Was ist neu

Abspann

Mitglied
Beitritt
18.05.2015
Beiträge
15

Abspann

Als letzten Endes dann die Welt unterging, konnte ich mir das Lachen nicht länger verkneifen. Es war einfach so logisch. Das absehbare Resultat eines tragischen Prozesses. Kein Zufall. Auch wenn es genau das war, was geschniegelte Anzugträger andauernd wiederholt hatten, in der schier unendlichen Anzahl an Talkshows, die diesem verhängnisvollen Ereignis vorangegangen waren. Ein verzweifeltes Mantra der Parasiten gegen die offensichtliche Mitschuld an der eigenen Auslöschung. Dabei hatte sich der unaufhaltbare Niedergang doch schon lange abgezeichnet. Einem Depressiven gleich, der sich innerlich bereits auf den eigenen Freitod vorbereitet, hatte der Planet sich unter der schweren Last aus Beton in sich zurückgezogen. Bäume, Tiere und zum Schluss sogar das Sonnenlicht waren einer grauen Eintönigkeit gewichen, die nur durch schreckliche manische Phasen der erkrankten Erde durchbrochen wurde. Naturkatastrophen, in immer kürzeren Abständen und mit immer heftigerem Verlauf, waren die letzten Zeichen, die die Natur noch von sich gab. Doch auch das hatte ein Ende. Neue, verbesserte Schutzsysteme, riesige Dämme, weitere Tonnen grauen, toten Betons brachen den Lebenswillen des Planeten endgültig. Unfähig sich selbst zu zerstören, gefesselt und gebändigt durch seine letzten Bewohner, driftete er leidend durchs All, auf der Suche nach einem Ausweg.

Und hier war er nun. Ein gleißend leuchtender Engel hoch oben im Himmel, bereit diesen kleinen, unbedeutenden Himmelskörper namens Erde mit seiner glühenden Faust auszulöschen. Ein erhabener Anblick, der mir dieses erste Lachen seit Jahren entlockte, welches ich mir eigens für diesen Anlass aufgespart hatte, seit ich das Sterben meiner Welt zum ersten Mal erkannte. Es war ein schallendes Lachen, aus den tiefsten Tiefen meines Körpers, dass noch einen Moment nachzuhallen schien, als mein Körper sich schon, zusammen mit dem ganzen Planeten, in eine Wolke bedeutungsloser Partikel aufgelöst hatte.

Danach war es still.

Für immer.

 
Zuletzt bearbeitet:

Es ist ja schon für mich immer seltsam, wenn ein Ich-Erzähler seinen eigenen Tod beschreibt. Ich meine, da stimmt für mich immer die Perspektive nicht so ganz. Wie soll ein bedeutungsloser Partikel denn eine Geschichte erzählen? Weißt, wie ich mein ... Aber gut, vieles ist erlaubt und wenns dir gefällt, kannst du das gerne machen. Auf mich wirkt das falsch.

Den ersten Satz fand ich aber, was ja paradox ist, trotzdem irgendwie knackig.

Als letzten Endes dann die Welt unterging, konnte ich mir das Lachen nicht länger verkneifen
Ich glaube, ich hab da einfach einen anderen Text mit mehr Augenzwinkern und weniger Zeigefinger erwartet, dann hätte ich mit dem toten Erzähler vielleicht auch leben können. Also das ganze ist so ein "Ich trete jetzt aus der menschlichen Perspektive heraus und erhebe mich über alles"-Text. Oder? Ich meine, ja, es ist sehr solide und auch teilweise gut geschrieben, finde ich. Aber wer erzählt das? Warum lacht der? Nur, weil er recht hatte? Ich weiß auch, dass wahrscheinlich Scheiße ist, neue Atomkraftwerke zu bauen. Aber ich lache bestimmt nicht, wenn eins in die Luft geht. Ich weiß halt nicht, was du genau sagen willst. Wenn die Botschaft ist: Die Menscheit ist drauf und dran, den Planeten zu zerstören, dann ist mir das zu wenig bzw. es müsste irgendwie anders verpackt sein. Trotzdem: Gute Ansätze sind auf jeden Fall drin, finde ich. Vielleicht Humor, treffende Formulierungen in ein weniger weltzerstörendes Thema einbauen, eventuell kannst du mich damit besser erreichen ..


Lollek

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Edories,

du wolltest eine philosophische Kurzgeschichte schreiben. Mir fehlt hier ehrlich gesagt beides, das Philosophische und die Kurzgeschichte.

1. In den Mechanismen des Alls wird die Erde nicht ewig bestehen. -> würde wissenschaftlich niemand anzweifeln.
Wenn wir so weitermachen, vernichten wir unsere Umwelt. -> stimme ich dir zu, ist aber nicht gerade eine neue Erkenntnis.
Wo ist also die philosophische Botschaft, die Erkenntnis, die du vermitteln willst?

2. Wie dein Titel es bereits sagt, schreibst du eine Art Abspann. Ein paar Gedanken zum Zeitpunkt, wenn die Welt untergeht. Das hat mit der literarischen Form der Kurzgeschichte wenig zu tun. Es fehlen eine deutliche Handlung und ein Protagonist.

Das finde ich sehr schade, weil mir dein Text sprachlich sehr gut gefällt. Du erschaffst mit deinen Worten eindrucksvolle Bilder. Auch die Perpektive des eigentlich schon toten Erzählers ist interessant. Daher würde es mich freuen, wenn du deinen kurzen Text als Anlass für eine echte Geschichte nimmst.

Liebe Grüße

blackfyre

nachträglich: Das Wort Parasiten stört mich. Strukturen wie das Finanzwesen als parasitär zu bezeichnen, kann man sicher machen. Aber einzelne Menschen zu Parasiten zu erklären, ist gefährlich nah an der NS-Rhetorik und auch an sich nicht angebracht.

 

Hallo,

Erstmal Danke für eure Kritik und die Verbesserungsvorschläge.

Ich bin mir darüber im klaren, dass mein Text nicht wirklich in die Kategorie Philosophisches passt.
Dazu fehlt natürlich die Aussage. Allerdings war ich mir was das Genre angeht sehr unsicher und philosophisches erschien mir noch am passendsten. Falls jemand eine Idee hat wohin das Ganze eher gehört, würde ich mich darüber freuen.

Ich würde euch auch dabei zustimmen, dass ich den Ich-Erzähler nicht klar genug definiert habe. Mein Ziel war es hier eigentlich einen sehr zynischen Menschen, mit negativer Weltsicht darzustellen. Aus diesem Grund sind auch die teilweise natürlich zu harten Formulierungen, wie eben das mit den Parasiten drin, der Erzähler soll schon ein bisschen selbstgerecht und unsympathisch erscheinen.

Nochmal vielen Dank für die Rückmeldung. Es freut mich das mein erster Text hier nicht komplett zerrissen wurde :D und ich gucke mal ob ich demnächst etwas längeres schreibe, dass sich dann als richtige Kurzgeschichte qualifiziert.

Viel Grüße,
Edories

 

Hallo edories,

herzlich willkommen!

Die Idee, die in deinem Text steckt, ist nicht neu, aber dennoch nicht schlecht. Mir gefällt auch der Zynismus des Erzählers und die depressive Erde – Es gibt ja einige Geschichten, in denen die Gaia-Hypothese „einwenig“ ausgeschmückt wird.
Leider wird die an sich gute Idee nicht literarisch umgesetzt. Beispiel:

Naturkatastrophen, in immer kürzeren Abständen und mit immer heftigerem Verlauf,
So schreibt man keine packende Geschichte. So schreibt man einen Zeitungsbericht oder die kurze Zusammenfassung eines Romans.
Ich meine, das Wichtigste zum Schreiben ist die Idee zum Thema. Die hast du ja bereits. Das zweite, das Handwerkliche, kann man üben. Das wäre dein nächster Schritt.

Lieben Gruß

Asterix

Nachtrag:
Als Stichwort würde ich „Seltsam“ nehmen.

 

Hallo edories,

ich fand die Geschichte eigentlich gar nicht mal schlecht. Ich hätte sie aber auch viel eher unter "Seltsam" eingeordnet, denn mit Philosophie hat das meiner Meinung nach nichts zu tun, aber das hast du ja selbst schon eingeräumt.

Ein bisschen mehr Beschreibung würde dem Text noch gut tun, denn er ist doch sehr knapp gehalten. Aber deine gute Sprache finde ich richtig erfrischend. Das findet man hier nicht alle Tage (erst recht nicht bei Neulingen).

Einem Depressiven gleich, der sich innerlich bereits auf den eigenen Freitod vorbereitet, hatte der Planet sich unter der schweren Last aus Beton in sich zurückgezogen.
Den Satz finde ich richtig gut. Toller Vergleich.

Also, wie gesagt, ich finde den Text gar nicht mal so schlecht.

Es grüßt
dreamwalker

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom