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Aber was, wenn...
Und zum fünften Mal betrachte ich mein Spiegelbild auf der Toilette. Ich sehe auf die Uhr. 8 Uhr ist ausgemacht, wir haben fünf nach 7. Eigentlich viel zu früh, aber was, wenn die Bahn ausgefallen wäre oder ich meinen Bus verpasst hätte. Lieber zu früh als zu spät, denke ich. Ich setze mich zurück an meinen Platz und überlege noch ein mal, ob ich denn auch alles dabei habe, nichts vergessen habe. Schlüssel, Fahrkarte, Kaugummi, Handy... Man weiß ja nie, was man gebrauchen könnte. Sitzen meine Haare richtig? Hängt auch keine Strähne raus? Würde es besser aussehen mit einer Strähne raushängend? Oder doch eine komplett andere Frisur? Ein Hauch von Make-Up, das wirkt gepflegt, nur nicht zu viel. Sitzt mein Outfit?
Sieben Uhr zwanzig. Konzentrier dich. Lache ich komisch? Ist das Thema angebracht? Ich hoffe ich habe genug Geld dabei, falls ich überhaupt selber zahle. Sollte ich das ansprechen? Aber was wenn gedacht wird ich sei geizig oder wolle damit Eindruck schinden? Es hat schon letztes Mal nicht geklappt, ich darf nicht wieder Versagen. Was werden die anderen denken? Ich kann jetzt schon die ganzen Sprüche über mich hören. Aber was, wenn Sie Recht haben und nur ich es nicht einsehen kann... Ich muss aufrecht sitzen. Die Beine überschlagen oder lieber doch nebeneinander? Die Hände auf den Tisch oder besser auf den Schoß? Ich glaube es wäre gut, die Jacke anzulassen. Nein, ich ziehe sie lieber aus.
7 Uhr vierzig. Ich hoffe, ich finde die richtigen Worte. Einen Eindruck hinterlassen. Das wurde mir immer gesagt. Selbstbewusstsein zeigen, aber keine Arroganz. Immer schön lächeln, jedoch nicht zu viel, das wirkt gefälscht. Nicht zu wenig reden und bitte auch nicht zu viel.
Zittern. Angst.
7 Uhr dreiundfünfzig. Ich stehe auf und gehe.