zu jedem Kunden höflich sein musst, egal, wie eklig der ist?“

Priva überschlug, was noch da war. Vom Umsatz des letzten Monats war kaum mehr was übrig, nach Schuldendienst, und Netbookkauf zum Schreiben, und Lokalrunden ohne Ende, und ein paar Tausendern im Stash, und Flugtickets nach Peru, und so ungefähr zwanzig kleinen Scheinen, die in den Bechern von Verkäufern von Kippe oder Straßenfeger oder Hinz & Kunzt gelandet waren, manchmal auch in den für-Gras-Becher der Punkermeute am Hauptbahnhof, aber Priva bevorzugte die Straßenzeitungsverkäufer, ohne zu ahnen wieso, ohne sich deswegen zu befragen.
Am Augustusplatz, drei Haltestellen weiter, ging er hinunter die drei Stufen des alten Straßenbahnwagens – Tatra hießen die, meinte jemand vor kurzem und dass sie ausgewechselt werden sollen, weil sie zu schwer seien und die Schienen beschädigten – und sah sich auf dem Weihnachtsmarkt um. Erinnerte sich an das Foto des Nazis, mit dem zusammen sie heckweise Gras verkauft hatten im Sommer, der sich grinsend vor einem Glühweinstand hat fotografieren lassen, unter dem Schild „Bitte rechts anstellen.“ Die Fettliebe-Praktikantin hatte zurecht darauf verwiesen, dass mensch mit Nasen nicht rumhängen darf, aber Priva suchte ja keine Freundschaft, sondern nur die Nähe der kommenden Mehrheitsmeinung. Der Kardinal hatte ihm das Foto gezeigt, und sie beide mussten lachen, als sie sahen, dass sie so einen genügsamen Freund des witzigen Gedankens hatten. „Deine Gewalt ist nur ein stummer Schrei nach Liebe“, summte Priva, schlenderte an Schienen entlang, schrieb eine SMS an Miri, die in Essen bei ihren Eltern war, eigentlich Mara hieß und gerade ein Buch von Siri Hustvedt las. Fotos von sich und der Landschaft ohne Wölfe postete, und Priva fiel das erste Mal auf, dass Wölfe dabei waren, die neuen Einhörner zu werden, und dass es nur natürlich war, sich doll zu wünschen, einen Wolf zu sehen. Er kannte aber auch die Gefahr und wusste, man muss vorsichtig sein und weiß trotzdem nie, welcher Wolfsdarsteller sich am Ende als Schaf herausstellt. Die Redaktion ließ ganze Wolfsherden steckbrieflich suchen.
Miri hatte auf Facebook aus Siri zitiert, mit einem Foto des Buchs, das sie locker im Schoß hielt, von wo aus ihre langen Beine in den Nylonstrümpfen bis zum Fußboden reichten. Das war ja ein öffentliches Posting und also an niemanden adressiert, aber Priva wusste, dass sie ihn meinte und reagierte also nicht darauf.
Und er fragte sich mal wieder, als er an der Ampel wartete, die den Verkehr zwischen Johannisplatz und Augustusplatz teilte, wie sich verrückt werden anfühlen könnte, was Nietzsche in den letzten Stunden gedacht und gefühlt haben mag, und dass ihm mitunter mit Grund vor kurzem aufgefallen war, dass das, was er so vor sich herbrabbelte, sich immer wieder nach gefährlicher Nähe zum Beziehungswahn anfühlte, und es auch einen Spezialisten gäbe, der ihm diesen Stempel aufdrücken würde, wenn er kein funktionierender Irrer wäre, und dass das vielleicht sein Schicksal ist, falls es eines gibt.

 

mit dem Titel ist nicht gemeint all tags oder so was in der Richtung. ich wollte All-Tag eigentlich mit Alltag taggen, hab das aber wieder nicht hinbekommen. jetzt muss das ja wieder jemand nachjustieren, also das war keine Absicht und Dankeschön.

 

… nur weil du Schwuchtel hier rumningelst.

Hey Kubus, nur ganz kurz. Mir gefällt es sehr. Ich musste ein paar mal lachen, weil ich Deinen Priva wirklich lustig fand. Ist schon ein wenig Autorenphantasie dabei, wenn ein H-Dealer über Brecht und Nietzsche philosophiert, aber ich finde es trotzdem cool. Klar sind diese Figuren nicht gerade pc, aber das Konstrukt funktioniert für mich und die Erzählerstimme ist klasse:

König zeigte endlich Inhalte.

Diese Sprache ist einfach originell. Gut gemacht und danke fürs Hochladen.

Gruß Achillus

 

Hi Kubus,

ich hab eine Stimme im Kopf, die brüllt mir die ganze Zeit zu, dass ich diese Geschichte nicht kommentieren sollte, die Finger davon lassen sollte, weil ich mich nur lächerlich mache, keinen wirklichen Plan habe, worum es geht, dass das auf irgendeinem fremden Stern spielt, obwohl ja eigentlich gleich nebenan, wenn ich mal mit dem Zug fahre und am Hauptbahnhof vorbeikomme.

Die andere Stimme sagt, dass ich die Würfelkommentare immer sauspannend finde, überhaupt den Austausch über Texte und Schreiben, und dass mein Kommentar unter ‚Jäger und Gammler‘ so dürftig war, da könnte ich ruhig nochmal.

Alpha und Omega. Anfang und Ende. Am besten gefallen mir Titel und Schlusssatz. Beim großen ‚Mittelteil‘ fehlt mir - von kleinen gedanklichen/sprachlichen Highlights abgesehen - der rote Faden. Ja, da sind amüsante Mätzchen drin (‚drei Sätze später‘), aber es erreicht mich keine Geschichte.

mit dem Titel ist nicht gemeint all tags oder so was in der Richtung. ich wollte All-Tag eigentlich mit Alltag taggen, hab das aber wieder nicht hinbekommen. jetzt muss das ja wieder jemand nachjustieren, also das war keine Absicht und Dankeschön.

;)Heute ist ein Tag vor Weihnachten und nicht der 1. April, ich kann nicht glauben, dass du keine Tags setzen kannst, du Senior-Mitglied, aber wer weiß und eigentlich hatte ich mich auf eine Astronautengeschichte eingestellt, Welt-All und so, aber war nix, na ja. Interessant, was es alles für All-Tage gibt.

am Rucksack rummmachen

Ein M weniger würde reichen.

Manchen fliegen die Stories halt einfach so zu, dachte er

Genau. Das ist so so so ungerecht.

und erzählte zwischendurch, was er alles in welchen Geschmackssorten und Härtegraden hatte

Hätte. Was mir sprachlich bei deiner Geschichte ins Auge sticht, was mich permanent beim Lesen rausgeworfen hat, sind die fehlenden Konjunktive. An einigen Stellen auch das vom Präteritum ins Präsens rutschen. Das geht gegen mein Sprachempfinden. Ich liste dir die Stellen jetzt nicht auf. Du hast viel mehr Schreiberfahrung als ich. Ich vermute, dass du das bewusst so machst. Dass du mir da die brutal grelle Farbe des Indikativs hinsprühst, dass das alles einen Sinn hat, moderne Kunst ist. Für mich hört es sich an einigen Stellen falsch an.

und an das Gedicht von Brecht denken musste, wo der unruhig auf den Reifenwechsel wartete, obwohl er da, wo er herkam, nicht sein wollte, und dort, wo er hingefahren wurde, nicht sein wollen wird.

Äh?

Dafür dass der meinte, ich kaufe das erste Mal bei ihm, scheint der mich aber gut zu kennen, dachte Priva und hatte König kurz in unbestimmtem Verdacht, bis er sich selbst verdächtig wurde und er den Verdacht gegen König in einen Verdacht gegen sich umprägte und dann aber die ganze Scheiße abhakte und schlicht als weiteres Indiz für Paranoia im Anfangsstadium verbuchte, was okay war, die hatte er sich verdient.

Okay, die Stelle mag ich. Wer hat die nicht verdient, die Paranoia?

Bis jetzt hatte er alle Teile seines Plans umgesetzt, sich in den belly oft the beast abgeseilt und [war] mit dem Monster mitgereist wie Jonas oder Jason im Wal.

Mir fehlt da ein Verb, siehe in []

Sieben Wohnungen und drei Städte in den letzten zwei Jahren, resümierte Priva. Was wahr war, aber sich mittlerweile schon wieder so weit weg anfühlte, dass man die Realität dieser Erinnerungen bezweifeln könnte.

‚Was stimmte‘ würde mir besser gefallen als ‚was wahr war‘. Es sei denn, du suchst da den Wawawa-Effekt. :D

Hinz & Kunzt

:Pfeif:

und dass ihm nicht umsonst vor kurzem eingefallen war, dass das, was er so vor sich herbrabbelte, für ihn immer wieder in gefährlicher Nähe zum Beziehungswahn stand, und er auch einen Spezialisten hätte, der ihm diesen Stempel aufdrücken könnte, wenn er kein funktionierender Irrer wäre, und dass das vielleicht sein Schicksal wäre, falls es eines gibt.

Vor sich hinbrabbelte, hätte ich gedacht, aber egal.
Dieser Schluss gefällt mir. Das Schlusswort könnte für mein Empfinden ‚gäbe‘ lauten und nicht ‚gibt‘. Aber, und jetzt kommt das Aber: Das hätte dann eine andere Konnotation als das ‚gibt‘ im Indikativ, was irgendwie allgemeingültig klingt. Also 'gibt'. Ja.

manche übersah Priva absichtlich und die taten, als hätten sie das übersehen
Priva musste erst mal verdauen, dass ihm jemand tatsächlich zugehört und geantwortet hatte, nickte dann, stolz auf sich, auf eine Reaktion angemessen zu reagieren

Was ich mag an deinen Texten, das ist diese unterschwellige Ironie. Auch diese kleinen Details wie das hier, gut beobachtet.

Da hast du es. Ich stochere in deinem Text rum wie im Nebel. Die Drogenfritzen bleiben mir letztlich fremd. Eine echte Geschichte, einen echten Konflikt kann ich nicht erkennen. Und einen Text, der irgendwie als, hm sagen wir mal: Glosse oder Stimmungsbild funktioniert, auch nicht. Aber wahrscheinlich bin ich einfach nicht die Zielgruppe und zu sehr graue Maus.

Schöne Feiertage!
Anne

 

Hi, Achillus - vielen Dank für die Rückmeldung! Sehr interessant für mich zu wissen, dass die auch so ankommen kann. hat mich sehr gefreut!

Hallo, Anne49: - auch dir danke ich und auch hier freue ich mich übers Feedback. hier ist kein Konflikt simuliert und wenn die Laser einen roten Faden vermissen, kann ich das nachvollziehen. ich versuche gerade rauszufinden, worüber ich momentan schreiben kann, was in mir ist und wie das wirken kann. und wie das wirken kann, dafür bin ich ja auf euch angewiesen.

ich hab eine Stimme im Kopf, die brüllt mir die ganze Zeit zu, dass ich diese Geschichte nicht kommentieren sollte, die Finger davon lassen sollte, weil ich mich nur lächerlich mache, keinen wirklichen Plan habe, worum es geht, dass das auf irgendeinem fremden Stern spielt,

Das denke ich fast vor jedem Kommentar, aber dann schreibe ich doch was. Und ich wüsste auch allgemein nicht, wie das funktionieren soll, sich beim Kommentieren lächerlich zu machen.

Beim großen ‚Mittelteil‘ fehlt mir - von kleinen gedanklichen/sprachlichen Highlights abgesehen - der rote Faden. Ja, da sind amüsante Mätzchen drin (‚drei Sätze später‘), aber es erreicht mich keine Geschichte

in meinen Augen ist es schon eine Geschichte, aber deine Sicht ist für mich auch absolut nachvollziehbar. ich finde das realistischer so, wenn es keine simulierten Konflikte gibt und keinen Spannungsaufbau. aber weil ich den Lesern was bieten möchte, benutze ich so was normalerweise und kehre nur alle paar Geschichten wieder zu so einer Erzählweise zurück. also bisher.

Heute ist ein Tag vor Weihnachten und nicht der 1. April, ich kann nicht glauben, dass du keine Tags setzen kannst, du Senior-Mitglied, aber wer weiß und eigentlich hatte ich mich auf eine Astronautengeschichte eingestellt, Welt-All und so, aber war nix, na ja. Interessant, was es alles für All-Tage gibt.

mir ist im Nachhinein auch aufgefallen, wie wenig überzeugend das wirkt, angesichts der Schwemme von Alltagen und alltags. ich habe mich zwar sehr gefreut, die entdeckt zu haben, aber das war nicht geplant. ich mag eigentlich keine Kommentare unter Geschichten. äh, also ihr wisst schon.
als ich noch viel veröffentlicht habe hier, da hieß der Ort noch Kurzgeschichten.de, ein ganz feiner Name, und damals musste man meines Erachtens auf eine Sparte klicken, wenn man seinen Text da veröffentlichen wollte. das ist so in mir drin, dass ich das immer wieder vergesse. es fällt mir immer erst wieder ein, wenn das Posting fertig ist.

Genau. Das ist so so so ungerecht.

auf jeden. ich war schon immer neidisch auf Autoren mit hohem Output. ich war schon früher, als ich jeden Tag gechrieben habe, froh, wenn ich eine Geschichte im Monat hatte, die ich vor mir gelten lassen konnte. was natürlich noch lange nicht hieß, dass die auch den anderen gefiel. ist ja auch die Wahl des Sujets immer.
jetzt schwillt mir jedenfalls der Neidkamm wieder. du hast ja so recht, es ist so so ungerecht!

Es sei denn, du suchst da den Wawawa-Effekt

:D ja den suche ich, Wawawa ist so schön Gaga. oder wie eine Lesung von Ariston Baton und mir Anno 2014 im KoZe hieß: Dada, Nada, Pata... aber ich stehe auch einfach auf Stabreime und Assonanzen, die schrauben sich so unterbewusst in die Schädel. stabende Reime sollen auch die ältesten Reimart sein, die wir benutzen, wenn ich richtig unterrichtet bin.

Hätte. Was mir sprachlich bei deiner Geschichte ins Auge sticht, was mich permanent beim Lesen rausgeworfen hat, sind die fehlenden Konjunktive. An einigen Stellen auch das vom Präteritum ins Präsens rutschen. Das geht gegen mein Sprachempfinden. Ich liste dir die Stellen jetzt nicht auf. Du hast viel mehr Schreiberfahrung als ich. Ich vermute, dass du das bewusst so machst. Dass du mir da die brutal grelle Farbe des Indikativs hinsprühst, dass das alles einen Sinn hat, moderne Kunst ist. Für mich hört es sich an einigen Stellen falsch

ich kucke mir das noch mal an. für mich ist das keine moderne Kunst, die Wortarten falsch zu deklinieren. ich will inhaltlich überzeugen. Nichts außer Inhalte! mir sind hier im Nachhinein auch ein paar Stellen aufgefallen, wo ich noch was machen muss. Menschen mit mehr Schreiberfahrung können auch ganz leicht schlechte Geschichten schreiben. ich sowieso.

Dieser Schluss gefällt mir. Das Schlusswort könnte für mein Empfinden ‚gäbe‘ lauten und nicht ‚gibt‘. Aber, und jetzt kommt das Aber: Das hätte dann eine andere Konnotation als das ‚gibt‘ im Indikativ, was irgendwie allgemeingültig klingt. Also 'gibt'. Ja

ja, das habe ich als letztes in der Geschichte geändert, das wirkt viel besser, wenn am Ende gäbe steht. vorher diese ganzen Konjunktive als Öffnung zum Möglichen, bis sich das mit dem Schicksal gibt. also ich mag das, was bei mir imm Kopf geschieht bei dieser Abfolge.

Da hast du es. Ich stochere in deinem Text rum wie im Nebel. Die Drogenfritzen bleiben mir letztlich fremd. Eine echte Geschichte, einen echten Konflikt kann ich nicht erkennen. Und einen Text, der irgendwie als, hm sagen wir mal: Glosse oder Stimmungsbild funktioniert, auch nicht. Aber wahrscheinlich bin ich einfach nicht die Zielgruppe

ja, danke dafür. ich muss mir auch manchmal gut zureden, bevor ich in einen Text steige, in dem andauernd Nebelkerzen gezündet werden. ... seltsam im Nebel zu wandern, kein Stein gleicht dem andern ...
dass die fremd bleiben, ist aber okay für mich. ich will das laut und direkt zeigen, nah rangehen, aber trotzdem sollte niemand das Gefühl haben, dass was nahe gebracht wird. die sind sich fremd und den anderen, ich will sie eigentlich niemandem nahe bringen.
ich habe aber auch noch nicht so viel über die Geschichte nachdenken können. ich wollte gestern wie gesagt auch einfach mal wieder sehen, was ich erzählen könnte und wie das aussehen und wirken kann. das war meine dritte Geschichte des Monats und die erste, die in meinen Augen gut genug funktionierte, dass ich mir dachte, das kann ich jetzt posten

Zielgruppe gibts dafür nicht.

Danke fürs Vorbeischauen und Fragen mitbringen und Kritisieren,
frohe Feste!
Grüße
Kubus

 

Hallo Kubus,

Manchen fliegen die Stories halt einfach so zu ...

Zielgruppe gibts dafür nicht.

Damit wäre für mich schon alles klar, ich bin nicht in der Lage, vernünftig zu kommentieren. Es geht mir ähnlich wie Anne49.
Aber ich kann feststellen: Deine Geschichten gefallen mir ausnehmend gut, ich bin neugierig und gerührt über diese Welt, die Lichtjahre von meiner entfernt scheint.

Oder doch nicht?

Komik und Mitgefühl, Toleranz und Berechnung, und schließlich

die gefährliche Nähe zum Beziehungswahn

sind globale menschliche Ingredienzien. Warum bloß gehen die Menschen immer wieder aufeinander los?
Sie sollten auf den Engel hören, der den Hirten erschienen ist.

Gute Tage wünscht
wieselmaus

 

Danke wieselmaus!

das finde ich toll wenn das so gesehen werden kann! ich denke dass hier die Kulissen und Dekorationen und das Literaturpersonal weit weg von der Alltagsrealität aufgestellt sind. aber es sind trotzdem Menschen, bis sie sterben, und es geht auch in diesen Existenzen um Beziehungen und menschliche Themen und die jeweiligen Beziehungen zu diesen Themen. eine meiner Ideen beim Schreiben war es auch, diese Subkultur mal schlaglichtartig anders darzustellen, als ich es immer wieder auf verschiedensten Medien mitkriege.

deine abschließenden Worte sind sehr schön, obwohl ich ungläubig bin. Weihnachten kann eine Gelegenheit sein, sich daran zu erinnern und etwas weniger Wolf den Menschen zu sein.

Warum bloß gehen die Menschen immer wieder aufeinander los?
Sie sollten auf den Engel hören, der den Hirten erschienen ist

ich freue mich dass du vorbei geschaut und mir einige Gedanken hiergelassen hast!

Grüße
Kubus

 
Zuletzt bearbeitet:

Also vor allem sprachlich entwickelt der Text einen unheimlichen Sog, Kubus.

„Ey!“, riefen sie, „Fette Kröte, Priva!“ Der hob die Arme wie ein Marathonläufer, der gerade das erste Mal durchs Ziel läuft: todmüde und sauglücklich. „Ich bin auch todmüde und sauglücklich […] manche übersah Priva absichtlich und die taten, als hätten sie das übersehen. Nach dem kleinen großen Hallo nahm er einen Rucksack von der Bank, um sich dahinzusetzen. Kam ein Typ angelaufen, schmutzigblonder Bart und rissige Weißhaut, und fragte mit leichtem Kieksen in der Stimme, was Priva mit dem Rucksack machen wolle. „Den wegnehmen, um da zu sitzen“, kommentierte der seine Handlung und dankte dem Herrn, dass ihm ein so großes Herz mitgegeben worden war. „Gib den sofort her“, sagte der abgerissene, aufgebrachte Penner und Priva gab den sofort her. „Wollte den nicht behalten, keine Sorge, kannst dich wieder abregen.“ Tat der aber nicht, sondern fing an von wegen sich korrekt zu verhalten und dass das nicht gehe, einfach irgendwo dazukommen und am Rucksack rummachen. Priva dachte, dass eher das Gegenteil der Fall ist und das fast überall geht, sich irgendwo hinzusetzen und einen Rucksack beiseite zu stellen, sagte aber nichts, grinste den Dröhner nur an und setzte sich auf die jetzt freie Bank.

usw.


Großartig. Keine Ahnung, ob man dieses Übernehmen von Teilen des einen Satzes im nächsten als rhetorische Figur bezeichnen kann, und falls ja, ob’s dafür eine Bezeichnung gibt. Außer vielleicht hin und herspringend, bzw. additiv repetitiv, bzw. repetitiv beschleunigend, oder so ähnlich. Mich jedenfalls ließ dieses stilistische … äh, Muster(?), das du gerade am Anfang sehr konsequent durchziehst, unwillkürlich an die Fibonacci-Reihe denken (1+1=2, 2+1=3, 3+2=5, 5+3=8, … usw.), keine Ahnung, warum.
Es mag dir jetzt vielleicht seltsam oder gar unangemessen erscheinen, Kubus, dass mich der (stellenweise ja nahezu poetische) Text an ein quasi sprachliches Äquivalent ausgerechnet zu einer mathematischen Zahlenfolge erinnert, aber genauso, wie die unaufhaltsam gegen unendlich strebt, hatte der Text was beinahe Zwingendes für mich, was ungemein Fesselndes, und ja, was Folgerichtiges irgendwie.

Aber möglicherweise eh nur deshalb, weil ich deinen Privas mittlerweile schon richtig gut zu kennen glaube und ihm einfach wahnsinnig gern bei seinen Streifzügen durch seinen Kosmos folge. (Auch wenn Privas nur als Name, darüber hinaus aber als sich stetig wandelnde Figur in deinen Geschichten auftaucht. Ein wahrhaftiger Trickster gewissermaßen.)
Ja, eine Trickstergeschichte im besten Wortsinn ist dir da wieder gelungen.

In diesem Sinne: weihnachtliche Grüße und zustimmendes Coyotengeheul von mir, Kubus.

offshore
(aus der Welthauptstadt der Trickster)

 
Zuletzt bearbeitet:

Bas

Bas,

ich danke dir sehr für das, was du nicht-so-tief-in-den-Text einsteigen nennst.

so gar nicht besinnlich, die Odyssee des Priva, fast schon ansteckend in ihrer Manie, aber gleichzeitig auch ansteckend in ihrem Fluss, ihrer Geschmeidigkeit, ihrer Hoffnung auf ein gutes Ende, ein nicht-nietzsches Ende, eines mit viel Ruhe.

das war mir gar nicht aufgefallen, aber ja, das hat was von einem Odysse-Ausschnitt auch für mich, also in dem Sinne, dass das hier wirkt, als würde der Darsteller auf einem weiten Meer von den Elementen umhergeschleudert werden.
aber das mit der Hoffnung steckt für mich hier auch drin, eigentlich durchzieht die den ganzen Text, das Prinzip Hoffnung hat Menschen schon in den aberwitzigsten Nussschale über Ozeane geblasen, und ich wünsche mir und habe das meinen Sorgenpuppen auch geflüstert, Priva als einen Champion aufzubauen, der es schafft, feindliche Gewässer zu queren, wieder eine Heimat zu finden, die Schafe ins Trockene bringen und nebenbei auch Hoffnung den Hoffnungslosen.

gedanklich bin ich ganz tief drin und habe es sehr genossen, wenn man das so nennen kann, dieses Hin- und Hergehüpfe zwischen altem und neuem Dreck und dem, was dazwischenliegt

wie du bei deinen Lese-Eindrücken bleiben kannst ist sehr spannend, du gewinnst jedem Text was sehr Eigenes ab, habe ich den Eindruck. so was ist als Rückmeldung für mich jedenfalls sehr interessant - wie etwas gefühlsmäßig beim Anderen ankommt, was ankommt und wie es wirkt.

ch verstehe diesen wahnsinnigmachenden Drang nach ... irgendwas, diese Ruhelosigkeit, dieses Fingernägel-im-Schädel-vergraben-und-die-Kopfhaut-rausreißen-wollen, dieses Gefühl, dass das Gedankenkarussell einen vergessen hat und nicht langsamer wird, um einen absteigen zu lassen, sondern sich immer schneller dreht, die Jahrmarktsmusik immer lauter im Kopf dröhnt und

das ist sehr anschaulich beschrieben und erinnert mich an einen Film, an den ich die letzten Tage immer mal wieder denken musste, heißte glaube ich nur Pi, wie die Zahl. der Hauptdarsteller ist ein Mathematiker der so leidenschaftlich und ausschließlich nach der Zahl Pi sucht, dass er sich immer weiter in die Hände der Besessenheit begibt. ich würde bei Gelegenheit gern eine ähnlich intensive Besessenheit darstellen und rüberbringen, aber meinem Held ein realistisches Happy End spendieren, ohne dass er Linderung durch Lobotomie suchen muss.

Es wird eine Weile dauern, bis Subutex und C und H und D und Schulden und Unwohlsein und Ruhelosigkeit und Nichtzugehörigkeit und was weiß ich aus dem System - wie auch immer das geartet ist, körperlich oder einfach nur der Einfluss all dessen auf den Schädel - draußen sind und Priva wird leiden und noch eine Weile bedrohlich nahe an fast-nietzschen Welten herumschrammen, aber ich bin mir sicher, dass er daraus letztlich Kraft ziehen wird. Nichts wird ihn mehr schocken können

das ist die Hoffnung und Idee. der Weg darf nicht zu einfach werden, muss aber getanzt und besungen werden können, sonst ist der ganze Effekt flöten. dass es mit harter Arbeit, Disziplin und einer Neigung zum Leidenwollen möglich ist, dieses Labyrinth zu durchqueren, ist bekannt. aber es muss auch anders gehen und wie das geht, das wäre eine erzählenswerte Geschichte, denke ich.
ich glaube nur den letzten Satz nicht, also für Priva. es wird ihn weiterhin alles mögliche Schockierende schocken können, aber er wird handlungsfähig und -willig bleiben und mit Chance beim einen oder anderen Artgenossen einen Unteraschied machen.
da Leid und Schmerz so gute Lehrer sind, wird er vielleicht auch die Verwandschaft allen Lebens besser wahrnehmen können. und sich einsamen Schmerzgeistern als Sherpa anbieten auf dem Weg ins fruchtbare Tal oder wenigstens zum nächsten weniger furchtbaren Plateau, was ja manchmal auch schon was ist. das ist alles schon geschehen, es ist möglich, man muss nur die richtigen Worte finden.

sehr interessant, sehr gerne gelesen, Qbus. Frohe Weihnachten, wenn du feierst, sonst einfach nur bis bald und einen guten Jahresausklang.

ich habe noch mal drübergekuckt und hoffe, alle wichtigen Themen angemessen beantwortet zu haben. falls ich was übersehen habe, war es keine böse Absicht.

ich wünsche dir auch ein frohes Fest im Kreis der Lieben.
normalerweise feiere ich diese Tage bei meiner glücklicherweise gut gelungenen Familie, aber dieses Jahr erhole ich mich einfach nur und genieße das Zeitloch und die leeren Straßen der Innenstadt, wo die Einsamen und Vergessenen viel mehr auffallen, als sonst. so lässt sich der Stadtraum noch mal anders sehen und kennenlernen.

Ernst

offshore!

Keine Ahnung, ob man dieses Übernehmen von Teilen des einen Satzes im nächsten als rhetorische Figur bezeichnen kann, und falls ja, ob’s dafür eine Bezeichnung gibt. Außer vielleicht hin und herspringend, bzw. additiv repetitiv, bzw. repetitiv beschleunigend, oder so ähnlich. Mich jedenfalls ließ dieses stilistische … äh, Muster(?), das du gerade am Anfang sehr konsequent durchziehst, unwillkürlich an die Fibonacci-Reihe denken (1+1=2, 2+1=3, 3+2=5, 5+3=8, … usw

ich weiß das auch nicht, aber wenn es jemandem auffällt, gibt es bestimmt auch einen Namen dafür, denke ich immer. Mathematik und Poesie stehen für mich dicht beieinander, wie alles Große, was ich in seiner Schönheit bewundere und nicht verstehe. (deswegen habe ich mich auch sehr über den lyrischen Beitrag von Her Quirkiness / Hag Thylda, einer irischen Dichterin, in der dreizehnten Fettliebe gefreut: "wurzel aus minus eins / i believe in fairies"
ich liebe Mathematik als etwas, das ich mir als exaktere Philosophie vorstelle. im Studium hatten wir relativ viel Mathe und habe immer versucht, tieferes Verständnis und saubere gedankliche Freude in den Zahlen zu finden, aber ich bin nur durchschnittlich gut damit.

was vielleicht interessanter ist: mir kommt der Stil, den du aus dem Text herausliest (und den ich beim Schreiben auch sehr deutlich spüre als Wind unter meinen Flügeln, der mich aufsteigen lässt), bekannt vor, ich glaube der ist nah an der Schreibe von deinem Landsmann Thomas Bernhard orientiert. ist zwar schon viele Jahre her, dass ich den durchgelesen habe, aber seine Rhythmik ist noch immer stark in mir. vor allem seine ersten beiden Bücher, Frost und Amras, das ist wahrscheinlich der wirkmächtigste Stil überhaupt auf mich.

(Auch wenn Privas nur als Name, darüber hinaus aber als sich stetig wandelnde Figur in deinen Geschichten auftaucht. Ein wahrhaftiger Trickster gewissermaßen.)

Trickster! ewig aktuell, steter Formwandel und den Menschen das Feuer bringen! wie vorhin an Bas geschrieben, das fällt hier eigentlich in denselben Bereich - es wäre schön, wenn es mir gelänge, den Priva glaubwürdig aus dem belly of the beast zu befreien und ihn wie den Phönix aus der eigenen Asche auferstehen sehen, transformiert durch die Magie des Schreibens und als Kometen über den uralten Sternenhimmel in voller Breite reiten zu lassen, auf dass ihn alle Hoffnungslosen sehen und Hoffnung finden und Kraft in sich, weil sie nun wieder wissen, dass es möglich ist, sich von allen Ketten zu befreien und Freiheit zu finden und vielleicht auch freie Himmel zum Fliegen. dass einfach alles möglich ist was denkbar ist. was wir ja oft wissen aber auch oft wieder vergessen wenn sich die leben wegen weiß ich was über längere zeit eintrüben.

hat mich sehr gefreut, offshore, ich danke sehr herzlich aber auch artig und mache einen kleinen Hofknicks, im Zirkus und unter uns Dichtern darf mensch so was, habe ich gelernt. und schicke Grüße zurück ins alte Wien das ja auch mal Heimat war, was ich manchmal vergesse, bis es mir wieder einfällt.

Kubus Qbus Cubidoo

 

Lieber Kubus,

gefällt mir was du liest, hehe. Gotards Frühwerk ...

Die Geschichte von Priva also... ich finde Priva ist schon mal irgendwie ein toller Name. Der erzeugt Resonanz bei mir. Wie auch immer.

Du ergehst dich manchmal ganz schön in Technikgefummel, hatte ich den Eindruck. Da musste dann ganz sicher und präzise das Drogen-ein-mal-eins und Glossar ausgepackt werden. Das nimmt, finde ich etwas die Coolness und Poesie. Was ich mag, ist, dass du da so einen ulkigen Drogen-Don-Quijote erschaffen hast. Die Abenteuer dürfen kommen. Das kann sich finde ich voll ausdehnen. Finde das spannend. Die Sprache changierte, finde ich, etwas zwischen authentisch, zeitgemäß einerseits und altbacken, aus den neunzigern, Kinder vom Bahnhof Zoo, Deutschrap der Hamburger und gesellschaftlich verträglichen Sorte andererseits. Du beschreibst relativ genau und gut, aber ein bisschen fehlt mir der Flow.

ist das okay so?

Liebe Grüße
Carlo

 
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Hey, Carlo,

sehr gut, damit kann ich einiges anfangen, danke schön fürs Einfinden und Rückmelden, das freut mich! wenn ich mehr schreiben würde wieder, würde ich im Laufe des Prozess' die Sprache automatisch abrüsten und könnte die Sätze auch wieder luftiger bauen, behaupte ich mal. ich muss mich da etwas einüben wieder, um die Informationsdichte meines Outputs zu reduzieren, ohne dass es abgeschnitten wirkt. ich mag das zwar mit diesem Technikgefummel, aber nicht so gern, wie ich andere Stile mag. dieses überkrasse Glossar in Verbindung mit eher längeren Sätzen erinnert mich in Verbindung mit dem Inhalt am ehesten an Foster Wallace, den ich gerne gelesen habe, aber mein Herz schlägt nicht für den, der ist kalt und spannend wie eine dystopische Großstadt bei Nacht für mich, sondern für Bolano. der ist viel wärmer und deutlich lesbarer und bei ihm finden Melancholie und Poesie auch eher ihren Platz, finde ich, mir sind die Eindrücke sofort wieder präsent, wenn ich daran zurückdenke. ich würde gern das eine reduzieren können und den Platz dann für die anderen Effekte nutzen.
Sehr spannend, was du da für Spracheinflüsse rausliest, kann ich fast alles bestätigen. sehr interessant überhaupt der ganze Kommentar.

Priva ist mein letzter Held bis jetzt. Im letzten Jahrzehnt hatte ich meines Erachtens vier Helden: Marlin, Art, Tristan und jetzt Priva, der ursprünglich als letzter Held geplant war in seinen eigenen Transformationen. ich mag Ia, fällt mir gerade auf, aber auch Ai. freut mich sehr dass da was ankommt. Resonanz!

mach's gut und bis bald
Grüße,
Kubus

ps: ja Gotards Frühwerk, haha, hast mich schön gekriegt damit...

 

ich fordere alle Mitlesenden hiermit ausdrücklich auf, sich zu diesem Text zu äußern. ich vermisse Ablehnung, Kritik, Verrisse, und finde das etwas unheimlich.
wenn ihr den Text wirklich gut findet, könnt ihr auch einfach kurz "gut gemacht!" schreiben.

 

Kubus, das ist Dir also alles zu wenig, Du willst mehr; mehr Kommentare, mehr Analysen, mehr Verrisse, mehr Lob (vor allem das, nehme ich an). Obwohl Du ja mehr Feedback bekommst als die meisten hier, und dann auch noch unglaublich ausführliche und sich in Deinen Text hineinsteigernde.
(Sehr nebenbei: Der Trick an Facebook ist, die menschliche Psyche gehackt zu haben. Wenn Du 40 Likes hast, willst Du 50 (und brauchst 60, sofort danach 70) et cetera.)
Wenn Du jetzt die Leute jetzt "hiermit ausdrücklich aufforderst, sich zu diesem Text zu äußern", kriegst Du das natürlich auch. Wobei ich diese Mega-Kommentare nicht drauf habe. Also nur ein paar kurze Bemerkungen.
Dein ganz großer Vorteil ist natürlich, dass Du richtig gute Sätze schreibst, was ja nicht allzu viele drauf haben. Also zum Beispiel das:

„Gib den sofort her“, sagte der abgerissene, aufgebrachte Penner und Priva gab den sofort her.
Oder das:
Priva musste erst mal verdauen, dass ihm jemand tatsächlich zugehört und geantwortet hatte, nickte dann, stolz auf sich, auf eine Reaktion angemessen zu reagieren
Oder das:
Priva tauchte in sich selbst zurück, ließ seine Gedanken mit den Gesprächsflüssen der Umgebung mitschwimmen
Oder auch das:
Zu manchen abgelegenen Gegenden führen nur wenige Wege, die schwerer zu bereisen sind, was wahrscheinlich der Grund ist, weswegen sie noch immer abgelegen sind.
Oder jenes:
eine Frau beobachtete ihn in der Spiegelung der Scheibe.
Und schließlich noch das:
aber Priva suchte ja keine Freundschaft, sondern nur die Nähe der kommenden Mehrheitsmeinung.
Und nicht zu vergessen das:
und dass das vielleicht sein Schicksal ist, falls es eines gibt.
Und wo ist dann das Problem? Beziehungsweise gibt es überhaupt eines? Ich finde schon. So toll der Sound meistens ist (aber nicht immer), der Text ist auch... langweilig, für mich. Die berühmte Thomas-Bernhard-Suada ist ja auch deswegen so süchtig machend, weil seine Helden ständig so unglaublich witzige, geistreiche etc. Dinge sagen. Was Deinem Text zu einem wirklich guten Text fehlt, finde ich, ist genau das, die Sehnsucht (der Versuch, der Drang), auszubrechen aus dem impressionistischen Gefängnis. Oder innerhalb dieses Gefängnisses auch etwas zu SAGEN. Ich glaube, auch dafür ist Literatur dar.
Hoffe mal, Du, der Du schon so viele Kommentare bekommen hast, bekommt in den nächsten Tagen noch viele weitere Kommentare. Wäre nur angebracht - Dein Text gehört sicher zu den ganz klar interessantesten, die ich hier bisher gelesen habe.
Grüße
Gernot Hoffmann

 
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Hallo Gernot,

und schön dass du dich drauf eingelassen hast. ich weiß gar nicht was ich suche, sicherlich immer auch Bestätigung, aber auch Ablehnung, eigentlich jede Form von Resonanz, Kontakt vllt.. das sind alles Informationen mit denen ich arbeiten kann. momentan haben mich vor allem zwei Sachen interessiert: zum einen tatsächlich Kritik, weil ich daran viel eher spüre, wo eine Geschichte verortet ist. Sätze die ich für gelungen halte werden viel öfter gelobt, als dass ich vorher schon sehe, was dem Leser nicht aufgeht, passt, gefällt. ich glaube das ist einfach menschlich aber bei mir sicher noch stärker ausgeprägt: der blinde Fleck bei Dingen, die nicht so gut funktionieren.
natürlich ist Bestätigung schön und fühlt sich gut an und ist auch Motivation, aber wo die Ränder der Geschichte sind, wo was inhaltlich fehlt oder nicht funktioniert, das sind so die Denkanstöße, die ich eher mit ins künftige Schreiben nehmen kann. weil das was gut funktioniert, mache ich ja automatisch, das was nicht funktioniert, darauf muss ich schon leider mit der Nase gestoßen werden, damit ich es mitnehmen kann.
solche Belohnungsmechanismen wie du am facebook-Beispiel beschreibst sind mir schon bewusst, sehr bewusst. ich versuche eigentlich immer auch Impulse loszulassen, von denen ich schon ahne, dass die nicht belohnt werden oder von denen ich selbst kein gutes Bild habe, um zu erfahren, wie sich das Leben jenseits einer letztendlich ja immer willkürlich gesetzten Grenze anfühlt.
ich war aber auch einfach neugierig auf die Reaktionen und ob überhaupt eine kommt. hatte mich eigentlich drauf eingestellt, sehr bedürftig rüberzukommen und nicht erhört zu werden.
ist auch ein ungeschriebenes Gesetz würde ich sagen, ein no go, nach Kommentaren zu fragen. habe ich schon einmal via PN gemacht vor vielen Jahren aber noch nie so öffentlich im Forum gesehen bei Usern die länger dabei sind. da bin ich dann wie geschrieben auch einfach neugierig, wie sich das anfühlt, in dieser Rolle zu sein.
aber ich bin auch einfach maßlos und will immer mehr

wenn man was konkretes wissen will über seine Geschichte ist es doch auch eigentlich kein Problem, danach zu fragen, denke ich gerade. außer natürlich mit Gewohnheit und Konvention.

und das ist hier ein Absatz, über den ich schon nachgedacht habe und den ich sicher mitnehmen werde:

Die berühmte Thomas-Bernhard-Suada ist ja auch deswegen so süchtig machend, weil seine Helden ständig so unglaublich witzige, geistreiche etc. Dinge sagen. Was Deinem Text zu einem wirklich guten Text fehlt, finde ich, ist genau das, die Sehnsucht (der Versuch, der Drang), auszubrechen aus dem impressionistischen Gefängnis. Oder innerhalb dieses Gefängnisses auch etwas zu SAGEN. Ich glaube, auch dafür ist Literatur dar.

darauf würde ich nie kommen, aber jetzt kann ich das mitnehmen und darauf rumkauen und manchmal kommt dabei was raus. ich sage nicht mehr gleich in der Antwort, das oder dies mache ich anders künftig, wie ich früher schnell dabei war. weil ich noch gar nicht wissen kann, wohin mich die Prozesse führen. aber das alles arbeitet in mir genau wie die anderen Einblicke von Lesern und Kritikern in den Text.
also danke schön noch mal, dass du dich auf diese Aktion eingelassen hast, für Zeit und Eindenken, für die rausgepickten Sätze und das differenzierte Urteil!
ich brauche das um mich zu verorten und ich kenne das eigentlich auch, dass ich immer noch mindestens eins, zwei richtig miese Verrisse reinkriege und das ärgert mich natürlich, aber anders fühlte es sich gerade nicht richtig an. gerade zu diesem Text hier keinen Verriss bekommen zu haben, fühlt sich seltsam an. ich finde den krasser als die anderen Texte von mir die bisher verrissen wurden. ist natürlich subjektiv, aber davon muss ich ja erst mal ausgehen. kann sein das ist auch einfach die Macht der Gewohnheit und das ändert sich automatisch im Zeitverlauf. also die Einladung, sich anzukucken, wo die Geschichte nicht funktioniert und mir das zu sagen, ist schon so gemeint und besteht weiterhin. ist natürlich ein gefährliches Spiel, aber Mut wird oft belohnt. so eine positive Kritik zu kriegen wie hier ist da natürlich deluxe.

Grüße
Kubus
ps: ich glaube wenn ein Text viel gelobt wurde oder von bestimmten Usermn gelobt wurde, ist die Einstiegshürde für Kritik auch höher. also ich habe das oft gespürt, wie ich unter ganz anderem Druck arbeiten muss, wenn ich eine Kritik habe, die sich zwar richtig anfühlt, aber sozusagen allein gegen bspw 30 andere Meinungen steht. so eine Einladung zum Kritisieren verringert diese Hürde vllt oder nimmt da Spannung raus und erlaubt entspannteres Mitteilen des Leseeindrucks. mal sehen, ich lerne ja mit jeder Aktion dazu.

 
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„Nee, kein C. Ich nüchtere gerade aus. Momentan nur Heroin.“
Das ist mal ne Ansage.

Lieber Kubus,

es fällt mir schwer, etwas zu deiner Story zu sagen. Zuerst: Ich habe sie durchaus gern gelesen. Priva ist mir sympathisch, und er wirkt interessant, als hätte er eine Menge zu erzählen. Ich habe jetzt lange überlegt, was es ist, das ich bei deinem Text empfinde, und ich habe immer noch nicht das Gefühl, das zu 100% zu wissen. Ich mag das Setting, ich mag die Leute, die auftauchen. Wenn man will, ist das eine Story auf dem Sprung, Priva weiß, dass da etwas hinter ihm lag und dass da etwas vor ihm liegen wird, was anders sein wird. Es ist ein Resümieren, ein kleiner Walk durch den Kiez. Ich denke, dass du ganz genau weißt, was du erzählen willst bzw. wie du das machen willst, deswegen maße ich mir mal nicht an, da irgendwelche Verbesserungsvorschläge rauszuhauen, sondern mich drauf einzulassen.
Also, ich hab ja gesagt, dass ich das Setting, die Leute alle interessant fand, auch Priva. Vielleicht liegt genau hier der Knackpunkt für mich. Ich glaube, du schneidest hier viele Dinge an, viele kleine Geschichten, die darauf warten, erzählt zu werden, aber erzählst keine mehr oder weniger ganz aus, sondern fügst sie wimmelbildartig, sage ich jetzt mal, zu dem Walk durchs Viertel zusammen. Wie gesagt, ich fands nicht schlecht, und ich habs gerne gelesen, aber gleichzeitig merke ich, dass ich mehr wissen will, über jede einzelne Figur: über Priva und seine Drogensucht bzw. das Dealen, wie er damit umgeht, wie das unter einem Hut geht mit dem Sprung in den neuen Lebensabschnitt; wieso er überhaupt brechen und neu beginnen will? Ich will auch mehr wissen über das Mädchen, das Hustvedt liest, wer sie ist - das Facebook-Posting klingt, wie soll ich sagen, interessant, also, es hat sie für mich als Person interessant gemacht; mich interessiert auch Karl, der Opern verkaufen kann, und die Kerle an der Bank. Schwierig, und vielleicht werde ich dem Text gerade nicht gerecht, aber ich habe das Gefühl einfach, da sind viele kleine Mikrokosmen, die alle eine Geschichte wert wären, und ich kann bloß einen kleinen Blick in sie werfen. Bringt dir das was? Vielleicht ist das auch ein Leser-Anliegen, das ich hier gerade loswerde, mein Leserwunsch sozusagen. So habe ichs ganz gerne gelesen, allerdings fühle ich mich ein bisschen wie bei einer Party, wo mich ein Kumpel hinschleppt und ich schüttle einigen Leuten die Hand, mit denen ich mich brennend gerne unterhalten hätte, aber nach einer Runde drehen wir wieder ins Treppenhaus und fahren nach Hause, und dabei sagt er

„Nee, kein C. Ich nüchtere gerade aus. Momentan nur Heroin.“
und dann erwähnt er noch das Mädchen, das Hustvedt liest und den Karl, der Opern verkauft, und dann winkt er mir schon zum Abschied und ich denke mir: Netter Abend, aber ich hätte gern mehr gehabt von allem. Das sind so Gedanken, die mir jetzt nach dem Lesen durch den Kopf gingen. Dieses Feeling, das Miljöh, wie dein Priva sagt, kommt gut rüber, auch eine Aufbruchsstimmung, but I want more. Falls mir noch was einfällt, melde ich mich noch mal.

Yo!
zigga

 

"Vn demm Hurrz büsz ze denn Ullpn
Snd di Häusur steitz di sullpn."*

Übersetzung in ein Starckneuhochdeutsch durch mich:

"Und vom Rhein bis an die Elbe
Ist die Schnarchitektur die selbe."​

Tach Priva,

wir kenn'n uns noch vom letzten Mal, weißte bestimmt noch, auße Jäger und Gammlerzeit. Frei haste heute - aber sach ma', warum soll kein Aasch kapieren, dass da jemand das gemachte Nest verlassen will? Ist doch Gang und Gäbe bei jedem Mündel, das Vormund werden will oder dem die tägl. Routine auf'n Sack geht und was Neues ausprobieren will.

Ich weiß nicht,

Alter,

ob ich's mal gesagt hab, manchmal kommt's mir vor, dass du einen Hauch minimalistischen Starckdeutschz (s.o.) wachhältst - ob bewusst oder nicht, Jacke wie Hose.

Bei uns im Pott galt bis in die 1970-er (letzte ordentliche Smog-Alarm, von der Wolfgäng - Petersen - Regie - und Menge - Drehbuch - als Fernsehfilm verewigt, dass manche Ruhrpöttler den Film für bare Münze nahmen und besorgt beim WDR und der ARD allgemein anriefen. Und immer schon galt, wer den Pseudo-Krupp als Kind überlebte, der lebte ewig.

Nur, der Ausdruck kam so wenig vom ollen Krupp wie's

Kruppzeug.
. Das erste leitete sich vom engl. to croup (krächzen) ab und beim zwoten - müsstete eigentlich kennen, vom Kroppzeug, niederdeutsch krōptǖg, zu: krōp = (Klein)vieh, zu mittelniederdeutsch krūpen = kriechen und eigentlich = kriechendes Wesen. Ich nenn die Schleimer und Buckler, Rad fahr ich selber.

Der

All-Tag
muss mehr sein, als der Alttag, und da das All alles umfasst auch den freien Tach, ob Freyastach, Sabbath oder Sonntag nebst allem,
was ihm lieb und teuer und übrig geblieben war auf dieser Welt, ...

So viel der wenig für heute vom

Friedel,
der morgen erst mal wieder gegen den Wind pfeift

 

So, so! Herr Kubus,
Sie wünschen also einen Verriss?
Na, damit kann ich dienen. Nein, Späßle!
Ich witterte einen Hauch Trainspotting und das ein oder andere Szenebüchlein. Genau wie in diesen Werken gefällt mir einiges sehr gut, und manches nicht so sehr an diesem wilden Ritt durch den Dealer/Junkie - Alltag.
Zuerst das Negative: Das läuft nirgendwo hin. Und das fühle ich bereits nach relativ wenigen Sätzen. Die konsequente Verweigerung eines Pfades führt bei mir nach der Hälfte des Textes bereits zu leichter Ermüdung. Noch fieser ausgedrückt: wird a bissl langweilig.
Nun das Aber: Was mich dann trotzdem bei der Stange hält sind die herrlich überdrehten Figuren und die Missachtung etlicher Goldener Regeln der Schreibratgeber. Keine Atempause, ein skurriler Gedanke jagt den nächsten Kalauer. Das macht soviel Spaß beim Lesen, dass die Mühe, dem Inhalt ins Nirgendwo zu folgen, am Ende aufgewogen wird. Die Figuren sind durchaus glaubwürdig dargestellt, allerdings wird es mir manchmal zuviel Erzählerstimme. Die pusht die Handlung etwas zu sehr durch ihre Kommentare. Wäre nicht nötig gewesen.

Also: 8 von 10 Points.

was er alles in welchen Geschmackssorten und Härtegraden hatte
da sollte der Konjunktiv I, habe, hin.
Gruß!
Kellerkind

 
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Lieber Kubus

Ich schleiche schon ewig um deine Geschichte rum, mal will ich was dazu sagen, dann wieder denke ich, ich kann das gar nicht genau in Worte fassen, was mich umtreibt. (Die neue habe ich aus Zeitgründen noch nicht lesen können.) Wahrscheinlich hätte ich auch gar nichts geschrieben, wenn ich eben nicht deine Bitte um Komms gelesen hätte.

ich fordere alle Mitlesenden hiermit ausdrücklich auf, sich zu diesem Text zu äußern. ich vermisse Ablehnung, Kritik, Verrisse, und finde das etwas unheimlich.
wenn ihr den Text wirklich gut findet, könnt ihr auch einfach kurz "gut gemacht!" schreiben.
Ich kann diese Bitte irgendwie gut verstehen, wahrscheinlich bist du auch jemand wie ich, der stets und emsig an sich und seinen Produkten zweifelt, oft vielleicht zu recht, oft völlig zu unrecht, und meistens weiß mans eben gar nicht, wie man einen Text, einen Satz einschätzen soll, weil alles mit so einem Zweifelfilter überdeckt ist. Von daher, klar, ich kanns verstehen, dass du ihn beseitigen willst, diesen blinden Fleck:
der blinde Fleck bei Dingen, die nicht so gut funktionieren.

Du bist sozusagen einer meiner ersten Mentoren hier gewesen, ich weiß noch, wie klar, aber eben auch behutsam du mir beigebracht hast, dass es nicht so klug ist, stereotype Vergleiche zu wählen :D da fühl ich jetzt so eine Art von innerer Verbundenheit, deiner Bitte zu entsprechen, dir ein paar Eindrücke dazulassen, obwohl ich echt nicht weiß, ob mein Kommentar dir in irgendeiner Form nützt.

Ich hab nämlich Schwierigkeiten mit dem Text, obwohl ich ihn saumäßig sympathisch finde. Ich weiß aber nicht so genau, wie ich diese Schwieirgkeiten für mich selbst sortieren soll. Sie sind eher inhaltlicher Natur, der Text stößt in mir komische und unklare Gedanken an.

Ich fang mal mit dem Titel an. Der ist saugut gewählt. Einerseits wirklich ein bestimmter konkreter alltäglicher Ablauf, also Alltag. Und gleichzeitig enthält er so etwas Überdrehtes, als ob jeder stinknormale Tag eben auch die Größe eines Alls erreichen sollte/müsste/könnte. Geht das überhaupt? Ich meine, dass jeder Tag so eine Art All-Tag ist? Wahrscheinlich nicht und es ist ja auch die Frage, ob das erstrebenswert wäre. Würde man überhaupt noch Besonderheit erkennen, wenn eben alles besonders und großartig ist? Und ich frage mich auch, wenn alles All-Tag sein soll, ob das nicht ein sehr anstrengendes und schädliches Programm ist? Alles unter dem Signum des Optimalen?
Ich weiß nicht. Mir fällt ja auch auf, dass in Werbung, oder auch in allen möglichen und unmöglichen Bereichen des Lebens der Alltag der Menschen stets unter dem Gebot eines Sollens steht. Er soll Genuss sein, Erfüllung, immer das bestmögliche, sinnvollste und optimale Ausnutzen von Zeit, immer voller Sinn und Selbstentfaltung. Und dem gegenüber stehen wie gesagt harte Arbeit, Zeitdruck, Stress, Ängste, Depressionen, der Zwang, sich sein Leben unter sehr widrigen Umständen zu verdienen. Und wer es nicht packt oder packen kann oder packen will, der sucht nach alternativen Methoden des Zurechtkommen, die ähnlich hart ablaufen mögen für die Mehrheit, die aber auch wieder gleichzeitig unter den Geboten von Selbstentfaltung und Sinn stehen.
Ich frage mich manchmal, was muss das für eine eigenartige Gesellschaft sein, die einem solche Umstände bereitet und gleichzeitig überall solche Ziele nahelegt. Aber ich schweife ganz gehörig ab. Und trotzdem gehörts dazu, denn genau solche Gedanken sind es, die mir dein Text nahelegt. Und ich habe nicht den geringsten Schimmer, ob du zum Beispiel genau diese Doppelbödigkeit des Titels überhaupt meintest.
Den Priva selbst ich einerseits total sympathisch, so ein moderner Eulenspiegel, der sich am eigenen Schopfe aus seinem Sumpf befreien will, gleichzeitig so unglaublich getrieben, so gehetzt, so auf seltsame Weise sich durch die Gegend denkend und palavernd, dass ich gar nicht wei, ob er seine Pläne überhaupt in die tat umsetzen kann.
Ich weiß nicht, ob der sich mit seinem Gerede, seiner Unruhe, seiner Getriebeheit nicht total in die Tasche lügt. Und dann weiß ich immer nicht, was du mir mit dem Text erzählen willst.
Enthält er irgendeine Art von Bortschaft? Muss er das überhaupt? Oder ist es einfach nur die Geschichte eines seltsamen, liebenswürdigen, aber getriebenen Mannes? Und wie soll man den Text dann sehen? Für mich ist das so unentschieden. Und das ist gleichzeitg eine Schwäche und eine große Stärke des Textes. Ich weiß nicht, soll ich den Mann ernst nehmen, dann tuts weh, oder soll ich über den Priva lachen? Und über seine amüsante Art, auf sein Leben zu schauen tut? Oder ist es so, dass das Geplapper von Priva, seine Geschwätzigkeit und Überdrehtheit nicht Anzeichen davon ist, dass ihm sein bisheriges Leben arg zugesetzt hat und er ohne Hilfe gar nicht einfach so wieder aussteigen kann aus seinem bisherigen Leben. So ein bisschen an der Grenze zwischen Nervosität und Überdrehtheit und eben Paranoia entlangschrammt. Mir gehts halt so, ich sehe in Priva immer beides und irgendwie bin ich damit nicht so zufrieden. Und vielleicht liegt das einfach nur an mir.
Es ist vielleicht auch so, und das ist vielleicht der ausschlaggebende Grund, warum ich so unsicher bin und dass mir das gleichzeitig so ein bisschen weh tut, dem Priva zu folgen und ihn zu beobachten, weil ich mich durch ihn immer an jemanden aus meiner Vergangenheit erinnert fühle. Der seinen Weg sehr vermutlich (ich weiß das gar nicht so genau) eben nicht gemacht hat.
Und vielleicht ist das ja trotzdem für dich eine Rückmeldung, dass der Text und deine Figurenzeichnung eben eine sehr spezielle Authentizität hat.

Geschrieben ist der Text mit Ausnahmen toll. Gerade dieses Einfügen vorheriger Satzteile, das auch der offshore schon erwähnt hat, das führt zu diesem Eindruck des gemächlichen, alternativen Dampfplauderers, der sich durch seinen Alltag schwätzt und denkt. Der große Pläne hat und der gleichzeitig schon arg hat Federn lassen müssen. Der zu neuen Ufern aufbricht und man weiß gar nicht, ob er schwimmen kann.
Ansonsten sind da so viele Stellen drin, so viele Stellen mit hintergründigem und lakonischem Humor. Die kann man wirklich genießen.

Ich zitiere aber nur die wenigen Stellen (rein textmäßig jetzt) die mir nicht so gut gefallen. Dann hast du wenigstens eine Rückmeldung, was die blinden Sätze betrifft.

"Ey!“, riefen sie, „Fette Kröte, Priva!“ Der hob die Arme wie ein Marathonläufer, der gerade das erste Mal durchs Ziel läuft: todmüde und sauglücklich. „Ich bin auch todmüde und sauglücklich, habe aber schon das nächste Ziel im Visier: aus dem gemachten Nest flüchten! Das wird der Coup des Jahres", brüllte er ihnen entgegen, was naturgemäß niemand verstand, weswegen Privas Gedanken die Richtung wechselten: „ Stehen die Nuttenkinder wieder faul in der Gegend rum. Und für Kruppzeug wie euch geh ich arbeiten.“
Den Beginn zitiere ich trotzdem mal. Das wirkt einfach ulkig. Der Vergleich zum Marathonläufer, den ja nur die Beobachter haben können, die Freunde von Priva, den denkt der Priva dann selbst. Das geht eigentlich gar nicht, aber das ist wurscht für deinen Erzähler, du machst das einfach – und dadurch kriegt der Priva eben so was Amüsantes, als wäre alles hier offen gelegt wie ein Buch. Und halt so dampfplaudermäßig.

„Die Schwuchtel!“, sekundierte Maksym und die Runde lachte und der Typ hielt die Fresse und ging ein paar Schritte zurück mit dem Rucksack in der Hand, kuckte noch verbissen, bis sich seine Kauleiste in ein schmieriges Grinsen auflöste, das im feuchten Boden versickerte.
ein schmieriges Grinsen versickert doch nicht im Boden. Kein guter Vergleich also. Und auch die Kauleiste finde ich da nicht so passend. Ist mir zu vordergründig.
Tea vertickte gerade die letzten Subutex und fragte, ob Priva noch welche habe, der schüttelte den Kopf und sagte, dass nun Schluss sei, er habe frei und gerade keinen Bock mehr auf nen Zweitjob mit so hohem Organisationsaufwand.
Ich les immer Subtext. :)
Frickelte drei Briefchen auf, wobei er sich fast die Finger brach, was verdammt lange dauerte, bestimmt zwanzig Sekunden, in denen Priva unruhig warten musste und diesen Snacker verfluchte und an das Gedicht von Brecht denken musste, wo der unruhig auf den Reifenwechsel wartete, obwohl er da, wo er herkam, nicht sein wollte, und dort, wo er hingefahren wurde, nicht hin will.
sich fast die Finger brach, was verdammt lange dauerte – so ist der Satz natürlich nicht gemeint, sondern diue lange Dauer ist auf das Frickeln bezogen, aber so wie er steht, bezieht er sich auf das Finger brechen.


und dass er dieses Album seitdem tatsächlich mittlerweile tausende Male gehört haben musste, aber ihm erst letzte Woche aufgefallen war, dass Denyo davon rappte, sein Geld in die Beginner zu investieren, nicht in die Gewinner, wie er das so ungefähr die letzten zwanzig jahre lang verstanden hatte.
Hätte er das mal nur gleich richtig verstanden. :D
Bis jetzt hatte er alle Teile seines Plans umgesetzt, sich in den belly of the beast abgeseilt und mit dem Monster mitgereist war, wie Jonas oder Jason im Wal. Wieder alles aus dem Nichts aufgebaut, organisiert und hingekriegt und Geld verdient und verprasst.
Das ist ein Beispiel für Stellen (der Bongblast gehört auch dazu) bei denen ich mir ein bisschen so vorkomme, als müsste ich eine Fremdsprache lernen. Ich schließe ja oft aus dem Zusammenhang, aber hier gelingt mir das nicht immer so leicht.

Priva suchte sich einen Platz, zog das Buch des Schreibkollegen raus, der im Gegensatz zu ihm was auf die Kette kriegte und übte sich lesend in neidfreier Mitfreude, was er vor Jahren bei Polylove gelernt und noch nie gekonnt hatte.
Polylove? Selbst wenn ich das googele, so einen einigermaßen klaren Zusammenhang kriege ich nicht hin.

Der räumte ihr Geschirr zusammen, nickte und sagte, „haben wir das jetzt auch“, ging zum Bezahlen, gab keinen Zehner Trinkgeld, weil er die Bedienung unfreundlich fand, wie beim Asiaten nebenan, und redete sich gut zu, sich darüber mal nicht aufzuregen.
Worauf bezieht sich der Satz "wie beim Asiaten nebenan"?
und so ungefähr zwanzig kleinen Scheinen, die in den Bechern von Verkäufern von Kippe oder Straßenfeger oder Hinz & Kunzt gelandet waren, manchmal auch in den für-Gras-Becher der Punkermeute am Hauptbahnhof, aber Priva bevorzugte die Straßenzeitungsverkäufer, ohne zu ahnen wieso, ohne sich deswegen zu befragen.
Die Hamburger haben schon coole Namen. Hinz und Kunzt. Großartig. Was ich hier so witzig fand, das will ich auch wenigstens noch loswerden. Dass Priva den Straßenzeitungsverkäufern eher was zukommen lassen will als den Graspunkern, das finde ich sehr lustig, weil irgendwie auch so redlich und fast ein wenig bieder, jetuzt aber gar nicht negativ gemeint. Aber wenn man mal eine Umfrage machen würde, die Leute geben lieber Bettlern was, die was für ihren Job leisten oder tun. Hier im Bettlerunfreundlichen Frankfurt kriegen, wenn überhaupt, eher auch die Straßenzeitungsverkäufer was, nicht die Punkies, die einfach sich einen reinballern wollen und das auch noch zugeben.
Fotos von sich und der Landschaft ohne Wölfe postete, und Priva fiel das erste Mal auf, dass Wölfe dabei waren, die neuen Einhörner zu werden, und dass es nur natürlich war, sich doll zu wünschen, einen Wolf zu sehen.
Hab ich was verpasst? Wieso jetzt auf einmal Wölfe? Ich mag das Assozieren ja, aber ich verstehe es halt auch nicht wirklich und Anspielungen, wie sie danach kommen, das mit dem Wolfsdarsteller oder den von der Redaktion steckbrieflich gesuchten Wolfherden, die gehen einfach an mir vorbei.

Und hier schließe ich mal. Wie auch immer - und trotz meiner Überlegungen - ich habe gerne von Priva gelesen und bin ihm so gerne bei seinem Spaziergangsroadmovie gefolgt - und das macht er auch noch mit offenen Schürsenkeln.
Ganz herzliche Grüße von Novak

 

liebe Schreibkolleginnen und Kollegen, Kritiker und Freunde, ich bin gerade etwas überfordert von Arbeit, Schreiben und darüber hinaus leider in eine erfüllende Liebesbeziehung reingestolptert, was nicht nur zeitintensiv ist, sondern auch Kreativitätskiller Nummer 1. ich trage verschiedene Punkte aus den Kommentaren mit mir, kaue drauf rum, trage manches ins Schreiben hinein bzw denke es beim Prozess mit. ist ja meine erste professionelle Lektorin und der bringe ich, was ich hier aus den Komms mitnehme, und zusammen kucken wir, was in der neuen Schreibe eigentlich los ist und sie hilft mir bei der Orientierung. bis zum Wochendende will ich aber spätestens antworten und hiermit nur signalisieren, dass mir das was bedeutet hier mit euch und ich das respektiere. Kubus

 

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