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Alexandra fährt nach Rom

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16.06.2002
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Alexandra fährt nach Rom

Kann Alexandra Wien für eine Zeit nicht lieben, fährt sie nach Rom. Wenn nicht in Wahrheit, so dann im Geiste. Tauchen sie wieder auf, jene unheilvollen Gestalten ihrer Vergangenheit, oder wird ihr das geliebte heimatliche Wien ein wenig zu eng, muss Alexandra nach Rom. Rom kann sie auch lieben, und wie sie es lieben kann. Auf das Innigste, doch auf ganz andere Art, als die Stadt ihrer Geburt.

Diesmal fährt sie wahrhaftig nach Rom, nicht nur im Kopf. In Rom weiß sie, gibt es keine Gespenster aus dem Damals, hat sie doch dort nicht ihr gesamtes Leben verbracht, keine Jugend durchlitten, keine Nattern als Begleiter gehabt. Deshalb schmeckt ihr Rom, deshalb riecht es ihr so gut. Neue Zeit gibt es dort kaum, auch Neue Welt nicht. Beiden gelingt es nicht, die dicken Mauern zu durchdringen, sind doch Jahrtausende alt die meisten, hatten widerstanden, nahmen nichts auf. In ewiger Gleichmut stehen sie da, die Ruinen, die Paläste. Zumindest in den Rioni innerhalb der Stadtmauern.

Andere Orte hat sie versucht, keiner erwies sich als zulänglich. Rom ist ihr geblieben, als einziger Fluchtpunkt. Alexandra wird sich dort in den Ritzen und Spalten verkriechen, sich vor dem vor dem Neuen dort verbergen. Das eigene Vergangene wird für kurze Zeit verschwinden, sich auflösen im Dunst der Ewigen. In Rom kennt sie niemand, sie hat daher nichts zu befürchten. Manches Mal scheint es ihr, als ob ihr die Stadt alleine gehöre. Erträglicher scheint ihr die Welt, wenn sie sich Rom erläuft auf altem Pflaster, durch lärmige Straßen und enge Gassen. Lange Stunden ertritt sie sich die Stadt, Meter für Meter, bis die Füße schmerzen. Kein Glück, kein Unglück überrascht sie hier, kein Ungemach, keine Wut vergiften sie. Rom nimmt sie nicht einmal zur Kenntnis, Alexandra kann sie selbst sein.

Beschenkt wird sie reichlich mit Düften, Geräuschen und unscheinbaren Schönheiten, an welchen der Zahn der Zeit bereits jahrhundertelang nagt. Alexandras Rom besteht aus verwitternden Kleinigkeiten, filigranen Figuren in Hinterhöfen, auf Fassaden, aus Säulen und Bögen umwuchert von Gewächs, aus Grashalmen, die aus den Ritzen der Gemäuer hervorsprießen, aus Brunnen an einsamen Plätzen.

Die Schreie der Gemarterten hört sie im Kollosseum, das Wehklagen der Kriege, der Schlachten, das Gegröle der Triumphe am Forum, doch ist es nicht ihr Schmerz. Bilder verlebendigen sich in ihrem Kopf. Viel Schönes, so manch Grausames. Jedoch sind es die Bilder Roms, nicht ihre. In Wien auferstehen ihre Peiniger aus heiterem Himmel, unvorhersehbar, schneiden Fratzen, drohen sie mit ihren Krallen zu reißen. Rachegedanken keimen in ihr auf. Richter sitzen mit ernster Miene zu Gericht und verurteilen ihre Peiniger zum Tode durch qualvollste Strafen. Leiden lässt sie jene, die ihr angetan haben. Gelenke knacken aus auf den Streckbänken, Häupter werden von Rümpfen getrennt, langsam schneidet das Beil, Feuereisen brennen auf Haut. Blut spritzt, Fleisch wird zerfetzt, das schmerzerfüllte Brüllen, das Wehklagen und Wimmern schaffen ihr Genugtuung. Die Richter sehen zu, kein einziges Zucken in ihren Gesichtern. Es geschieht Recht. Alexandra hat es sich antun lassen, sie braucht deshalb die Richter. Sie hat es nicht zu Stande gebracht, sich zu wehren, um sich zu schlagen, die Peiniger zu verjagen, so wendet sie sich an die Richter, jedes Mal, wenn die Geister erscheinen. Sie benötigt die Verhandlungen, die Sprüche, denn sie kann ihre Schmach nicht ertragen.

So manche Gasse, so manches Haus in Wien ruft die Gespenster. Erinnerung ist jede Straße, jeder Stein, jeder Baum. Wiens Gestein hat sich ihr einverfleischt in jede Faser. So bereitet ihr Wien Süßes wie Bitteres.

Jetzt fährt Alexandra nach Rom, läuft davon vor den Gespenstern, vor den Richtern, vor der Lust nach Vergeltung. Die Ewige wird ihr ins Gesicht lachen, auf ihre Art, teils hämisch, teils aus Freude am Dasein, wird lärmen und sie aufsaugen in ihre Unvergänglichkeit. Alexandra wird sich aufsaugen lassen, vergessen, für kurze Zeit, damit sie Wien wieder lieben kann, damit sie sich wieder lieben kann.

In Rom braucht sie die Richter nicht. Dort hat man ihr nichts angetan, auch nichts Gutes und Schönes erwiesen. Rom ist ihr gegenüber gleichgültig. Die Abendsonne wird auf die braunen Gemäuer der Engelsburg strahlen, am Tiberufer wird Alexandra stehen. Auf der Piazza di Spagna wird sie die Spanische Treppe hochsteigen, sich vor der Santa Trinità dei Monti auf eine der Stufen setzen und das Nachtwerden abwarten. Sie muss sich selbst vergeben, noch gelingt ihr das nicht. So muss sie eben den ihr einzig verbliebenen Ort der Zuflucht aufsuchen. Alexandra fährt nach Rom.

 

Hi Echnaton,

Es ist schon recht spät. Vieleicht liegt es daran, das ich deine Geschichte nicht so recht verstehe.

Zum Ersten: sehe ich eine Liebeserklärung an Rom.
Alexandra fühlt sich dort wohl und frei.

zum Zweiten: Sie fürchtet ihre Heimatstadt. Dort hat man ihr etwas angetan, wogegen sie sich nicht wehren konnte und kann, oder?
Wer sind die Täter, was hat man ihr angetan, wer sind die Richter?
Mag sein, dass es nicht wichtig ist für den Ausdruck deiner KG. Du hast dir sicher was dabei gedacht.

Nur finde ich, dass deine KG sprachlich schön geschrieben ist, ich aber auch gerne den Inhalt verstehen würde.

Noch etwas möchte ich erwähnen.
Du hast deine KG am 13.02. geschrieben. Niemand hat darauf bisher geantwortet. Ganz ehrlich, das finde ich
unmöglich. Ich denke, zumindest die Moderatoren sollten darauf achten, dass keine Geschichte ungelesen bleibt. Das ist doch nicht in Ordnung.
Was hälst du davon?

lg coleratio

 

Servus Coleratio,

danke fürs Lesen und Deinen Kommentar. Dass alles nebelhaft bleibt ist volle Absicht. Ich weiß, daß die Geschichte so wie sie ist eigentlich schwer zu verstehen ist. Trotzalledem lasse ich sie so. Die Richter sind Alexandras Phantasie, ihre Vergeltung kann nur in der Phantasie stattfinden.

Du hast deine KG am 13.02. geschrieben. Niemand hat darauf bisher geantwortet. Ganz ehrlich, das finde ich
unmöglich. Ich denke, zumindest die Moderatoren sollten darauf achten, dass keine Geschichte ungelesen bleibt. Das ist doch nicht in Ordnung.
Was hälst du davon?

Also man kann niemanden zwingen, etwas zu lesen. Ferner ist die Geschichte vielleicht zu nebelhaft, als daß jemand einen Kommentar abgeben wollte. Ich möchte sie trotzdem so stehen lassen.


Moderatoren haben hunderte Texte in ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen, sodaß sie kaum alle lesen können, zumal sie diese Tätigkeit ehrenamtlich in ihrer zumeist kargen Freizeit verrichten, ein Privatleben außerhalb von KG.de sollten wir ihnen doch auch zugestehehn oder? Somit kann man es hinnehmen, daß eine Geschichte mal in der Versenkung verschwindet.

danke nochmals fürs lesen und liebe Grüße

Echna

 

Hi Echnaton,

natürlich soll deine KG so bleiben wie sie ist.
So weit hatte ich auch garnicht gedacht.

Muß ja nicht sein, dass die Ängste und Alpträume von
Alexandra erklärt werden. Man braucht nur gedanklich, die eigenen Dämonen in die Geschichte einzubringen.

Das die Moderatoren nicht jede KG lesen können, ist mir eigentlich auch klar. Aber in jedem Bereich gibt es zwei Moderatoren. Ich denke bei ein oder auch zwei
Nullen in der Woche, könnte man doch ... nein?

Gut, dann werde ich versuchen die Nullen zu reduzieren.
Vor allem, bei Neulingen.
Du als "alter Hase", kannst so eine Runde sicher verkraften.

lg. coleratio

 

Hallo coleratio,

du hast sicherlich die Funktion der Moderatoren missverstanden, dies entnehme ich deinem Vorwurf, dass diese Geschichte so lange ohne Beachtung geblieben ist.
Echnaton hat ja schon einen Teil deiner Frage beantwortet, seinen Worten schließe ich mich an und führe noch ein wenig weiter aus, dass die Aufgaben der Moderatoren nicht darin bestehen, Kritiken zu schreiben, so wie jeder User hier auf KG ebenfalls nicht dazu verpflichtet ist.
Sämtliche Kritiken werden nach dem schlichten Prinzip der Freiwilligkeit verfasst.

Die Moderatoren haben die ehrenamtliche Aufgabe jeweils in ihrem Forum, für welches sie zuständig sind, für Ordnung zu sorgen, falls irgendetwas anliegt. Dazu gehören Aufgaben, die das Verschieben von Geschichten in ein anderes Forum, wenn der Autor dies so wünscht, Löschen von Offtopics, eventuelle PM-Anfragen von Usern beantworten und, was nicht übersehen werden darf, das zumindestens inhaltliche Überfliegen der Geschichten und ihre Durchsicht auf eventuelle strafrechtlich relevante Sachverhalte.
Manchmal auch schlicht die Klärung der Frage, ob eine Geschichte so trashig ist, dass sie deswegen entfernt werden muss.
Alles Tätigkeiten, wie Echnaton schon richtig erwähnt hat, die freiwillig in der Freizeit geschehen und die neben dem Schreiben von Kritiken und eigenen Geschichten und vor allen Dingen neben Familie und Beruf nebenher laufen. Solltest du noch Fragen haben, schreibe mir bitte eine PM, ich möchte Echnatons Geschichte nicht mit weiteren Offtopics versehen. :)

Grüßle
lakita

 

Hallo Echnaton!

Es passiert in dem Sinn nicht wirklich viel, und doch ist es eine seltsam intensive Geschichte geworden. Diese ganzen Gedanken, die Hintergründe, die dem Leser nur teilweise zugänglich gemacht werden lassen den Text lebendig sein.
Auf der einen Seite die gelibete Stadt der Heimat, Wien, allerdings mit schlimmen Erlebnissen, bösen Menshcen in Verbindung gebracht - auf der anderen Seite Rom, Ziel für Gedankenreisen und Befreiung. Schön herausgearbeitet.
Die Stelle, als Alexandra an die Richter und Strafen denkt, ist mir persölich zu plakativ und zu gewaltsam in den sosnt ruhigen, wenn auch nicht spannungsfreien Beschreibungen.

"Zumindest in den Rioni innerhalb der Stadtmauern." - was sind Rioni?

"Rachgedanken keimen in ihr auf." - Rachegedanken?

lieber Gruß!
Anne

 

Liebe Maus,

danke fürs Lesen und den Kommentar. Rioini nennt man in Rom die Innenbezirke. Die Strafen bleiben, die Richter auch, weil Alexandra sie braucht. Das muß einfach sein.

danke nochmals und liebe Grüße

Echna

 

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