Adroni - Teil 1
"Isch komme jeden Freitag hierher", sagte Adroni zu dem blonden Mädchen an der Theke. "Isch will jedes Mal irgendwen aufreißen, und immer klappt es!"
Den zweiten Satz hatte das Mädchen nicht verstanden, weil es in der Disco zu laut war. Sie lächelte und freute sich, Adroni neben sich zu haben. Adroni sah ausgesprochen gut aus.
Adroni hatte dunkle, schulterlange Locken, die er stets mit Haarfestiger in Form brachte. So sahen sie am lockigsten aus, wirkten aber ebenso ölig, und Adroni war sich sicher, so am meisten Frauen dahinschmelzen zu lassen. Tatsächlich hatte er noch nie eine mit nach Hause genommen. Irgend etwas ging bislang immer schief.
"Was hast du gesagt?", fragte die Blondine nach, Adroni anhimmelnd. "Ich hab dich gerade nicht verstanden. Ist irgendwie voll laut hier" - "Isch habe gesagt", begann Adroni in ihr Ohr zu rufen, "dass isch jeden Freitag..."
"Adroni, du Niete!", unterbrach ihn schulterklopfend ein stämmiger, blonder Typ, Mitte 20. "Voll stark, dass du auch da bist, Mann. Wie läuft's mit der Kleinen da?"
Adroni ging der Blonde auf den Nerv. Er kannte ihn aus dem Fitness-Studio vom Gewichte Stemmen. Der Blonde schaffte zehn Kilo mehr als er, was schon reichte, um Adroni den Abend zu verderben. Zum Glück wurde der Blonde dabei immer puterrot im Gesicht. Aber Adroni reichte da nicht heran, auch wenn er noch so theatralisch auf die Zähne biss.
"Hey Mann", sagte Adroni, "isch reiß hier grad die Kleine hier auf, Mann. Lass misch mal grad machen!" - "Hey, die Kleine ist doch voll heiß, lass mich auch mal ran", antwortete der Blonde. Doch Adroni drehte ihm den Rücken zu.
Sein Haarfestiger tropfte an seinem weißen Hemd herunter: "Lass misch in Ruhe, Alter", rief Adroni über seine Schulter, "isch will die Alte heute f-"
Da zog ihn die Blondine, die von der Unterhaltung der beiden nichts mitbekommen hatte, plötzlich zu sich herüber, kam ganz nah an sein Ohr und sagte: "Ich finde es toll, dass du anders bist. Ich bin diese Versager-Typen echt leid, die nur Frauen aufreißen wollen, sich aber nicht trauen und dann doch nur Sex wollen, auf die Schnelle. Das kotzt mich so an!"
Adroni war verwirrt. "Aber was willst du dann eigentlisch?", fragte er fassungslos. "Ich will dir damit sagen, dass du mich nicht so einfach haben kannst. Ich finde dich sexy, aber du musst erst mein Herz erobern, wenn du mich für dich gewinnen willst", sagte sie strahlend. Doch Adronis graue Zellen arbeiteten nicht so schnell: "Aber isch will doch nur mit dir f-"
"Hey, Adroni, alte Flasche", mischte sich plötzlich schreiend der Blonde wieder ein. "Kommst nicht klar, mit der Kleinen, was?", rief er grinsend und so laut, dass das Mädchen es hören musste. "Lass mich ma ran!"
"Was will der Typ?", fragte die Blondine Adroni genervt. "Der macht Bodybuilding mit mir im Fitness Club und kann neunzisch Kilo heben", antwortete Adroni. "Aber isch kann hunderzwanzisch Kilo, isch sag dir..."
"Mensch, Adroni, willst du mich nicht mal vorstellen?", fragte der Blonde grinsend. Er hatte es offenbar auch auf die Blondine abgesehen. "Mensch, Alter siehst du nischt, dass ich die Kleine grad klarmache hier?", brüllte Adroni plötzlich wütend den Blonden an. Seine Muskeln spannten sich an und dehnten das viel zu enge, weiße T-Shirt, das er trug. "Du gehst mir escht auf die Nerven!"
Da mischte sich das Mädchen wieder ein. "Adroni, ich glaube, du bist was ganz Besonderes. Es ist mir noch nie passiert, dass ein Mann sich für mich streitet oder kämpft", rief sie ihm schwärmend ins Ohr. "Hä?!" brüllte Adroni zurück. Wenn zwei Leute gleichzeitig auf ihn einredeten, bekam er Migräne. "Kämpfen? Aber isch will dich doch nur f-".
"Hey, Adroni - Kleine Maus! Jetzt sag mir doch mal endlich wie sie heißt!", gab der Blonde nicht auf.
"Lass uns hier weggehen, in den Chill-out Room oder noch irgendwo nen Kaffee trinken", brüllte das Mädchen Adroni gleichzeitig flüsternd ins Ohr. "Hier kann man sich so schlecht unterhalten."
Das Mädchen zog den verdutzten Adroni mit sich und Adronis Muskeln setzten sich in Bewegung. "Mensch, Alter, kannst doch nicht einfach so abhauen", nervte der Blonde erneut, diesmal ungehaltener.
"Junge, du nervst misch echt", brüllte Adroni ihn an. "Das Mädschen will misch hier klarmachen und du kommst mir dazwischen!" Verärgert schlug ihm Adroni die Bierflasche aus der Hand, die sogleich auf dem Boden zersplitterte. Das brachte den Blonden zur Weißglut. Mit der flachen Hand stieß er Adroni weg. Adroni taumelte einen Schritt zurück und rempelte ein Pärchen an, das hinter ihm stand. "Los, lass uns gehen", sagte das Mädchen, "ich will mit dir alleine sein."
In dem Moment kamen zwei Sicherheitsleute dazu und packten Adroni und den Blonden am Arm. "Raus mit euch beiden, Schlägereien gibt's hier drinnen nicht!" Sie schubsten Adroni und den Blonden über die Tanzfläche, an der Garderobe vorbei nach draußen. Das Mädchen blieb alleine an der Theke zurück, verdrehte die Augen nach oben und seufzte.