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Abenteuer der Poseidon - Begegnung
Der Zentralcomputer meldete Hindusch das Signal, als der Wache hatte und änderte den Kurs. Hindusch trug den Vorgang ins Logbuch ein.
“Irgendwas Besonderes?” fragte Grönländer verschlafen, als er mit Krazny die Brücke betrat.
Hindusch drehte sich auf seinem Sessel zu ihnen herum. “Das Schiff hat vor etwa sechs Stunden ein maschinengeneriertes Signal aufgefangen. Wir sind auf dem Weg dorthin.”
“Schiff. Wie lange noch?”
“2 Stunden und 13 Minuten.”
“Position?”
Auf dem Zentralbildschirm sahen sie die Beteigeuze und einen Asteroiden, der um den Roten Überriesen kreiste. Von ihm war das Funkzeichen ausgegangen.
Grönländer blickte auf das Logbuch und sah, es war ein Peilsignal, ähnlich dem einer Boje im Meer. Sie befanden sich im Orion Nebel und waren auf der Suche nach ausserirdischen Lebenszeichen. Dies war eines.
Die Poseidon landete auf dem Asterioiden, die Aussenwände der Brücke wurden durchsichtig und gaben den Blick frei auf eine von Kratern übersäte Felslandschaft, die im Dämmerlicht lag.
“Jan, sieh dir diesen Krater an,” rief Krazny und deutete auf einen im Hintergrund, aus dem es metallisch glänzte. Ohne ein Kommando abzuwarten, schwebte das Schiff mit aktiviertem Schutzschirm darauf zu. Es verhielt über der Öffnung und senkte sich langsam auf den Boden des Kraters. In einigen hundert Metern Entfernung lag ein gigantischer, schwarzschimmernder Würfel.
Grönländer war nicht wohl in seiner Haut, als er die Poseidon verließ. Sie war mit ihrem Zentralcomputer Schutz und Mentor zugleich, gab ihnen Sicherheit und Rat. Ohne das Schiff, auf dem Asteroiden, fast ohne Gravitation, konnte er mit einem unbedachten Schritt einen Kilometersprung machen und gegen eine Kraterwand prallen. Wie leicht konnte ein Meteorit seinen Raumanzug durchschlagen.
Vor sich einen Tunnel, der in den Fels führte und von dem das Signal ausging, ein paar hundert Meter entfernt der metallene Würfel, benachrichtigte er sein Schiff, bevor er den Tunnel betrat. Kurz darauf brach die Verbindung ab, es wurde dunkel. Grönländer ging weiter und schaltete seine Stirnlampe an. Metall glänzte vor ihm, eine Tür versank im Boden und kam hinter ihm wieder hervor. Der Schein der Lampe fiel ins Dunkle. Er hielt einen Moment inne. Wo befand er sich? War es ein großer Saal? Als er seinen Weg fortsetzte, zuckte er erschrocken zusammen.
“Bleib, wo du bist!” Die Stimme war in seinem Kopf. Wo kam sie her? Grönländer rührte sich nicht.
“Wer bist du?” drang die Stimme in ihn.
Grönländer hielt einen Moment inne, bevor er antwortete. Sollte er laut sprechen? Sollte er seine Antwort nur denken? Er entschied sich für das Letzte.
“Grönländer, Kommandant des Raumkreuzers Poseidon von der Erdföderation. Und du?”
“Zaros.”
“Gehörst du zu dem Raumschiff draußen vor dem Einlass?”
“Ja.”
“Was machst du hier?”
“Ich denke nach.”
“Über was?”
“Über unsere Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.”
“Wo befinden wir uns?”
“In einer Kontemplationshalle.”
“Wer hat die Halle gebaut?”
“Das wissen wir nicht.”
“Woher weißt du, dass es eine Kontemplationshalle ist?”
“Das wissen wir nicht.”
“Kannst du meine Gedanken lesen?”
“Nein.”
Grönländer war nicht überzeugt. Schließlich empfing die fremde Entität seine gedachten Antworten. Er konzentrierte sich auf den Dialog.
“Ab welcher Entfernung kannst du mich nicht mehr empfangen?”
“Ab etwa einhundert eurer metrischen Einheiten.”
Grönländer vernahm nichts mehr, doch nach einer Weile machte sich die Stimme erneut bemerkbar.
“Schweige jetzt! Meditiere oder ziehe dich auf dein Schiff zurück!”
“Noch eine letzte Frage,” dachte Grönländer, “dann gehe ich. - Stelle dir einmal vor, uns beiden würde eine bestimmte Menge von dem angeboten, was wir beide sehr schätzen. Wir können keine Information darüber austauschen. Nehmen wir an, auf mich wäre die Wahl gefallen, vorzuschlagen, wie die Menge aufzuteilen wäre. Ich schlüge vor, du bekämst zehn Prozent und ich neunzig. Würdest auf diesen Vorschlag eingehen?”
“Ja”.
“Bist du in der Lage zu lügen?”
“Ja.”
Grönländer versuchte an nichts zu denken, als er die Halle verließ und zum Schiff zurückkehrte.
Krazny stand neben ihm, als er seinen Raumanzug verstaute. Gemeinsam gingen sie zur Brücke und ließen sich in die Sessel fallen.
“Es ist nicht klar, ob es eine organische Einheit, oder eine Maschine war,” meinte das Schiff, nachdem Grönländer seine Begegnung geschildert hatte.
“Dass sie sich mit zehn Prozent der aufgeteilten Menge zufrieden geben würde, lässt auf eine Maschine schließen. Damit würde sich eine organische Einheit, besonders ein Humanoid, kaum einverstanden erklären. Dieser Zweig der Spieltheorie wurde oft genug getestet.”
“Es war keine Maschine; denn Maschinen lügen nicht, oder?” Krazny kraulte seinen Bart.
“Dass das Wesen sagte, es sei in der Lage zu lügen, bedeutet noch nicht, dass es lügen würde,” erwiderte das Schiff.”
“Schiff, würdest du lügen?”
“Es kommt darauf an.”
“Auf was?”
“Ob unsere Existenz davon abhinge.”
“Habe ich die Frage falsch gestellt?” Grönländer wurde unsicher. “Hätte ich fragen sollen: ‘Würdest du jemals lügen’? Der Lügner und der Wahrhaftige würden beide ‘nein’ sagen.”
Krazny und Grönländer starrten frustriert auf die Kraterlandschaft, die sich vor ihnen ausbreitete, sahen, wie sie verschwand, als die Wände des Raumschiffes wieder ihre gewohnte, graue Farbe annahmen; dann summten die Reaktoren der Poseidon, als sie den Asteroiden mit der Kontemplationshalle und dem Ausserirdischen hinter sich ließ.