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Abschied

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29.01.2002
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Abschied

Ich liege hier auf dem Boden am Rand deines Zimmers. Fast ganz an der Wand. Schon lange. Ich spüre, wie die Zeit des Abschieds immer näher kommt. Die Zeit, „Auf Wiedersehen“ zu sagen. Zu allem, was eigentlich der Sinn meines Seins bedeutete. Auch zu dir. Ich kann es spüren und auch dein Verhalten gestern war nur zu deutlich. Ich werde mich aber gegen nichts wehren. Ich kann es ja gar nicht. Mein rechtes Bein ist etwas verdreht. Aber dich scheint das nicht zu kümmern. du bist noch nicht da. Wahrscheinlich bist du gerade in der Schule. Ob du gerade an mich denkst? Nein! Ausgeschlossen. Ich habe dir nie wirklich etwas bedeutet. Das weiß ich schon.

Aber war es nicht schön mit mir? Wie wir an einem schönen, warmen Sommertag im Freibad waren? Du fragtest einen Kumpel wo ich bin, dabei lag ich genau hinter dir. Wenn ich daran denke, kann ich die Umgebung von damals noch spüren, die Luft noch riechen. Das frisch gemähte Gras und die Chlorgetränke, von der Sonne überhitzte Luft. Und dein weiches Badetuch, von dem du mich manchmal verärgert runter geschmissen hast. Es war eine schöne Zeit. Oder weißt du noch? Als wir mit deinem Auto einfach so durch die Gegend fuhren? Ich war die erste, die mit dir gefahren ist. Weißt du das eigentlich? Ich glaube nicht. Aber eines kannst du nicht vergessen haben. Manchmal, wenn die Abende lang und fröhlich waren, und du mal wieder zu viel getrunken hattest, lagen wir gemeinsam oft noch lange in deinem Bett. Meist noch bis weit in den Tag hinein. Das waren die schönsten Augenblicke in meinem Leben. Und immer, wenn du eine andere etwas genauer angesehen hast, habe ich dir zärtlich deine Beine gestreichelt. Das hat meistens geholfen. Zumindest glaube ich das.

Ich schaue mich in deinem Zimmer um, ohne mich auch nur einen Millimeter zu bewegen. Ich hoffe, dass du mir noch einmal vergeben kannst. Ich würde dann auch ein wenig flexibler sein, wenn du mir nur noch eine Chance geben würdest. Ich könnte damit aufhören, dich ständig zu kneifen oder zu drücken, wenn du das willst. Ich bin eben sehr anhänglich. Aber ich könnte versuchen, mich zu bessern, ehrlich!

Oh. Gerade höre ich die Haustür scheppernd in das Schloss fallen. Das kannst nur du sein! Die Tür geht auf und rein kommst du. Doch was muss ich sehen? Du hast eine andere dabei! du wirfst deine Jacke auf das Bett und schaust dich um. Dein Blick schweift durch den Raum. Über die Berge von Wäsche, und den nun leeren und offen stehenden Kleiderschrank. Dann siehst du mich und hebst mich auf, um mich mit ein paar anderen Jeans in einen weißen Kunststoffbeutel zu stecken, den ein dickes, rotes Kreuz ziert. „Alles zu klein“, höre ich dich noch sagen. Auch du hasst Abschiede. Machs gut.

 

Servus diamondback!

Eine amüsante kleine Geschichte zum Entspannen. Ich war nicht so klug gleich zu durchschauen, dass es sich nicht um einen Menschen handelt, musste erst über die Mitte hinweg lesen bevor es mir seltsam erschien. Jedenfalls gefiel mir der Gedanke aus der Sicht einer ausgedienten Jeans zu schreiben gut und ebenso wie du es gemacht hast.

Lieben Gruß an dich - schnee.eule

 

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