Abschied
"Ich werde dich vermissen", flüsterte er und lächelte traurig, während er mich in eine feste Umarmung zog. Ich sagte nichts und ringte mir ebenfalls ein Lächeln ab, um ihm nicht zu zeigen dass ich kurz davor war in Tränen auszubrechen. Das ist völlig verrückt, ging es mir immer wieder durch den Kopf. Es tat so weh zu sehen wie er in den Zug stieg und zu wissen, dass ich ihn die nächsten drei Wochen nicht sehen würde. Es sollte nicht wehtun. Das war falsch, vollkommen falsch und doch fühlte es sich so richtig an. In letzter Sekunde bevor der Zug sich in Bewegung setzte, öffnete ich die Tür und schloss ihn ein letztes Mal in meine Arme.
Mit Tränen in den Augen und einem Kloß im Hals saß ich auf den kalten Stufen zu Gleis drei und fragte mich wieder einmal, was das Alles zu bedeuten hatte und viel mehr ob es gut oder schlecht war. Ich war keine Person, die viel für Gefühle und all so etwas übrig hatte und ließ niemanden an mich ran, ließ alles von mir abprallen, doch bei ihm war das anders. Jedes Mal aufs Neue nahm ich mir vor,ihn nicht wieder so nah an mich heranzulassen, ihm so viel von mir preiszugeben, doch sobald wir zusammen waren machte er mit einem Einzigen Satz all meine Vorsätze zunichte und schaffte es jedes Mal, dass ich so ehrlich zu ihm war wie zu sonst keinem, nicht einmal zu mir selbst.
Kaum in meinem Leben hatte ich eine Person wirklich vermisst, ich ließ die Leute gar nicht erst soweit in mein Leben, dass sie mir so wichtig werden würden, um sie vermissen zu können, worüber ich immer froh gewesen war. Ihn jedoch vermisste ich schon jetzt, wo wir uns doch gerade eben erst gesehen hatten und diese Tatsache machte mir Angst. Genauso wohl wie ich mich bei ihm fühlte und wie sehr ich mich geöffnet hatte, so sehr machte mich das verletzlich. Er hatte die Macht, mich zu brechen, was mir ebenfalls Angst machte.
Ich hatte das Gefühl, als wäre mein ganzes Leben von ihm abhängig, so verrückt es - gerade für jemanden für mich - auch klang und das nachdem wir uns gerade mal einige Wochen kannten. Er hatte das in dieser kurzen Zeit bei mir erreicht, was andere, die mich mein Leben lang kannten, nicht erreicht hatten.
Das Vibrieren meines Handys in der Hosentasche schreckte mich aus meinen Gedanken und zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht, als ich sah wer da anrief. Gleichzeitig machte es mich traurig, da ich wusste dass das das Letzte unserer vielen Telefonate für die nächsten Wochen sein würde.