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Alina und die Krabbenburg
Alina und die Krabbenburg
Ferien – Sonne, Sand und Meer…
Der Wohnwagen quetschte sich durch den schmalen Eingang zum Campingplatz.
„Kann ich zum Strand?“, bettelte Alina.
„Später“, sagte Mama.
„Bis wir fertig sind, ist keine Sonne mehr da“, nörgelte Tim.
Papa bekam eine steile Falte auf die Stirn und meinte ärgerlich: „Ihr habt gehört, was Mama gesagt hat.“ Dann stieg er aus, um die Familie anzumelden.
„Schatz - versuche den Platz von vorigem Jahr zu kriegen. Der hat mir gut gefallen!“, rief Mama hinter ihm her. Gelangweilt dachte Alina: Das kann ja ewig dauern, bis Papa aus der Bude wieder raus kommt! Es hatten sich nämlich jede Menge Leute vor dem Anmeldehäuschen versammelt und Papa war nicht der Erste!
„Alina hat gepupst“, jammerte Tim und hielt sich die Nase zu. Mama verdrehte die Augen.
„Blödmann!“, flüsterte Alina und streckte ihrem Bruder die Zunge raus.
Endlich stand der Wohnwagen auf dem richtigen Platz, und alle Sachen waren eingeräumt. Dann wurde das Zelt für Alina und Tim aufgebaut. „Ich suche mir zuerst einen Platz aus, wo ich schlafe“, sagte Alina.
„Immer willst du zuerst“, heulte Tim. Sie stritten so lange, bis Papa ein Machtwort sprach. Auf einmal hatte jeder seinen Lieblingsplatz gefunden.
Alina schnappte sich einen kleinen Eimer und Tim eine Schüppe, dann rannten sie zum Strand hinunter. Lachend und schreiend sprangen sie in die anrollenden Wellen. Das machte einen Riesenspass! Plötzlich hatte Tim irgendwas Interessantes entdeckt und lief fort.
„Spielverdeeerber!“, rief Alina hinter ihrem Bruder her. „Doofe Pute“, kam es cool zurück.
Enttäuscht hopste Alina alleine den Strand entlang.
Weiter hinten, an den Felsen fand sie schöne Muscheln und Steine. Sie überlegte: Ich baue die schönste Sandburg der Welt, damit Tim neidisch wird!
Sie schaufelte den Sand zu einem hohen Berg und formte eine spitze Burg daraus.
Langsam wurde es kühler. Alina schaute aufs Meer hinaus. Es sah aus, als ob die Sonne darin versinken wollte.
Plötzlich sprang sie mit einem Schrei in die Höhe. Winkerkrabben kamen mit der beginnenden Dämmerung aus ihren Wohnhöhlen. Sie wollten bestimmt etwas zu essen suchen. Dabei hatte sich eine in Alinas Eimer verirrt. Es grauste ihr ein wenig vor den Tieren.
In dem Moment kam Papa. Mit Papa zusammen war sie mutig. Sie betrachtete aufmerksam die Krabbeltiere. Papa erklärte ihr, warum die Winkerkrabben eine kleine und eine große Schere haben.
„Mit der Großen wehren sie sich, drohen und kämpfen mit anderen Männchen. Außerdem wollen sie damit vor den Weibchen angeben“, schmunzelte Papa.
Angeben?, dachte Alina. Es sieht aus, als ob sie winken! Inzwischen liefen immer mehr Krabben um ihre Burg. Papa sagte lachend: „Vielleicht wollen die Tiere in die Burg einziehen! Doch für heute hast du genug am Strand gespielt. Morgen kannst du weiter bauen.“
Auf dem Weg zum Wohnwagen drehte sich Alina noch einmal nach den Tieren um. Obwohl sie so klein waren, sahen sie mit den beiden unterschiedlichen Scheren bedrohlich aus. Wieder meinte sie, dass ihr die Krabben zuwinken würden. In der Nacht träumte sie, dass die Tiere in ihre Burg eingezogen seien.
Am nächsten Morgen war es schon sehr warm.
Alina und Tim stritten dieses Mal um den besten Platz am Frühstückstisch. Mama wurde sauer und schimpfte laut. Wütend schnappte sich Alina ihren Eimer und ihre Schüppe. Ohne ihren Bruder lief sie zum Strand hinunter.
Einsam stand ihre Burg da, denn über Nacht war niemand eingezogen.
Mit den schönsten Muschelschalen legte sie einen Weg im Bogen bis zur Burgspitze hinauf.
Endlich hatte sie es geschafft. Sie wischte sich den Schweiß aus dem Gesicht. Stolz betrachtete sie ihre Burg, denn sie sah aus, wie ein gedrehtes Schneckenhaus. Jetzt schaufle ich noch einen Graben, dachte Alina. Dann lege ich ein Stück Holz darüber, damit man über den Wassergraben zur Burg kommt.
Mittlerweile musste es Mittag sein. Alina schwitzte mit rotem Kopf in der Sonne. Immer wieder rannte sie zum Wasser, um den Graben damit zu füllen. Erschöpft und müde setzte sie sich anschließend in den Schatten und schaute schläfrig auf ihr Werk. Die Luft flimmerte in der Sonne, so heiß war es.
Alina glaubte auf einmal eine große Winkerkrabbe zu sehen, die auf dem Muschelschalenweg nach oben laufen wollte. Doch was war das? Eine andere zog sie herunter! Plumps, da lag sie auf dem Rücken!
Ob sie meine Hilfe brauchen?, überlegte Alina. Doch es gelang ihr nicht aufzustehen. Ihre Beine fühlten sich schwer an. Also - blieb sie sitzen.
Oh Schreck! Plötzlich liefen die Krabben auf sie zu. Sie wollte um Hilfe schreien – aber es kam kein Ton aus ihrem Mund!
Was wollen die Tiere von mir?, dachte sie voller Angst. Drohend kamen die Scheren immer näher…
Ahh – jetzt hatten die Krabben Alina erreicht! Doch sie hoben sie sanft auf und trippelten mit ihr zu einer riesengroßen Sandburg. Ein gedrehter Weg, der im Sonnenlicht funkelte, führte nach oben.
Alina blieb vor Erstaunen die Luft weg! Das war ja ihre Burg, die sie gebaut hatte! Der funkelnde Weg war ihr Muschelschalenweg!
Plötzlich öffnete sich an der Burg ein Tor. Die Krabben trugen Alina über den Graben und dann in die Burg hinein. Obwohl es keine Fenster gab, leuchtete es drinnen sonnig und hell. Eine breite Treppe führte hinauf. Oben stand ein Thron, der mit Glitzersteinen und Muschelschalen prächtig verziert war. Alina konnte es kaum glauben. So etwas Schönes hatte sie noch nie gesehen! An langen Fäden hingen Muscheln von der Decke herab. Sie bewegten sich und schlugen leicht aneinander. Dadurch entstanden helle Klänge.
Sie wurde die Treppe hinauf getragen. Einige der Tiere winkten ihr mit der großen Schere zu. Zum Glück sah es nicht bedrohlich aus. Sie legten ihr einen roten Mantel um und setzten sie auf den Thron.
Jetzt wurde Alina wieder ängstlich zu Mute. Sie rief: „Ich will lieber wieder nach Hause gehen. Meine Eltern und mein Bruder werden mich schon vermissen!“ Doch die Tiere hörten ihr nicht zu!
Wie kam sie hier nur wieder raus?
An einer Seitenwand der Burg öffnete sich eine Tür. Eine Winkerkrabbe, mit einer goldenen Krone auf dem Kopf tänzelte herein. Aufmerksam verbeugten sich alle Krabben.
Die Gelegenheit nutzte Alina! Ganz langsam stand sie auf und ging mit kleinen Schritten auf die Treppe zu. Sie ließ den roten Mantel fallen und wollte los rennen! Doch ihre Beine waren wie aus Gummi. Sie hüpfte die Treppe runter und aus der Burg hinaus. Draußen standen dicht gedrängt kleinere Krabben im Weg. Alina konnte nur auf dem Muschelschalenweg mit ihren Gummibeinen nach oben springen. Schon kam die erste Kurve. Der gedrehte Weg war steil und nahm kein Ende. Ihr wurde schwindelig. Erschöpft bekam sie kaum Luft. Doch irgendwann kam sie oben an. Was nun? Denn jetzt ging es nicht mehr weiter. Oh Schreck, die Krabbeltiere kamen hinter ihr her!
Aber – es waren zu viele! Sie trampelten die Burg kaputt! Der Sand begann zu rieseln.
Alina holte tief Luft, machte die Augen zu und sprang von der Burg herunter. Der Sprung in die Tiefe dauerte endlos und zog sich hin wie Kaugummi. Dann kam sie unten an. Sie wollte aufstehen, um schnell davon zu laufen. Doch sie kam nicht von der Stelle.
Da traf sie plötzlich ein Wasserstrahl mitten ins Gesicht!
Vor Schreck schrie sie: „Hilfe, Hilfe – Papaaa…“
Erst hörte sie ein Kichern und dann lautes Lachen. Sie machte die Augen auf und – sah ihren Bruder Tim, mit einer Wasserpistole vor sich stehen.
„He, du altes Schnarchhuhn“, rief er. „Ich habe dich gesucht und du liegst hier faul rum und schläfst! Wir wollen Mittagessen gehen. Ich habe einen riesigen Hunger!“
Alina schaute zu ihrer Sandburg. Der Muschelschalenweg leuchtete in der Sonne. Von Krabben war nichts zu sehen.
Puh - ich muss wohl eingeschlafen sein und habe geträumt, dachte sie erleichtert, denn die Winkerkrabben kamen ja nur bei Dämmerung auf den Strand.
Tim war schon voraus gelaufen. Er rief ihr zu: „Nun komm schon Schlafmütze, Papa wartet!“