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Aladin sein

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07.06.2006
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Aladin sein

Es ist Weihnachten. Draußen regnet es seit Stunden und hier drinnen sitze ich und stehe vor der kompliziertesten Aufgabe meines bisherigen Lebens: meiner ersten Liebeserklärung. Sie heißt Leyla und geht in meine Klasse. Und sie ist wunderschön. Ihr Vater kommt aus dem Iran und von ihm hat sie pechschwarzes Haar, eine etwas dunklere Hautfarbe und dunkle Katzenaugen mit den längsten Wimpern der Welt geerbt. Von ihrer Mutter hat sie die Intelligenz. Leyla ist unglaublich klug. Und das sage ich nicht nur, weil ich in sie verliebt bin. Nein, sie ist Klassenbeste und spricht perfektes Persisch. Ihre Stimme klingt dann ganz anders, viel weicher und irgendwie fremd. Wenn man die Augen schließt, sieht man sie vor sich, in fremdartige Gewänder gehüllt auf einem wunderschönen Teppich durch die Nacht fliegen.
Und ich möchte Aladin sein.

Einmal waren wir schon miteinander im Kino, den Film weiß ich schon gar nicht mehr. Aber es war so schön. Während eines besonders gruseligen Moments hat sie meine Hand genommen. Und sie auch noch gehalten, als es längst nicht mehr unheimlich war. Erst kurz bevor die Lichter angingen, hat sie dann losgelassen, ganz ruckartig, sie fast von sich geschleudert, als wäre ihr das Ganze furchtbar unangenehm. Aber eine Zeit lang sind wir wie ein Pärchen dagesessen, ihre Hand in meiner, ein bisschen kalt. Ihre Finger sind immer kalt. In Deutsch sitzt sie neben mir, sie leiht sich manchmal einen Stift aus und oft, sehr oft, berühren unsere Hände sich zufällig dabei.
Ich glaube, Leyla mag mich auch.
Und sie mag Schnee. Vor ein paar Wochen lag welcher. Gefreut wie ein kleines Kind hat sie sich und mir gleich einen Schneeball in den Nacken geworfen. Das konnte ich natürlich nicht auf mir sitzen lassen! Bald waren wir in die schönste Schneeballschlacht verwickelt und wohl die einzigen aus unserer Jahrgangsstufe, denen das nicht zu doof war. Geendet hat es damit, dass wir in einem Schneehaufen gelandet sind und versucht haben, uns gegenseitig mit soviel Schnee wie nur möglich einzureiben. Plötzlich schwebte Gesicht nur eine Handbreit über meinem …
Zum ersten Mal geküsst haben wir uns aber auf der Geburtstagsparty ihrer besten Freundin. Ich war angetrunken, sie nicht und in einer dunklen Ecke ist es passiert. Danach hat sie eine Woche nicht mehr mit mir geredet.

Ich tippe ihre Nummer ein, ich habe sie schon so oft gewählt, dass ich sie auswendig kann. Im Radio dudelt „Santa Baby“, es wird dunkel, aber kein Stern schafft es durch die Wolkenmassen. Das Plätschern des Regens beruhigt mich. „Reiß dich zusammen!“, denke ich mir. Einen Augenblick zögere ich noch, dann drücke ich die Taste mit dem grünen Telefon herunter. Die Nummer wird gewählt. Ein Klingeln. Noch eins. Noch eins. Und noch – „Hallo?“ Leyla ist am Apparat. Mein Atem geht schneller. „Hallo?“ Meine Hände zittern. Ich öffne den Mund, hole tief Luft. „Hallo? Meike? Meike? Lass den Mist, ich hab deine Nummer erkannt! Hallo?“ Ich lege auf.

 

Hallo Eva Luna,

da kann man ja fast „willkommen zurück“ sagen ;)

Tjaa, deine Geschichte. Sie lässt mich etwas zwiegespalten zurück. Einige Fragen bleiben offen, einige Dinge stören.
Fangen wir mal mit den Kritikpunkten an:
Mir gehts in deiner Geschichte etwas zu schnell, vom Kinobesuch gehts über den Schnee sehr schnell zum Telefon“gespräch“ über, du lässt der Geschichte kaum Zeit, sich wirklich zu entfalten und zu wirken.
Probleme hatte ich mit dem Inhalt bzw. der Reihenfolge: Es beginnt in der aktuellen Situation und springt dann zurück in eine Erinnerung. Sie waren zusammen im Kino. Dann kommt die Passage mit dem Schnee. Und dann der Sprung wieder zurück in die Gegenwart, in der der Prot. versucht, Leyla anzurufen, und bekommt kein Wort heraus. Der Prot. kann kein Wort am Telefon sagen, war aber schon mal mit ihr im Kino? Dazu musste der Prot. Leyla doch auch fragen. Das Verhalten würde ich eher beim ersten Ansprechversuch erwarten, aber nicht, wenn der Prot. mit ihr schon im Kino war und eine Schneeballschlacht gemacht hat. Jetzt gerade beim Nachdenken bzw. Schreiben der Kritik kommt mir der Gedanke, dass die Zögerlichkeit lediglich an der Tatsache liegt, dass der Prot. Leyla die Liebe gestehen will.
Wenn das so sein sollte, fehlt mir aber der Grund, wieso der Prot. gerade jetzt (wo er ihr nicht mal in die Augen sehen muss) Angst bekommt. Die hatte er doch auch nicht, als er sie fragte, ob sie ins Kino gehen. Da fehlen mir als Leser die Hinweise.
Und scheinbar kennt der Prot. ja auch die Eltern ... oder woher weiß er, dass Leyla die Intelligenz der Mutter und Haar- und Hautfarbe des Vaters hat?
Da kommt mir der Gedanke: Sind der Prot. und Leyla eigentlich schon länger Freunde und nun hat der Prot. festgestellt, dass er sie liebt und traut sich der Freundschaften wegen nicht, es ihr zu sagen? Falls es so ist, fehlen mir aber ein paar Informationen, dass sie schon länger gut befreundet sind. Aber wieso erkennt sie dann die Nummer des Prots. nicht?
Du siehst, einige Fragen, einige Möglichkeiten. Aber ich kan dir nicht sagen, welche du mMn beabsichtigt hast ;)

Schön finde ich deinen Stil. Er ist ruhig und gibt wenig Tempo vor (weswegen mir der „Bruch“ zum Tempo der Entwicklung vermutlich recht stark vorkommt). Ich finde, du triffst den Ton gut, solltest der Geschichte nur mehr Platz gönnen ;)
Den Titel finde ich auch gelungen. Mit den eigentlichen Ereignissen in der Geschichte hat er wenig zu tun, aber im Ganzen sagt er aus, worum es geht. :)

Einige wenige Ungereimtheiten ;)

Erst kurz bevor die Lichter angingen, hat sie sie losgelassen, ganz ruckartig, sie fast von sich geschleudert, als wäre ihr das Ganze furchtbar unangenehm.
Hier hast du eine etwas unschöne Wiederholung. Vielleicht kann man da noch mal etwas umformulieren?

Gefreut wie ein kleines Kind hat sie sich und mir gleich einen Schneeball in den Nacken geworfen.
Sie wirft sich selbst einen Schneeball in den Nacken?

Plötzlich schwebte Gesicht nur eine Handbreit über meinem…
Kleinigkeit: Ein Leerzeichen vor den drei Punkten.


Ich würde mich freuen, wenn du an der Geschichte arbeitest. Und das du uns länger erhalten bleibst und nicht erst in einem Jahr wieder auftauchst ;)

Liebe Grüße
moon

 

Ich habe die Geschichte etwas anders verstanden: Der Prot ist eine sie und zwar mit leyla "normal" befreundet, aber in sie verliebt. Damit würde sich auch die Zurückhaltung von Leyla erklären, zB hat sie im Kino schließlich Maikes Hand von sich weggeschleudert. Das wird allerdings erst ganz zum Schluss klar und zuerst dachte ich auch, bei diesem Telefongespräch, Leyla hätte einfach die Nummer falsch erkannt, bis mir dann klar war, dass die Erzählerin eine sie ist. Vielleicht könnte man das noch ein wenig von vornherein andeuten, weil moon hat es auch nicht gemerkt, dass Maike die Prot ist (wenn sie es denn ist, ganz sicher bin ich mir da auch nicht). Außer das soll so am Ende als Überraschung kommen.
Hat mir gesamt gut gefallen, auch der Titel ist schön.
Lg

 

Ah! Interessant, die Verbindung habe ich beim Lesen gar nicht gezogen ;)
Mal sehen, ob sich andere noch dazu äußern. Vielleicht war auch nur ich in dem Moment nicht aufnahmebereit. Eventuell aber musst du noch etwas besser herausarbeiten, dass die Prot. ein Mädchen ist. Das gibt dem ganzen natürlich einen ganz anderen Anstrich!
Werde die Tage noch mal die Geschichte unter diesem Aspekt lesen. Jetzt bin ich zu müde :D

 

Ich habe es auch als lesbische Liebe verstanden: denn immerhin erkennt Lexla Meikes Nummer am Ende.

Ich mag die Geschichte, gerade ob ihrer Kürze!
Allerdings war mir der Kuss zuviel des "Guten"...zu eindeutig! Dann passt auch in der Tat die dolle Auftregung Meikes am Ende nicht richtig.

Ein wenig ausbaufähig - ohne unnötig zu verzerren - ist die Kg bestimmt, aber insgesamt: daumen hoch :-)

 
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hi

vielen dank für die kritik, ich werde mich bei gelegenheit mal hinsetzen und das ganze überarbeiten.
freut mich, dass die geschichte alles in allem aber gefallen hat, sowas hört man doch immer gern. :D

@nikita: der kuss ist eigentlich eher so ne partyknutscherei, da kann alles und nichts dahinter stecken. deswegen empfinde ich ihn nicht mal als so eindeutig ...

 

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