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Accum
Von Sandhorst aus ist es fast eine halbe Stunde. Mit dem Auto.
Zum Teil noch über Pflasterstrassen, graue Steine im Fischgrätmuster. Das schüttelt uns richtig durch auf den Sitzen.
Die große Straße führt vorbei an endlosen Wiesen. Auf den Wällen ducken sich die krummen Bäume vor dem Wind. Eichen meist.
Vor Westerholt die Kirche auf der Warft. Ein schützender Berg in den Sturmfluten.
Die Ständerwindmühle am Ortsrand von Dornum.
Dann das Schloss mit dem Park.
Ein Blick durch das weiße Holztor lohnt sich immer
Die Augen schwenken auf dem Schwanenteich. Auch unter die alten Buchen zwischen deren Wurzeln ich die Leberblümchen ahne.
Großen Höfe am Straßenrand. Alle aus rotem gebackenen Stein.
Die grünen Wiesen drumherum. Schwarzbunte grasen gemütlich. Manchmal auch Pferde.
In den Ortschaften winken die Fahnen vor den Läden. Rot, blau und schwarz.
Die alten Farben.
Sandschippen wollen die Kinder anlocken. Bis hin zu den Eimern und den Netzen mit den Muscheln.
Endlich der grüne Wall, die weißen Punkte darauf sind die Schafe.
Rechts abbiegen, wir fahren parallel des Deichs.
Bis zum Siel. Durch die schweren Eisentore mit den Zahnrädern an den Seiten.
Ganz klein ist der Hafen.
Gerade ist Ebbe, tief unten dümpeln die Kutter.
Es riecht nach Fisch, nach Salz und ein wenig nach Diesel.
Unverwechselbar. Das würde ich noch nach 100 Jahren in der Fremde erriechen.
Die Möwen kreischen. Zumindest die, die über uns ihre Runden drehen.
Die Meisten sitzen auf allen verfügbaren Untergründen. Den Pollern zum Festmachen, den Slipwagen und den leeren Fischkisten.
Einige der silbernen Flieger lassen sich in dem dunklem Hafenbecken treiben. Lässig schaukeln sie auf den Wellen des ablaufenden Wassers.
Die Masten sind wie ein rhythmischer Wald. Es klingelt und trommelt leise zum ewigen Takt der See.
Schwimmer aus Kork, aufgefädelt an den Rändern der Schleppnetze, schwingen luftig mit.
Ganz hinten, auf der „Tönn“ ist noch Leben. Zwei Männer laden aus. Einer steht an Bord, breitbeinig, wegen der Dünung. Er muss sich ziemlich recken um die zerbeulten Aluminiumkisten über die Kaimauer zu reichen. Tiefstand.
Krabben haben sie in den Hafen gebracht. Auf See schon gekocht, schön rosa.
Kleine Krebse stecken ab und an dazwischen.
Darauf warten die Silbermöwen.
„Moin“, sagt mein Vater, als wir vorbeischlendern. „Moin, moin“, tönt es doppelt zurück. Von den wettergegerbten Gesichtern. Ehrlich ist es gemeint. Ich seh es an den Lachfalten rechts und links der Augen.
Da, wo der Hafen endet stochern die Austernfischer im Watt. Schwarzweiß sind sie, mit ihren roten, dünnen Stelzbeinen.
„Quiewiep, quiewiep“, dazu das Xylophon der Masten und ein sanftes Klatschen der Nordsee an die Wellenbrecher.
Würfel aus schwarzem Basalt, mit grünen Tanghaaren geschmückt. Sie setzen die Hafenmauer fort, sicher 200 m in das Meer hinein.
Dahinter fangen die Besen an. Die Reisigbesen, die umgekehrt im Watt stehen. Längs der Fahrrinne.
Der trägen Rinne mitten im trockengefallenen Watt.
Gleich wird das Wasser wieder einströmen.
Im ewigen Kreislauf.
Klar und ruhig ist das Wetter.
Man kann ganz weit sehen, über das Watt und die sanften Wellen hinaus.
Fast schon da wo man glaubt, das Meer fließt wieder nach hinten runter, sehe ich ganz kleine Häusern, einen Turm und blendend weißen Sand.
„Langeoog, da hinten liegt Langeoog.“
Welch ein Glück, gerade heute hier zu stehen.
Selten ist die Sicht so deutlich.