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Akoustic Kitty

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11.11.2003
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Akoustic Kitty

Akoustic Kitty

Nach einer angeblich wahren Begebenheit.

Ende März, zu einem Zeitpunkt als der schwarze Kater mit dem weißen Kinn, von seinen Freunden Jaroslaw genannt und aufgrund seiner Sportlichkeit in der Katzengemeinde von Washington hoch geschätzt, dem Höhepunkt seiner rolligkeit freudig entgegen strebte, wurde er plötzlich, in einem unachtsamen Augenblick, von rauhen Menschenhänden gepackt, und rücksichtslos in einen dunklen Metallkäfig gesperrt. Obwohl es in der Katzenwelt Buddhisten gab, die zwar nicht an das Klischee der neun Leben glaubten, jedoch an die ständige Reinkarnation, war der Kater nicht von diesem Glauben überzeugt. Dies ist das Ende, dachte Jaroslaw, finito, Basta. Das war kein Kind, das sich eine Katze wünschte und es sich nahm, kein Ehemann der seiner Ehefrau zum Hochzeitstag eine Katze schenken wollte und es sich nahm, ganz nach Menschenmanier, nein, das mußte das Ende sein, wie es kein Kater dem anderen wünschte. Nie wieder Hühnerleber, oder Fischinnereien, schoß es Jaroslaw durch den Kopf, und sein glänzendes Fell sträubte sich. Der Kater schloß mit dem Leben ab. Vieles hatte er schon gehört, von den Versuchen, den ekelhaften Substanzen und den grauenerregenden Krankheiten. Gerüchte nur, aber Gerüchte einzig weil nie einer von den Entführten wiederkam.

Agent Dick Heinlein, der seinen deutschen Vornamen, zu einer Zeit als Konzentrationslager seine Alpträume dominierten, von Dirk in Dick hatte umändern lassen, konnte es nicht fassen. Sein Chef hatte ihm tatsächlich den Auftrag erteilt, draußen auf den Straßen von Washington eine Katze zu kidnappen. Robust sollte sie sein und widerstandsfähig, nicht gleich tot umfallen bei niedrigen Temperaturen und langen Reisen, gesund und munter sollte sie aussehen, das waren die Worte seines Chefs, im Haus von seinen Mitarbeitern hinter seinem Rücken auch „Die letzte Impertinenz“ genannt. Bin ich deshalb damals aus Nazideutschland geflohen?, fragte sich Mr. Heinlein, und strich sich über seine noch verbliebenen silbergrauen Haare. Wollte ich nicht die Freiheit beschützen, und den Kommunismus niederringen? Und jetzt das. Eine Katzenentführung. Na, das ist ja was, dachte er, und sah auf seine Uhr. Heinlein verfluchte seinen Boss, aber er wußte auch, das er jetzt nicht aufmucken durfte, denn den letzten Job hatte er gründlich versaut. Wieso hatte man ihm auch verschwiegen, das dieser alte russische General Zuckerkrank war?
Mit einer Injektion betäubte Mr. Heinlein Jaroslaw, der sich nicht wehrte, weil der sportlichste Kater weit und breit, derweil mit seinem Leben abgeschlossen hatte. Jeglicher Fluchtversuch schien aufgrund der Entschlossenheit seines Entführers aussichtslos.

Es war kein Labor, indem Jaroslaw mühsam die Augen öffnete. Er leckte sich über die trockenen Lippen, und reckte besorgt seine Nase in die Luft. Es roch nicht nach Arzneien oder Medikamenten, es roch nicht nach Katze oder einem anderen Tier. Es roch ausschließlich nach Mensch. Nach menschlicher Angst, aber auch nach Macht, und Gemeinheit. Jaroslaw sah durch die Gitterstäbe seines Käfigs, dieser stand auf einem Eichenschreibtisch, und Jaroslaw kam der Gedanke, das er noch nie einen so großen Schreibtisch gesehen hatte, schier endlos schien er durch das Gitter. Das Photo des Menschen an der Wand hatte er schon einmal gesehen. War das nicht der Mensch, dem sie kürzlich den Kopf zerschossen hatten? Sein Blick wanderte die Wand an der Tür entlang und er bekam einen Schreck. Er sah das Emblem der C.I.A. Central Intelligence Agency. Davon hatte er schon mal etwas gehört. Mein lieber Herr Orchestermeister, das sieht nicht gut aus, dachte Jaroslaw, der sehr gut im Durcheinanderbringen von menschlichen Sprichwörtern war. Piss die Wand an, das hatte was mit Politik zu tun. Das war gar nicht gut. Was ging hier Hundsgemeines vor sich?
Die Tür öffnete sich. Ein übelriechender Mensch. dunkler Anzug, ausufernder Schnurrbart, betrat das Kellerbüro, und machte Licht. Jaroslaw wußte nicht, daß es sich dabei um den CIA Chef handelte, der enorm unter Druck stand, weil zwei Tage zuvor jemand Kennedy erschossen hatte, und er noch nicht abschätzen konnte, wie tief er eigentlich selbst in dieser unappetitlichen Sache steckte, und es mit Moskau und dem Ivan auch nicht so recht voran ging. Im übrigen waren ihm soeben die Ergebnisse seines jährlichen Gesundheitschecks unterbreitet worden, und die Ärzte hatten die Unverfrorenheit ihm zu eröffnen das er rot, - grün blind sei, was ihn doch sehr irritierte. Ein rotblinder C.I.A Chef, was sollte man davon halten? Hinter ihm folgte ein untersetzter Mensch in einem braunen Anzug. Dieser roch zwar stur aber gutmütig. Beide Menschen blickten durch die Gitter, und besahen sich den Kater.
„Akoustic Kitty, wie finden sie das, so nenne ich das Vieh, wie finden sie das Mr. Heinlein?“
„Ich verstehe nicht recht, Sir. Worum geht es hier eigentlich?“
„Mr. Heinlein, unsere Spezialisten werden in den Schwanz unserer Akoustic Kitty eine neu entwickelte Abhöreinrichtung einpflanzen. Mikrotechnologie, sagt ihnen das was? So klingt die Zukunft, ja, nicht im Großen, im Kleinen liegt sie! Sie werden das Vieh nach Moskau schaffen, und dort das System testen. Sie sind der perfekte Mann dafür, und zudem habe ich sie in der Hand, wir verstehen uns, nicht? Das mit dem General hätte ihnen einfach nicht passieren dürfen. Nicht das es mir um den Russen leid täte. Aber ich halte meine schützende Hand über ihr Haupt, ich hoffe sie vergessen das nicht. Ohne meine Intervention, wären sie längst in einem Heldengrab. In zwei Wochen geht’s los. Bringen sie das Vieh ins Labor, die warten da schon auf sie. Ich erwarte ihren Bericht in vier Wochen. Töten sie das Vieh am Ende ihres Auftrags.“
„Sir, dürfte ich mir noch eine Frage erlauben?“
„Sie dürfen Heinlein, aber bitte nur eine.“
„Was soll es bringen, wenn wir mit der Hilfe einer Katze, die Gespräche von Moskauer Straßenpenner, oder von Bauarbeitern abhören können?“
„Sie verstehen das nicht. Wieso versteht mich denn niemand? J. F. K mußte ich das auch erklären, und er hat es ebenfalls nicht verstanden. Das hat der nun davon. Er wollte ja nie auf einen von uns hören. Schwamm drüber, es ist nun mal das Schicksal aller großen Männer, daß Sie ihrer Zeit voraus sind, das niemand einen versteht. Aber mein guter Mr. Heinlein, Akoustic Kitty ist nur der Anfang. Stellen sie sich vor, Tausende herrenlosen Tiere, die durch Moskau tapern und die Gespräche mithören. Der Kater in den Armen des Generalsekretärs? Vielleicht einer von uns. Die Stute mit der Schukow immer herum reitet? Möglicherweise ein Agent in unserem Lohn. Der Papagei in der Einsatzzentrale der russischen Raumfahrt, das Maskottchen, sie wissen doch? Gegebenenfalls mein Mann. Die Spatzen auf den Fenstersimsen der KpdSU, die Löwen im Zoo, die Hunde der Spezialpolizei, wunderbar nicht? Wir machen den Ivan fertig. Wir werden von jedem Schritt erfahren, den sie planen. Aber auch das ist nur der Anfang. Mr. Heinlein, Tiere machen immer nur den ersten Schritt für uns. Für uns Menschen. Wer weiß, vielleicht schicken wir Sie, Mr. Heinlein, das nächste mal nach Moskau, samt einem als Zahnkrone getarnten, hochleistungsfähigem Abhörsystem?“
Verfluchte Hundebrut, dachte sich Jaroslaw als er von Mr. Heinlein im Käfig zum Labor gebracht wurde. Das wollten sie also mit ihm machen. Ein wenig Spionagetechnologie unter das Fell und ab ins kalte Moskau. Jaroslaw haßte die Kälte, und fragte sich wie die Katzen in Moskau damit zurecht kamen. Schicksal, oh schnurrendes Schicksal, zeigst deine Beißerchen, dachte Jaroslaw, und ich beuge mich dir voll Neugier. Dieser geisteskranke Hundesohn, dachte Mr. Heinlein, der wird mich noch ins Grab bringen.

Jaroslaw überstand die Operation gut, wenngleich es ihm anschließend schwerer als früher fiel, seinen Schwanz zu heben, denn eben dort hatten die Menschen in den weißen Kitteln ihre Technologie eingebaut. Mr. Heinlein besuchte Jaroslaw so oft er konnte. Es war immer dieselbe Begrüßungsformel, die Jaroslaw dazu brachte, diesen Menschen mehr und mehr ins Herz zu schließen: „Na Akoustic Kitty, alles fit im Schritt?“ Dann holte er jedesmal - als ob er geahnt hätte was Jaroslaws Lieblingsfressen war - in Zeitungspapier gewickelte Hühnerleber hervor und fütterte ihn damit. Mrs. Heinlein, die für ihren Mann die Leber extra vom Schlachter der Nachbargemeinde kaufen mußte, und der Mr. Heinlein aufgrund der Geheimhaltung nichts über den Zweck dieser Besorgung verraten durfte, hatte es schon vor langer Zeit aufgegeben sich über derlei Dinge zu wundern.
Die Welt drehte sich weiter, und dennoch hatte Mr. Heinlein das unbestimmte Gefühl, das etwas gründlich schief ging in seinem Leben. Und je mehr er sich mit dem Kater beschäftigte, desto tiefer traf ihn dieses Gefühl. Heinlein traf einen Entschluß.

Zu Beginn des außergewöhnlich kalten Aprils trafen Mr. Heinlein und Jaroslaw in Moskau ein. Die Einreise verlief ohne Zwischenfälle. Mr. Heinlein hatte einen gefälschten russischen Pass, der ihn als Leiter der Tiermedizinischen Fakultät der Leningrader Militäruniversität, namentlich Stanislaus Lem, auswies. Man hatte ihm einen Sender mitgeliefert den er an das Halsband des Katers befestigen sollte. Für den Fall das er ihn verlieren würde, konnte er ihn damit im Umkreis von drei Kilometern orten. Die Abhörstation wurde in der amerikanischen Botschaft installiert. In einer beliebigen Seitenstraße, unweit des roten Platzes hielt Mr. Heinlein den Wolga an, und holte Jaroslaw aus seinem Käfig. Jaroslaw sah aus dem Fenster ins verschneite, fremde Moskau, während er auf dem Schoß von Mr. Heinlein saß, und genoß die Streicheleinheiten die er von ihm erhielt. Mr. Heinlein hatte die Abhörstation noch nicht eingeschaltet.
„Schau dich gut um, Akoustic Kitty, deine neue Heimat. Nie wieder Hot Dogs, nie wieder Hamburger.
Ich lasse dich gehen. Ich hoffe du weißt das zu schätzen.“
Mr. Heinlein öffnete die Tür. Mr. Heinlein sah Jaroslaw lange nach, dann aktivierte er den Sender, warf ihn auf den Boden und zertrat ihn. Er meldete der Zentrale, daß der Versuch Akoustic Kitty gescheitert sei, weil ein russischer LKW die Katze nach ihrer Freilassung totgefahren hätte. Mr. Dick lächelte, ganz unbesorgt, wie zu den Zeiten als er in den Berliner Straßen noch Dirk gerufen wurde, aber er übersah, das eine Kamera japanischer Bauart in den Händen amerikanischer Agenten alles aufgezeichnet hatte.

Nachtrag:

Kurz nach seiner Freilassung lernte Jaroslaw eine türkischstämmige, existentialistische Van-Katze kennen, die gerne badete, und sechs kleine Kätzchen gebar, deren Vaterschaft unklar war. Jaroslaw wünschte sich eine moderne Katzenehe im amerikanischen Sinne, mit viel Raum lassen, Freiheit und Unabhängigkeit, die Mutter seiner (?) Kinder jedoch war sehr Harmoniebedürftig – Trotz ihrer eigenen, zahlreichen Seitensprünge - und hielt nichts von Freiheit in der Beziehung. Jaroslaw fügte sich dem Schicksal, und wurde seßhaft und treu, wenngleich wir die Menage a trois die Jaroslaw mit Tanja und Natascha hatte, nicht unerwähnt lassen sollten.
Sie alle hatten ein langes und aufregendes Leben in Freiheit. Von Agent Heinlein hat man nie wieder etwas gehört.

 

Hallo caykhan,

meine besten Glückwünsche zu der Geschichte. Sie ist originell und hat Humor. Ich würde aber eine wesentliche Änderung anraten. Interessant ist ja eigentlich nur das Schicksal der Katze. Was schert den Leser Heinlein oder gar sein Vorgesetzter? Du solltest deshalb die Perspektive nicht ständig wechseln. Bleib bei der Katze. Den zweiten Absatz kannst du komplett streichen. Alles was man über Heinlein wissen muss, erfährt man durch den Dialog. Lass auf jeden Fall auch die Details zu Heinleins Ehe weg. Wen soll das interessieren?

Das Ende ist die schriftstellerische Herausforderung. Hier musst du den Konflikt, in dem sich Heinlein befindet, aus Sicht der Katze beschreiben. Das ist schwierig, aber wenn es gelingt, hast du eine tolle Geschichte.

Beste Grüße

knagorny

 

Hi Knagorny,
danke für deine Kritik. Also, das Gerücht um Akoustik Kitty gibt es wirklich. Eine Katze, der in den sechzigern in den Staaten ein Abhörsystem eingebaut wurde, um in der Sowjetunion Spione zu belauschen. Laut dem Gerücht, starb sie unmittelbar nach ihrem Einsatz unter den Rädern eines Moskauer Taxis.
Ich hatte sofort ein Bild im Kopf: Ein alternder, desillusionierter Agent, und der Kater. Jaroslaw und Agent Heinlein. Und ich hatte die Idee, das die offizielle Version des Geheimdienstes nur dazu diente, das etwas "andere" Scheitern des Experimentes zu vertuschen. Ich wollte die Geschichte schreiben, wie ich dachte, das sie geschehen sein konnte. Dazu gehören einfach beide Protagonisten: Heinlein und die Katze. Es fällt mir unheimlich schwer, mich von Heinlein zu trennen. Ich habe die Geschichte mal auf die Art gekürzt und geändert, das tatsächlich der Teil um Heinlein verschwand, und das ganze noch stärker aus der Sicht des Katers erzählt wurde. Funktioniert auch so wunderbar, hast ja recht, aber die beiden sind doch ein schickes Gespann. Ich will mich einfach nicht von Heinlein trennen, vieleicht etwas kürzen...Hm, ich weiß noch nicht. gruß caykhan

 

Ich finde die Idee zwar gut, aber die Umsetzung der Geschichte im Ganzen so lala. Es sind mir zu viele eigenartige Sprünge oder Brüche im Erzählfluß, und so manche Formulierung empfinde ich als ein wenig hölzern.
Beispiel:
.....Mit einer Injektion betäubte Mr. Heinlein Jaroslaw, der sich nicht wehrte, weil der sportlichste Kater weit und breit, derweil mit seinem Leben abgeschlossen hatte....
Solche wenig schlüssigen oder grammatikalisch schrägen Satz-Konstruktionen gibt es leider reichlich.
Und ein kleiner Hinweis am Rande:
Nur bei weiblichen Katzen spricht man von Rolligkeit.

Gruß Cantalupo

 

Hallo caykhan,

mir hat die Geschichte ebenfalls gut gefallen; fand mich bei einer Erzählung aus Sicht eines Katers unwillkürlich an "Felidae" von A.Pirincci erinnert.

Es sind einige Fehler drin, wie in dem von cantalupo erwähnten Satz, wo die Kommas zur besseren Verständlichkeit anders gesetzt oder weggelassen werden müßten, Beispiel:
Mit einer Injektion betäubte Mr. Heinlein Jaroslaw, der sich nicht wehrte, weil der sportlichste Kater weit und breit schon mit seinem Leben abgeschlossen hatte.

Ist nur ein Beispiel, habe auch ein Wort ausgetauscht, aber so ist vielleicht ersichtlich, was ich meine.
Auch die Brüche zwischen der Sicht des Katers und der des Agenten würde ich deutlicher machen; manchmal schaltest du da mitten im Absatz um, das verwirrt ungemein.

Und du sagst, du hast die Geschichte nochmal ohne den Agenten formuliert? Vielleicht magst du uns die hier ja auch noch präsentieren, sozusagen Version 2.0? :)
Würde mich echt interessieren. :D

Danke soweit!
greetz, Oile

 
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akoustik kitti version 2

Acoustic Kitti

Am Ende eines Märztages, wurde der schwarze Kater mit dem weißen Kinn, von seinen Freunden Jaroslaw genannt und aufgrund seiner Sportlichkeit in der Katzendamenwelt von Washington hoch geschätzt, plötzlich in einem unachtsamen Augenblick, von rauhen Menschenhänden gepackt, und rücksichtslos in einen dunklen Metallkäfig gesperrt. Dies ist das Ende, dachte Jaroslaw, finito, Basta. Das war kein Kind, das sich eine Katze wünschte und es sich nahm, kein Ehemann der seiner Ehefrau zum Hochzeitstag eine Katze schenken wollte und es sich nahm, ganz nach Menschenmanier, nein, das mußte das Ende sein. Nie wieder Hühnerleber, adieu Fischinnereien, schoß es Jaroslaw durch den Kopf, und sein glänzendes Fell sträubte sich. Der Kater schloß mit dem Leben ab. Vieles hatte er gehört, von den Versuchen, den ekelhaften Substanzen und den grauenerregenden Krankheiten. Gerüchte nur, aber Gerüchte einzig weil nie einer von den Entführten wiederkam. Der unbekannte Mensch betäubte den Kater mit einer Injektion. Jaroslaw wehrte sich nicht, weil jeglicher Fluchtversuch aufgrund der Entschlossenheit seines Entführers aussichtslos schien.
Es war kein Labor, indem Jaroslaw mühsam die Augen öffnete. Er leckte sich über die trockenen Lippen, und reckte besorgt seine Nase in die Luft. Es roch nicht nach Arzneien oder Medikamenten, es roch nicht nach Katze oder einem anderen Tier. Es roch fast ausschließlich nach Mensch. Nach menschlicher Angst, aber auch nach Macht, und Gemeinheit. Jaroslaw sah durch die Gitterstäbe seines Käfigs, dieser stand auf einem Eichenschreibtisch, und Jaroslaw kam der Gedanke, das er noch nie einen so großen Schreibtisch gesehen hatte, schier endlos schien er durch das Gitter. Das Photo des Menschen an der Wand hatte er schon einmal gesehen. War das nicht der Mensch, dem sie kürzlich den Kopf zerschossen hatten? Sein Blick wanderte die Wand an der Tür entlang und er bekam einen Schreck. Er sah das Emblem der C.I.A. Central Intelligence Agency. Davon hatte er schon mal etwas gehört. Mein lieber Herr Orchestermeister, das sieht nicht gut aus, dachte Jaroslaw, der sehr gut im Durcheinanderbringen von menschlichen Sprichwörtern war. Piss die Wand an, das hatte was mit Politik zu tun. Das war gar nicht gut. Was ging hier Hundsgemeines vor sich?
Die Tür öffnete sich. Ein übelriechender Mensch. dunkler Anzug, ausufernder Schnurrbart, betrat das Kellerbüro, und machte Licht. Jaroslaw wußte nicht, daß es sich dabei um den Chef der C.I.A handelte, der enorm unter Druck stand, weil zwei Tage zuvor jemand Kennedy erschossen hatte, und er noch nicht abschätzen konnte, wie tief er eigentlich selbst in dieser unappetitlichen Sache steckte, und es mit Moskau und dem Ivan auch nicht so recht voran ging. Im übrigen waren ihm soeben die Ergebnisse seines jährlichen Gesundheitchecks unterbreitet worden, und die Ärzte hatten die Unverfrorenheit ihm zu eröffnen das er rot, - grün blind sei, was ihm den Tag doch sehr verdorben hatte. Ein rotblinder C.I.A Chef, was sollte man davon halten? Hinter ihm folgte ein untersetzter Mensch in einem braunen Anzug. Dieser roch zwar stur aber gutmütig. Beide Menschen blickten durch die Gitter, und besahen sich den Kater.
„Acoustik Kitti, wie finden sie das, so nenne ich das Vieh, wie finden sie das Mr. Heinlein?“
„Ich verstehe nicht recht, Sir. Worum geht es hier eigentlich?“
„Mr. Heinlein, unsere Spezialisten werden in den Schwanz unserer Acoustik Kitti eine neu entwickelte Abhöreinrichtung einpflanzen. Mikrotechnologie, sagt ihnen das was? So klingt die Zukunft, ja, nicht im Großen, im Kleinen liegt sie! Sie werden das Vieh nach Moskau schaffen, und dort das System testen. Sie sind der perfekte Mann dafür. Ohne meine Intervention, wären sie längst in einem Heldengrab. Ich hoffe sie vergessen das nicht. Bringen sie das Vieh ins Labor, die warten da schon auf sie. Ich erwarte anschließend ihren Bericht. Töten sie das Vieh am Ende ihres Auftrags. Das ist ihre letzte Chance.“
„Sir, dürfte ich mir noch eine Frage erlauben?“
„Sie dürfen Heinlein, aber bitte nur eine.“
„Was soll es bringen, wenn wir mit der Hilfe einer Katze, die Gespräche von Moskauer Straßenpenner, oder von Bauarbeitern abhören können?“
„Sie verstehen das nicht. Wieso versteht mich denn niemand? J.F. mußte ich das auch erklären, und er hat es ebenfalls nicht verstanden. Das hat der nun davon. Er wollte ja nie auf einen von uns hören. Schwamm drüber, es ist nun mal das Schicksal aller großen Männer, daß Sie ihrer Zeit voraus sind, das niemand einen versteht. Aber mein guter Mr. Heinlein, Acoustik Kitti ist nur der Anfang. Stellen sie sich vor, Tausende herrenlosen Tiere, die durch Moskau tapern und die Gespräche mithören. Der Kater in den Armen des Generalsekretärs? Vielleicht einer von uns. Die Stute mit der Schukow immer herum reitet? Möglicherweise ein Agent in unserem Lohn. Der Papagei in der Einsatzzentrale der russischen Raumfahrt, das Maskottchen, sie wissen doch? Gegebenenfalls mein Mann. Die Spatzen auf den Fenstersimsen der KPdSU, die Löwen im Zoo, die Hunde der Spezialpolizei, wunderbar nicht? Wir machen den Ivan fertig. Wir werden von jedem Schritt erfahren, den sie planen. Aber auch das ist nur der Anfang. Mr. Heinlein, Tiere machen immer nur den ersten Schritt für uns. Für uns Menschen. Wer weiß, vielleicht schicken wir Sie, Mr. Heinlein, das nächste mal nach Moskau, samt einem als Zahnkrone getarnten, hochleistungsfähigem Abhörsystem?“
Verfluchte Hundebrut, dachte sich Jaroslaw als er von Mr. Heinlein im Käfig zum Labor gebracht wurde. Das wollten sie also mit ihm machen. Ein wenig Spionagetechnologie unter das Fell und ab ins kalte Moskau. Jaroslaw haßte die Kälte, und fragte sich wie die Katzen in Moskau damit zurecht kamen. Schicksal, oh schnurrendes Schicksal, zeigst deine Beißerchen, dachte Jaroslaw, und ich beuge mich dir voll Neugier.
Jaroslaw überstand die Operation gut, wenngleich es ihm anschließend schwerer als früher fiel, seinen Schwanz zu heben, denn eben dort hatten die Menschen in den weißen Kitteln ihre Technologie eingebaut. Mr. Heinlein besuchte Jaroslaw so oft er konnte im Labor. Es war immer dieselbe Begrüßungsformel, die Jaroslaw dazu brachte, diesen Menschen mehr und mehr ins Herz zu schließen: „Na Acuostik Kitti, alles fit im Schritt?“ Dann holte er jedesmal - als ob er geahnt hätte was Jaroslaws Lieblingsfressen war - in Zeitungspapier gewickelte Hühnerleber hervor und fütterte ihn damit. Zu Beginn eines außergewöhnlich kalten Apriltages trafen Mr. Heinlein und Jaroslaw in Moskau ein. Die Einreise verlief ohne Zwischenfälle. Mr. Heinlein hatte einen gefälschten russischen Pass, der ihn als Leiter der Tiermedizinischen Fakultät der Leningrader Militäruniversität, namentlich Stanislaus Lem, auswies. Man hatte ihm einen Sender mitgeliefert den er an das Halsband des Katers befestigen sollte. Für den Fall das er ihn verlieren würde, konnte er ihn damit im Umkreis von drei Kilometern orten. Die Abhörstation wurde in der amerikanischen Botschaft installiert. In einer beliebigen Seitenstraße, unweit des roten Platzes hielt Mr. Heinlein den Wolga an, und holte Jaroslaw aus seinem Käfig. Jaroslaw sah aus dem Fenster, während er auf dem Schoß von Mr. Heinlein saß, und genoß die Streicheleinheiten die er von ihm erhielt. Mr. Heinlein hatte die Abhörstation noch nicht eingeschaltet.
„Schau dich gut um, Acoustik Kitti, deine neue Heimat. Nie wieder Hot Dogs, nie wieder Hamburger.
Ich lasse dich gehen. Ich hoffe du weißt das zu schätzen.“
Mr. Heinlein öffnete die Tür. Mr. Heinlein sah Jaroslaw lange nach, dann aktivierte er den Sender, warf ihn auf den Boden und zertrat ihn. Er meldete der Zentrale, daß der Versuch Acoustik Kitti gescheitert sei, weil ein russischer LKW den Kater nach ihrer Freilassung totgefahren hätte. Mr. Heinlein lächelte, ganz unbesorgt, aber er übersah, das eine Kamera japanischer Bauart in den Händen amerikanischer Agenten alles aufgezeichnet hatte.

 

Hi caykhan,

da es hier nicht üblich ist, eine Geschichte in zwei Versionen zu posten, habe ich beide Threads zusammengeführt.

Lieben Gruß

chaosqueen

 

hi chaosqueen,
sorry, wußte nicht so genau, ähh...und so...,
aber vielen dank für deinen eingriff.
sonnige grüße caykhan

 

Hallo caykhan,

die Idee,die Deiner Geschichte zugrunde liegt gefällt mir. Der Wechsel der Erzählperspektive bekommt ihr aber nicht gut. Was man über Heinlein wissen muß, könnte man auch aus Sicht des Katers erfahren, die Vergangenheit des Agenten bringt die Geschichte nicht weiter. Übrigens, eine gesunde Katze ergibt sich nicht einfach ihrem Schicksal und läßt sich klaglos eine Injektion verpassen, hier hätte etwas mehr Dynamik gut getan.
Auf den Nachtrag solltest Du vollständig verzichten, das eigentliche Ende ist so wie es ist viel schöner, geradezu der klassische Schluß einer Kurzgeschichte, der Raum für eigene Gedanken des Lesers läßt.

Beste Grüße
chianello

 

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