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Affäre
„Hier, nimm eine Banane!“
„Ich mag aber keine.“
„Stell Dich doch nicht so affig an. Hmm, lecker, mit Schale!“
„Hör sofort auf, damit so herumzufuchteln! Du kannst Dir deine quaddelige gelbe Südfrucht sonstwohin ... wenn dort nicht schon eine wäre.“
„Vollkommen natürliche und ungemein praktische Vorratshaltung. Was dagegen?“
„In der Tat. Und jetzt komm da endlich runter.“
„Komm Du doch rauf.“
„Leg zuallererst mal die Kokosnuss weg. Womöglich triffst Du damit noch jemanden am Kopf.“
„Ich kann nichts dafür. Ich handle im Affekt! Außerdem bekommt man die Dinger sonst so schlecht auf. Man muss sie runterwerfen!“
„Du hast sie doch nicht mehr alle! Ich zähle bis drei, dann schwingst Du Dich auf der Stelle runter, Boris. Meinetwegen an der Gardinenkordel, an der Du hochgeklettert bist, aber ...“
„Liane.“
„An der Liane, in Gottes Namen, aber komm da runter!“
„Damit das ein für alle Mal klar ist: Ich heiße Bonoboris! Und ich verlange, dass Du das respektierst. Vorher rühr ich mich keinen Zentimeter.“
„Wie kann ich jemanden respektieren, der nackt auf dem Regal hockt, Bananen mit Schale futtert, Kokosnüsse durch die Gegend wirft und sich zu allem Überfluss auch noch den Hintern rot angepinselt hat?“
„Frauen stehen da drauf.“
„Cheetah vielleicht. Die findet dich jetzt sicher unwiderstehlich. Um Himmels Willen, hätte ich das mal alles vor unserer Eheschließung gewusst ...“
„Hast Du doch. Das habe ich ja wohl vollkommen unmissverständlich klar gemacht. Ich hab Dir erzählt, dass ich auf Freeclimbing abfahre, dass ich später mit unserem Sohn Hangeln gehen würde ...“
„Angeln. Du hast Angeln gesagt.“
„... die Affinität zu Bananen, Kokos- und Erdnüssen, das war alles bekannt. Dass ich gerne in Höhlen lebe ...“
„Trekking-Ausflüge zur Tropfsteinhöhle kann man schwerlich dahingehend deuten, dass der eigene Mann später unbekleidet in der Botanik hockt und sich in dreckigen Erdlöchern vor vermeintlichen Tigern versteckt.“
„... außerdem kanntest Du alle meine Lieblingsfilme: Planet der Affen, Greystoke, King Kong, Gorillas im Nebel, Twelve Monkeys ...“
„Verstehst Du das denn nicht? Ich wollte keinen Hominiden heiraten!“
„Also, ich finde Dein ganzes Verhalten hier ziemlich affektiert. Es kommt doch auf die inneren Werte an.“
„Hör endlich auf, Dich zu lausen! Und bedeck wenigstens das pendelnde Gehänge. Dann können wir vielleicht über innere Werte sprechen.“
„Gestern – das muss ich Dir erzählen – gestern hab ich einen Ameisenhaufen entdeckt und mir mit dem Stock ein paar von den Krabbelviechern rausgefischt. Die waren lecker! Ich glaube, den Umgang mit Werkzeugen habe ich schon ganz gut raus. Vielleicht stehe ich ja vor einem evolutionären Sprung.“
„Rahhhhh! Das kann nicht wahr sein. Sehen Sie es jetzt, Herr Doktor? Sehen Sie? Es ist vollkommen zwecklos. Man kann es ihm nicht klar machen.“
„Ich hab’s gesehen. Äußerst interessant. Ihr Mann hat also tatsächlich die fixe Idee, ein Primat zu sein.“
„Ich bevorzuge das Wort ‚Vierhänder‘.“
„So ist es, Herr Doktor. Und ich halte es nicht mehr aus. Ständig dieses Gekreisch, wenn wieder einmal das Revier gegen den Briefträger verteidigt werden muss. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit wird auf die Brust getrommelt. Und letztens, letztens hat er sich sogar den Rücken silbermetallic lackiert!“
„Das Vorrecht des dominanten Männchens.“
„Bitte helfen Sie mir, Herr Doktor!“
„Ich werde sehen, was sich machen lässt. Aber damit es hier nicht endgültig zum Affront kommt, muss ich Sie bitten, mich eine Weile mit Ihrem Mann allein zu lassen.“
„Okay. Wenn es die Behandlung erfordert, mache ich das gern. Bis gleich.“
„So. Sie ist weg, Doc. Was nun?“
„Machen Sie erst mal Platz da oben.“
„Alles klar. Kommen Sie rauf.“
„Hepp!“
„Und? Was sagen Sie?“
„Nun, ich denke ... warten Sie, Sie haben da eine Laus. Darf ich?“
„Aber selbstverständlich doch!“
„Hmmmm. Delikat. Also. Sie hatten Recht. Total verrückt. Ich fürchte, ich muss Ihre Frau einweisen lassen.“
„Na ja, wenn’s nicht anders geht. Gibt Schlimmeres. Banane?“
„Gern.“