Was ist neu

Abi '87

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01.09.2005
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Abi '87

Nadine nahm ihr Zeugnis. Sie lächelte, aber zu interessieren schien es sie nicht. In T-Shirt und zerrissenen Jeans stand sie vorn. Die anderen hatten sich angezogen, als wären sie im Theater. Irgendwie war es das ja auch, dachte Andreas. Das alles. Theater. Sie weinten, die Eltern und Onkels und Tanten. Immer wieder hörte Andreas das klebrige Ritschratsch von Taschentücherpackungen und einmal auch die Bitte: „Mensch, jetzt reiß dich mal zusammen.“
Seine Tochter winkte ihm. Alle hatten kurz der Familie gewinkt. Sie fand es albern, er sah es. Ihre Augen winkten nicht mit. In ein paar Monaten würde sie nach England gehen, um sich endgültig nur noch mit Integralen und Variablen und Ellipsen zu beschäftigen. Andreas dachte an die Greatest Hits seiner eigenen Mathearbeiten, ein einziger Zettel mit einem leeren Koordinatensystem darauf. Daneben hatte der Lehrer eine Ermutigung gekritzelt: „Das KS ist richtig!“
Nadine hatte in der achten Klasse Übungsaufgaben für das erste Halbjahr ausgerechnet, um zwei verregnete Nachmittage rumzubringen. Alle Übungsaufgaben für das erste Halbjahr. Da hatte Behmann, der Schulleiter, Corinna und ihn das erste Mal in die Schule gebeten. Andreas hatte gefürchtet, es ginge um Hasch. Zum Geburtstag hatte Nadine sich die neue Platte ihrer Lieblingsband gewünscht. Motörhead. Als Mädchen! Stattdessen erfuhren Corinna und er von ihren Superkräften. Wer auch immer sie ihr verliehen hatte, er war es nicht gewesen. Das KS ist richtig!
Andreas war entschlossen gewesen, Nadine nicht über Gebühr zu blamieren und loszuheulen wie die Waschweiber um ihn herum. Aber die Tränen kamen. Dinge passierten eben. Sie scherten sich nicht um seine Pläne. Witwer mit Ende dreißig, das hatte er auch nicht geplant. Und dann, eine Tages, sagte Corinna: Ich gehe jetzt mal zum Arzt, die Magenschmerzen gehen irgendwie gar nicht mehr weg.
Jemand packte ihn an der Schulter und drückte zu. Hinter ihm saß Mario Krause, mit dem er selbst zusammen zur Schule gegangen war. Marios Sohn war in Nadines Jahrgangsstufe. Andreas legte seine Hand auf die des Freundes, der eigentlich längst nur noch so ein Gesicht war, das man eben grüßte.
Was Mario nicht wusste: Andreas weinte auch vor Erleichterung. Wenn Nadine sich im Herbst an der elitären Insel-Uni einschrieb, dann würde auch sein eigenes Leben einen entscheidenden Schritt voranmachen. Julia würde einziehen, um bei Nadines erstem Besuch, wahrscheinlich um Weihnachten herum, einfach da zu sein. Fünfmal in der Woche, hatte er Nadine zuletzt erzählt, ging er abends zum Trauertreff, nach all den Jahren noch. „Sind so viele dabei, da war's auch Krebs“, hatte er gesagt. „Kann man sich gar nicht vorstellen.“ Nadine hatte sich gewundert über die vielen Termine und er war ins Stottern geraten, es sei eine lose Gruppe, nicht mehr die offizielle Sache im Gemeindehaus wie am Anfang. Vielleicht war es naiv von ihm zu glauben, seine Genie-Tochter hätte nicht längst gewusst, was Sache war. Andererseits waren die Formeln ihre Welt, nicht die Menschen. Soweit er wusste, hatte sie noch nie einen Freund gehabt.
Eine Tür oben auf der Bühne öffnete sich, rechts in der Ecke. Ein Junge trat hindurch, einer von Nadines Mitschülern. Nein. Der Mitschüler. Dieses Arschloch. Dennis. Weiß, dünn, viel zu groß. Wie ein Gespenst. Bei der Matheolympiade hatte er die Führung Stück für Stück und schließlich unwiederbringlich an Nadine verloren. In den Wochen danach hatte er vor allem auf ihrer Akne herumgeritten. Irgendwann stichelte sie zurück und konzentrierte sich dabei auf Dennis' Mundgeruch. Die Eskalationsspirale mündete in Du hässliche Pickelfotze und einer Backpfeife, die Dennis wiederum mit Fäusten quittierte. So in der Art jedenfalls hatte Behmann es Andreas geschildert. Nadine verlor zwei Zähne und ihre Nase würde nie wieder richtig gerade sein. Behmann sagte zu Andreas, es tue ihm leid, Dennis stamme aus ungeordneten Verhältnissen und sei bereits länger auffällig gewesen. „Nur das, was jetzt passiert ist, hat sicherlich keiner kommen sehen“, sagte er. „Aber es ergibt Sinn. Der Junge ist ein Einzelgänger. Der hat nur Mathematik. Da konnte er es allen zeigen.“ Andreas hatte genickt, natürlich verstand er, er war ein erwachsener Mann, aber gewünscht hatte er sich jemanden, der es Dennis zurückgab in der Jugendklapse, ein anderer Einzelgänger aus ungeordneten Verhältnissen oder ein übereifriger Pfleger. Zahn um Zahn.
Zunächst bemerkte niemand den Neuankömmling auf der Bühne. Die Abiturienten standen mit dem Rücken zu ihm, Behmann applaudierte wie die Eltern und die Aufmerksamkeit aller in der Aula galt Nadine. Ausgerechnet er, Andreas, der stolze Vater, hörte als erster auf zu klatschen. „Was will der denn?“, sagte er. Seine Worte gingen unter im Applaus. Als nächstes wurde Behmann aufmerksam auf den Überraschungsgast. Es war zu laut und er war zu weit weg, aber Andreas sah, wie die Lippen des Schulleiters den Namen des gedemütigten Mathemeisters formten.
In dieser Aula gaben die Bläserklassen ihre Konzerte. Weihnachten, Frühling, Schuljahresbeginn. Im Lokalblatt lobte immer wieder derselbe Reporter, ein Lehrer im Ruhestand, stets die „hervorragende Akustik des Saales“. Wie die Klänge sich darin verteilten, sodass Zuhörer jedes Detail wahrnähmen, das sei schon einzigartig im Landkreis.
Details hörte Andreas nicht, als der Schuss fiel. Aber er war sicher, ihm würde gleich Blut aus den Ohren laufen. Irgendetwas in seinem Kopf musste geplatzt sein. Alles nach dem Knall hörte sich an, als wäre er ein Käfer, den ein Kind unter einem Glas festgesetzt hat.
Wahrscheinlich war das besser so. Viele schrien. Die Mamas und Papas und Omas und Opas sprangen von ihren Sitzen auf, als wollten sie der Darbietung auf der Bühne stehenden Beifall zollen. Söhne und Töchter liefen zu Eltern, die ihre Namen schrien. Auch Andreas rief den Namen seiner Tochter, die dort vorn auf die Knie sank. Behmann packte sie an den Schultern und riss sie ganz zu Boden. Ebenso rabiat stieß er ein paar auf der Bühne verbliebene Abiturienten zur Seite, die vom Schock erstarrt waren, und stellte sich vor sie.
„Was machst du?“, schrie der Schulleiter. „Was ...“
Er wurde unterbrochen vom zweiten Schuss. Neben Behmanns Nase klaffte jetzt ein kleines Loch wie für ein drittes Auge. Sein Blick kreuzte kurz den von Andreas. Was war das denn gerade?, schien er sich zu fragen.
„Nadine!“ Andreas war nicht der einzige, der einen Namen rief. Eltern und Geschwister und Lehrer und Abiturienten stürmten zum Ausgang. Das Geschrei wurde lauter, weil jemand die beiden großen Türen von außen verrammelt hatte. Ein Vater nahm seinen Mut zusammen und stapfte mit geballten Fäusten auf Dennis zu. Die Kugel, die in seinen Hals einschlug, ließ seinen Kampfschrei zum feuchten Krächzen verkümmern.
Andreas sah, wie Boedecke, der Philosophielehrer, der ihm mit seinem rasierten Kopf und den Muskeln immer wie ein Mittelgewichtsboxer vorgekommen war, einen kleinen dicken Mann mit hoher Stirn am Sakko packte und zur Seite schmiss wie einen Zementsack. Andere taten bei ihrem Fluchtversuch dasselbe mit Kindern, den kleinen Brüdern und Schwestern der jungen Leute, um die sich heute eigentlich alles hatte drehen sollen. Jetzt drehte sich alles nur noch um einen jungen Mann, der die drei Stufen von der Bühne hinabstieg und auf den Pulk zuging, der sich vor dem Ausgang gebildet hatte.
„Papa!“
Nadines Stimme wie ein Wunder. Wie in einem Traum. Nicht nur, weil er sie in dem Getöse überhaupt hörte, ihre zierliche Stimme, die die letzten Jahre in solchem Kontrast gestanden hatte zu ihren T-Shirts mit den Monstern und Meuchelmördern darauf. Nein, vor allem war es ein Wunder, weil er endlose Sekunden lang davon ausgegangen war, Nadines Stimme genau wie die ihrer Mutter nie wieder zu hören.
Er nahm die drei Stufen mit einem Satz und war schnell bei ihr, denn anders als der Ausgang war der Weg zur Bühne frei. Während Andreas seiner Tochter hochhalf, sah er, wie Dennis einer Referendarin in den Rücken schoss, mit der er Nadine oft hatte reden sehen.
„Hat er dich getroffen?“
Als wäre das die Antwort, griff seine Tochter ihn am Handgelenk. „Komm mit!“, sagte sie.
Nadine zog ihn auf die Tür zu, durch die der Tod in die Aula gekommen war. Dahinter lag ein Treppenhaus, das offenbar als Abstellkammer genutzt wurde. Sie stiegen über die Dekorationen für das Jim-Knopf-Musical der fünften und sechsten Klassen und veraltete Karten aus dem Erdkundeunterricht mit deutschen Grenzen aus Zeiten der Omas und Opas im Saal. Unten führte eine Tür in einen Klassenraum. Nadine zeigte darauf.
„So ist er reingekommen“, sagte sie. „Hier waren wir in der Siebten.“
Andreas wollte entgegnen, das sei doch jetzt nicht wichtig, doch Dennis' Stimme hallte durch das Treppenhaus und schnitt ihm das Wort ab.
„Wo willst du hin, Pickelfotze?“, rief er vom oberen Ende der Treppe. „Ich bin noch nicht fertig!“
Andreas sah nach oben. Dennis klopfte mit dem Lauf seiner Waffe einen Takt auf dem Geländer. Er grinste von oben runter wie ein Balg, das gleich jemandem auf den Kopf spucken würde.
„Wenn du ...“ ... ihr was tust, wollte Andreas sagen, aber schon blickte er nicht mehr in Dennis' Gesicht, sondern in den Lauf der Waffe. Wieder ein Schuss, noch lauter als die oben. Sollten sie überleben, würde er ein Hörgerät brauchen, mit gerade mal dreiundvierzig. Panik musste der Grund sein, warum ihm solcher Unsinn durchs Hirn ging. Synapsen durchgeschmort von dem, was er gesehen und gehört hatte. Eine am Boden liegende Frau hatte ihn mit einem Glotzauge angesehen. Durch die vielen Tritte auf den Kopf war es halb aus dem Schädel getreten.
„Papa, komm!“ Nadine zog ihn aus dem Treppenhaus und zur anderen Seite des Klassenraums. Hinter der Tür dort ging es auf den Flur des Erdgeschosses. Andreas hörte schnelle Schritte auf den Stufen, die sie kurz zuvor selbst hinabgestiegen waren. „Los!“, rief Nadine.
Sie liefen am Eingang zur Turnhalle vorbei, die unter der Aula lag. Aus dem Klassenraum hörte Andreas, wie die Tür zum Abstell-Treppenhaus so aufgestoßen wurde, dass sie gegen die Wand knallte. Hinter der Turnhalle hasteten sie durch den Seiteneingang nach draußen. Andreas sah über die Schulter zurück. Dennis schoss aus dem Klassenraum wie eine der Kugeln aus seiner Waffe und riss den Kopf nach links und rechts. Dann traf sein Blick den von Andreas.
Pickelfotze!
„Kommen Sie!“
Sie liefen auf die Sprintbahn zu, an deren Ende die Weitsprunggrube lag. Vor der Grube parkte der schrägste Bulli, den Andreas jemals gesehen hatte. Ein Gefährt wie aus dem letzten Film, den er im Kino gesehen hatte vor ein paar Jahren. Blade Runner. Das Ding musste ein Japaner sein.
„Kommen Sie!“, wiederholte der Mann darin. Er winkte sie aus dem hinteren Teil des Bullis heran. Die Schiebetür war aufgezogen. Neben dem Mann stand eine Frau, eine junge Frau, Nadines Alter, die die ganze Zeit nickte und sie ebenfalls heranwinkte. Wie hatten es die beiden hier runtergeschafft?
„Komm!“, rief Nadine. Seine Lungen brannten. Seit Corinnas Tod war er von einer halben auf fast zwei Schachteln am Tag hoch. Julia war keine Hilfe, sie rauchte selbst wie ein Schlot.
Endspurt. Hände, die sich ihnen entgegenreckten. Ein Schuss, der in seinem Rücken fiel, aber offenbar daneben ging. Der Mann und die Frau halfen ihnen in den Transporter. Draußen sah Andreas Dennis auf sie zustapfen. Zum zweiten Mal blickte er in den Lauf der Waffe.
„Ziehen Sie die Tür zu!“, schrie er. Doch sie schloss sich von selbst, als er sich gerade vorbeugte. Eine automatische Schiebetür. Definitiv ein Japaner, schoss es ihm durch den Kopf. Aber niemand saß am Steuer. Wenn die Kiste nicht auch von allein losfuhr, hätten sie ein Problem.
Die Fahrertür wurde geöffnet. Andreas ballte die Fäuste, bereit, mit allem auf Dennis einzudreschen, was ihm geblieben war. Viel mochte es nicht sein nach der Hatz durchs Treppenhaus, aber der Geisteskranke hatte auch ... wie oft geschossen? War überhaupt noch Munition in der Waffe?
Doch es war nicht Dennis, der einstieg. Es war ein erwachsener Mann mit grauen Flecken im braunen Haar. Er schob sich gerade den letzten Rest eines Schokoriegels in den Mund.
„Wer sind sie?“, fragte Andreas, aber der Mann ließ sich nicht von seiner Schokolade ablenken.
„Hey!“ Andreas klopfte ihm auf die Schulter. Der Mann zuckte kurz. „Draußen“, sagte Andreas. „Haben Sie den Jungen mit der Waffe nicht gesehen?“
„Er fährt“, sagte der Mann, der Andreas und Nadine herangewunken hatte. Jetzt erst bemerkte Andreas, wie krank er aussah. Eingefallene Wangen und Augen, die so tief in dunkel umrandeten Höhlen lagen, als hätte sie jemand mit einer Zwille in das Gesicht geschossen. Er trug einen Anzug wie fast alle Männer an diesem Tag, die jungen und die alten, aber er schien seinen aus dem Museum geklaut zu haben. Das galt auch für das Mädchen in ihrem schlammbespritzten Kleid und den Schuhen, die eigentlich nur Lappen waren, die sie sich um die Füße gewickelt hatte. Jemand hatte ihr ein Seil um den Hals geknotet. Sie lächelte Andreas an.
„Wer ist das?“, fragte er. „Ist das eine Kamera?“ Das Gerät, das er meinte, lag zwischen anderem technischen Schnickschnack auf dem Boden und hätte in einer Faust verschwinden können. Genau wie der Bulli konnte das Ding nur aus Japan stammen. Wie weit genau waren die wahnsinnigen Schlitzaugen ihnen bei solchen Sachen eigentlich voraus?
„Papa?“
Nadine. Sie sah so verwirrt aus, wie er sich fühlte. Er legte den Arm um sie. Sie war warm und nass. Neben dem Totenkopf mit Sonnenbrille klaffte ein Loch wie in Behmanns Gesicht, dabei war das T-Shirt ganz neu. Es war ihre Art, sich für die Zeugnisübergabe etwas Schickes zu kaufen.
Das Adrenalin musste sie auf den Beinen gehalten haben. Die ganze Zeit hatte seine Tochter eine Kugel in der Brust gehabt.
„Hey!“ Wieder klopfte er auf der Schulter des Fahrers herum, nahm schließlich sogar die Faust. „Ins Krankenhaus, hören Sie?“, rief Andreas. Der Fahrer zerknüllte das Schokopapier und steckte es in die Hosentasche. „Sind Sie verrückt?“, schrie Andreas. „Meine Tochter stirbt, fahren Sie ins Krankenhaus, Mann!“

Kopas kaute auf dem Stück des Snickers-Riegels, das Walmann ihm abgegeben hatte.
„Danke.“
Walmann nickte. Er tastete auf dem Beifahrersitz und der Ablage herum. Der Mann wollte sichergehen, nichts vergessen zu haben, schätzte Kopas. In der Provinz. War ein weiter Weg hierher von Hamburg. Wäre sicher ärgerlich gewesen, nach der Hälfte der Heimwegs wieder umdrehen zu müssen. Aber der ganze teure Kram lag hinten im Bulli verstaut. Kopas hatte selbst geholfen, es einzuladen.
Er stand draußen vor der Fahrertür. Walmann hatte ihm das Snickers durch das offene Fenster gereicht. Kopas drehte sich um, sah hoch am Gebäudetrakt mit Turnhalle und Aula.
„Also gar nichts, nein?“, fragte er und wandte sich wieder Walmann zu.
Der nickte. „Wie erwartet. Ich schicke Ihnen die Aufnahmen und Auswertungen zu. Das ist natürlich im Preis enthalten.“
Walmanns Preis war in Ordnung. Er sagte, er bekomme sein eigentliches Geld von der Universität. Als Hausmeister konnte Kopas ihn sich leisten. Ein bisschen sparen für zwei oder drei Monate, dann war das wieder drin. Er musste Walmann aus eigener Tasche zahlen. Ein paar der Lehrer hatten selbst Schiss dort oben, aber niemals hätte die Stadt Teile des Schulbudgets hierfür abgezwackt. Das Feuer angeheizt. Mehr als dreißig Jahre und noch immer sagten viele Eltern: Das Kind macht Abitur, aber auf keinen Fall in der Schießbude. Niemand nannte es Helmholtz-Gymnasium. Jedenfalls nicht die Leute von hier.
„Kein Zweifel?“
Walmann schüttelte den Kopf. „Absolut nicht, nein. Aber ich habe auch, das sagte ich ja, in zwölf Jahren noch nicht einmal erlebt, dass es anders war.“
Kopas schnaufte. Das hatte Walmann gesagt, ja. Ich bin Wissenschaftler, kein Geisterjäger. Walmann schien seine Unzufriedenheit zu bemerken.
„Hören Sie“, sagte er. „Ich könnte Ihnen auch das Fünffache dafür berechnen, dass ich da oben irgendeinen Hokuspokus veranstalte. Jemand anderes würde das tun, also seien Sie froh, dass Sie mich gefunden haben.“
Kopas drehte sich wieder zur Schule um, in der er den größten Teil seines Berufslebens verbracht hatte. Jetzt, in den Sommerferien, gehörte sie ihm. Mit der scheiß Aula. Als hätte er ein Haus geerbt, das keiner haben wollte. Neun Tote mit sechs Schuss, weil der kleine Wahnsinnige die Tür verrammelt hatte. Getroffen hat er nur vier, den Rest haben die Leute selbst besorgt. Sich gegenseitig zu Toder getrampelt und gequetscht. Musste für die Überlebenden blöd sein, sich beim Bäcker zu begegnen. Und das sollte keine Spuren hinterlassen haben?
„Die Geräusche hören wie gesagt fast alle“, sagte Kopas.
„Wie gesagt“, erwiderte Walmann. In seiner Stimme lag jetzt der überlegene Ton, den auch ein paar der Lehrer ihm gegenüber so gut drauf hatten. „Alle hören Geräusche, in großen und verwinkelten Gebäuden. Da sind ja auch überall Geräusche. Darum spukt es auch in jedem Schloss. Also, tut es nicht, aber das ist der Grund, warum das alle glauben. Und der Junge, von dem Sie erzählt haben, den sie neulich aus dem Treppenhaus tragen mussten, der dürfte eher deswegen in der Psychiatrie gelandet sein.“ Er machte eine Geste, als würde er an einer Zigarette ziehen. „Das hochgezüchtete Zeug von heute hat nichts mehr mit dem braven Kraut zu tun, das unsere Eltern geraucht haben.“
Er legte die Hand auf die Schulter und zog ein Gesicht, als hätte jemand da drin in seinem Bulli gefurzt.
„Alles gut?“, fragte Kopas.
„Bin verspannt“, sagte Walmann. "Irgendwas zwickt die ganze Zeit in meiner Schulter. Heiße Wanne wird helfen.“
Kopas sagte etwas, nahm die eigenen Worte aber selbst kaum wahr. Ihm war eingefallen, dass er gleich noch oben abschließen musste.
Walmann startete den Bulli. „Ich schicke Ihnen alles per Mail“, sagte er.
Kopas nickte. „Gute Besserung da mit Ihrer Schulter.“
„Ach.“ Walmann winkte ab. „So schlimm ist es auch nicht.“
Kopas dirigierte den Bulli rückwärts an der Sprunggrube vorbei. Walmann wendete, hupte und bog rechts ab Richtung Hauptstraße. Kopas winkte. Als der Motor des Bullis nicht mehr zu hören war, blieb er noch eine ganze Weile stehen.

 

Hi @Proof,

eigentlich sollte ich besser die Klappe halten, denn ich habe die Story (noch) nicht kapiert, genauer gesagt: ab der Stelle, wo Kopas und Walmann kommen, bin ich raus. Peinlich, aber wahr. :shy: Bis dahin hattest du mich aber am Wickel und ich musste unbedingt weiterlesen. :thumbsup:
Nun ja, so liefere ich dir nur ein bisschen sprachlichen Kleinkram ab und bin gespannt auf die weitere Diskussion:

In T-Shirt und an den Knien zerrissener Jeans stand sie vorn.

zerrissenen mit N

Andreas hatte gefürchtet, es gehe um Hasch.

ginge

Soweit er wusste, hatte sie noch einen Freund gehabt.

einen oder keinen?!

Wenn die Kiste nicht auch von allein losfuhr, hatten sie ein Problem.

hätten

Besten Gruß
Anne

 

Hallo @Proof,
ich muss zugeben, dass es mir ähnlich geht wie Anne. Ich habe die Geschichte jetzt dreimal gelesen, und ab Kopas&Walman verstehe ich gar nichts mehr. Auch vorher hatte ich ein paar Schwierigkeiten. Also am Anfang. Da sind Nadine und Andreas, Julia, Corinna, Behrmann. Das war mir für den Einstieg zu geballt. Habe erst beim zweiten Lesen kapiert, wer die alle sind und wie die zusammenhängen. Vielleicht könnte der eine oder andere Name weg oder du könntest deutlicher machen, dass Nadine Andreas' Tochter ist. Das würde mMn den Einstieg erleichtern, denn als dann endlich Dennis kommt und die Geschichte praktisch losgeht, war das erstmal nur ein weiterer Name für mich.
Als ich dann aber kapiert hab, wer diese Leute sind und was da passiert, fand ich es total spannend. Die Flucht durchs Treppenhaus, der durchgeknallte Dennis und die Frage, ob sie es schaffen werden oder vielleicht nur noch wie kopflose Hühner durch die Gegend rennen, bevor sie endlich umfallen.
Dann kommen Walmann&Kopas, und ich bin raus, tut mir leid. Ich habe es jetzt, wie gesagt, dreimal gelesen und finde keine Erklärung dafür, was da abgeht. Ok, dachte ich, ist Horror, kann also sein, dass da paranormale Phänomene am Werk sind, alle hören diese Geräusche, und die haben sicher was mit diesem japanischen Ding zu tun, dass Andreas 1987 in dem Bulli entdeckt hat und das offenbar aus der Zukunft stammt. Und Walmann&Kopas sitzen ja auch in der Gegenwart da. Vorher, also 1987, war ja auch noch eine Frau dabei, wenn ich das richtig verstanden habe. Hm. Ich kann mir da leider nur unzusammenhängendes Zeug zusammenreimen, tut mir leid. Sowas wie, dass Dennis von Walmann&Kopas ferngesteuert wird durch dieses japanische Ding, dass alle in den Wahnsinn treibt, und die Verspannungen und das genmanipulierte Dope haben sicher auch was damit zu tun, aber ich kann mir da leider keinen Reim drauf machen. Vielleicht habe ich aber auch ein paar entscheidende Hinweise überlesen. Bin jedenfalls gespannt, wie sich alles aufklärt. Wahrscheinlich so, dass ich mir am Ende an die Stirn schlag und denk: Mensch, klar! Da hätt ich ja auch mal selbst drauf kommen können!
Ich bleib auf alle Fälle dran.

Schönen Sonntag noch und viele Grüße,
Chai

 

Hey ihr zwei, @Anne49, @Chai,

ich mache das mal in einem, weil ihr ja mit derselben Sache kommt. Bei deinen Vermutungen, Chai, mit dem ferngesteuerten Ding aus dem Japan der Zukunft, das Wahnsinn auslöst, ich weiß nicht, das ist wahrscheinlich nicht ganz ernst gemeint, aber ich habe gedacht: Wie kann das sein? Warum denn nicht einfach das Naheliegende?

Da wird's jetzt spannend. Warum halte ich das für naheliegend und ihr nicht? Klar, zum einen muss man als Autor Sachen aus seinem Kopf so aufs Papier bringen, dass beim Leser Bilder entstehen. Habe ich als Schreiber ein Exklusivrecht aufs Verstehen der Story, habe ich was falsch gemacht.

Mich würde einfach interessieren, ob ihr viel Horror lest oder schaut. Eure Antworten erinnern mich nämlich total daran, wie ich vor ein paar Jahren mit einer nicht horroraffinen Freundin Die Frau in Schwarz gesehen habe. Am Ende steht Harry Potter auf den Gleisen und der Zug kommt. Dann gibt's so eine Überblende und er steht immer noch auf den Gleisen und aus dem Tunnel kommen ihm Frau und Kind entgegen. Die hatte er Jahre zuvor an ... Typhus oder so verloren (spielt um 1900), das war so der Kernpunkt seiner Charakterisierung. Jedenfalls sagt zum Abspann meine Freundin: Also ich weiß nicht, dass seine Familie dann plötzlich wieder lebt, für das Happy End, und das wird ja auch gar nicht erklärt. Und ich: Wa? Die sind nicht am Leben. Er ist tot. Der Zug hat ihn überfahren.

Für sie waren halt diese ganzen Genrecodes und gängigen Erzählstrukturen nicht Muttersprache wie für mich. Und Frau in Schwarz macht's einem ja sogar noch relativ leicht, weil es von Anfang an um Geister geht.

Bei deinen Erklärungsversuchen, Chai, habe ich gedacht, du stehst vor einer Tür, da steht "Drücken" drauf und du sagst: "Wen soll ich wo drücken und was soll mir das bringen, wenn sich doch diese scheiß Tür ums Verrecken nicht aufziehen lässt?" Das Ding ist, umgekehrt hatte ich Angst, dass ich das "Drücken"-Schild viel zu dick und groß und bunt angebracht habe, sodass es die Tür verschandelt. Der Walmann-und-Kopas-Part, da hatte ich eher Angst, dass Leute sagen: Ach Gott ja, ich hab's ja verstanden.

So, ich hoffe, ich habe jetzt nicht für noch mehr Verwirrung gesorgt.

Etwas einfacher zu fassen ist das Problem mit den vielen Namen am Anfang. Ich könnte ein paar davon rausnehmen. Dass ich zum Beispiel Behmann erst beim dritten oder vierten Mal Schulleiter nenne, sollte so ein Spannungsding sein, dass sich die Beziehungen der Figuren zueinander erst nach und nach auflösen. Wobei man das ja auch eigentlich so macht. Aber für eine Kurzgeschichte sind es viele, das stimmt.

Danke für eure Leseeindrücke und Anne49 für die Verbesserungen!


In der Mündlichen durchgefallen
Proof

 
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Hey Proof

Ich beginne mit ein paar Kleinigkeiten:

Die Omas und Opas blieben zumeist gelassen, gestählt von Krieg und KZ hatten sie Schlimmeres gesehen.
Das ist mir etwas zu schrill. Das passt im Nachhinein nicht mehr so ganz zum Charakter, wie ich ihn wahrnehme.
Andreas dachte an die Greatest Hits seiner eigenen Mathearbeiten, ein einziger Zettel mit einem leeren Koordinatensystem darauf.
Eigentlich ist das ja nur ein Greatest Hit von dem er erzählt.
Trotzdem insgesamt leider: ...“, es folgte ein Absatz wie ein Trommelwirbel, und dann: „Mangelhaft (minus).“
Würde ich streichen. "Das Koordinatensystem ist richtig": Trocken, gut. Den Rest braucht es nicht.
Zum Geburtstag hatte seine Tochter
Vielleicht könntest du früher erwähnen, dass sie seine Tochter ist.
Bei der Matheolympiade hatte er die Führung Stück für Stück und schließlich unwiederbringlich an Nadine verloren.
Geht die über mehrere Etappen? Erfahren die Schüler die Zwischenergebnisse? Ich kenne nur die Philosophie-Olympiade und da läuft alles an einem Tag ab, da kann man nicht überholen.
Nadine verlor zwei Zähne und ihre Nase würde nie wieder richtig gerade sein.
Finde ich - so aus dem Bauch heraus - zu übertrieben. Reicht ja, wenn du das Gewaltpotential andeutest, muss nicht so krass sein.
des gedemütigten Matheasses formten.
Zungenkrampf beim Lesen. Vielleicht: "Mathegenies"?
Im Lokalblatt lobte der immer wieder selbe Reporter, ein Lehrer im Ruhestand, im ersten Absatz seiner kaum voneinander zu unterscheidenden Artikel stets die „hervorragende Akustik des Saales“.
Manchmal erschien mir der Text ein ganz kleines bisschen geschwätzig, da habe ich mich gefragt, ob es das alles braucht. Ich konnte aber nie so recht den Finger darauf legen. Hier allerdings, beim Fettmarkierten, schon.
Irgendetwas in seinem Kopf musste einfach geplatzt sein.
Kann weg.
Ebenso unsanft stieß er die auf der Bühne verbliebenen Abiturienten zur Seite und stellte sich vor sie.
Das hat für mich nicht so recht gepasst. Schon klar, seine Wahrnehmung ist etwas irre, es gibt ja sogar eine Stelle, wo er das reflektiert. Dennoch fand ich das an dieser Stelle schräg. Die werden gerade abgeknallt und er empfindet die versuchte Rettungsaktion als "unsanft"?
Das Geschrei wurde lauter, weil offenbar jemand die beiden großen Türen von außen verrammelt hatte.
Kann weg, macht den Text dynamischer. Ich finde, man muss nicht immer den Erkenntnisprozess mit einbeziehen.
Andreas sah [Komma] wie Boedecke, der Philosophielehrer, der ihm mit seinem rasierten Kopf und den Muskeln immer wie ein Mittelgewichtsboxer vorgekommen war, einen kleinen dicken Mann mit hoher Stirn am Sakko packte und zur Seite schmiss wie einen Zementsack.
Das hat mir als Philosophielehrer besonders gut gefallen! Der hat bestimmt ein Semester lang über moralisches Handeln in Extremsituationen referiert!
fünften und sechsten Klassen und veralte Karten aus dem Erdkundeunterricht
veraltete
„Ich war noch nicht fertig!“
"bin" klänge für mich natürlicher.
Er trug einen Anzug wie fast alle Männer an diesem Tag, die jungen und die alten, aber er schien seinen aus dem Museum geklaut zu haben.
Witzig!
Das Gerät, das er meinte, lag zwischen anderem technischen Schnickschnack auf dem Boden und hätte in einer Faust verschwinden können. Genau wie der Bulli konnte das Ding nur aus der Heimat von Sake und Godzilla stammen. Wie weit genau waren die wahnsinnigen Schlitzaugen ihnen bei solchen Sachen eigentlich voraus?
Ich weiss nicht, ob es diesen Smartphone-Witz braucht. Einen weiteren Hinweis darauf, wie sich 1987 und Gegenwart zueinander verhalten, benötige ich auf alle Fälle nicht.
Kopas kaute auf dem Stück des Snickers-Riegels, das Walmann ihm abgegeben hatte.
Ja, das ist so eine Sache, du greifst am Ende auf einen Perspektivenwechsel zurück, damit du auch wirklich auflösen kannst. Das hat dann einerseits etwas Künstliches, andererseits ist es auch schade, weil sich dein Protagonist so sang- und klanglos aus der Geschichte verabschiedet. Am Elegantesten wäre es halt, wenn es ihm selber dämmert, so wie Bruce Willis.

Ich liebe im Übrigen solche Dialoge, die gar keine Dialoge sind, weil der eine den anderen hört, aber der andere den einen nicht. Wenn du das einfach noch konsequenter gestaltest? Ich weiss nicht, vielleicht fällt dir da was ein.

„Bin verspannt“, sagte Walmann. "Irgendwas zwickt die ganze Zeit in meiner Schulter.
Das fand ich wiederum sehr schön. Spricht dafür, die Perspektive eben doch zu wechseln.

Ja, sehr schön. Ich mag diese Thematik natürlich sehr, wie du dir denken kannst. Ist ein guter Text geworden, den ich gerne gelesen habe. Dennoch hatte ich am Ende eine Frage offen. Offenbar löst der "Kammerjäger wider Willen" doch etwas aus mit seinen Messungen, obwohl er selbst davon gar nichts mitkriegt. Das ist eine witzige Idee. Aber weshalb werden Andreas und seine Tochter in diesen Wagen gelotst? Kann man sich das so denken, dass sich das Ereignis immer wiederholt, was denn auch die Geräusche verursacht, nun aber, wenn da jemand mit diesen Geräten kommt, löst sich gewissermassen der Knoten und die beiden werden aus dem Schulhaus gespült? Was genau ist dafür der Auslöser? Schliesslich kriegt der Geisterjäger davon nicht mal etwas mit. Da hätte ich gerne noch einen Hinweis im Text, vielleicht habe ich den aber auch überlesen.

Lieber Gruss
Peeperkorn

 

Hallo @Proof

richtig coole Geschichte!

Ich gebe zu, ich hab sie auch zweimal lesen müssen, um mir einen Reim draus zu machen, aber dann wurde es immer besser. Ich habe auf jeden Fall gleich geblickt, das die beiden bereits tot sind, aber der zweite Part hatte mich auch verwirrt. Ich glaube aber nur, wegen der Zeiten, weil ja erstmal nicht klar war, was 87 passiert und was nun heute spielt. Wenn sich das dann aber geklärt hat, erschließt sich das meiste und es wird eine echt dichte und abgefahrene Geschichte.

Hier meine Lieblingsstelle:

In dieser Aula gaben die Bläserklassen ihre Konzerte. Weihnachten, Frühling, Schuljahresbeginn. Im Lokalblatt lobte der immer wieder selbe Reporter, ein Lehrer im Ruhestand, im ersten Absatz seiner kaum voneinander zu unterscheidenden Artikel stets die „hervorragende Akustik des Saales“. Wie die Klänge sich darin verteilten, sodass Zuhörer jedes Detail wahrnähmen, das sei schon einzigartig im Landkreis.

Warum? Weil ich sofort wusste, was jetzt passiert. Richtig gut. Das du erst die Akustik des Saales beschreibst, verleiht dem ganzen eine richtige Wucht. Ich finde super, das du die ganze Kraft auf den Knall gelegt hast, das hört man richtig beim Lesen. :)

Insgesamt habe ich kaum was auszusetzen. Du schreibst echt gut, ich finde, das entwickelt eine Sogwirkung, man kann sich gut in den Text ziehen lassen und bleibt nirgends hängen. Das liest sich alles echt flüssig.

Du hast tolle Ideen, ist immer wieder spannend! :)

Viele liebe Grüße, PP

 

Hallo @Proof

Bei deinen Erklärungsversuchen, Chai, da habe ich gedacht, du stehst vor einer Tür, da steht "Drücken" drauf und du sagst:"Wen soll ich wo drücken und was soll mir das bringen ..."
Ja, das könnte mir tatsächlich passieren. Und ich kenne mich jetzt auch nicht sooo gut mit Horror aus, hab nur Stephen King gelesen und schau auch ganz gern den einen oder anderen Horrorfilm, aber allzuviel Insiderwissen habe ich dann doch nicht, wie man merkt.

Viele Grüße,
Chai

 

Hallo @Peeperkorn und @PlaceboParadise,

vielen Dank für eure Kritiken! Am Wochenende werde ich nochmal ein bisschen straffen und euch ausführlich antworten, aber jetzt bin ich leider erstmal bis einschließlich Freitag raus. Was ich noch schaffe, ist die Korrektur eines - welch Ironie - Rechenfehlers. Metalfans wissen Bescheid.

Rock'n'Roll Kids Forever
Proof

 

Hey @Chai,

hat es denn jetzt gefunzt, also was Sache ist in der Geschichte?

 

Hi @Proof,
mich darfste nicht als Maßstab nehmen, ich hab von Horror keinen blassen Schimmer. Deine Schreibe gefällt mir trotzdem, außerdem hab ich 87 Abi gemacht. :D Bitte, wenns nicht unter deiner Würde ist, erklärs mir.
Gruß
Anne
P.S. Den Spruch mit dem KS fand ich gut ...

 

Moin,

@Peeperkorn:

Das ist mir etwas zu schrill.
Ist wahrscheinlich gefühlt, kann ich nicht so teilen. Ich gucke trotzdem mal, wie es ohne aussieht.

Eigentlich ist das ja nur ein Greatest Hit
Greatest Hits als augenzwinkernde Metapher, nicht als tatsächliche Zähleinheit.


Würde ich streichen.
Das ist eine Überlegung wert.


Vielleicht könntest du früher erwähnen, dass sie seine Tochter ist.
Mache ich mal.


Geht die über mehrere Etappen?
Ich denke mal schon. Pate hat aus dem echten Leben nur der Begriff gestanden, mit dem Rest habe ich mich gar nicht beschäftigt.


Reicht ja, wenn du das Gewaltpotential andeutest, muss nicht so krass sein.
Wie soll ich das denn nur andeuten? Es gab Konsequenzen für Nase und Mundraum?


Zungenkrampf beim Lesen. Vielleicht: "Mathegenies"?
Irgendwo anders ist schon Genie. Mathemagier? Mathemeister?


Manchmal erschien mir der Text ein ganz kleines bisschen geschwätzig,
Ich versuche mal, wie bereits angekündigt, ein bisschen zu straffen.



Irgendetwas in seinem Kopf musste einfach geplatzt sein.

Kann weg.


Ebenso unsanft stieß er die auf der Bühne verbliebenen Abiturienten zur Seite und stellte sich vor sie.

Das hat für mich nicht so recht gepasst. Schon klar, seine Wahrnehmung ist etwas irre, es gibt ja sogar eine Stelle, wo er das reflektiert. Dennoch fand ich das an dieser Stelle schräg. Die werden gerade abgeknallt und er empfindet die versuchte Rettungsaktion als "unsanft"?
Stimmt.


Kann weg, macht den Text dynamischer.
Da kämpfe ich tatsächlich oft mit bei 3. Person. Offenbar, scheinbar, wohl … Eigentlich muss es, weil woher soll er das wissen, aber es klingt halt irgendwann doof, wenn's zu viele werden.


Das hat mir als Philosophielehrer besonders gut gefallen!
Boedecke war erst Sportlehrer. Hab dann recht bewusst auf einen gesetzt, den man nicht erwartet.


„Ich war noch nicht fertig!“

"bin" klänge für mich natürlicher.
Habe ich noch nie drüber nachgedacht und online finde ich nichts dazu, aber kann es sein, dass „Ich war ...“ ein Anglizismus ist?


Ich weiss nicht, ob es diesen Smartphone-Witz braucht.

Eine Kamera, kein Smartphone. Und ein Witz sollte es eigentlich auch nicht sein.


Einen weiteren Hinweis darauf, wie sich 1987 und Gegenwart zueinander verhalten, benötige ich auf alle Fälle nicht.
Endlich sagt's mal einer!


Am Elegantesten wäre es halt, wenn es ihm selber dämmert, so wie Bruce Willis.

Es ist eine ähnliche Pointe, aber eben nicht die gleiche. Bewusst.


Aber weshalb werden Andreas und seine Tochter in diesen Wagen gelotst? Kann man sich das so denken, dass sich das Ereignis immer wiederholt, was denn auch die Geräusche verursacht, nun aber, wenn da jemand mit diesen Geräten kommt, löst sich gewissermassen der Knoten und die beiden werden aus dem Schulhaus gespült? Was genau ist dafür der Auslöser? Schliesslich kriegt der Geisterjäger davon nicht mal etwas mit. Da hätte ich gerne noch einen Hinweis im Text, vielleicht habe ich den aber auch überlesen.
Da kann ich leider auch nur raten, aber irgendwie habe ich jetzt Bock auf eine Fortsetzung mit Walmann und seinem Bus voller Verblichener. Vielleicht nimmt er eine Anhalterin mit, die ein Medium ist.


@PlaceboParadise:

weil ja erstmal nicht klar war, was 87 passiert und was nun heute spielt
Ich meine das nicht schnippisch, aber die Geschichte heißt Abi '87 und fängt mit einer Zeugnisübergabe an.


Du hast tolle Ideen, ist immer wieder spannend!
Dank dir! Sogwirkung ist auf jeden Fall ein krasses Kompliment!


@Anne49:

Bei der Zeugnisübergabe für das Abitur 1987 hat es im Helmholtz-Gymnasium einen Amoklauf gegeben. Deshalb spukt's in der Schule. 30 Jahre später holt der Hausmeister einen Typen für Paranormales ran, der aber selbst gar nicht an Geister glaubt, sondern sich als Kollege versteht, der die ganz normalen Ursachen für nächtliche Stimmen etc. aufdeckt.


Vielen Dank fürs Lesen und euer Feedback!


Wir bleiben stABIl
JC

 

Ich meine das nicht schnippisch, aber die Geschichte heißt Abi '87 und fängt mit einer Zeugnisübergabe an.

Hahaha, ja schon, ich weiß. :D Keine Ahnung, wieso ich dann erst davon ausgegangen bin, dass der Beginn in der heutigen Zeit spielt. Vielleicht weil ich dachte, das sich das 87 eben auf ein Ereignis in der Vergangenheit bezieht und das dann später zum Tragen kommt.

Wie dem auch sei, die Verwirrung hielt ja nicht lang an, hat sich schnell geklärt. Ist also demnach kein Manko, sondern eher meine eigene verquastete Denkweise. ;)

 

Hallo @Proof,

ich meld mich auch mal zu Wort, um dir noch ein bisschen mehr Feedback bzgl. der Verständlichkeit deiner Geschichte zu geben.

Also ich habe nichts kapiert. Und ich lese und schaue Horror bzw. Mystery. Zwar nicht ausschließlich aber einiges.
Und ich habe es wirklich versucht. Ich hatte den Text direkt nach dem Einstellen gelesen. Und ich muss sagen, dass ich den ersten Teil nicht so spannend fand. Denn da ist ja nichts Übernatürliches. Ich habe also die ganze Zeit darauf gewartet, war bereits in der Erwartungshaltung, dass da gleich was kommt. Habe nicht einfach gelesen, sondern nach Zeichen gesucht.
Dann kam der Abschnitt mit Kopas und Walmann und ich habe wirklich nichts verstanden. Ich hab das mehrmals gelesen und nicht gerafft. Ich habe einfach nicht verstanden, dass wir uns auf einmal in der Zukunft bzw. Gegenwart befinden.
Ich habe überlegt, ob die beiden aus der Zukunft kommen, wegen dem technischen Schnickschnack. Aber auf die richtige Lösung bin ich nicht gekommen. Erst nach deinem Feedback an Anne und Chai.

Naja, so ganz sicher bin ich mir nicht, ob ich jetzt alles verstanden habe.

Du hast mich letztens gefragt, warum ich in meinen Kommentaren Fragen stelle, die ich dann selbst beantworte. Weil ich dem Autor zeigen will, worüber ich beim Lesen stolpere. Eine Frage, ein Stirnrunzeln, zeigt, dass da etwas hakt. Und dann versuche ich eine Antwort zu geben, bei denen ich mir aber oft nicht sicher bin, ob sie stimmen.

Also fangen wir mal vorne an.

Mir war klar, dass wir uns hier bei der Abiturzeugnisvergabe im Jahr 1987 befinden.

Obwohl ich mich jetzt frage: Sind wir eigentlich gar nicht, denn das ist ja nur das was die Geister dort immer wieder erleben, oder? Wir befinden uns also in einer Geistererscheinung im Jahr 2019, die das Erlebte aus dem Jahr 1987 spiegelt.

Okay, aber beim ersten Lesen steige ich so ein. Jahr 1987.

Seine Tochter winkte ihm.
Gut, dass du das hinzugefügt hast. Ich dachte auch lange, dass Andreas ihr Freund sei.

Als Vater sogar sein Job, stolzer auf sie zu sein als auf alle anderen.
Als Vater war es sogar sein Job

Aber die Tränen kamen, so wie der Teil von Corinnas Familie zu ihrer Beerdigung gekommen war, den er nicht ausstehen konnte.
Puuh, das ist aber eine sehr verkrampfte Verknüpfung. Wenn er weint, kann er ja auch einfach daran denken, dass Corinna bestimmt auch geweint hätte. Oder er das letzte Mal geweint hatte, als er auf Corinnas Beerdigung war.

Julia würde einziehen, um bei Nadines erstem Besuch, wahrscheinlich um Weihnachten herum, einfach da zu sein.
Ich muss sagen, dass ich die Geschichte bis hierhin nicht wirklich spannend finde. Es passiert ja auch nicht besonderes. Ein mathetalentiertes Mädchen macht Abi und der Vater wird sentimental und sinniert über die Zukunft.
Da ist nichts, das mich packt und ich fange an zu überfliegen.

Der Rückblick zu dem Konflikt zwischen Dennis und Nadine, dann der Ausflug zu der Akustik, das hat ja alles seinen Sinn, aber mich stört es in dem Moment nur. Ich sehe den Sinn ja noch nicht. Für mich hält es in diesem Moment nur die Handlung auf.

Nadines Stimme wie ein Wunder.
Die Ellipse gefällt mir hier nicht. Ich würde das war noch dazu packen.

Dennis schoss aus dem Klassenraum wie ein Sektkorken
Den Vergleich finde ich an der Stelle unpassend.

Vor der Grube hatte der schrägste Bulli geparkt, den Andreas jemals gesehen hatte.
Die Vorvergangenheit finde ich hier verwirrend. Denn er parkt ja noch da. Also einfach
Vor der Grube parkte der schrägste Bulli, den Andreas jemals gesehen hatte.

Und jetzt beginnt der kniffelige Teil.

Es war ein erwachsener Mann mit grauen Flecken im braunen Haar. Er schob sich gerade den letzten Rest eines Schokoriegels in den Mund.
Das ist also dann nicht der Mann der vor dem Bulli gewunken hat, sondern Kopas. Beim ersten Lesen bin ich hier durcheinander gekommen. Für mich war das eine Person.

„Wer sind sie?“, fragte Andreas,
Merkwürdige Frage in der Situation. Ist doch egal, hauptsache nicht Dennis.

„Er fährt“, sagte der Mann, der Andreas und Nadine herangewunken hatte. Jetzt erst bemerkte Andreas, wie krank er aussah. Eingefallene Wangen und Augen, die so tief in den dunkel umrandeten Höhlen lagen, als wären sie wie Meteoriten in sein Gesicht eingeschlagen. Er trug einen Anzug wie fast alle Männer an diesem Tag, die jungen und die alten, aber er schien seinen aus dem Museum geklaut zu haben.
Ah, Mann und Frau sind also mit in dem Wagen. Irgendwie dachte ich, die wären draußen geblieben.
Und er sieht krank und altmodisch aus. Also ein Geist.
Wieso sagt er das? Warum helfen die beiden Geister anderen Geistern? Bzw. wollen ihnen helfen, aber bringen tut das ja alles nichts.

Und wenn sich die Ereignisse aus dem Jahr 1987 immer wiederholen, der Bus aber erst im Jahr 2019 da steht, wohin haben sich Andreas und Nadine dann gesetzt? Oder verändert sich das Ereignis immer, je nach dem Umfeld?

„Sind Sie verrückt?“, schrie Andreas. „Meine Tochter stirbt, fahren Sie ins Krankenhaus, Mann!“
Ich habe verstanden, dass des Mann Andreas nicht wahrnimmt. Warum ist mir Anfangs nicht klar geworden. Jetzt sehe ich es, auch deine Hinweise.
Aber alleine bin ich wie gesagt nicht darauf gekommen. Ich war nur verwirrt.

Kopas kaute auf dem Stück des Snickers-Riegels, das Walmann ihm abgegeben hatte.
Okay, der Schokoriegel war die Verknüpfung. Der Mann im Auto vorher ist Kopas. Das ist relativ klar.

Er tastete auf dem Beifahrersitz und der Ablage herum. Der Mann wollte sichergehen, nichts vergessen zu haben, schätzte Kopas.
Warum tut er das?

„Bin verspannt“, sagte Walmann. "Irgendwas zwickt die ganze Zeit in meiner Schulter. Heiße Wanne wird helfen.“
Sogar das habe ich nicht gesehen. Jetzt wo ich es weiß, ist es klar. Andreas rüttelt ihn an der Schulter.

Ich glaube, das ist hier das Hauptproblem. Wenn man weiß, wie das gemeint ist, sind die meisten Hinweise super klar. Aber wenn man das eben nicht weiß, ist das alles viel zu kryptisch und kompliziert.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Aufbau so sinnvoll ist. Denn wie gesagt. Zwei Drittel der Geschichte sind nicht übernatürlich, mysteriös oder horrormäßig. Ein Amoklauf in einer Schule. Sehr real. Für mich ist das gar nichts.
Für die Leser, für die das etwas, ist dann das Ende vielleicht zu unverständlich, oder auch unbefriedigend.

So weit meine Meinung dazu. Vielleicht hilft sie dir ja.

Liebe Grüße,
Nichtgeburtstagskind

 
Zuletzt bearbeitet:

Geniale Geschichte, Proof. Ich mein damit die Wendungen, die ich so nicht erwartet hatte. Die sind schon sehr spannend und teilweise auch skurril. Ich musste, ja, lachen, als du hier:

„Bin verspannt“, sagte Walmann. "Irgendwas zwickt die ganze Zeit in meiner Schulter. Heiße Wanne wird helfen.“
die beiden Erzählstränge dann sehr direkt kombinierst und den armen schultertippenden Andreas zu Walmanns "Rückenproblem" machst. ich hoffe, Andreas erscheint dem ungläubigen Thomas von Walmann nicht als Zombie. Aber der wird sich dann schon irgendwas zurechtdenken, was passt. Vielleicht substanzielle Geräuschmaterie. Oder zu viele Snickers auf einen Schlag im Bauch.
Oder auch hier:
Er legte die Hand auf die Schulter und zog ein Gesicht, als hätte jemand da drin in seinem Bulli gefurzt.
Da fährt der jetzt wirklich mit einem Haufen Gespenster auf dem Rücksitz durch die Gegend und riecht nur etwas menschliches Abgas. Echt, das hat auch so viel Humorpotential, ist halt echt kurios, wie er sich alles rein wissenschaftlich oder zumindest der Realität verhaftet erklärt und dabei spielen die Geister mit ihm schon Mikado. Naja gut, die wissen ja auch nicht, dass sie gerade für einen Furz gehalten worden sind.

Also Struktur und Aufbau und Idee der Geschichte - wie gesagt, genial. Ich frage mich immer mal wieder, woher du deine Ideen nimmst, das ist alles sehr originell und frisch.

Ein bisschen mehr Probleme habe ich dieses Mal mit dem Stil. Ich weiß selbst nicht, woran es liegt, irgendwie klang es oft holprig für mich. Ich beziehe mich explizit auf den ersten Strang, also auf den Amoklauf. Danach ist mir das nicht mehr aufgefallen. Im Gegenteil, da fand ich das recht sauber, wie du die beiden Stränge miteinander verzahnst.
Aber im ersten Teil hatte ich Schwierigkeiten mit Formulierungen. Vielleicht damit die vielen Personen zuzuordnen? Manchmal hab ich da nämlich generell Schwierigkeiten, wenn ich in eine Erzählung oder einen Roman reinkomme, und es sind viele Personen, da muss ich mir dann manchmal regelrecht aufzählen, wer da alles vorkommt und wie die in Beziehung zueinander stehen, wie gesagt, kann sein, dass es meine persönliche Unzulänglichkeit ist, aber ich les einfach noch mal mit bissel Abstand, vielleicht klärt sich dann für mich, ob ich es bin oder ob du vielleicht doch an ein paar Formulierungen und Bezügen schrauben solltest.
Wie auch immer, ich wollte nicht weg, ohne dir meinen gezogenen Hut für Idee und Aufbau dazulassen.

Bis vielleicht morgen oder so, da melde ich mich noch mal.
Lieben Gruß von Novak

 

Hallo!

Tolle Geschichte, wieder einmal sehr eigen und kreativ. Da man anfangs zunehmend von der Beschreibung eines glücklichen Teenie-Lebens eingelullt wird, trifft einen die krasse Wendung natürlich besonders hart. Ab dem Anfang des Amoklaufs darf man natürlich gar nicht mehr aussteigen, da man ja unbedingt erfahren muss, ob die beiden es schaffen. Hier wurde schon einiges vieles gesagt und ich wollte mich nur aufgrund der allgemeinen, mir teilsweise verständlichen, Verwirrung äußern.
Ich bin sofort dahintergestiegen, was es denn nun mit Kopas und Walmann auf einmal auf sich hat, aber wenn man einfach stur weiterliest und dann etwas Abstand nimmt zur ursprünglichen Handlung, kommt man schnell dahinter, was Sache ist. Zugegeben: der plötzliche Einschnitt/Zeitsprung ist sehr verwirrend, da ja auch nur sehr subtil angedeutet, aber man kommt schnell dahinter denke ich, ich habe nach der Geschichte kurz darüber nachgedacht und da offenbarte sich mir recht zügig, was eigentlich passiert und passierte. Und was soll ich sagen: Das ist wunderbar, dass man erst noch eine Weile über den letzten Teil nachdenken muss und langsam der Aha-Effekt einsetzt. Hat mir sehr gefallen.
Großprotzig behaupte ich hier, alles sofort verstanden zu haben, aber nein das ist nicht der Fall, einige Feinheiten haben sich trotz mehrfachen Lesens meiner Wahrnehmung entzogen z.B. der Zusammenhang zwischen Schulterklopfen und der verspannten Schulter.

„Ist das eine Kamera?“ Das Gerät, das er meinte, lag zwischen anderem technischen Schnickschnack auf dem Boden und hätte in einer Faust verschwinden können.
Ein "Geistfänger"? Oder tatsächlich eine Kamera, über deren moderne Größe Andreas schlichtweg verwundert ist? Ich habe es als Geistfänger gelesen, da es ja etwas geben muss, das die Geister überhaupt erst in den Wagen lotst und dann sitzt da ja noch dieser Geheimnisvolle Mann im hinteren Teil des Autos, der da ruft:
„Kommen Sie!“, wiederholte der Mann darin.


Gerne gelesen und ich finde, gar nicht zu verwirrend, sondern angenehm knifflig.

MfG Putrid Palace

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin!

@Nichtgeburtstagskind:


Und ich muss sagen, dass ich den ersten Teil nicht so spannend fand. Denn da ist ja nichts Übernatürliches.
Der Film The Monster ist in der ersten Hälfte ein Sozialdrama über eine alleinerziehende Mutter. Das titelgebende Monster kommt erst recht spät. Ein Kumpel von mir fand das furchtbar, ich total geil. Ist halt manchmal so.


Dann kam der Abschnitt mit Kopas und Walmann und ich habe wirklich nichts verstanden. Ich hab das mehrmals gelesen und nicht gerafft. Ich habe einfach nicht verstanden, dass wir uns auf einmal in der Zukunft bzw. Gegenwart befinden.
Kann ich nicht nachvollziehen, wenn du viel Horror liest. Ich fühle mich da allmählich wie Zack Snyder, als er von Kritikern den Arsch voll bekommen hat für Batman v Superman. In einem Interview hat er gesagt: Für mich sieht ein Superheldenfilm genau so aus. Ernsthaft, ich weiß nicht, was ich anders machen soll.

Ich könnte chronologisch schreiben. Mit Kopas und Walmann einsteigen, Kopas die ganze Geschichte erzählen lassen und dann eine Rückblende. Da wäre aber genau der Effekt weg, auf den ich hinaus möchte. Dann hättest du das Spukhaus und einen ungläubigen Wissenschaftler, der dann feststellt, oh, es spukt ja wirklich. Ich will halt auf diese Überraschung hinaus, dass man denkt, alles klar, Realo-Horror, ein Amoklauf in der Schule. Und dann der Twist.


Du hast mich letztens gefragt, warum ich in meinen Kommentaren Fragen stelle, die ich dann selbst beantworte. Weil ich dem Autor zeigen will, worüber ich beim Lesen stolpere. Eine Frage, ein Stirnrunzeln, zeigt, dass da etwas hakt.
Ich habe das nicht gefragt, sondern festgestellt und auch anhand mehrerer Beispiele gezeigt, was ich meine. Zu sagen: Am Anfang sagt er, er sei seit zehn Jahren Polizist und jetzt auf einmal heißt es, er hat noch nie eine Pistole in der Hand gehabt, wie kann das denn sein? Das ist ja völlig richtig. Aber du machst das hier: Er schoss ihm in die Brust. Dann zog er der Leiche das Geld aus der Tasche. „Warum er ihn jetzt erschossen? Um ihm das Geld aus der Tasche zu ziehen?“ Das mag sogar sein, dass du an den zitierten Stellen stolperst, aber durch diese Art, es zu zeigen, klingt das immer, als hättest du dich mit Vorsatz auf den Bart gelegt.


Obwohl ich mich jetzt frage: Sind wir eigentlich gar nicht, denn das ist ja nur das was die Geister dort immer wieder erleben, oder? Wir befinden uns also in einer Geistererscheinung im Jahr 2019, die das Erlebte aus dem Jahr 1987 spiegelt.
Das ist auch schon wieder so ein Ding. Was soll ich darauf jetzt antworten? Ja? Und später dann:


Und wenn sich die Ereignisse aus dem Jahr 1987 immer wiederholen, der Bus aber erst im Jahr 2019 da steht, wohin haben sich Andreas und Nadine dann gesetzt? Oder verändert sich das Ereignis immer, je nach dem Umfeld?
Warum handelt Rocky eigentlich vom Kampf gegen Apollo und nicht von einer Handvoll Trainingssessions fünf Jahre davor?


Okay, aber beim ersten Lesen steige ich so ein. Jahr 1987.
Genau.


Puuh, das ist aber eine sehr verkrampfte Verknüpfung.
Ich find's ganz cool, gerade auch mit dem Nachsatz Konnte er auch nichts gegen machen.


Ich muss sagen, dass ich die Geschichte bis hierhin nicht wirklich spannend finde. Es passiert ja auch nicht besonderes. Ein mathetalentiertes Mädchen macht Abi und der Vater wird sentimental und sinniert über die Zukunft. Da ist nichts, das mich packt und ich fange an zu überfliegen.
Ich gönne mir hier ein paar Absätze Einleitung. Es könnte auch mit dem Schuss anfangen, aber ehrlich gesagt bin ich kein Freund von diesem offenkundigen Heischen um die Aufmerksamkeitsspanne. Oder sagen wir eher so: Ich finde das auch gut, aber eben nicht nur. Von meiner Seite aus kann vor dem Auftritt des Monsters ruhig noch was ohne Monster passieren.


Der Rückblick zu dem Konflikt zwischen Dennis und Nadine, dann der Ausflug zu der Akustik, das hat ja alles seinen Sinn, aber mich stört es in dem Moment nur. Ich sehe den Sinn ja noch nicht.
Dass du Fäden auslegst und die dann im Laufe der Geschichte zusammenführst, ich finde auch das recht … normal.


Den Vergleich finde ich an der Stelle unpassend.
Der Korken, ja, über den muss ich nochmal nachdenken.


Die Vorvergangenheit finde ich hier verwirrend.
Hatte ich auch schon gedacht. Nicht verwirrend, aber irgendwie klingt's komisch.


Das ist also dann nicht der Mann der vor dem Bulli gewunken hat, sondern Kopas. Beim ersten Lesen bin ich hier durcheinander gekommen. Für mich war das eine Person. / Ah, Mann und Frau sind also mit in dem Wagen. Irgendwie dachte ich, die wären draußen geblieben.
"Er winkte sie aus dem hinteren Teil des Bullis heran. Die Schiebetür war aufgezogen. Neben dem Mann stand eine Frau, eine junge Frau, Nadines Alter, die die ganze Zeit nickte und sie ebenfalls heranwinkte."


Wieso sagt er das? Warum helfen die beiden Geister anderen Geistern?
Warum muss man den Namen des Candymans fünfmal sagen, warum nicht viermal oder sechsmal? Nein, ganz so schlimm ist es nicht. Tatsächlich ist das eine Delle in der Logik. Oder zumindest etwas, das nicht erklärt wird? Wenn der Alte sich seines Geistseins bewusst ist, könnte er wohl drauf pfeifen. Toter als tot kann man nicht sein. Vielleicht hilft er guten Geistern bei der Flucht vor einem bösen Geist.


Ich glaube, das ist hier das Hauptproblem. Wenn man weiß, wie das gemeint ist, sind die meisten Hinweise super klar. Aber wenn man das eben nicht weiß, ist das alles viel zu kryptisch und kompliziert.
Finde ich krass, gerade wenn du viel Horror liest. Keine Ahnung, woran das liegt.


Ich bin mir auch nicht sicher, ob der Aufbau so sinnvoll ist.
Wie gesagt, ohne diesen Aufbau verliert die Geschichte beinahe ihre Daseinsberichtigung für mich. Da muss ich glaube ich einfach mit den Leuten leben, die ab Walmann/Kopas sagen: Häh?


Denn wie gesagt. Zwei Drittel der Geschichte sind nicht übernatürlich, mysteriös oder horrormäßig.
Streng genommen spielen zwei Drittel der Geschichte im Jenseits. Aber gut, findet halt nicht jeder alles übernatürlich.

@Novak:

Ich frage mich immer mal wieder, woher du deine Ideen nimmst, das ist alles sehr originell und frisch.
Danke!


Ich weiß selbst nicht, woran es liegt, irgendwie klang es oft holprig für mich. Ich beziehe mich explizit auf den ersten Strang, also auf den Amoklauf.
Wenn ich mir die beiden Teile angucke, ist der erste fast ohne Dialog, der zweite wird vom Gespräch Walmann/Kopas getragen. Das flutscht automatisch besser, denke ich.


Vielleicht damit die vielen Personen zuzuordnen? Manchmal hab ich da nämlich generell Schwierigkeiten, wenn ich in eine Erzählung oder einen Roman reinkomme, und es sind viele Personen,
Ja, es sind recht viele. Und ich habe auch erst vor ein paar Tagen in meinem aktuellen Roman – also, den ich lese – zurückgeblättert, weil ich anfing, zwei der männlichen Hauptfiguren ständig miteinander zu verwechseln. Vielleicht kann der Mario raus, den Tod von Andreas' Frau würde ich glaube ich auch anders reinbekommen.


Wie auch immer, ich wollte nicht weg, ohne dir meinen gezogenen Hut für Idee und Aufbau dazulassen.
Das' nett, danke!


@Putrid Palace:

Am Anfang habe ich immer Place gelesen und gedacht, was ist denn das für ein Ferkel? Hatte ich das schon gesagt? Ist aber egal, sagt mehr über mich als über dich.


Da man anfangs zunehmend von der Beschreibung eines glücklichen Teenie-Lebens eingelullt wird, trifft einen die krasse Wendung natürlich besonders hart.

Sagen wir mal relativ normal, das Teenieleben. Ihre Mutter ist tot, krankheitsbedingt viel zu früh.


Ab dem Anfang des Amoklaufs darf man natürlich gar nicht mehr aussteigen, da man ja unbedingt erfahren muss, ob die beiden es schaffen.
Da ist so die Ablenkung vor der Pointe. Mit der Hoffnung, dass sie Spaß macht. Freut mich, wenn das geklappt hat.


Ich bin sofort dahintergestiegen, was es denn nun mit Kopas und Walmann auf einmal auf sich hat,

Ein kurzer Moment der Orientierungslosigkeit war ja durchaus beabsichtigt. Es ist halt schade, dass bei einigen der Groschen gar nicht fällt, aber wie gesagt, alle Möglichkeiten, die ich sehe, das zu ändern, da wäre so der ganze Punkt der Geschichte weg, denn der liegt nun mal in dieser Wendung.


Zugegeben: der plötzliche Einschnitt/Zeitsprung ist sehr verwirrend, da ja auch nur sehr subtil angedeutet, aber man kommt schnell dahinter denke ich,
Ja, das meinte ich.


Ich habe es als Geistfänger gelesen, da es ja etwas geben muss, das die Geister überhaupt erst in den Wagen lotst

Who ya gonna call? Gemeint ist eine Kamera. Der Walmann ist eher so der Anti-Geisterjäger. Der sieht seine Aufgabe nicht darin, Geister zu fangen, sondern darin zu belegen, dass es die gar nicht gibt. Deutet er ja auch an.


Vielen Dank für eure Eindrücke, Kritiken und Verbesserungen!


Schönes Wochenende
JC

 

Hallo Proof,
ich würde den "Drücken-Knopf" nicht deutlicher machen, dafür hab ich anderes auszusetzen. Überwiegend Details. Allerdings gibt es auch eine Szene, die ich dir nicht glaube.

Andreas hatte gefürchtet, es ginge um Hasch.
Ich finde das irgendwie bemüht. Er kennt seine Tochter, er kennt ihre Noten, rechnet er wirklich mit Hasch? Wartet er nicht viel mehr insgeheim drauf, dass sich endlich wer rührt und ihm offiziell sagt, wie klug seine Tochter ist und wie hoch ihr Stipendium?

Andreas war froh, nicht in Behmanns Schuhen zu stecken.
Finde ich übertrieben. Gerade auf einer Abi-Feier gehört es ja dazu, die Besten zu ehren. Die bekommen Uhren und so Zeug (zumindest hab ich das damals von weiter hinten so beobachtet). Glaubt Andreas wirklich, da wäre ein schwieriger Eiertanz notwendig und er möchte nicht in "seinen Schuhen" stecken?

Andererseits waren die Formeln ihre Welt, nicht die Menschen.
Finde ich super. Genau das, auf was ich in dem Moment gehofft habe. Ohne diesen Satz wäre mir Nadine langsam als langweilige Superheldin erschienen. So wirkt sie viel echter.

Wie die Klänge sich darin verteilten, sodass Zuhörer jedes Detail wahrnähmen, das sei schon einzigartig im Landkreis.
Gefällt mir sehr gut, wie du hier ein Detail einführst und es im nächsten Satz benutzt.


Jetzt kommen wir an die Szene, die ich dir nicht glaube. Wir haben eine Aula voller Eltern und ihre Kinder sind oben auf der Bühne und dann kommt ein Irrer und schießt. Ich glaube, das würde anders ablaufen, als du es beschreibst.
Ich glaube, die Eltern stürzen nicht zum Ausgang, sondern zu ihren Kindern. Also vor zur Bühne. Manche haben kleine Kinder dabei, die flüchten vielleicht trotzdem gleich zum Ausgang, dazwischen Großmütter mit ihren Rollatoren. So oder so, das Ergebnis ist Chaos und kein allgemeiner Rückzug. Ich glaube sogar, dass einige Eltern aggressiv reagieren und den Attentäter angreifen wollen. Ihre Kinder sind in Lebensgefahr, da reagieren Eltern nicht mit Flucht.
Das der Attentäter ganz in Ruhe drei Stufen von der Bühne gehen kann, glaube ich dir entsprechend natürlich auch nicht.

Deine Geschichte hätte hier das Potential, noch spannender zu werden. So wie es jetzt ist, muss der Antagonist keine Hürden überwinden. Er muss nicht beweisen, wie sehr er Nadine hasst, muss sich nicht gegen anstürmende Eltern erwehren, sich nicht gegen all das Chaos kämpfen, nur, um am Ende bis zu Nadine durchzukommen. Er lässt sie sogar einfach so auf der Bühne liegen.
Genauso der Protagonist. Er muss nichts tun, als seiner Tochter zu folgen und zu hoffen, dass der Antagonist langsamer ist. Was wäre, wenn auch er sich erst durch Eltern kämpfen muss, Eltern, die ja ihrerseits auch nichts anderes wollen, als ihre Kinder zu schützen.

Und noch was verstehe ich nicht:
Der Täter ist von der Bühne runter und geht auf den Pulk zu. Andreas geht auf die Bühne zu seiner Tochter (am Täter vorbei?) und kann mit ihr in das Treppenhaus flüchten.
Der Täter hatte die ganze Zeit Zugriff auf Nadine und tut nichts, entfernt sich sogar von ihr. Als sie aber ins Treppenhaus flüchtet, verfolgt er sie plötzlich wieder und lässt dafür von allen anderen ab. Da stimmt was nicht, finde ich.
Eine mögliche Erklärung wäre, Nadine ist bereits getroffen und der Täter hat erst wieder Interesse an ihr als er sieht, dass sie nicht tot ist. Allerdings müsste das dann gesagt werden, dass er dachte, sie sei tot.

Noch Kleineres:
Vielleicht hätte eine Figur im Bulli schon 87 dabei sein können? Der Philosophielehrer würde sich doch gut als späterer Hausmeister machen, dessen schlechtes Gewissen ihn nicht loslässt.
Beim Übergang von 87 zu heute war ich kurz verwirrt, aber das passt sehr gut auf die Situation des Prot. Ich würde da nix deutlicher machen.

Dass der Mann im Bulli krank und eingefallen aussieht, hat mich ein wenig durcheinander gebracht. Ich dachte kurz, da würden sich jetzt Geister aus verschiedenen Epochen tummeln. Hm, halt! Beim nochmaligen durchlesen: ist das ja so. Das geht für mich aber unter. Die Kamera, mit der du ja die "Zeitreise" verdeutlichen willst, steht dafür zu sehr im Vordergrund.
Ein skeptischer Geisterjäger, der mit einem ganzen Bus voll Geistern durch die Gegend fährt und über zunehmende Nackenschmerzen klagt und nach einem weiteren Einsatz vielleicht über ausgefallene Haare jammert? Der Leser weiß, das es ein Geist sein muss und fragt sich, was für ein Geist das sein könnte, der Haare ausreißt. Uh, das klingt witzig! :-)

Genau wie der Bulli konnte das Ding nur aus der Heimat von Sake und Godzilla stammen.
Das ist mir zu ironisch distanziert für den Inhalt dieser Szene. Das Ding ist einfach aus Japan.

Jemand anderes würde das tun, also seien Sie froh, dass Sie online mich gefunden haben.“
Das "online" ist überflüssig, Kopas weiß, dass er ihn online gefunden hat. Das würde Walmann nicht mehr erwähnen und klingt nach Exposition.

Der Junge, den sie aus dem Treppenhaus tragen mussten, ist nicht Dennis, sondern ein Schüler, der etwas im Treppenhaus gesehen hat, oder? Das war mir beim ersten Mal lesen nicht sofort klar. Ich würde da ein "neulich" oder was in der Art einfügen.

Ich glaube dir die Szene in der Aula so nicht und finde, die hätte auch noch mehr Potential.
Trotzdem gefällt mir die Geschichte insgesamt sehr gut. Sie ist sprachlich rund und spannend und wird mir in Erinnerung bleiben.
Ich hab sie angefangen zu lesen, hatte dann keine Zeit mehr, war aber am nächsten Tag gespannt, wie es weiter geht.

Viele Grüße
Calua

 

Hallo Calua, nur ein Eindruck eines anderen Lesers:

Eine mögliche Erklärung wäre, Nadine ist bereits getroffen und der Täter hat erst wieder Interesse an ihr als er sieht, dass sie nicht tot ist. Allerdings müsste das dann gesagt werden, dass er dachte, sie sei tot.
Genau so hatte ich die Szene verstanden.
Andreas rief den Namen seiner Tochter, die dort vorn auf die Knie sank.
Wenn sie auf die Knie sinkt, scheint sie doch getroffen zu sein. Die Geschichte ist aus der Perspektive des Vaters geschrieben, da klingt das außerdem autorengetrieben, wenn man den Hinweis gibt, der Täter glaubt, sie sei tot. Woher soll der Vater wissen, was Dennis denkt? Das wäre ein Umweg. Man sollte zeigen, oder man lässt den Vater glauben, Nadine ist tot. Beides hat Proof gemacht.

Aber ich wollte mich noch aus einem anderen Grund melden: Ich hatte ja gemeint, es ruckele manchmal. Daher wollte ich ein paar Stellen nachreichen. Ich glaube nicht mehr, dass es an den zu vielen Personen liegt. Ich finde, die hast du eigentlich ganz gut eingeführt. Auch den Mario.
Es sind eigentlich mehr so ein paar sonstige Zusatzkurven oder Uneindeutigkeiten, die du manchmal machst, die einen kurz innehalten lassen und vom Eigentlichen ablenken.
Dient alles lediglich der Veranschaulichung, aber das weißt du ja sowieso.

Nadine nahm ihr Zeugnis. Sie lächelte, aber zu interessieren schien es sie nicht. In T-Shirt und zerrissenen Jeans stand sie vorn. Die anderen hatten sich angezogen, als wären sie im Theater. Irgendwie war es das ja auch, dachte Andreas. Das alles. Theater. Sie weinten, die Eltern und Onkels und Tanten. Die Omas und Opas blieben zumeist gelassen, sie hatten schon Schlimmeres gesehen. Immer wieder hörte Andreas das klebrige Ritschratsch von Taschentücherpackungen und einmal auch die Bitte: „Mensch, jetzt reiß dich mal zusammen.“
Also Proof, ich weiß ja selbst nicht, ob ich nur schlecht drauf bin und übergenau sein will, aber du kannst es ja trotzdem mal in Erwägung ziehen. Der Titel macht das Gesamtthema deutlich und schränkt damit auch eine mögliche Umgebung ein, der weitere Verlauf des Abschnittes macht das natürlich ganz klar, aber trotzdem weiß man zu Beginn einfach nicht genau, wo man sich befindet. Man könnte mit wenigen Wörterchen ein bisschen mehr Klarheit und Richtung schaffen. Normal kenne ich das von dir, dass du das machst, gerade das habe ich ja unter anderem von dir gelernt, dass man das so macht. :p
Also man könnte so schreiben: Nadine nahm das Zeugnis entgegen. Sie lächelte, aber zu interessieren schien es sie nicht. In T-Shirt ... stand sie auf der Bühne. Da weiß ich halt genauer, wo ich als Leserin bin.
Die Omas und Opas habe ich gestrichen, obwohl ich den Satz liebe, aber es ist nicht nur wieder eine Abzweigung, sondern mir scheint auch der Humor des Autors da zu sehr zu sprechen. Ich weiß nicht, ob Andreas so eine distanzierte und ironisierende Sicht auf die Feier hat. So kam er mir nicht vor.

Andreas dachte an die Greatest Hits seiner eigenen Mathearbeiten, ein einziger Zettel mit einem leeren Koordinatensystem darauf. Daneben hatte der Lehrer eine Ermutigung gekritzelt: „Das KS ist richtig!“
Ich liebe diese Stelle. Klingt nach einer meiner Mathearbeiten.

Nadine hatte in der achten Klasse Übungsaufgaben für das erste Halbjahr ausgerechnet, um zwei verregnete Nachmittage rumzubringen. Da hatte Behmann, der Schulleiter, Corinna und ihn das erste Mal in die Schule gebeten.
Was ist denn so besonderes daran, Übungsaufgaben zu rechnen, um Regentage rumzubringen? Meinst du ALLE Übungsaufgaben des gesamten Halbjahres? Oder die Aufgaben einer höheren Klasse? Irgendwas Außerordentliches muss sie mathemäßig schon machen, dass der Mathelehrer Vater und Tochter einbestellt und nicht paar Übungsaufgaben erledigen.

Zum Geburtstag hatte Nadine sich die neue Platte ihrer Lieblingsband gewünscht. Motörhead. Als Mädchen! Stattdessen erfuhren Corinna und er von ihren Superkräften. Wer auch immer sie ihr verliehen hatte, er war es nicht gewesen. Das KS ist richtig!
So schön! das erzählt so viel über Andreas. "Als Mädchen!" Das ist zum Knutschen. Und auch der Rückbezug zu den Greatest Hits seiner Mathelaufbahn.

Wahrscheinlich glaubte Mario, den Grund für die Tränen zu kennen. Hätte sie das doch noch erlebt. Die Wahrheit war, Andreas weinte auch vor Erleichterung. Wenn Nadine sich im Herbst an der elitären Insel-Uni einschrieb, dann würde auch sein eigenes Leben einen entscheidenden Schritt voranmachen. Julia würde einziehen, um bei Nadines erstem Besuch, wahrscheinlich um Weihnachten herum, einfach da zu sein. Durch die Auszeit von dem Haus, in dem sie beide ihrer Mutter beim Sterben zugesehen hatten – über kurz oder lang wollte er es sowieso verkaufen – würde Nadine milde werden, so sein Kalkül. Abstand gewinnen und verstehen, dass ihr Vater nicht länger einsam sein wollte. Fünfmal in der Woche, hatte er Nadine zuletzt erzählt, ging er abends zum Trauertreff, nach all den Jahren noch. „Sind so viele dabei, da war's auch Krebs“, hatte er gesagt. „Kann man sich gar nicht vorstellen.“ Nadine hatte sich gewundert über die vielen Termine und er war ins Stottern geraten, es sei eine lose Gruppe, nicht mehr die offizielle Sache im Gemeindehaus wie am Anfang. Vielleicht war es naiv von ihm zu glauben, seine Genie-Tochter hätte nicht längst gewusst, was Sache war. Andererseits waren die Formeln ihre Welt, nicht die Menschen. Soweit er wusste, hatte sie noch nie einen Freund gehabt.
Die ersten beiden Sätze (fett markiert) sind zum Beispiel zu kryptisch. Klar, ergibt sich dann im Nachhinein, um wen es geht, aber der Tod von Andreas Frau ist ja kein Spannungsmoment, das man verzögern müsste, also von daher könnte man gleich viel klarer und deutlicher sein und sagen, was Sache ist. Das Durchgestrichene zum Beispiel müsste gar nicht sein. Es schweift viel zu sehr ab.
Insgesamt aber ist es natürlich eine gute Idee, Nadines Auszug ein bisschen widersprüchlich für Andreas sein zu lassen. Gibt dem Ganzen viel Farbe und Material zur Charakterisierung der beiden. Aber es sollte sich aus meiner Sicht nicht so verzweigen. Man versteht auch so, dass Nadines Welt die Formeln sind.
"Voranmachen" habe ich fett markiert, weil mir das Wort sehr umgangssprachlich klingt. Naja, ist vielleicht regional? Aber das ist jetzt auch wirklich nur eine Nebensächlichkeit.

Behmann trug Nadines verschlafenes Gesicht mit Fassung. Nach acht Jahren hatte er sich wohl daran gewöhnt. Vielleicht prüfte sie im Kopf gerade eine mit dem Nobelpreis ausgezeichnete Formel auf Gültigkeit. Behmann wünschte ihr alles Gute, sichtlich darum bemüht, es nicht herzlicher zu tun als bei allen anderen, das Wunderkind nicht zu hofieren.
Hier hab ich einfach mal weggestrichen, weil ich denke, das, was du rüberbringen willst, ist schon geschehen. Und die Zusatzinfos bringen dann mehr Unruhe rein als Nutzen.

Vielleicht verdeutlichen die Beispiele dir zumindest, was ich mit dem Ruckeln meinte.
Bis die Tage
Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Proof,
zunächst mal ein paar Textstellen:

um zwei verregnete Nachmittage rumzubringen
Das "rumzubringen" finde ich arg zusammengebaut. Hab es jedenfalls noch nie gehört.

Aber die Tränen kamen, so wie der Teil von Corinnas Familie zu ihrer Beerdigung gekommen war, den er nicht ausstehen konnte. Konnte er auch nichts gegen machen, gehörte nun mal dazu.
Die Verknüpfung von Tränen und Verwandtschaft hakelt für mich, das wischt mich aus der Geschichte raus.

Andreas legte seine Hand auf die des Freundes, der eigentlich längst nur noch so ein Gesicht war, das man eben grüßte.
Schön lakonisch.

Im Lokalblatt lobte der immer wieder selbe Reporter
"der immer wieder selbe" würde ich so nicht stehenlassen, da schreit es in mir nach Bindestrichen. "Im Lokalblatt lobte immer wieder derselbe Reporter ..."?

Seit Corinnas Tod war er von einer halben auf fast zwei Schachteln am Tag hoch
Das "war er … hoch" geht besser, da fehlt mMn ein Verb: gestiegen, geklettert, isowas.

als wären sie wie Meteoriten in sein Gesicht eingeschlagen
Das Bild finde ich aufgrund der Größenverhältnisse persönlich etwas unpassend.
Vorschlag: Eingefallene Wangen und Augen, die so tief in den dunkel umrandeten Höhlen lagen, als hätten sich heiße Kugeln in sein wächsernes Gesicht geschmolzen.

nach der Hälfte der Nachhausestrecke wieder umdrehen zu müssen.
Monsterwort. … Nach der Hälfte des Heimwegs wieder umdrehen zu müssen?

Sich gegenseitig totgetrampelt und gequetscht
entweder (tot)-gequetscht oder gleich zerquetscht?

Er legte die Hand auf die Schulter und zog ein Gesicht, als hätte jemand da drin in seinem Bulli gefurzt.
brauchts nicht.

Walmann hatte ihm das Snickers durch das offene Fenster gereicht.
Das mit dem Snickers kapier ich nicht. Wenn du aus Andreas Perspektive schreiben würdest, wäre das okay, du schreibst aber auktorial und 2019 heißen die Dinger Twix.

Mit der scheiß Aula
In wörtlicher Rede okay, aber so?

Getroffen hat er nur vier, den Rest haben die Leute selbst besorgt.
hatte, hatten?

Musste für die Überlebenden blöd (gewesen) sein, sich beim Bäcker zu begegnen.

Den ersten Teil finde ich sehr gut zu lesen. Mir gefällt deine Sprache, ich habe keinerlei Schwierigkeiten zu folgen, bzw. die Personen zu sortieren, im Gegenteil: ich bin sehr nah dran am Geschehen und an Andreas. Dann der erste Twist, der Amoklauf, ich kann nicht aufhören zu lesen, will wissen wie es ausgeht. Die vermeintlichen (oder wirklichen Treffer) überlese ich zunächst, will es nicht glauben, das machst du sehr geschickt und es erschließt sich erst im Nachhinein.

Und dann bei Kopas laufe ich brutal vor die Wand und raffe gar nichts mehr. Erst nach Lektüre aller Kommentare, was ich sonst nie tue, erschließt sich mir halbwegs, worum es geht. Sorry, bin kein Genrehengst. Und erst nach nochmaligem Lesen von Teil 2 hab ich so langsam nen Schnall.
Also die Idee, Internet-Ghostbuster Walmann, den ungläubigen Wissenschaftler, der für alles eine rationale Erklärung hat (hochgezüchtetes Kraut!) auf Reise zu schicken mit einem Bus voller Geister, die ihn in die Schulter zwicken, ist schon echt cool, wenn es erst mal Klick gemacht hat.
Ist es sogar so, dass Walmann, ohne es zu wissen, die Orte, zu denen er gerufen wird, von Geistern befreit, indem er sie irgendwie anzieht? Sich sein Ruf (und Erfolg) ergo auf einer Wirkung begründet, die ihm selbst gar nicht bewusst ist?

Habe auf jeden Fall ordentlich zu kauen, aber leichte Kost ist nicht deins, das habe ich kapiert.

Peace, linktofink

 

Moin,

@Calua:

Das mit den Kindern ist echt ein sehr guter Punkt. Das Fiese an der Stelle speist sich ja aus dem Animalischen, das im Überlebenskampf übernimmt, Moral, Ethik, alles abstrakt, alles nur ausgedacht, Hauptsache Selbst- und Arterhaltung. Aber dass man die neue Brut beschützt, das gehört ja irgendwo auch dazu, darum soll man sich ja keinen Bärenjungen nähern, weil dir sonst Mutti den Kopf abbeißt. Eigentlich hatte ich mir auch gedacht, die Kinder laufen eben mit zur Tür, aber ich werde das mal ein bisschen deutlicher machen, auch so, dass nicht Andreas der Einzige ist, der sich irgendwie um seinen Nachwuchs kümmert.


Er kennt seine Tochter, er kennt ihre Noten, rechnet er wirklich mit Hasch?
Gute Noten allein sind's ja nicht. Wirklich Außergewöhnliches hat sie da erst geleistet und er erfährt das jetzt bei Behmann. Und sie ist Metal. Das sind die Achtziger. Bevor es Ramones-Shirts auch bei H&M gab.


Finde ich übertrieben. Gerade auf einer Abi-Feier gehört es ja dazu, die Besten zu ehren. Die bekommen Uhren und so Zeug (zumindest hab ich das damals von weiter hinten so beobachtet).
Vielleicht findet der Behmann das so pädagogisch konsequenter und lehnt sich gegen das System auf. Muss ich nochmal drüber nachdenken.


Ich glaube sogar, dass einige Eltern aggressiv reagieren und den Attentäter angreifen wollen.
Da hatte ich tatsächlich erst was, das für den besorgten Vater oder die Mutter mies ausgeht, sodass der Rest abgeschreckt wird. Vielleicht baue ich es wieder ein.


Allerdings müsste das dann gesagt werden, dass er dachte, sie sei tot.
Das ist schon sein Rachefeldzug gegen "die Gesellschaft". Nadine hat den Stein ins Rollen umgebracht und natürlich will er die zuvorderst weghaben, aber letzten Endes geht es um die Menge der Toten, nicht darum, wer stirbt. Wie islamistische Attentate, die ja eigentlich durchweg auch viel mehr mit Amokläufen gemein haben als eben mit Attentaten.


Der Philosophielehrer würde sich doch gut als späterer Hausmeister machen,
Oh nee, das denke ich nicht. Absturz nach der Katastrophe (nichts gegen Hausmeister!), wie ein Kriegsveteran? Ich weiß nicht. So ein Spuk lebt auch irgendwie davon, dass man bei der tatsächlichen Tat nicht dabei war und selbst nur die Legenden kennt. Wie Kopas.


@Novak:

Da weiß ich halt genauer, wo ich als Leserin bin.
Ich guck mal. An einem anderen Punkt, da ging es um die Personen, schrieb ein anderer Kritiker sowas ähnliches. Wie gesagt, ich find's ganz nett, wenn sich das erst so nach und nach aufschlüsselt. Die Omas und Opas könnten was sein, auch wenn's eine interessante Frage aufwirft, nämlich die, wo man da die Grenze zieht. Das etwas vom Autor insbesondere in Hauptfiguren mit reingeht, ist ja eigentlich klar.


Meinst du ALLE Übungsaufgaben
Auf jeden Fall. Hatte ich entweder so klar im Kopf, dass ich's vergessen habe, zu schreiben oder bei einem Überarbeitungsschritt ist es versehentlich rausgeflogen.


aber der Tod von Andreas Frau ist ja kein Spannungsmoment,
Jedenfalls nicht die Art von Spannung, um die es zumeist geht, wenn man von Horrorgeschichten spricht. Grundsätzlich kann ja alles spannend sein. Warum tut er das, warum trinkt er das, warum zieht sie sich so an ...? Muss mal sehen. Der "Durch die Auszeit ..."-Part ist aber vielleicht wirklich übererklärend. / Einen Schritt voranmachen ... Umgangssprache? Einen Schritt nach vorne machen also?


Vielleicht verdeutlichen die Beispiele dir zumindest, was ich mit dem Ruckeln meinte.
Ich denke schon, ich gehe mal nochmal mit dem Cutter drüber.


@linktofink:

Das "rumzubringen" finde ich arg zusammengebaut. Hab es jedenfalls noch nie gehört.
„Zeit rumbringen“ gibt’s aber. „rumkriegen“ ist glaube ich gängiger.


Die Verknüpfung von Tränen und Verwandtschaft hakelt für mich, das wischt mich aus der Geschichte raus.
Hatte ja noch wer anders, ich gucke mal, auch wenn ich die Stelle wie gesagt mag.


da fehlt mMn ein Verb: gestiegen, geklettert,
Das soll aber auch fehlen.


Das Bild finde ich aufgrund der Größenverhältnisse persönlich etwas unpassend.
Ich habe schon was anderes im Kopf.


Nach der Hälfte des Heimwegs
Jo, ist besser.


entweder (tot)-gequetscht oder gleich zerquetscht?
„zu Tode getrampelt und gequetscht“ ist glaube ich eindeutiger.


brauchts nicht
Das ist so ein umgangssprachliches Ding wie „Ich bin hoch auf zwei Schachteln am Tag“, ich streue sowas immer ganz gern ein, um die Erzählstimme natürlicher klingen zu lassen.


du schreibst aber auktorial und 2019 heißen die Dinger Twix.
??? Snickers? Twix? Paralleluniversum? RAIDER!!! ?!?!


In wörtlicher Rede okay, aber so?
Wie „hoch auf“ und „da drin“


hatte, hatten?

Ist auch wieder eher gesprochenes Deutsch. Vorvergangenheit ist korrekt, benutzt aber ja kaum einer (mündlich).


von Geistern befreit, indem er sie irgendwie anzieht? Sich sein Ruf (und Erfolg) ergo auf einer Wirkung begründet, die ihm selbst gar nicht bewusst ist?
Interessante Theorie.


So, sorry, ich hab mal wieder eine Woche gebraucht, aber ich habe auch einiges geändert, also vielen Dank für eure vielen Vorschläge und Ideen!


Frohe Ostern
JC

 

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