Mitglied
- Beitritt
- 26.01.2004
- Beiträge
- 3
Aber mein Kleines..
[...] „ Aber mein Kleines, habe keine Angst,“ so sprach er zu mir. Ich war noch immer ganz benebelt und ich wußte der Schlag allein auf meinem Hinterkopf kann es nicht gewesen sein. Mir war so schlecht, ich zittere, ich hatte Angst, aber wenigstens lebte ich. Mein Angstgeruch vermischte sich mit dem Geruch der brennenden Talgkerzen, ihr bedrohliches auf- und ab-flackern wirkte nur noch beunruhigender auf mich. Mein Verstand machte sich selbständig und mir war so als würde ich mich selbst betrachten können. Als würde mein Geist aus meinem Körper schweben, hinauf zur Decke um das jämmerliche Gemisch aus Haut und Knochen, zu verschmähen.
Wie lang lag ich hier wohl schon? Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Jahre? Ich hätte keine Antwort auf die Frage nennen können. Doch langsam kehrte mein Bewußtsein zurück und mit ihm die Panik. Ich riß die Augen auf und wandte mich auf und wurde mit einem unglaublichen stechenden Schmerz in den Schläfen bestraft. Mein Kopf, drohte zu zerbersten. Ich zwang mich ruhig zu atmen und ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen, dabei schmeckte ich den metallenen Geschmack von Blut in meinem Mund. Ekel kroch in mir auf. Doch allem zum Trotz beruhigte ich mich und setzte mich auf. Komisch ich hätte schwören können, daß ich eine Stimme gehört hatte, doch ich war allein, anscheinen. Verlor ich etwa den Verstand? Ja, diese Erklärung hätte mir gefallen. „Was? Was nun tun?“, fragte eine leise Stimme in meinem Kopf. „Und wo war ich?“
Ich schickte meine Blicke umher und doch konnte ich die Szenerie nicht ganz erfassen.
Ein großer Raum nur erhellt von den brennenden Kerzen. Breite, rote Kerzen, so fiel mir auf. Was für ein lächerliches Detail. Hohe Fenster verhüllt durch dicke, schwere, Samtvorhänge. Ob es Tag oder Nacht war? Keine Ahnung. Ich selbst saß auf einem Sofa, vermutlich auch samtbezogen, als ich mit der Hand über die Lehne fuhr, fühlte es sich jedenfalls so an. Und vor mir? Ein schwerer Eichentisch, schemenhaft erkannte ich zwei Sektflöten auf ihm stehend und an der Nordwand machte ich eine lange Bücherwand aus, während links hinter mir ein großes, schwarzes Piano stand, so betrachtete ich alles um es mir einzuprägen, vielleicht wäre es von nutzen. „Merke dir, du bist nie allein.“ Dann trat er vor und wieder überschlugen sich meine Gedanken, ich war nicht in der Lage auch nur einen zu erfassen.
Ein großer Mann, wahrscheinlich um die 1,90 m groß. Mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Ungeniert musterte ich ihn. Er war sehr muskulös und doch bewegte er sich anmutig, wie eine Raubkatze. Er setzt sich neben mich und griff nach den Sektflöten. Nun, da meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten erkannte ich sein schwarzes Haar. Pechschwarz. Er trug es ungefähr schulterlang und hatte es locker im Nacken zusammen gebunden. Mir schlug der Duft seines teuren französischen Duftwassers in die Nase. Dann reichte er mir eine der Sektflöten, noch immer starrte ich ihn schweigend an. Er hatte blaue Augen, tiefblau, wie Kobalt, doch seine Augen waren kalt und leer, wie tot und unwillkürlich sträubten sich meine Nackenhaare auf. Seine langen, schwarzen, dichten Wimpern warfen Schatten auf seine Wangen. Markante Gesichtszüge, ein schwarf geschnittenes Kinn mit einer winzigen Narbe. Eine gerade Nase verlieh ihm eine aristokratisches Aussehen. Sein Mund war blutrot. Ein verführerischer Mund, der gerade lächelte. Gekleidet war er in einem dunkelgrauen Desingeranzug. Armani oder Boss, schätzte ich. Seltsam daß mir all diese Details auffielen. Doch einfach und kurzum er war der hübscheste Mann denn ich jemals sah und wieder verschlug es mir den Atem. Ich begehrte ihn mit Leib und Seele.
„Trink, mein Kleines“ hörte ich seine wohltuende Stimme sagen. Seine Stimme war tief, männlich, volltönende und irgendwie rauchig. Ich hätte meine rechte Hand in dem Moment gegeben nur um ihn singen zu hören, mit dieser Stimme. Er aber lächelte kühl, beinahe gefährlich, was ihn nur noch anziehender machte und er trank ungerührt von seinem Sekt. Ich tat es ihm gleich und trank ebenfalls und hieß meinen Verstand willkommen- „Kleines“, er sagte es beinahe zärtlich, dann beugte er sich vor um mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr zu streichen. Seltsam, erst jetzt fiel mir seine blasse Haut auf, elfenbeinfarben, die einzige Beschreibung die paßte. „Was wollen Sie?“, hörte ich mich mit echoner Stimme fragen, er aber lächelte weiter und stand auf, durchquerte den Raum um sich auf dem Pianoschemel wieder nieder zu lassen.
Jahre, so schien es mir vergingen. Doch er begann zu spielen und was war das für ein Spiel, ich mußte kräftig schlucken, es trieb mir die Tränen in die Augen, gleichzeitig begann er zu sprechen:“ Mein Kleines, du kennst mich nicht, doch ich kenne dich. Mein Name tut nichts zur Sache. Ich bin anders als alles was du bis jetzt kennst. Ich bin tot und doch lebendig. Ich bin Herr, Sklave, Richter und Henker. Ich bin das und noch mehr. Ich bin Toreador, ein Kainit, Ein Vampir und dies ist deine Nacht, denn heute nacht wirst du sterben“
Es durchfuhr mich eiskalt und doch verstand ich den Sinn seiner Worte nicht. Toreador? Vampir? Er mußte verrückt sein. Doch ehe ich mich besann, war er an meiner Seite, so unglaublich schnell und nun fragte ich mich ob ich nicht diejenige war die den Verstand verlor. Ich sah ihn an und das Glimmen in seinen Augen strafte mich unbeweglich.
Er aber zog mich an sich. Nicht fest, aber auch nicht sanft. Eine quälende Mischung von allem. Ich wollte ihn fort pressen, ich wollte weglaufen, doch meine Kräfte versagten. „Ja, fürchte dich vor mir. Ich will deine Angst, dann dein Blut, dein Leben und mit ihm deine Seele“ Und er hatte Recht, in meinem ganzen Leben hatte ich nie solche Angst gehabt, doch er beachtete die Versuche mich gegen ihn zu wehren nicht. Er riß meinen Kopf zurück und gleichzeitig biß er mir in den Hals. Schmerz! Kurz und stechend und dann... Ich flog, dieses Gefühl besser als alles was ich jemals erlebt hatte. Ich umklammerte ihn, schloß träge die Augen und hörte ihn seufzen und mich stöhnen, oder war es anders herum? Mein Welt verschwamm und ich bettelte stumm nach mehr. Er nahm mir alles und sich noch mehr. Kein Zweifel mehr, er würde mich besitzen. Zu schwach um ihn noch zu umklammern trugen mich glückselige Wogen fort. Das letze was ich sah waren seine kobaltblauen Augen, dann verlor ich das Bewußtsein und er nahm mir meine Seele. [...]