Abhören
Alleine saß er zu Hause, gleichwohl wissend dass er nicht alleine war. Sie hörten mit, jedes Wort das er sprach, jeden Schritt, den er ging, sie wussten über alles Bescheid und er wollte es so. Er hatte selbst dafür gesorgt, hatte bei jeder sich bietenden Gelegenheit den Eindruck erweckt, dass sie ihn nun für gefährlich hielten, für einen Terroristen oder feindlichen Agenten. Er hoffte mehr auf Agenten, das klang besser, hatte etwas würdevolleres, respektableres. Nun hatte er es geschafft. Nach unzähligen Anrufen und Briefen hatte er es endlich geschafft, sie waren da und hörten ihm zu. Vielleicht zeichneten sie sogar alles auf Band? Ja, dachte er freudig, alles was er sagte würde aufgezeichnet werden, sie mussten es, er war zu wichtig geworden! Endlich hatte er es geschafft, war am Ziel. Sie hörten ihm zu, er konnte über alles reden und sie hörten ihm zu. Niemand redete ihm rein, hielt sein Gerede für Unsinn oder machte sich über ihn lustig, nein, jetzt nicht mehr. Sie würden das nicht tun. Sie würden jedes Wort ernst nehmen, genau zuhören, nach versteckten Botschaften suchen, dafür hatte er gesorgt. Und vielleicht, nach einiger Zeit, würden sie ihn ansprechen, sich mit ihm unterhalten. Über ihn und sein Leben, über das was er tat. Und er würde ihnen alles erzählen, denn er wusste, sie würden zuhören und was noch wichtiger war, sie würden ihn respektieren.
Sicherlich, sie respektierten ihn nur, weil sie dachten er sei ein Spion oder so, aber das störte ihn nicht weiter. Wichtig war ihm nur eins, er wurde beachtet. Das erstemal in seinem Leben wirklich beachtet und eins stand für ihn fest, er würde alles unternehmen dass es dabei blieb - Alles!
[Beitrag editiert von: Epikur am 22.02.2002 um 18:06]