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Adamspoker

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28.12.2009
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Adamspoker

Jetzt nur nicht die Nerven verlieren. Wir befinden uns in der dritten Runde, die Karten sind verteilt und 35.000 Euro befinden sich im Topf. Wir sitzen bereits zum vierten Mal in dieser Gesellschaft beim inzwischen weit verbreiteten „Adamspoker“. Es wird wohl deshalb so genannt, weil es durchaus passieren kann, dass einem am Ende nichts bleibt als das Adamskostüm. Es geht also ums Ganze. Volles Risiko. Alles oder Nichts. Hier haben schon Leute völlig ruiniert den Tisch verlassen – ganze Existenzen wurden in diesen Räumen schon ausgelöscht. Selbst über Mord und Selbstmord wird immer wieder berichtet. Adamspoker bewegt sich am Rande der Legalität, wird aber immer beliebter.
Die Runde ist eröffnet. Ich verfalle in meine übliche Taktik. Nur nichts anmerken lassen, neutral und abgeklärt wirken, aber nicht desinteressiert erscheinen. Bloß nicht schwitzen oder lächeln.
Organisator und Leiter dieser Runde ist Schulze. Schulze kommt aus Essen, ist aber weit über das Ruhrgebiet hinaus bekannt und hat jahrelange Erfahrung in der Leitung von Adamspoker. Äußerlich ein wenig an Claude Oliver Rudolph erinnernd, gelingt es ihm spielend seinem Ruf als kompromissloser und harter Hund gerecht zu werden. Dass er kein Falschspiel dulden und keine Ausschreitungen zulassen wird, lässt sich aus seinem versteinerten und vernarbten Gesicht ablesen. Na ja, seine Organisation ist ja auch mit horrenden Gebühren an den Einsätzen beteiligt.
Ich nehme meinen Gegenspieler, oder besser meine Gegenspielerin ins Visier. Blufft sie? Was kann sie auf der Hand haben? Meine Gegenspielerin ist eine blonde hagere Frau mittleren Alters, genannt „Gabi Ost“, weil sie aus Dresden stammt. Aber glauben Sie mir, im Adamspoker ist sie ein Vollprofi. Trotz völlig ausdruckloser Miene wirkt sie überheblich und leistet sich nicht den allerkleinsten Fehler. Ich muss vorsichtig sein. Ich muss aufpassen, dass nicht ich am Ende splitterfasernackt den Saal verlasse, sondern sie. Obwohl ich zugeben muss, dass mich die Vorstellung einer unbekleideten Gabi Ost im Moment wirklich nicht erregen kann. Verdeckt schaut sie sich noch mal ihr Blatt an. Was kann sie nur haben? Diese offen zur Schau getragene, unerträgliche Selbstsicherheit macht mir jetzt doch zu schaffen. Es geht immerhin um 35.000 Euro. Unsere Blicke kreuzen sich. Ich sehe in ihre kalten blauen Augen. Jetzt dem Blick standhalten. Ganz kurz, für den Bruchteil einer Sekunde meine ich ein selbstgefälliges arrogantes Lächeln, das heißt eher ein Mundwinkelzucken, ausgemacht zu haben. Verdammt, es sieht nicht gut für mich aus. In diesem Moment greift Schulze ein und will die Blätter sehen. Jetzt gilt es. „Karten offen auf den Tisch.“
Gabi legt einen auf ihren Namen abgeschlossenen Kaufvertrag für unseren Mercedes SL im Wert von 35.000 Euro vor. Wo hat sie den denn ausgegraben? Dagegen zählt meine Bescheinigung des Arbeitgebers, dass ich regelmäßig mit dem Wagen zur Arbeit gefahren sei, natürlich nicht viel. Gut, Familienrichter Schulze spricht ihr „im Namen des Volkes“ den Wagen zu, die Runde ist verloren. Meine Nochehefrau Gabi und ihr schmieriger Scheidungsanwalt reiben sich zufrieden die Hände. Aber damit habe ich gerechnet. Für die nächste Runde bin ich deutlich besser vorbereitet. Neues Spiel, neues Glück. Jetzt spielen wir um die Zukunft und das Sorgerecht für unsere minderjährigen Kinder.

 

Hallo nopsing,

ein Text in dieser Länge liest sich online immer recht leicht und die groteske Idee am Ende der Geschichte, um das Sorgerecht der Kinder zu spielen, ist nach meinem Geschmack.

Du erklärst dem Spieler von Anfang an, worum es geht und so bietet der Text dann auch nicht viele Überraschungen. Vielleicht hätte man den Leser über ein paar Dialoge selbst entdecken lassen können, was da geschieht, statt ihm alles fertig zu servieren. Ansonsten ist Adamspoker sicherlich eine nette Idee, die ich mir vielleicht für Silvester merken sollte ;)

Guten Rutsch
Andreas

 

Hallo nopsing,

Bis ich mich zum satirischen Aspekt deiner Geschichte durchgearbeitet hatte, war ich zweimal kurz davor abzubrechen. Ich wollte eine Satire lesen und keinen Erlebnisbericht aus einer illegalen Pokerrunde.
Dann die Pointe, die alles in ein anderes Licht rückt. Schön und gut, aber leider wurde ich über weite Strecken, gefühlte 90% des Textes, von deinen satirischen (Hinter-)Gedanken ausgeschlossen. Schade eigentlich.

Gruß

Asterix

 

Willkommen nopsing,

mir hat die kleine und gemeine Satire ganz gut gefallen, allerdings finde ich auch, dass sie durch ein paar Streichungen an Biss dazu gewinnen könnte.
Man muss Leser ja nicht alles so detailliert erklären, mir ist z.B. das Adamskostüm irgendwann mächtig auf den Nerv gegangen. Wie schön wäre nach der Pointe die Erkenntnis ;).

Ich gebe mal ein paar Beispiele, wo Du drüber schauen kannst, ob Du meinst, Dein Text benötigt sie wirklich :

Adamspoker bewegt sich am Rande der Legalität, wird aber immer beliebter.

Schulze kommt aus Essen, ist aber weit über das Ruhrgebiet hinaus bekannt und hat jahrelange Erfahrung in der Leitung von Adamspoker. Äußerlich ein wenig an Claude Oliver Rudolph erinnernd, gelingt es ihm spielend seinem Ruf als kompromissloser und harter Hund gerecht zu werden. Dass er kein Falschspiel dulden und keine Ausschreitungen zulassen wird, lässt sich aus seinem versteinerten und vernarbten Gesicht ablesen.

Schulze kommt aus Essen. Äußerlich ein wenig an Claude Oliver Rudolph erinnernd, hat er den Ruf eines kompromisslosen und harten Hundes. Kein Falschspiel, keine Ausschreitungen.

Na ja, seine Organisation ist ja auch mit horrenden Gebühren an den Einsätzen beteiligt.

Verwirrt sehr, wenn der Leser noch ans Pokern glaubt ;). Macht erst bei der Zweitlektüre Sinn.

Aber glauben Sie mir, im Adamspoker ist sie ein Vollprofi.

Nehm doch mal ein anderes Wort als Adamspoker - in diesem Spiel oder so ...

Ich muss aufpassen, (dass nicht ich am Ende splitterfasernackt den Saal verlasse, sondern sie. Obwohl ich zugeben muss, dass mich die Vorstellung einer unbekleideten Gabi Ost im Moment wirklich nicht erregen kann.)

Ich muss aufpassen.

Unsere Blicke kreuzen sich. Ich sehe in ihre kalten blauen Augen. Jetzt dem Blick standhalten.

Unschöne Wiederholung. Jetzt standhalten - reicht.

Meine Nochehefrau Gabi und ihr schmieriger Scheidungsanwalt reiben sich zufrieden die Hände. Aber damit habe ich gerechnet.

Schon klar, Leser hat gecheckt - wo wir hier sind.

Alles in allem aber eine schöne Satire und Satire ist nicht so einfach, von daher :).

Beste Grüße Fliege

 

Verwirrt sehr, wenn der Leser noch ans Pokern glaubt ;). Macht erst bei der Zweitlektüre Sinn.

So, nun habe auch ich die Pointe verstanden. :confused:

Ich nehme mein "keine Überraschungen" aus meinem ersten Posting hiermit zurück, lasse den Beitrag aber als Dokumentation stehen, wie man den Text auch falsch verstehen kann.

 

Hallo Andreas, Asterix und Fliege, vielen Dank für Euer Interesse und der wirklich konstruktiven Kritik. Ich denke, dass ich über die Pointe den Spannungsbogen viel zu sehr vernachlässigt habe. Werde versuchen, es in der nächsten Geschichte besser zu machen.

Viele liebe Grüße und ein frohes neues Jahr

nopsing

 

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