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Abstracts& Relations

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30.01.2013
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Abstracts& Relations

Ich bin schwanger. Peng. Ein Satz, und schon habe ich ihn (also Martin) einen guten Batzen Realität angetan. Obwohl, in gewisser Weise fing er ja damit an (glaubt mir bloß nichts).

Seine erste Reaktion ist, er rollt sich von mir runter. Luft dringt da ein, wo vorher keine war. Es gibt ein saugendes Geräusch. Noch nackt, wie eine ausgebreitete Krabbe auf dem Rücken liegend denke ich (ich habe ihn nicht mehr im Blick) es gibt nichts einsameres als die Geräusche des Menschen neben dir, nein das macht keinen Sinn, zurück zu ihm, Martin.

Vor einigen Minuten noch lag er auf mir drauf, beide Arme angewinkelt als wolle er ein Huhn parodieren, und drehte an meinen Brustwarzen. Dem ging eine unweigerlich hier endende Kette von noch-mal-kurz abwaschen, warten, ein schneller Fick, zusammen kochen, essen und Wein trinken voraus.

Das was wir haben (oder, warscheinlicher, bis gerade hatten) könnte man wohl eine eingespielte Affäre nennen. Bei mehreren Gelegenheiten meinte er zu mir: „Schön, dass das mit dir so unkompliziert ist“, in Variationen natürlich, wohl immer dann, wenn er selbst die Sehnsucht spürte oder von sonst einen schlechten Gewissen geritten wurde … Ich selbst habe das Thema nie gestreift, warum auch.

Martin: „Spürst du mich? Spürst du mich?“

Was ich zunächst einmal spüre ist, auf eine eigentümlich grundliegende Art, klar, sein Gewicht. Das Raue des Schamhaars. Falten oder Risse, die sich öffnen und, durch eine hauchdünne Schweißschicht geleitet, wieder verkleben. Diese eigenartige, fast nie sicher wahrzunehmende Wabenstruktur, die seiner Haut innezuwohnen scheint. Sie ist mir schon vorher aufgefallen, als hätte er ein verstecktes Gerüst aus Kaninchendraht.

Kurzum, mit dem echten Martin oder Martin als Person hat das erschreckend wenig zu tun, oder ich finde es erschreckend nicht erschrocken zu sein ..

Aber wie ist das Martin-Ding (schon beim Schreiben, ich meine natürlich beim Erzählen bekomme ich ein schlechtes Gewissen, was sollt ihr erst denken? Aber nennen wir ihn ruhig so).

Also, wie ist das Martin-Ding da auf mich rauf-gekommen. Viel eher: Was fällt mir eigentlich zu ihm ein?

Ein paar Bilder, es muss sie ja geben, wir haben ja so etwas wie eine Vergangenheit: Wie standhaft er den aufgestellten Kragen seines Polo-Hemdes verteidigte, an dem Abend als wir uns kennenlernten. Danach habe ich ihn nie wieder mit aufgestellten Hemdkragen gesehen. Eine Strähne, nein eine umgekehrte Strähne an seinem Haaransatz, die Momente in der ich seiner Dummheit (ich weiß ich bin ungerecht) wie einem Ablauf folgen kann. Ach wie süß.

Es war wohl seine Hartnäckigkeit, und Gewohnheit. Nein, kann man jemanden, noch dazu jemanden der einen gerade voller Sympathie fickt, ein härteres Urteil ausstellen? Memo an mich: Ihm dabei öfters in die Augen schauen. Wo habe ich das nur geklaut? Und warum überkommt mich bei seinen Augen doch das schlechte Gewissen, meine alte Bekannte, zu spät wie immer?


Ach ja, das war so:

Martin: „Spürst du mich? Spürst du mich?“
Ich (darunter): „ -“
Martin: „?“
Ich: „Wir müssen reden.“
Kind (Aus dem Off, also der Nachbarwohnung): „Oijoijoijoijoi.“
Ich: „Martin, ich bin schwanger.“


Da wären wir wieder, zum Glück bei einer kleinen Denkpause (dabei hätte ich ja gedacht das er sie jetzt braucht, nein eigentlich hatte ich mir überhaupt nichts dabei gedacht).

Beide flach auf dem Rücken, den Blick an der Decke. Martin hatt eine angenehme Stimme: „Ok.“

Einen Moment lang kann ich mir vorstellen wie Liebe sich anfühlt, vielleicht auch nur das Gefühl von Liebe – Was soll er denn sonst sagen? Stimmt schon.

Vor allem: Dass ich so verlogen sein kann. Das ich nicht schwanger bin ist eine Tatsache, die ich nicht aus den Augen verlieren sollte, langfristig gesehen jedenfalls nicht, obwohl ich es gerade ganz lustig finde mir eine potentielle Zukunft vorzustellen.

 
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Hallo Ihr Lieben, eine 2te (oder gar dritte) Kurzgeschichte von mir hier in diesem Forum. Tatsächlich scheint sie auch schon knapp 10 Jahre alt zu sein, jedenfalls dem Collage-Block nach in dem ich sie gefunden habe.

Und - Bitte - haltet euch nicht zu sehr mit Korrekturen eventueller Rechtschreibfehler auf. Natürlich will ich eine für euch gut lesbare Geschichte haben, und ich denke sie ist in diesem Zustand. Kommentare über Inhalt, Aufbau, Sprache, whatever sind mir einfach wichtiger. Ich will euch ja auch nicht unnötig Zeit stehlen. Und viel Spaß ;)

 

Was nützt es dir als Autorin einen in meinen Augen uralten Text einzustellen und aufgrund dessen kritisiert zu werden? Hast du dich in den zehn Jahren nicht weiterentwickelt?

Zu dem Text, das ist für mich ein erster Entwurf, keine ausgereifte Geschichte.

 

Ausgereift vielleicht noch nicht, vielleicht noch etwas mehr von Martins Reaktion oder von der Motivation der Ich-Erzählerin. Aber die Idee von der vorgetäuschten Schwangerschaft und die lockere Erzählweise, die zu der Idee passte, fand ich gut.

 
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Hi - Und danke für eure Kommentare.

Jo - Ach nach 10 Jahren ist das immer noch eine Thematik die mich interessiert. Warscheinlich versuche ich dann auch noch mit 60zig über Wahrnehmung zu schreiben - sollten Gehirn-uploads bis dahin noch nicht klappen.

Heute würde ich vielleicht Martin etwas weniger Klischeehaft gestalten, auch nicht unbedingt mit so vielen Klammern arbeiten. Aber knapp, und ein wenig im Stream of consciousness zu schreiben versuche ich immer noch. Insofern - ja Kritik an dem Text bringt mir Heute auch noch etwas.

Ute - Danke, lockere Erzählweise klingt gut. Ich geb dir recht, es ist recht Skizzenhaft. Ihre Motivation - fehlt sie dir? Wir haben ja eine recht sprunghafte Protagonistin..

;)

 

Mir sind die meisten Texte unsympathisch, die in einem Kolumnen-Stil geschrieben sind und sofort versuchen, meine beste Freundin werden zu wollen. Inhaltlich finde ich die Geschichte vage, die bleibt mir zu sehr an der Oberfläche, es werden elementare Fragen nicht beantwortet, ich weiß nicht, wieso die Figuren so handeln, wie sie handeln.
Ich finde den Stil mit den Klammern fragwürdig - wenn du das auch so siehst, dann frage ich mich, warum du das nicht änderst - so nach zehn Jahren. Und dass dir selbst bewusst ist, wie unausgereift die Figuren sind und du das noch mal von dem Leser bestätigt haben willst, lässt mich etwas ratlos zurück. Faulheit, Unsicherheit?
Schreib den Text doch mit deinen jetzigen Schreibfähigkeiten neu und dann kommt vielleicht auch eine sinnvolle Diskussion zustande.

 
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Hallo Tree Fibet,

Was ich zunächst einmal spüre ist, auf eine eigentümlich grundliegende Art, klar, sein Gewicht. Das Raue des Schamhaars. Falten oder Risse, die sich öffnen und, durch eine hauchdünne Schweißschicht geleitet, wieder verkleben. Diese eigenartige, fast nie sicher wahrzunehmende Wabenstruktur, die seiner Haut innezuwohnen scheint. Sie ist mir schon vorher aufgefallen, als hätte er ein verstecktes Gerüst aus Kaninchendraht.
Das find ich ein verdammt gutes Bild (auch wenn "innewohnen" in dem Kontext ein ziemlich mistiges Verb ist ;)). Überhaupt greifst Du hier gut dieses Gefühl, in einer eigentlich intimen Situation völlig vom anderen und sich selbst entfremdet zu sein. Und auch der Gedanke, dass sie ihm da eine Schwangerschaft vorspielt, um dieses völlig Verkrustete aufzubrechen, ist interessant. Daraus könnte man was machen. Das tust Du aber nicht. Du hast hier den Samen einer Geschichte, den man allerdings noch in viel fruchtbaren Textmutterboden einbuddeln und mit viel Autorenschweiß gießen müsste, damit da was draus wird. Ich schließ mich da Jo an. Wenn Du es besser kannst, dann tu es. Sonst seh ich auch keinen Sinn darin, dass wir uns hier mit einem Text beschäftigen, an dem Du selbst überhaupt nicht mehr arbeiten willst.

lg,
fiz

 

Hi fiz, joblack

Na wenn ein allgemeines "unfertig, weiterarbeiten" als reaktion kommt sollte mir das schon zu denken geben. Ich bin vor allem visuell geprägt, vielleicht deswegen schwer für mich zu entscheiden wieviel Mehrinformation (neben dem Gerüst der Geschichte) ich einarbeiten muss. Ich denke ja allgemeine Beschreibungen (die Farbe der Bettdecke) ist nicht das was euch fehlt ?

Es besteht natürlich immer auch die Gefahr, Dinge überdeutlich auszuformulieren - etwas das ich umgehen möchte.

Ist natürlich auch eine inspirationsfrage bzws kann dauern bis ich nocheinmal über den text gehe ..

..Kolumnenstil :) ich hoffe es wirkt trotz allem nicht wie aus der Brigitte

lg

 

ich hoffe es wirkt trotz allem nicht wie aus der Brigitte

Ich will jetzt hier nicht der Arsch sein, aber so kam es mir vor. Wie so eine Glosse. Das ist an sich ja auch keine Geschichte, da wird nicht viel erzählt. Das ist ein Gedanke, Manipulation, und wie süß dumm er doch ist, wie er das mit sich machen lässt. Also, die Protagonistin, die versucht sich zwar mit Wort eins anzubiedern, bleibt aber durch und durch unsympathisch. Nichts gegen unsympathische Protagonisten, ich mag die sehr, nur dann muss ich sie verstenen können in dem Sinne, dass mir ihr Verhalten klar wird. Dass die Gründe haben, und seien es die niedersten. Davon finde ich in diesem Text leider nichts, oder zu wenig.

Gruss, Jimmy

 

@ Jimmy -

Wieso Arsch? War doch ne Steilvorlage ;) Danke für den Kommentar - Ich hab mich eh gewundert warum noch nichts zu unserer zweifelhaften Protagonistin kam

;)

 
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Hallo Tree Fibet,
ich hab keine Ahnung, was genau mit Kolumnenstil gemeint ist und hätte wie du auch die Ohren angelegt, und Frauenzeitschrift gedacht. Brigitte, weißt schon. Das will man ja nicht.

Also du hast ein paar interessante Momente in deiner Geschichte. Ich wollt, du würdest daraus mehr machen als dieses Vergeschwistere (der Klammeranbiederstil), was auch die anderen schon angeprangert haben.

Das Problem für mich in deinem Text ist, dass du dich nicht in die Protagonistin reindenkst und sie für uns Leser lebendig machst, in ihrer Ambiguität, sondern du ersetzt die Charakterisierung durch die direkte Leseranrede und die Pseudowitzchen der Hauptperson, wenn sie mich als Leserin in so eine Sympathisierer-Rolle drängt.

Es gibt diese direkte Anrede sicherlich ganz oft in Texten, und bestimmt auch sehr erfolgreich, aber ich denk mir immer, das ist nur ein Trick, nur Form, Jo hat das wunderbar beschrieben mir dem Satz:

Mir sind die meisten Texte unsympathisch, die in einem Kolumenen-Stil geschrieben sind und sofort versuchen, meine beste Freundin werden zu wollen.
Du ersparst dir selbst die Mühe, die Person echt und authentisch zu machen. Du ersetzt diese Prozedur durch einen Small Talk und den Versuch, mich als Leserin reinzulegen durch das scheinnahe Gequatsche.

Ich denk, das ist mittlerweile sehr prinzipiell. Selbst bei ganz jungen und schreibunerfahrenenen Mädchen entdecke ich das Leseransprechen (den Klammerstil). Und wenn man es nicht schafft, die Person erklärlich, nachvollziehbar und identifikationsfähig zu machen, dann nützt einem die Anprecherei auch nichts, dann bleibt die ein bloßer Trick. Kann man einmal, zweimal, auch dreimal in Texten machen, aber es ist schon vor dem ersten Mal abgenutzt.

Aus meiner Sicht erreichst du es jedenfall nicht, eine Figur zum Identifiktionsobjekt zu machen nur durch die nett-saloppen Sprüche. Die Person muss in ihren Motiven und Gefühlen klar werden.

Es gibt ein paar Stellen, die ich auch toll und vielversprechend fand. Wenn du diesen Ideereichtum weiterspinnst, dann wird das was, da bin ich mir sicher.
Die eine Stelle hat Fiz schon zitiert, die war mir auch aufgefallen und das andere ist die Sache, dass sie ihm die Schwangerschft vorgaukelt. Das ist ja eine mordsmäßige Widersprüchlichkeit in ihr von der Anlage her. Warum machst du daraus nichts?

Vor allem: Dass ich so verlogen sein kann. Das ich nicht schwanger bin ist eine Tatsache, die ich nicht aus den Augen verlieren sollte, langfristig gesehen jedenfalls nicht, obwohl ich es gerade ganz lustig finde mir eine potentielle Zukunft vorzustellen.
Das ist ja so eine Sache: Einem Typen eine Schwangerschaft vorspielen, das ist ja schon ziemlich naja, daneben. Es erzeugt ja in ihr ein selbstanklagendes Gefühl und gleichzeitig will sie trotzdem daran festhalten, mit der vorgespielten Schwangerschaft etwas erreichen zu wollen, vielleicht sich selbst reinzulegen. Unddas allesobwohl sie das bittere unangenehme Gefühl dieser Lügen durchaus schmeckt. Also die Widersprüchlichkeit tippst du an, was cool ist, aber sie bleibt einfach sehr unausgeführt, was die Personen und ihr Verhalten betrifft.
Dass deine Heldin dann letzen Endes blass und unangenehm wrkt, das ist dann la klar, das liegt an der mangelnden Charakterisierung.

Irgendwie musst du das schon machen, die Frau und den Mann charaktersieren, da führt kein Weg dran vorbei.

Viele Grüße
Novak

 

Hi Novak - Danke. Tatsächlich hast du mich erst überzeugt den Text zu überarbeiten.

Ich denk, das ist mittlerweile sehr prinzipiell. Selbst bei ganz jungen und schreibunerfahrenenen Mädchen entdecke ich das Leseransprechen

Arbeitest du mit schreibenden Jugendlichen zusammen? Das würde mich interessieren ..
Ich grübele gerade, im Grunde könnte ein gewisser Kolumnenstil die Protagonistin ganz gut umschreiben, vielleicht kann sie es einfach nicht anders?

Ok, ein text flattert ein. Ich fände es gut wen die KG aber trotzdem erstmal in dieser Form zu lesen bleibt -

Grüße, Marius

 

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